{2} Erdblut

Bevor es losgeht wollt' ich sagen, dass das hier (nicht sehr offensichtlich) an "Prinz der Drachen" angelehnt ist. Der/Die "Erzähler*in" ist ein*e Erdblutelf*e. Jedenfalls spielt das im 21. Jahrhundert und viel Spaß noch.
(Achtung! Geschöpfe, die genannt werden, e.g. Whøfwürmchen habe ich mir selbst ausgedacht!)
Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Lasset das Spektakel beginnen!
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Mein Kopf dröhnte. Langsam, um meine Augen an das Licht zu gewöhnen, öffnete ich meine Augen und fand mich auf einer sonnenbeschienen Lichtung wieder. Erschrocken fuhr ich hoch.

Wo bin ich?

Ich hielt mir den schmerzenden Kopf und betastete meine Hörner. Alles wie immer. Während ich langsam aufstand, scannte ich die Umgebung ab. Alles wie immer.

Oder?

Vögel sangen. Sonst war es ruhig. Etwas stimmte nicht, aber ich konnte nicht sagen, was es war. Ich sah an mir hinunter. Meine Kleidung war voller Moos und Erde. Ich schüttelte sie ab, bevor ich etwas im Gras liegen sah, nicht weit von der Stelle entfernt, an der ich gerade aufgewacht war.

Mein erster Instinkt rief Schlange, Schlange, VORSICHT! Jedoch sah das Ding nicht aus wie eine Schlange. Überhaupt sah es nicht lebendig aus. Ich schlich näher und atmete dann erleichtert aus. Es war ein Holzstab. Er war etwas kleiner als ich und die Borke war entfernt worden. Kunstvolle Muster zogen sich an ihm entlang. Oben hatte er eine geschwungene, Y-förmige Astgabel in der eine leuchtende, hellgrüne Kugel, die etwas kleiner als meine Faust war, schwebte.

Ich streckte meine Hand aus, um sie zu berühren, als die Kugel plötzlich losflitzte.

,,Nein, warte!", rief ich hinterher.

Mein Gefühl sagte mir, dass der Stab inklusive der Leuchtkugel wichtig war, also schnappte ich ihn mir und stürzte hinterher.

Der Wald veränderte sich, während ich rannte. War er erst sonnig und durchzogen von Lichtungen gewesen, war er nun dunkel. Das war nicht mein Heimatwald. Meine weichen Schuhe machten keinen Laut auf dem nadeligen Waldboden. Ich musste mich regelmäßig unter tiefhängenden Ästen ducken. Beinahe verlor ich die Kugel aus den Augen, aber ihre schimmernde Spur leitete mich.

Etwas außer Atem stoppte ich etwas später kurz vor einer tiefen Schlucht im Waldboden. Die Kugel schwebte auffordernd auf der anderen Seite hin und her. Wollte ich sie erreichen, musste ich springen. Doch ob ich es schaffen würde, stand in den Sternen. Die Schlucht war geschätzte dreieinhalb Meter breit und der Rand war bröckelig.

Erschrocken sprang ich zurück, als das Stück Erde, auf dem ich stand, nachgab und in die Tiefe stürzte. Ob ich es von einem der Bäume schaffen konnte? Ich sah an einer alten Eiche nach oben, die zwischen den Tannen und Fichten fehl am Platz wirkte. Die dünnsten der Äste hingen weit über die Schlucht. Doch sie würden mich nie im Leben halten können.

Bei den Dickeren sah es besser aus. Nachdem ich mich auf einen der unteren Äste gehievt hatte, schluckte ich. Wie tief war die Schlucht? Unendlich? Nein, weiter unten schloss sie sich. Es war also eigentlich ein Spalt im Waldboden. Nichtsdestotrotz ein tiefer Spalt. Mit dem Stab als Balancierstange trippelte ich voran. Nach einem Schreckmoment, in dem ich abrutschte und ohne Stab zu fallen gedroht hätte, war ich an einem Punkt angelangt, würde ich weitergehen, würden die Äste nachgeben.

Ich schloss die Augen und packte den Stab fester, während ich lautlos betete. Zu wem genau, wusste ich nicht.

Dann nahm ich Anlauf und sprang.

Eine Sekunde lang flog ich.

Dann realisierte ich, dass ich es nicht schaffen konnte. Die rettende andere Seite war zu weit entfernt. Von oben betrachtet war die Schlucht größer. Angsteinflößender.

Fieberhaft überlegte ich. Noch ein paar Sekunden und ich würde endgültig fallen. Noch etwas Zeit und ich würde auf den Felsen unter mir zerschellen. Eine rettende Idee jedoch wollte und wollte mir nicht einfallen. Eine große Wolke schob sich vor die Sonne und tauchte alles in Schatten.

Ich zog mich gewaltsam aus meiner Starre und rammte den Stab in letzter Sekunde in die weiche und bröckelige Erde der anderen Seite. Schwer atmend und mit verschwitzten, rutschigen Händen versuchte ich, bloß nicht abzurutschen. Ich stemmte meine Füße gegen die Steinwand, die etwas weiter unterhalb des Stabes begann.

,,Verfluchter Mondnebel!"

Ein Tausendfüßler krabbelte über meinen Arm. Er kitzelte. Ich griff fester zu. Wie lange ich schlussendlich hing, wusste ich nicht. Ich wusste nur, dass es immer schwerer wurde, nicht abzurutschen.
Ich überlegte.
Wie kam ich aus dieser Klemme wieder hinaus? Am Ende hatte ich den Moment des Fallens nur etwas hinausgezögert.

Es dämmerte langsam. Wehmütig dachte ich an meinen Heimatwald, in dem zu dieser Zeit die Xenophilien sangen und die Whøfwürmchen zu leuchten begannen.

Der letzte Ausweg war gleichzeitig der letzte Versuch, nicht zu fallen. Ich würde hier nicht ewig hängen können. Unter Aufbietung meiner letzten Kräfte löste ich eine Hand vom Stab und griff nach oben. Nach ein paar Sekunden bekam ich einen Felsen oder Ähnliches zu packen und klammerte mich daran. Als ich sicher war, dass der Griff fest war und meine Füße gut standen, zog ich mit der anderen Hand den Stab aus der Erde und schmiss ihn nach oben. Schnell griff ich mit der Hand, die nun frei war, in die Nadeln des Bodens und zog mich langsam hoch, immer darauf bedacht, mir feste Griffe zu suchen. Würde etwas nachgeben oder gar fallen, wäre ich verloren.

Ich biss die Zähne zusammen und rollte mich über die Kante.

Geschafft.

Ich robbte mit Stab ein paar Meter weg vom Rand und schloss die Augen. Ausruhen.
Nur Ausruhen.

Etwas Nasses in meinem Gesicht weckte mich. Ich öffnete die Augen halb, nur um schließlich in Panik von dem Wesen wegzurobben, das mein Gesicht abgeschleckt hatte. Es beobachtete mich mit schiefgelegtem Kopf und treudoof guckend.

Es war ein Ssoniō, soweit ich das beurteilen konnte. Nur, dass dieses Wesen wesentlich kleiner war, sogar kleiner als ein Jungtier. Und es hatte nur zwei Augen. Seine Zunge war nicht gespalten. Außerdem war das Fell war bei weitem nicht so dick. Es hörte nicht auf, mich anzustarren.

Ich war unmöglich in meiner Welt. Nein. Ich war im Menschenreich. Wie war ich hierher gelangt?

Ich kramte in meinem Gehirn. Ich konnte mich nicht erinnern.

Das Geschöpf vor mir war, laut Menschen-Sachbuch und laut meinem Gedächtnis, ein Wolfsjunges. Ssoniōs waren angeblich unsere magische Version ihrer Wölfe.

Ich drehte ein grünes Blatt zwischen den Fingern, als ich erschrocken aufjapste und mich nach der Leuchtkugel umsah. Erst jetzt fiel sie mir wieder ein. Aber natürlich war sie inzwischen weg. Ich drehte mich zurück zu dem Wolfsjungen. Vielleicht konnte es mir ja helfen. Mit Ssoniōs verstand ich mich sonst auch gut.

,,Du verstehst mich wahrscheinlich nicht. Aber falls doch: Hast du eine etwa so große", ich zeigte mit den Fingern die Größe der Kugel, ,,schwebende, grüne Leuchtkugel gesehen, die es aller Wahrscheinlichkeit nach ziemlich eilig hatte?", fragte ich langsam und im besten Ssoniānisch, das ich aufbringen konnte.

Das Kleine bellte kurz und lief los. Ich hob den Stab vorsichtig auf und folgte ihm dann langsam, aber erleichtert. Wenn es mich tatsächlich verstanden hatte...

Nach einem kurzen Fußmarsch waren wir an einer Waldsenke angekommen. Eine hohe Steinwand ragte steil darüber empor. Ganz oben schwebte das Licht seelenruhig. Ich rollte mit den Augen.

Ernsthaft?

,,Danke", sagte ich in Richtung des Wolfsjunges, doch als mich umdrehte, war es bereits im dunklen Wald verschwunden.

Die Wand war nicht besonders hoch, nur etwa sechs Meter. Da würde ich hochkommen, zumal sie viele gute Halte und Lücken im Gestein aufwies.
Das einzige Problem war der Stab. Er würde mich zu sehr behindern. Da mir vorerst keine bessere Lösung einfiel, schnallte ich meinen Gürtel ab, hing in mir an einer Seite um die Schulter und schob den Stab mehrfach hindurch. (So, dass sie ihn auf dem Rücken hat, wie in Videogames😂)

Ich wollte gerade den ersten Griff anpeilen, als mir etwas auffiel, mit dessen Hilfe ich möglicherweise einfacher nach oben gelangte.
Es war ein Baumstamm.
Er war gegen die Wand umgestürzt und lag dort jetzt wie eine Brücke.
Eine ziemlich wackelige zwar, aber immerhin.

Als ich prüfte, ob das Holz trocken war, fiel mir ein Regentropfen auf die Nase. Weitere folgten.

Jetzt oder nie, dachte ich und zog mich hoch. Meine Füße fanden auf dem Moos und den Flechten gut Halt. Ich war gerade einmal in der Mitte angekommen, als etwas unter mir knackte.

Verdammt.

Meine Füße gehorchten mir ausnahmsweise mal und rannten los. Der Baum knackte immer mehr, je näher ich der Wand kam. Er rutschte.

Mit einem letzten verzweifeltem Sprung erreichte ich die Wand schließlich noch und klammerte mich fest, jedoch war sie rutschiger als ich dachte. Regen pladderte auf den Waldboden. Ich war durch den leichten Überhang zwar etwas geschützt, aber das Wasser lief über die Kante und durchnässte die Felsen. Ich hing. Schon wieder. Diesmal nicht ganz so tödlich hoch, aber nicht gesund.
Wenn ich mich jetzt fallen lassen würde, würde ich aufgeben. Ich würde warten müssen, bis der Regen aufhörte. Ich würde mich mit aller Wahrscheinlichkeit verletzen. Nein. Ich ziehe das jetzt durch!

Wieder einmal suchte ich meinen Füßen einen festen - und noch nicht rutschigen - Halt und griff weiter nach oben. Normalerweise konnte ich klettern wie ein Salamander, aber jetzt... Der Regen wütete heftiger. Jetzt kam auch noch Wind dazu. Er trieb den Regen genau unter den leichten Überhang, unter dem ich förmlich an der Wand klebte. In Schauern prasselte er nun auf mich nieder. Auf dem Boden bildeten sich Schlammpfützen. Ich versuchte, nach oben zu greifen, und bekam tatsächlich einen Griff zu fassen. Ermutigt zog ich mich daran hoch und suchte weiter.

Nach einer Ewigkeit war ich schließlich an der Kante angekommen. Jetzt kam der schwierigste Teil. Da ich keine Felsen oder Ähnliches in Reichweite entdecken konnte, griff ich kurzerhand in die Erde und betete, dass sie halten würde. Das tat sie, den Gegebenheiten zum Trotz.

Ich rollte mich erneut innerhalb 24 Stunden über eine Kante und blieb erneut innerhalb 24 Stunden erschöpft liegen. Es war kalt und meine Klamotten waren total durchnässt.

Ich wollte den Fehler, liegen zu bleiben, aber nicht nochmal machen, also sprang ich direkt wieder auf, zog den Stab hervor und sah das Licht davonschweben. Gnädigerweise etwas langsamer.

Der Wald war nun wieder heller und Gras spross aus dem Boden. Es nieselte nur noch. Tiere sprangen in kurzer Entfernung vorbei. Rehe? Vögel begannen zu zwitschern. So sehr ich ich auch meine Heimat vermisste, so sehr war ich von dieser Welt fasziniert.
Ich lief langsamer. Hier konnte ich das Licht besser ausmachen, da die Bäume nicht mehr so dicht standen.

Ich wusste nicht mehr, wo ich war. Ich hatte schon längst die Orientierung in diesem unbekannten Wald verloren. Nicht, dass ich sie irgendwann mal gehabt hätte. Die Wiese, die ich überquerte, war kahl und stumpf. Keine einzige Blume reckte das Köpfchen hervor. Tiefe Furchen zogen sich über das Gras. Ich blieb kurz stehen, um eine von ihnen zu betrachten, dann lief ich schnell weiter, damit ich die Lichtkugel nicht verlor.

Wie lange laufe ich schon?

Ich wusste es nicht, aber ich verspürte auch keine Müdigkeit. Es war dunkel. Es war kein Mond am Himmel zu sehen, was aber wohl eher an den Wolkentürmen am Horizont lag. Alles hier sah so anders aus als zu Hause. Ich legte die Hand an den kastanienbraunen Kristall, der an einer Kette an meinem Hals hing. Axinit nannten ihn die Menschen.
Er war mit einem Schutzzauber belegt.

Es dämmerte, als ich Türme und Häuser hinter den Bäumen sehen konnte. Eine Siedlung? Das Licht führte mich direkt darauf zu.
Ich trat auf die Straße. Meine Klamotten inklusive Gesicht waren voll von getrocknetem Schlamm. In meinen Haaren hingen Nadeln und trockene Blätter.

Alles war leer. Das Licht flog weit über mir und leitete mich. Die einzige Person, die mir hier, bei Sonnenaufgang, begegnete, streckte den Daumen hoch und rief: ,,Nices Kostüm!" Irritiert blickte ich ihm nach. Meinte er meine Hörner? Er starrte weiter auf ein flaches, glänzendes Gerät in seiner Hand. Ein Handy. Schnell lief ich weiter.

Ich verließ die Siedlung oder Stadt wieder und folgte der Lichtkugel über Feldwege und Wiesen. Die Sonne stand schon hoch am Himmel, als das Licht vor mir anhielt. Ich blickte an ihm vorbei auf eine Lichtung. Oder das, was mal eine Lichtung gewesen war. Bäume lagen gefällt auf dem Boden. Tiefe Furchen zierten den Boden. Große Geräte - Bagger - standen herum, dazwischen Leute mit leuchtend orangenen Sicherheitswesten. Große Erdhügel waren ausgeschüttet worden. Ich fühlte in den Boden hinein. Es gab fast kein Leben mehr hier. Ich ballte meine Hände zu Fäusten. Wie konnte jemand der Natur so etwas antun? Wie konnten die Menschen nur?!

Einer der Menschen hatte mich bemerkt und kam auf mich zu. ,,Entschuldigen Sie, aber sie dürfen hier nicht sein. Das hier ist Baugebiet." Der Mann sah mich auffordernd an, nahm wohl an, dass ich einfach verschwinden würde.

Eine stumme Träne verließ mein Auge.

Nein.

Der Mann sah mich irritiert an. ,,Ist mit ihnen alles in Ordnung?" ,,NEIN!!", brüllte ich. Der Stab flog in meine ausgestreckte Hand, die Leuchtkugel schwebte an ihrem Platz. In dem Moment, in dem der Stab meine Hand berührte, veränderten sich meine Augen. Sie strahlten in einem hellen Grün. Leuchteten auf. Ich rammte den Stab vor mir in den Boden. Eine gewaltige Energiewelle floss den Hügel hinunter. Die Arbeiter gingen zu Boden. Die Bagger wackelten.

Ein Rauschen in der Luft. Ein Schatten legte sich über mich.

Bringen wir dich nach Hause.

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Hellau! Es ist zwar schon spät und ich sollte eigentlich Hausaufgaben machen, aber egal! Hatte Bock, was zu schreiben. Ist nicht besonders gut geworden, aber... egal. Vielleicht gefällt's ja jemandem. (2159 Wörter ohne Nach- und Vorwort.)
PS: Ich sage zu oft "egal", aber... nun, ähm... egal.😅 Schönen Tag noch!
~Wolfie

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