Leere

Es stand in einem Raum. War das ein Raum? Er war vollkommen schwarz. Nicht die Art Dunkelheit, mit der man konfrontiert wird, wenn man Nachts das Licht ausmacht und vor der die Kinder so Angst hatten, weil sie fürchten, da wäre etwas. Doch hier war NICHTS. Kein Licht, kein Schatten, nur es und die Schwärze.

Aber wer war es eigentlich? Wo kam es her? Es wusste nicht mal, wo es war und was es hier tat. Das Wesen im Nichts.

Es machte einen Schritt nach vorn. Sobald der Fuß auf der Leere zu stehen kam, breitete sich Farbe aus. Ein hellbrauner Dielenboden erschien, weiße Wände bildeten sich und lösten die schwarze Kälte, die von der Dunkelheit ausgestrahlt wurde, ab. Da war ein Paar, sie lächelten auf ein kleines Mädchen im Arm der Frau herab.

Ein weiterer Schritt und das Bild verschwamm. Eine neue Szene tauchte auf, wieder die Frau. Der Ehemann fehlte. Das Mädchen war schon etwas älter und lächelte ihre Mutter fröhlich an, während sie auf einem Trampolin im Garten sprang.

Das kam dem Wesen irgendwie bekannt vor. Es fürchtete sich vor dem nächsten Schritt, doch es musste wissen, was als Nächstes passierte, um sich selbst zu finden.

Das Bild wechselte zu einem dunklen Zimmer. Das Mädchen lag auf dem Bett und weinte. Es war allein. Einsam. Wie das Wesen. Es starrte die Szene an, entwickelte Gefühle, so etwas wie Mitleid, nein, Trauer. Dem Mädchen war etwas entrissen worden und das war schlimmer, als das Fehlen des Vaters, der nie da gewesen war, wenn sie ihn gebraucht hätte. Wie jetzt.

Noch ein Schritt, wieder ein Bild.

Ein heller sonniger Tag, aber das Licht hellte die Stimmung nicht auf. Schwarz gekleidete Personen auf der grünen Wiese. Das Mädchen weinte nicht mehr. Der Vater fehlte.

Nächster Schritt. Sie standen in einer Gasse, das Wesen und das Mädchen. Gegenüber von ihr vier Typen, die sie schadenfroh ansahen. Sie war entschlossen, sich zu wehren. Ein Messer funkelte auf, das Wesen wollte das Mädchen warnen, doch sie hörte es nicht, nahm es nicht wahr.

Dem Wesen wurde klar, was es hier tat. Die Beine zitterten, als es mit den Zehenspitzen den Boden antippte. Der Boden wurde wieder schwarz, da war wieder Nichts. Nur ein Spiegelbild. Das Mädchen stand dem Wesen gegenüber. Ihr weißes Oberteil färbte sich rot. Etwas Blut floss an ihrem Arm herunter und ein Tropfen fiel von ihrer Fingerspitze in die Leere.

Die Umgebung wurde weiß. Nicht so hell, wie das Licht, das in den Augen brennt, sondern farblos.

Zwei Mädchen, die sich identisch waren. Alles gleich, bis auf den roten Fleck auf der Brust des Mädchens, das nach hinten kippte und im weißen Hintergrund verschwand.

Wieder allein. Das Mädchen im Nichts.

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Auch die Geschichte wird vielleicht die ein oder anderen Fragen aufwerfen. Ich wollte hier zum Interpretieren anregen, dass man sich überlegt, was genau die Geschichte jetzt thematisiert.

Ich hatte mir das Thema Tod vor Augen gehalten. Sie sieht ihr Leben an sich vorüberziehen, ohne dass sie sich wirklich selbst bewusst ist. Deshalb wird am Anfang nur von 'es' gesprochen. Und beim Ende konnte ich mir es wieder nicht nehmen, etwas abstrakter zu schreiben xD Das Thema, zu dem wir die Geschichte schreiben sollten, war übrigens 'Rot', was ich mit dem Blut umsetzen wollte, dass sich vom Schwarz und Weiß der Umgebung abhebt.

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