Der Lagerfeuer-Werwolf
Diese Kurzgeschichte habe ich ursprünglich für einen Kurzgeschichten-Wettbewerb geschrieben und dann zu meinem Leidwesen zu spät daran gedacht sie einzureichen. Deshalb habe ich mich dazu entschlossen den Text zumindest hier auf Wattpad in meiner Kurzgeschichten-Sammlung zu veröffentlichen. (Danke LJ_Stories_ für das Lesen und Feedback geben zu dieser kurzen Gruselgeschichte. Das hat mir sehr geholfen.)
Gespannt saßen wir um das Lagerfeuer herum und lauschten den Erzählungen unseres Pfadfinderleiters. Stille umgab uns. Ich drehte mich im Kreis, blickte in die interessierten Gesichter meiner Freunde und spähte dann in die Ferne. Wir saßen mitten im Wald. Bäume. Große. Kleine. Dicke. Dünne. Laubbesetzte. Nadeltragende. Überall Bäume, soweit das Auge reichte. Einer reihte sich an den Anderen. Wir befanden uns auf einer Lichtung. Es war dämmrig. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis die Sonne der Dunkelheit weichte und dem prachtvollen Vollmond Platz machte. Mein Körper kribbelte vor lauter Vorfreude auf lauter schaurige Gruselgeschichten. Jetzt schon warf das flackernde Licht des Feuers tanzende Schatten um uns herum. Seelig vor mich hin lächelnd folgte ich ihrem Schauspiel. Schlagartig wurde ich aus meinen Gedanken gerissen.
„Bald ist es soweit. Schon in wenigen Augenblicken wird all das Sonnenlicht um uns herum verschwunden sein!", prophezeite unser Pfadfinderleiter. Seine Stimme klang dunkel und fremd. Ein ehrfürchtiges Raunen ging durch die Menge. Manche von uns kommunizierten mit stummen Blicken. Die Luft knisterte und passte sich an den Takt des lodernden Feuers an. Die Spannung war zum Greifen nahe. Kaum jemand wagte es, zu atmen. Plötzlich zerriss ein Geräusch diese Totenstille. Ich sah, die anderen Kinder erschrocken ihre Augen aufreißen. Einige zitterten sogar. „Solche Angsthasen!", lachte ich in mich hinein, „Schon beim leisesten Schuhu einer Eule machen sie sich fast in die Hose." „Dir wird das Lachen schon noch vergehen!", grölte der Pfadfinderleiter mit tiefer Stimme. Sein eiserner Blick schien mich zu fesseln. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken. Ein Kloß bildete sich in meinem Hals. Ich musste schlucken. Dann jedoch begann ich abermals zu grinsen. „So ein Witzbold!", dachte ich bei mir, „Der muss wirklich immer aus allem einen gruseligen Scherz machen." Ein letztes Mal fixierte er mich mit seinen düsteren Augen. Dann wendete sich der Pfadfinderleiter wieder dem Himmel zu. Auch ich richtete meinen Blick nach oben. Mittlerweile konnte man die ersten Sterne sehen. Der Mond begann ebenfalls schon aufzugehen.
Schon bald würde uns die Dunkelheit umhüllen. Meine Aufmerksamkeit wieder dem Feuer und seinem lustig-schaurigem Schattenspiel zuwendend bemerkte ich, dass es nebelig geworden war. Vorsichtig sah ich mich um. Dichte Nebelschwaden waberten überall um uns herum. Gespenstisch hüllten sie uns von allen Richtungen ein. Bis auf das Licht, dass das Lagerfeuer spendete, war es nun komplett finster geworden.
Ich hob meinen Kopf erneut gen Himmel. Dieser war nun ebenfalls stockdunkel geworden. Jedoch die Sterne waren verschwunden. Denn der gesamte Horizont war von dicken, schwarzen Wolkenwänden verdeckt. Endlich war es soweit. Unser Pfadfinderleiter begann mit seiner Ansprache. Mit jedem seiner Worte wurde es augenscheinlich dunkler und dunkler. Auch der Nebel verdichtete sich immer mehr. Dann geschah es. Die Wolkendecke brach auf und der Vollmond, der nun direkt über uns stand, tauchte die gesamte Lichtung in schummrig-schauriges Licht. Ich traute meinen Augen kaum. Der Pfadfinderleiter bäumte sich plötzlich auf. Unter ohrenbetäubendem Lärm begann er zu wachsen. Immer größer und größer begann er in die Höhe zu schießen. Solange, bis sein Körper auf einmal zu Boden stürzte. Seine Brust, sowie sein Gesicht waren der Erde zugewandt. Doch was war das? Aus seiner Haut schoss braunes Fell wie Unkraut aus einem Blumenbeet. Seine Arme und Beine krümmten sich. Lange, scharfe Krallen zierten seine nun riesigen Pranken. Auf einmal stieß er ein lautes Brüllen aus. „Woooaaahhhh!" Erschrocken zuckte ich zusammen. Wenn das ebenfalls einer seiner schlechten Scherze sein sollte, dann war er keineswegs mehr lustig.
Stocksteif stand ich da, meine vor Schock aufgerissenen Augen starrten immer noch ungläubig auf das schreckliche Bild, das sich mir bot. Plötzlich hob das Monster vor mir den Kopf. Gefährlich aussehende Reißzähne blitzten mir entgegen. Abermals ertönte ein bestialischer Laut. Auf einmal spürte ich, dass sich meine Schockstarre langsam löste. Endlich konnte ich wieder klar denken und handeln. Genau in dem Moment, in dem unser mutierter Pfadfinderleiter losstürmte, sprintete ich los. So schnell mich meine Beine trugen, lief ich Richtung Wald. Bevor ich darin verschwand, warf ich einen schnellen Blick zurück. Dies stellte sich jedoch als großer Fehler heraus.
Durch das erschreckende Bild, das sich mir bot, stolperte ich und kam ins Straucheln. Zwar konnte ich mich sofort wieder fangen, jedoch verlor ich durch den kurzen Moment wertvolle Zeit. Ich wusste, dass ich nun verfolgt wurde.
Daher rannte und rannte ich, ohne noch einmal zurückzublicken. Hinter mir hörte ich das laute Trampeln von Pfoten am Waldboden. Begleitet wurde dieses Geräusch von gelegentlichem Brüllen und lang andauernden Schreckensschreien, sowie ängstlichem Wimmern. So gut es ging versuchte ich alles um mich herum auszublenden. Ich konzentrierte mich nur auf eines, das Laufen um mein Leben.
Das Aufschlagen der Pranken auf dem schlammigen Untergrund kam immer näher. Ich wusste, der Abstand wurde immer geringer. Mein Vorsprung schwand mit jeder Sekunde. Panik machte sich in meinem Körper breit. Ich wusste keinen Ausweg mehr. Verzweifelt begann ich zu schluchzen. Es hatte alles keinen Sinn mehr. Also blieb ich einfach stehen. Zitternd wie Espenlaub drehte ich mich um. Gerade kam die Bestie in mein Blickfeld. Auf wackeligen Beinen schritt ich meinem sicheren Tod entgegen. Doch dann kam mir eine glorreiche Idee. Blitzschnell rannte ich auf den nächstbesten Baum zu. Sprang fast schon auf den Stamm, schnappte mir den erstbesten Ast, den ich in die Finger bekam, und begann mich daran hochzuziehen. Ich kletterte immer höher und höher. Erst in der Baumkrone angekommen, stellte ich meine Bewegung ein und blickte zu Boden.
Unten saß das Monstrum und beschnupperte seine Umgebung. Augenscheinlich war es auf der Suche nach mir. Inständig betete ich zu Gott, dass Werwölfe, oder was für ein Nachtwesen mein Pfadfinderleiter auch sein mochte, nicht gut klettern können. Das Schnüffeln am Boden wurde eingestellt. Wahrscheinlich war er fündig geworden und hatte nun die Witterung aufgenommen. Zielstrebig hob das Ungeheuer unter mir seinen Kopf. Das gelbe Augenpaar starrte mir ins Gesicht. Es fühlte sich an, als würde es sich direkt in mich hineinbrennen. Der eiskalte Blick ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Abermals stieß das Untier ein markerschütterndes Brüllen aus. Durch die Vibration hätte ich beinahe meinen Halt verloren. Bibbernd vor Angst schloss ich meine Augen. Meine Stoßgebete, die an niemanden bestimmten im Himmel gerichtet waren, wurden hoffentlich von jemandem dort oben gehört. Ein Scharben und Kratzen am Baumstamm signalisierte mir, dass das Tierwesen versuchte zu mir heraufzuklettern.
Immer noch hielt ich meine Augen fest geschlossen. Meine Wahrnehmung war dadurch beschränkt. Ich sah nichts, ich hörte nur. Wieder vernahm ich das Geräusch von schleifenden Krallen und es ertönte ein Heulen in der Nacht.
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