34. Wahre Liebe
Liebste Sophia,
mein Sohn ist wunderschön. Er kam ein bisschen zu früh, doch schien vollkommen gesund zu sein. Ein kleiner Engel. Meister Bärenstein II hat versprochen, dass er nur mir gehört und ich ihn aufziehen darf. Allerdings nur solange John Henotello mein Ehemann ist. Nun da ergibt sich schon das erste Problem. John und diese furchtbare Magd Felicity haben vor ein paar Tagen ebenfalls ein Kind bekommen.
Natürlich war er bei ihr um seine neue Tochter in der Welt zu begrüßen. Seinen Sohn hat er noch nicht einmal gesehen. John weiß es noch nicht, aber sehr bald werden Meister Bärensteins Männer hier auftauchen und das Mädchen mitnehmen. Sie könnte möglicherweise eine Gabe besitzen.
Ein Teil von mir wünscht ihm den Verlust der Tochter für die Scham und die Schmerzen die er mir zugebracht hat, doch ein anderer Teil von mir empfindet unendliches Mitleid mit dem Mann. Wir waren nie füreinander gemacht, aber er war freundlich und gut zu mir bevor man uns die Zwillinge nahm.
Ihr Verlust war es der unser Zusammenleben vergiftet und das Verständnis füreinander zerstört hat. Wenn seine Tochter verschwindet wird auch er verschwinden. John Henotello wird es nicht mehr geben, ich weiß es. Und wenn er nicht mehr ist, wird auch mein lieber kleiner Sohn nicht bei mir bleiben dürfen.
Ich werde ihn verlieren. Ich werde mich verlieren.
Möglicherweise, liebe Freundin, ist dies mein letzter Brief.
Deine Marie Henotello
Es war ein wunderschöner Tag um ein wunderschönes Mädchen an der Front zu besuchen. Loke fantasierte über sein erneutes Zusammentreffen mit der außergewöhnlichen Nava bereits seit mehreren Tagen. Endlich war es so weit sie wiederzusehen und nebenbei die Fortschritte seiner zukünftigen Armee in Augenschein zu nehmen. Während er durch das Lager schritt war Lewis immer an seiner Seite. Wenn niemand da war nannte er den jungen Mann Zeus, denn Lewis war ein absolut unpassender Name für ihn.
Wer immer sich diesen ausgesucht hatte, wollte Zeus wohl zusätzlich erniedrigen. Das Lager Reihn bot ihm eine recht passable Hütte und die nötige Ablenkung bis seine geheime Interessensquelle mit ihrem Team von deren erster Mission zurückkam. Es war sein dritter Tag hier und wie jeden Tag kurz vor dem Mittagessen, erschien ihm die Arbeit müßig.
Gelangweilt saß er an seinem Holzschreibtisch, ignorierte die Dokumente vor sich und sah stattdessen zu Zeus. Dieser stand, wie es sich für einen guten Soldaten der Pythonissam gehörte, still und stramm an der Wand. Ohne Zweifel beobachtete der ausgebildete Mörder seine Umgebung sehr genau. Loke hatte ihn nur aus einem bestimmten Grund hierher mitgenommen.
Zeus war derjenige gewesen, der Nava ihrer Familie beraubt hatte. Und er war auch derjenige der sie ihr wieder zurückgeben könnte. Es war das Bedürfnis diese gewisse Absicherung zu haben, die Zeus zu einer wichtigen Spielfigur machte. Sollte Nava sich nicht so entwickelt haben, wie Loke es sich wünschte, würde eine Erinnerung an ihre Familie sie wohlmöglich gefügiger machen. Lautes Hupen rieß Loke aus seinen Überlegungen und Neugierde trieb ihn zusammen mit Zeus auf die Hauptstraße des Militärlagers. Seine Bodyguards scharten sich um ihn, versuchten die Gefahr des Lärms einzuschätzen. Ein schwarzer Van, an dessen Steuer er seinen Cousin Leon sah, steuerte mit lauten Huppen in die Mitte des Lagers. Jeder Soldat im Lager kam aufgeschreckt aus seiner Hütte, Zelt oder dem Lazarett.
Sogar die Generäle, traten aus ihrer besonderen Hütte auf die staubige Straße. Die Mittagssonne brannte auf den Platz, machte die Luft trocken und heiß. Der Van kam zu einem Stopp und die hintere Tür wurde geöffnet.
Daraus trat die schönste Frau die Loke je gesehen hatte. Ihre schwarze Haut schimmerte im Sonnenlicht. Nach ihr stiegen zwei Männer aus und schließlich Nava. Wie eine Königin trat sie vor ihr Team, schaute sich mit diesen intensiven Augen jeden Soldaten vor sich an. Ihr Anblick hatte etwas Berauschendes für Loke. Der weinrote Pullover und die enge schwarze Hose unterstrichen ihre Ausstrahlung.
"Was soll das?! Teamführer Leon, erklären Sie dieses Verhalten! Sofort!", donnerte einer der Generelle, sein hochroter Kopf wurde von einem wütenden schütteln seines dicken Bauches und der mit Abzeichen behangenen Brust begleitet. Die grauen Haare flatterten im Wind. Nava sah ihn unbeeindruckt an.
"Leon hat nichts mehr zu sagen. Ich bin die neue Teamführerin."
"Das entscheidest nicht du, kleines Miststück. Sei ein braves Frauchen und halt dein Maul!"
Der General zeigte mit seinen Wurschtfingern auf Nava. Fasziniert beobachtete Loke wie Navas Lächeln verblasste und tödlicher Ernst auf ihr Gesicht trat. Ohne mit der Wimper zu zucken, hob sie ihren Arm und drehte ihn ruckartig. Genauso ruckartig verdrehte sich das Genick des Generals und erschrockene Rufe wurden hörbar. Viele Soldaten luden ihre Gewehre und zielten. Allgemeine Unruhe und Panik brach los. Die Generelle riefen ihre Soldaten zur Ruhe, beorderten die Pythonissam, den Wagen zu umstellen.
"Sir, sir, sie müssen hier weg, das ist zu gefährlich.", hörte Loke einen seiner Bodyguards sagen, ignorierte ihn jedoch gefließlich. Um nichts in der Welt wollte er diese Show verpassen. Die Neugierde brachte ihn beinahe um. Er war überwältigt von Navas Wandlung, begierig mehr von ihr zu sehen. Nava schien der Trubel um sie herum nicht zu kümmern.
Ihre Telekinese nutzend hob sie sich auf das Dach des Vans. Alleine diese Demonstration ihrer Kräfte versetzte jeden in Staunen. Kein Soldat, kein Henotello und kein General sagte ein Wort, selbst Loke war sprachlos. Sie alle warteten ab, was nun geschehen würde. Nava zog die Spannung ins unermessliche.
"Meine lieben Mitkämpfer. Ich komme gerade von einer gelungenen Säuberung zweier Rebellenunterschlüpfe. Und ich bringe Geschenke. Zwei Gefangene. Wie eine gute Soldatin habe ich meine Pflicht erledigt. Aber von jetzt an wird sich hier einiges ändern.", Nava unterbrach sich, zeigte ihren Vorgesetzten ein Lächeln, " Ich bin kein Spielzeug. Ich bin keine Puppe."
Ihr Lächeln verblasste und es zeigte sich wieder das wütende Funkeln einer Mörderin in ihren Augen. Lokes Herz setzte einen Moment aus und erregt trat er näher zum Geschehen. Seine Bodyguards folgten him.
"Mein Name ist Nava und ich bestimme selbst über mein Leben und meinen Körper. Niemand wird mir Befehle geben, niemand wird mir drohen. Ist das klar.", schrie sie die wichtigen Männer vor sich an.
Einer von ihnen fasste sich unauffällig ans Ohr und Loke wusste, dass dieser Schwachkopf einen Tötungsbefehl gegeben hatte. Keine Sekunde später knallte ein Schuss. Nava bückte sich grazil, ließ mit einer Handbewegung den General sowie seinen Schützen in Flammen aufgehen.
Ihre Schreie zerrissen die geisterhafte Stille des Momentes. Navas leises Kichern trat an die Stelle der Schreie.
"Ihr könnt es gerne noch einmal probieren, aber ich verspreche euch, ein Kampf wird euch weit mehr schaden als mir."
Leichtfüßig hüpfte sie vom Van, trat zu den Generellen und spielte lächelnd mit ihrem langen Haar. Die Situation schien für sie keine große Sache, ein ganz normaler Mittag an einem ganz normalen Tag. Zeus stand sprachlos mit offenem Mund neben ihm. Loke musste zugeben, er erkannte seinen Rohdiamanten ebenfalls kaum wieder.
"Versteht mich nicht falsch. Ich bin auf eurer Seite; die Rebellen müssen sterben, aber ich werde es auf meine Art machen. Ihr könnt das Akzeptieren oder ihr habt ab jetzt zwei Feinde."
Nava drehte sich zu den Henotellos um, bedachte sie mit einem sanften Blick und deutete dann zu dem schwarzhäutigen Mädchen. Diese trat selbstsicher vor.
"Henotellos. Ich habe mich Nava angeschlossen. Ich werde an ihrer Seite kämpfen und niemals wieder ein Spielzeug unserer Vorgesetzten sein. Ihr könnt dieselbe Entscheidung treffen und frei sein." Ein rothaariger junger Mann trat vor und legte seine Hand in die des Mädchens.
"Frei sein? Frei ihr zu gehorchen meinst du!?", warf einer der Henotellos ein. Nava bedachte ihn mit einem wohlwollenden Blick.
"Ich werde nie etwas von euch verlangen, das ihr nicht bereit seid zu geben. Aber ja, an meiner Seite werdet ihr ebenso kämpfen und gehorchen. In dieser Hinsicht will ich euch keine falschen Hoffnungen machen." Ihre Worte sickerten und begeistert beobachtete Loke wie viele der Henotellos auf Nava und ihr Team zutraten und sich ihnen wortlos anschlossen.
Ein Umsturz war im Gange. Unter ihnen auch der zuvor skeptische Henotello. Ehrlichkeit besonders wenn sie schonungslos war, hatte einen tragenden Effekt auf verzweifelte Seelen.
Die Generelle begannen wild miteinander zu reden.
"Nava! Wir werden darüber mit Meister Bärenstein sprechen. Verlass das Gelände bis zu einer Entscheidung nicht." Doch ihre Aufmerksamkeit hatte sich bereits auf wichtigeres verschoben.
"Wir werden sehen. Antonio bring Jillian und Dominik ins Folterzelt. Sorg dafür das sie leben! Ich werde später vorbeischauen und wenn sie tot sind, wirst du es auch sein. Stella, kümmere dich um Honora."
Erst jetzt bemerkte Loke das kleine rothaarige Mädchen, dass sich ängstlich hinter Stella drückte.
"Ich komme bald wieder.", versicherte Nava und kam zielstrebig auf Loke und Zeus zu. Hoch erfreut öffnete Loke die Arme.
"Willkommen zu Hause, meine Liebe. Das war ein sehr beeindruckender Auftritt."
"Danke. Du möchtest reden." Irritiert zogen sich seine Augenbrauen zusammen. Offenbar hatte sie mit ihrer Demut auch die Höflichkeitsfloskeln ihm gegenüber abgelegt. Die Intimität des >Du< gefiel ihm. "Stimmt, woher...?"
"Ich besitze die Gabe der Telepathie. Also komm, ich habe Dinge zu erledigen." Schweigend gingen sie zurück zu Lokes Hütte. Die Bodyguards wollten sich hinter Nava in das Holzhaus drängen, doch Loke schickte sie alle weg. Keiner von ihnen könnte es mit Nava aufnehmen, außerdem wollte er sie um keinen Preis der Welt verletzten. Interessiert sah Nava sich um, Loke folgte ihrem Blick. Das Mobiliar bestand aus dem Schreibtisch, einer halbwegs bequemen Schlafcoach an der einen Wand und einem kleinen Esstisch an der gegenüberliegenden Wand. Ein Sessel stand vor Lokes Schreibtisch, doch er dachte nicht daran ihn seinem Gast anzubieten.
"Guten Tag, Lewis. Lange nicht gesehen." Begrüßte sie seine Spielfigur. Zeus reagierte mit einem knappen Nicken. Loke wusste, da war etwas zwischen ihnen, doch er machte sich nicht wirklich sorgen darum. Egal was es war, an jenem Tag, bei jener Anhörung war es zweifellos zerbrochen.
"Lewis, warte draußen. Lass niemanden herein." Nur zögerlich verließ der Soldat den Raum und ließ sie alleine. Als die Tür in Schloss fiel, lehnte Loke sich zufrieden an seinen Schreibtisch, taxierte die junge Frau vor ihm. Nava verschränkte selbstbewusst die Arme und sah ihn mit schräg gestellten Kopf an.
"Ich freue mich dich wiederzusehen. Es ist zu lange her."
"Stimmt, aber ich kann nicht sagen, dass ich mich freue."
"Wirklich?", Loke stand auf und trat näher, "und ich dachte wir hätten eine Verbindung." Unbeirrt sah sie ihm in die Augen. Es war unmöglich in ihnen zu lesen, ihr Gesicht verriet nichts über ihre Gefühle, sollte sie tatsächlich welche haben. Sanft strich er über ihre Wange, wertete es als gutes Zeichen, dass sie ihn nicht wegstieß. Sein Herz raste und all die Fantasien der letzten Wochen erschienen ihm nichtig gegen das Gefühl endlich in ihrer Nähe zu sein.
"Was willst du von mir?", fragte Nava verwundert. Ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht.
"Ich denke, wir können einander helfen."
"Wie?" Sie trat von sich aus näher, zeigte Loke ehrliches Interesse.
"Gemeinsam können wir großes erschaffen. Du hilfst mir meinen Vater loszuwerden und im Gegenzug gebe ich dir Kontrolle über einen Teil der Armee. Du könntest damit die Rebellen auf deine weise suchen und töten. Keine Vorgesetzten mehr. Keine Regeln und keine Käfige."
Nachdenklich nickte sein Gegenüber, die Augenbrauen scharf zusammengezogen. Natürlich wusste Loke, dass er ein gefährliches Spiel spielte. Ihr zusätzliche Macht zu geben, konnte sehr schnell zu seiner Entmachtung führen, doch er hatte sein Ass, Zeus, und wollte dieses Risiko eingehen. Bis zum heutigen Tage, war es keinem seiner Auftragsmörder gelungen den alten Bärenstein zu töten und Loke wurde langsam ungeduldig. Er wollte Meister Bärenstein sein und zwar am besten schon morgen. Nava atmete langsam aus und nickte.
"Einverstanden, gib mir den Aufenthaltsort deines Vaters und er ist so gut wie tot. Aber wenn du dein Wort nicht hältst bist du es auch.", drohte sie und Loke war klar, dass dies keine leere Drohung sein würde. Lächelnd trat er näher, ließ nur einige Zentimeter zwischen ihnen.
"Meine Liebe, so einen Deal besiegelt man mit einem Kuss und damit wird er auch nie gebrochen." Er ließ seinen Charm sprühen, wollte nichts sehnlicher als das dieses Mädchen ihn so begehrte wie er sie. Abwartend stand sie vor ihm, schenkte ihm kein Lächeln oder ähnliches, um ihre Einwilligung zu signalisieren. Ärgerlich beugte Loke sich dennoch vor und drückte seine Lippen auf ihre. Navas Körper wurde unter seinen Händen steif wie Holz und plötzlich weich wie Butter. Leidenschaftlich schlang sie die Arme um seinen Hals und drückte sich an ihn. Lokes Freude über seine erwiderten Gefühle beflügelte ihn zusätzlich. Ein Klopfen an der Tür unterbrach sie.
Von draußen rief Zeus:
"Herr Bärenstein? Die Generelle verlangen nach ihnen." Wütend knurrte Loke, Nava immer noch in seinen Armen. Er wollte sie nicht loslassen, wollte sehen wohin dieser Moment sie geführt hätte, aber die Pflicht rief und er musste den Transport zurück nach Sankt Sandrina vorbereiten.
Entzückt küsste er Nava ein letztes Mal.
"Ich werde unseren Transport nach Sankt Sandrina organisieren. Dort können wir dann über weitere Pläne sprechen."
"Gut, ich werde einige Teammitglieder mitnehmen. Möglicherweise brauche ich ihre Gaben. Bis später." Damit verließ die Frau seiner Träume seine Hütte, hinterließ eine angenehme Stille und einen unangenehme Ständer.
Vor der Hütte atmete Kyrie tief durch. Sie konnte immer noch die Leidenschaft spüren, die sie während ihres Kusses gefangen gehalten hatte. Echte Leidenschaft, echte Gefühle. Die Leere in ihrem Herzen war für einige Sekunden erträglich gewesen. Verwirrt versuchte sie sich einen Reim auf die Geschehnisse der letzten Minuten zu machen. Lokes wölfisches Grinsen und diese leuchtenden Augen.
"Hallo, Kyrie.", flüsterte Zeus neben ihr. Erschrocken drehte sie sich um, sah ihn mit großen Augen an. Sie hatte ihn weder gesehen noch gespürt, sie war zu tief in ihren Gedanken versunken gewesen. Beim Anblick seiner grünen Augen hüpfte ihr Herz wild auf und ab. Es war ein anderer Takt als der bei Loke aber nicht minder leidenschaftlich. Sie wollte ihn umarmen, ihn spüren, aber ein beunruhigter Seitenblick bestätigte ihr, was sie bereits vermutet hatte. Alle Augen des Lagers waren immer noch auf sie gerichtet.
"Komm mit.", meinte sie deshalb und ging voraus durch die aufgewühlte militärische Basis. Jeder schien zu tuscheln und ihr mit Blicken zu folgen. Kyrie begriff welchen Ruf sie mit dieser Rede und ihrem Selbstbewusstsein hervorgerufen hatte und welche Macht ihr wiederrum dieser Ruf geben konnte. Sie fühlte sich so frei, stark und sie wusste genau was sie mit ihrer Zukunft anfangen wollte.
Niemand sollte ihr Schicksal bestimmen, niemand außer sie selbst. Zeus folgte ihr gehorsam durch die Reihen der Hütten und Zelte bis sie zu ihrer Hütte kamen. Leon wartete davor, sah ihr ängstlich entgegen und hielt ihr den Schlüssel zu ihrem Zuhause entgegen. Sie nahm ihn, schloss die Tür auf und ließ Leon draußen warten während sie mit Zeus die kleine Hütte betrat.
Ihr ehemaliger Geliebter sah sich aufmerksam um und schenkte ihr dann seine volle Aufmerksamkeit. Endlich waren sie alleine, die Tür verschlossen und keine neugierigen Augen zu sehen. Alles in Kyrie drängte sie in seine Arme, aber der Moment ihrer Trennung vor so vielen Wochen war eine schmerzhafte Erinnerung. Würde er ihre Nähe willkommen heißen oder sie wieder verstoßen, sie als Monster deklarieren und damit erneut ihr Herz brechen? Die Hände verschränkt, den Blick auf die Füße gerichtet wartete sie auf seine Worte.
"Ich bin froh, dass du unverletzt bist.", unterbrach Zeus die Stille. Kyrie blickte auf, sah ihn nur Zentimeter von sich entfernt stehen. Zögerlich legte er seine starken Arme um sie, drückte nur ganz leicht zu, als hätte er Angst sie zu zerbrechen.
"Ich hab dich vermisst, Zeus.", flüsterte sie an seiner Schulter, spürte unwillkürlich eine Träne ihre Wange hinunterfließen. Irritiert wischte sie sie fort.
"Ich habe dich auch vermisst. Wie geht es dir?" Er trat einen Schritt zurück um ihr ins Gesicht sehen zu können.
"Gut, ja so gut wie schon lange nicht mehr. Ich verstecke mich nicht länger."
"Das habe ich gesehen. Das war sehr riskant da draußen." Anklagende Worte von jemanden der ihr wenig zu sagen hatte.
"Wieso?"
"Sie hätten dich töten können. Ich weiß, du bist mächtig, aber diese alten Arschlöcher haben eine gesamte Armee hinter sich. Selbst du kannst nicht gegen eine Armee ankommen." Kyrie schnaubte wütend.
"So wenig Vertrauen in mich?" Er verschränkte die Arme aufgebracht.
"Das ist nicht das was ich meinte! Leichtsinn kann tödlich sein. Ich will nur nicht das dir was passiert."
"Seit wann? Mhn? Du hast mir bei unserem Abschied in der Akademie klar gemacht wie sehr du dich um mich sorgst, nämlich gar nicht. Wieso sollte es dich nun kümmern?"
Schwerfällig ließ Zeus sich auf einen Sessel fallen und raufte sich die dunklen Haare.
"Weil ich ein Idiot war. Kyrie, ich....ich habe einen Fehler gemacht. Ich hätte dich unterstützen und dir vertrauen sollen, stattdessen lasse ich dich alleine mit der ganzen Scheiße. Es tut mir leid, wirklich."
Widerwillig setzte sie sich neben ihn an den Tisch. Er sah elend aus, blass mit blutunterlaufenen Augen und müde. Unendlich müde. Sie hatte Mitleid mit ihm und das Bedürfnis seine Liebe zu spüren war stärker als die Wut und Verbitterung. Sanft griff sie nach seiner Hand, hielt sie fest.
"Ich verzeihe dir, aber mach so was nie wieder, verstanden? Ich liebe dich. Du bist alles was ich noch habe."
Während sie diese Worte aussprach kam ihr ein seltsamer Gedanke. Zeus war alles was Kyrie noch hatte, das stimmte, doch Nava hatte Loke. Er brachte etwas in ihr zum glühen, ebenso wie Zeus dies für ihr altes Ich getan hatte.
"Was hat Loke zu dir gesagt?", fragte Zeus nach einigen Sekunden angenehmem Schweigen. Wie viel konnte sie ihm sagen? Wie viel vertraute sie ihm wirklich? Kyries Gedanken rasten und sie beschloss Zeus eine letzte Chance zu geben und ihm zu vertrauen.
"Er will das ich seinen Vater töte. Dafür bekomme ich Autonomie und Freiheit. Dann können diese Generelle und Offiziere mich alle mal am Arsch lecken.", ein triumphales Lächeln zierte ihre Lippen.
"Das ist sehr gefährlich. Wenn man dich erwischt bist du tot." Kyrie zuckte mit den Achseln. Was hatte sie schon zu verlieren.
"Hab Vertrauen in mich. Ich krieg das schon hin." Unsicher lächelte Zeus sie an, sie konnte seine Zweifel spüren, wusste das er sich sorgen machte. Die Angst um sie schien ihn zu blenden.
"Das hoffe ich sehr." Kyrie stand auf und ging zur Tür. Ohne einen Blick nach hinten sagte sie:
"Ich muss noch einiges vorbereiten. Kommst du mit nach Sankt Sandrina?" Leise antwortete Zeus ihr.
"Natürlich. Ich bin an Loke gebunden, wo immer er hingeht, gehe auch ich."
"Okay. Dann bis später." Kyrie verließ die Hütte, ging an Leon vorbei hinter die Hütte. Dort geschützt von hohen Bäumen und neugierigen Blicken atmete sie durch.
Zeus und Loke würden zusammen reisen, sie würde mit beiden Zeit verbringen können. Möglicherweise würde diese Zeit ihr helfen die widersprüchlichen Gefühle in ihrem Herzen zu verstehen.
Anmerkung der Authorin: Was wird Kyrie in Sankt Sandrina wohl erwarten...
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