Abschied

Du liegst vor mir, deine Augen sind geschlossen. Einen Moment möchte ich dich wachküssen, doch ich weiß, es ist nicht möglich.

Dein Haar haben sie gewaschen und gekämmt, so dass man nichts mehr von dem Blut sieht, dass vor einigen Stunden noch daran klebte. 

Deine Lippen sind blass.

Ich vermisse das zarte Rot. 

Nein, diese Blässe gefällt mir nicht.

Deine Wangen sind kalt und ein Schlauch, der dich mit Sauerstoff versorgen soll, stört deine perfekte Schönheit.

Schönheit liegt im Auge des Betrachters sagt man. Doch für mich bist du die schönste Frau, die je auf Erden gelebt hat.

Warum habe ich dir das nie gesagt? Warum habe ich alles, was du mir gegeben hast, immer als selbstverständlich genommen?

Dein Lachen, das mir den Tag verschönte.

Deine leichte Berührungen, die mir immer ein angenehmes Kribbeln verursachten.

Deine bloße Anwesenheit, die mich immer beruhigte.

Doch nun ist es zu spät.

Ich kann es dir sagen, aber du hörst es nicht mehr.

Sie sagten zu mir, dass du nicht mehr lange unter uns weilst.

Ich bin unendlich traurig deswegen, denn du warst die Frau, mit der ich bis zu meinem Ende zusammen geblieben wäre.

Doch das ahnte niemand.

Wir waren das heimliche Paar, das nie existieren durfte.

Natürlich haben sie mich zu dir gelassen, als ich ihnen erklärte, dass ich ein Freund sei. Sie kannten mich ja nicht. Sie wussten nicht, dass ich so viel mehr war.

EIN FREUND!

Was für eine Untertreibung!

Was für eine Lüge!

Wir beide zusammen, das war wie Paris und Helena. 

Napoleon und Josephine. 

Verflucht wir waren Romeo und Julia in modern, nur das unsere Familien nicht verfeindet waren. Sie kannten sich nicht und dennoch wäre unsere Beziehung verboten worden.

Ich, der Sohn eines reichen Unternehmers und du, die Tochter eines Arbeiters mit Dreck unter den Fingernägeln.

Immer wieder habe ich dir das vorgehalten und es dann bereut, als ich die Tränen in deinen Augen gesehen habe. Doch meine Worte nahm ich nie zurück.

Ich bin ein verfluchter Feigling!

War ich schon immer gewesen.

Ich versteckte mich hinter meiner berühmten und reichen Familie, wenn es unangenehm wurde und sie schützte mich.

Doch war das richtig?

Nein!

Ich habe nie gelernt, mich selbst zu behaupten.

Ich war immer der Sohn von..., der Enkel von...! Nie bekam ich selbst etwas auf die Kette.

Nur dich!

Du warst etwas, was ich selbst für mich hatte. Unsere Beziehung war etwas, was ich ohne die Hilfe meiner Familie geschafft habe.

Doch ich erkenne es jetzt erst. 

Wie oft hast du mich gebeten, dich jemanden vor zu stellen? Wie oft hast du bei zufälligen Begegnungen darauf gewartet, dass ich dich als meine Freundin, als meine Partnerin vorstelle? Habe ich es getan? Nein!

Verzeihe mir, meine Schöne.

Ich würde gerne sagen, dass es mir einfach entfallen war, doch das stimmt nicht. Ich wollte nicht, dass man erfährt, dass wir beide für immer zusammengehören.

Ein Fehler!

Ein verdammter Fehler!

Und nun liegst du vor mir und es bleibt nicht mehr viel Zeit.

Einen Brief hast du geschrieben, bevor du vor lauter Verzweiflung gesprungen bist. Niemand weiß, dass ich es bin, dem dieser Brief galt.

Ich habe deine Eltern gehört, als sie den Brief jemanden vorgelesen haben. Sie haben dabei geweint und auf den verdammten Kerl geflucht, der ihrer Tochter weh getan hatte. Dabei stand ich direkt vor ihnen.

Jedes Wort schnitt mir ins Herz, obwohl du so zärtlich geschrieben hast.

Du bist die Liebe meines Lebens.

Ich habe dich vom ersten Augenblick an geliebt.

Ich weiß, dass ich nicht gut genug für dich bin!

Werde glücklich!

Spöttisch lache ich und fahre mir durch mein Gesicht.

Es war genau umgekehrt, meine Liebe, mein Leben.

Ich war es, der nicht gut genug für dich war.

Immer wieder habe ich dich von mir gestoßen.

Und nun, da du bald von mir gehst, erkenne ich, wie verzweifelt ich sein werde.

Ich soll ohne dich glücklich werden? Wie soll das gehen?

Meine letzten Worte für dich hätten so nicht sein dürfen.

Was soll ich mit dir?

Warum lässt du mich nicht in Ruhe?

Glaubst du wirklich, du bist mir wichtig?

Ich hatte gedacht, dass du mir wieder meinen Freiraum lässt, den ich so oft gefordert und von dir bekommen habe. Immer wieder hast du mich zurückgenommen und ich habe mich darauf verlassen, dass es auch dieses Mal so wäre.

Doch dem war nicht so.

Dieses Mal hast du meine Worte ernst genommen und mich endgültig von dir befreit.

Warum hast du angenommen, ich wollte das?

Weil ich es einmal zu oft gesagt habe?

Ich habe dich benutzt, mein Herz und es tut mir nun unendlich leid.

Ich bin ein egoistisches Arschloch.

Das erkenne ich jetzt endlich.

Doch es ist zu spät.

Zittrig nehme ich deine Hand in meine, küsse jede Fingerspitze und streichle meine Wange mit der rauen, abgearbeiteten Haut. Ich kann noch den Duft der Creme erahnen, die du immer benutzt hast, um sie wieder zart zu bekommen. Ich erinnere mich auf einmal an so viele Kleinigkeiten die du für mich getan hast. Warum fällt mir das jetzt erst ein? Wenn es zu spät ist?

"Maddie!", flüstere ich in der Hoffnung, dass du die Augen öffnest und ich noch einmal deine dunklen Augen sehen kann. Sie haben so traurig ausgesehen, als ich sie das letzte Mal sah. Das wollte ich nicht. Das will ich nicht.

Ich spüre, wie ich müde werde. Doch ich freue mich darauf.

Ich werde dir folgen, meine ewige Liebe. Wo immer du hingehst, ich werde dir folgen oder dich dort schon erwarten.

Ich lege mich neben dich und lege meinen Kopf an deine Schulter, die mir immer Trost gespendet hat.

Ich weiß, dass ich nicht der Mann war, den du verdient hast. Aber ich werde dich lieben. In einem anderen Leben. Immer!

Ich schließe meine Augen und ergreife deine Hand zum letzten Mal.

Ohne dich kann ich nicht sein.

Du bist mein Leben und wenn du nicht mehr hier bist, was soll ich dann noch hier?

Langsam wird alles dunkel und kalt um mich herum, doch ich fürchte mich nicht.

Nicht dieses Mal.

Irgendwo werden wir uns wiedersehen.

Darauf hoffe ich!

Darauf baue ich!

Und ich werde dir das geben, was du verdienst.

Ich warte auf dich!


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Ich weiß, dass ist nun keine Kurzgeschichte und es dümpelte auch nicht auf meinem Laptop herum. Aber auf einmal hatte ich diese Idee von einem Oneshot in meinem Kopf. Und da ich ja immer gejammert habe, dass ich das nie hin bekomme, war ich ehrlich gesagt ganz schön stolz auf mich.

Ich hoffe, es gefällt euch, auch wenn es mal was ganz anderes ist.



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