Eine leere Bühne (Deutsch/Mystery)
Muffig roch das Treppenhaus. Er zog die Schuhe an, dreht sich um und schloss die Wohnungstür hinter sich ab. Die große Tasche über die Schulter schwingend macht er sich auf den Weg die Treppen hinunterzusteigen. An den anderen Türen vorbei. Vor der mit dem Mops auf dem Fußabstreifer besonders leise. Den häufigen Außeinandersetzungen mit anderen Bewohnern hier nach zu urteilen, dachte die Dame hier, dass Alle auf sie Rücksicht nehmen sollten.
An der Tür vorbeigeschlichen, weiter die Treppen runter. Im Erdgeschoss noch im Briefkasten Post gucken. Nichts.
Raus aus der Haustür und direkt nach rechts. Am ersten Balkon kurz ans Geländer klopfen.
"Bin dann mal weg Nana."
Ein grauer Wuschelkopf schaut ihm entgegen. "Theather wieder?" "Ja, Bühne da ist toll.", wendet sich zum Gehen, schaut zurück, grinst. "Wenn ich in ner Woche nich wieder da bin weißt du wo du suchen musst." Sie grinst an das Geländer gelehnt zurück, "Sockenschublade, ist doch klar."
Er verschwindet aus ihrem Sichtfeld zu den Fahrradständern. Kurz in der Tasche kramend den richtigen Schlüssel finden. Tor auf, Fahrradschloss aufschließen, Fahrrad raus, Tor zu.
Gut, dass das Wetter mitspielt.
Er zieht seine Tasche zurecht und schwingt sich aufs Rad. Dann gehts die Straße runter, an der Kreuzung rechts, nächste links. Am Spielplatz mit Kinderlärm und tratschenden Müttern vorbei. Die Allee entlang, unter den tollen Schatten des Blätterdaches über gefallene Zweige holpernd.
Ein weing stärker trampelnd als es die Reinigergasse hochgeht, danach gleich links. Ab durch ein Gewirr von kleinen Gassen, in denen man sich als Tourist verlaufen kann.
Aber Wege, die man kennt sind leicht befahren.
Vor dem Durchgang eines Gasthofes hält er an. Steigt ab. Fahrrad abstellen, neben den großen eingetopften Oleanderbüschen am Fahrradständer an der Wand. Das Schloss klickt ein, er steht auf und winkt der Bedienung des Gasthofes im Durchgang zum Innenhof zu. Ein Nicken wird ausgetauscht, man kennt sich, hilft gegen Fahrradklau.
Zu Fuß geht's weiter. Nur ein paar Querstraßen. Rechts, Links, wieder Rechts. An dem vollgestellten Fahrradständer vorbei, die großen Doppelflügeltüren ignorierend. Auf eine Seitentür bei den Müllcontainern zu und mit passendem Schlüssel durch.
Durch Gänge, an anderen Türen vorbei. Manche offen und Blicke auf menschenleere, zugestellte Räume, andere auf Schauspielproben oder Kursgruppen freigebend. Wieder andere zu oder verschlossen.
Links durch eine Tür durch, ein Umkleideraum. Er stellt seine Tasche ab, Reißverschluss auf. Schuhe aus, umziehen. In weiche Schlappen schlüpfen, Tasche unter die Bank schieben und das Gitter mit Zahlenschloss davor zumachen. Zum anderen Ende des Raumes durch die Tür.
Zwischen den Bühnenbildern hindurch auf die Bühne.
Niemand sonst da, nur schwaches Licht. Noch von der letzten Gruppe angelassen.
Er setzt sch an den Rand, beginnt Dehnübungen. Beine, Arme und so weiter. Nach und nach, geduldig alles aufwärmend.
Dann steht er auf, probt ein paar Schritte. Gesten und Mimik.
Geht schließlich zur Mitte der Bühne.
Später am Abend dreht der Hausmeister seine Runde. Klopft an die Tür des Umkleideraumes, keine Antwort. Er geht hinein, sieht eines der Abteile unter der Bank noch verschlossen und gefüllt. Durch die Tür zur Bühne durch, da alle anderen Räume schon leer und abgeschlossen sind.
Das Licht ist noch an. Aber die Bühne und die Sitzreihen leer.
Der Hausmeister steht am linken Bühnenrand, ruft in den Theatersaal hinein: " Noch jemand da? Das Haus schließt!" Keine Antwort auf seinen Ruf. Schaltet die Beleuchtung aus, lauscht noch einmal. Nichts. Schulterzuckend geht er zurück. An dem verschlossenen Abteil unter der Bank vorbei, murmelnd, "Wird wohl jemand vergessen haben."
Den Rest seiner Runde am Personalausgang beendend und die Türe absperrend.
Jetzt auf dem Weg nach Hause.
Eine Woche später kommt Polizeipersonal vorbei.
Vermisstenmeldung.
Das verschlossene Abteil unter der Bank im Umkleideraum wird aufgebrochen, die Tasche durchsucht. Ausweis, der Name, Alter und Wohnort der Meldung bestätigen gefunden. Im Rest des Theathers ist nichts zu finden.
Beim Hinausgehen bleibt der Blick eines der Beamten an den Bühnenbildern hängen, die in der Eingangshalle ausgestellt sind. "Wunderschön." Ein Angestellter dreht sich um, "Von der Aufführung von letzter Woche. Eine gelungene Aufführung eines alten Stückes, kaum noch gespielt." Der Beamte nickt, nur halb interessiert. "Manche sagen bei einer guten Aufführung erwachen tolle Kulissen manchmal zum Leben." Ein unbestimmtes Zustimmen des Polizeibeamten. Alle Polizisten verlassen ohne große Funde das Theather.
Später erscheint nur ein kleiner Artikel in einer Nebenspalte in der Zeitung. 'Junger Mann spurlos verschwunden'.
An manchen Frühstückstischen kurz überflogen, bald vergessen.
Gut, dass das Wetter schön ist.
In einem Café sitzt eine ältere Dame an einem kleinen Tischchen. Tee und Frühstücksset vor sich. Butter auf's Brötchen, Ei geschält, Salz drauf.
Nach dem Frühstücken Hände waschen, sich wieder hinsetzen und noch einen Tee bestellen.
Aus ihrer Tasche zieht sie einen zusammengehefteten Stapel Blätter hervor. Ihr Tee wird serviert, der Kellner fragt interessiert: "Ein Theatherstück Nana?" Ohne aufzublicken antwortet die alte Dame: "Hmn. Von einem kleinen Freund." Ihr einen wissenden Blick zuwerfend kommentiert der Kellner nur: "Sockenschublade?" "Sockenschublade.", sie nickt und trinkt weiter ihren Tee.
- 18.04.20
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