Ich bin deine Familie
-Lukas' Sicht-
Mit Beinen aus Wackelpudding und einem Adrenalinspiegel, der weit über dem Durchschnitt lag, lehnte ich mich gegen die leicht kühlende Hausfassade, schloss die Augen und atmete einmal tief durch.
Ich versuchte wieder herunterzufahren und mir keine Sorgen zu machen, denn egal, was heute passieren sollte, ich hatte mein Abitur in der Tasche. Es gab nichts, vor dem ich mich fürchten oder Angst haben musste. Ich hatte alle Klausuren und mündliche Prüfungen bestanden.
Wenn ich diese kleine Bühne betrat, mir die Hand geschüttelte und 'Herzlichen Glückwunsch' gewünscht wurde, würde niemand auf diese stürmen, sich das Mikrofon schnappen und mir vor versammelter Mannschaft mitteilen, dass das Alles nur ein dummer YouTube-Prank gewesen ist.
Ich öffnete die Augen, atmete nochmal tief ein und wieder aus und konnte spüren, wie sich mein Herzschlag normalisierte. Mit zittrigen Fingern holte ich mein Handy aus der Hosentasche und musterte mich in der Spiegelung des Displays.
Ich lächelte, denn ohne oberflächlich klingen zu wollen, sah ich heute verdammt gut aus. Ich war mehr als zufrieden mit meinem Aussehen. Niemand konnte mir ansehen, wie sehr mich die letzten Tage mitgenommen hatten.
Endlich konnte ich mich wieder unter Menschen trauen, ohne die Frage gestellt zu bekommen, aus welcher Höhle ich ausgebrochen bin. Ich hatte eine gesunde Hautfarbe, etwas mehr Kilo zugelegt und konnte mit ein wenig Concealer meine viel zu dunklen Augenringe kaschieren.
Ich fuhr mir einmal durch die Haare, die ich noch gestern beim Friseur hab' schneiden lassen und ging dann auf das riesige Gebäude zu, in dem heute unsere Abschlussfeier stattfinden würde.
Es war ein alter Gasthof, der gleichzeitig als Pension fungierte. Normalerweise stand der Saal, in dem wir heute feiern würden, als Restaurant zur Verfügung, in welchem die Gäste Frühstück, Mittag und Abendbrot serviert bekamen.
An besonderen Tagen gab es auf der Bühne einige Showeinlagen von Sängern, Tänzern, Kabarettisten, Poetry-Slam-Wettbewerbe, Comdeyprogramme oder er diente als Tagesstätte für verschiedene Tagungen von politischen Parteien oder Organisationen.
Ein Lächeln zierte meine Lippen. Da unsere Klassenlehrerin sehr gute Kontakte zu dem Gasthof pflegte, konnte sie uns diesen für einen günstigeren Preis organisieren, sodass die Eltern nicht allzu tief in die Tasche greifen mussten.
Neben dem köstlichen Essen, standen uns auch einige Zimmer zur Verfügung, wenn sich der ein oder andere kein Taxi mehr nehmen wollte, oder es eventuell doch nicht bis nach Hause schaffen sollte.
Normalerweise machte die Bar, die an dem Restaurant angrenzte, erst um 22 Uhr auf. Doch heute wurde eine Ausnahme gemacht, sodass sie uns schon um 19 Uhr zur Verfügung stand und wir uns zahlreich an dieser bedienen konnten.
Mein Bauch kribbelte angenehm. Ich konnte nicht glauben, dass in diesem Gasthof meine Abschlussfeier stattfinden würde. Jahrelang hatte ich für dieses verdammte Abitur gekämpft und heute würde ich es endlich in den Händen halten.
Vor knapp einer Woche saß ich noch heulend vor der Klassenzimmertür und hatte totale Panik wegen meiner mündlichen Prüfung in Chemie geschoben. Kurz vor der Zielgerade, wollte ich am liebsten alles hinschmeißen und eine Karriere als Stripper anfangen.
Aber jetzt stand ich hier, hatte alle meine Prüfungen mit einem mehr als zufriedenen Ergebnis hinter mich gebracht und konnte stolz auf das sein, für was ich mir in den letzten Jahren fast tagtäglich den Arsch aufgerissen hatte.
So viele schlaflose Nächte und Nachmittage, in denen ich alles kaputtmachen und nur noch schreien wollte, hatten endlich ihr Ende gefunden und sich gelohnt. In nur wenigen Stunden würde ich frei sein und alle Türen standen mir offen.
Ich musste nicht mehr morgens mit dem Bus zur Schule fahren, mir das nervige Geschwätz der Leher anhören, während ich auf dem unbequemen Stuhl saß, Hausaufgaben machen und für irgendwelche dämlichen Tests und Klausuren lernen.
Es freute mich riesig, den ersten Meilenstein meines Lebens erfolgreich hinter mich gebracht zu haben und mich nun auf das konzentrieren zu können, was ich schon immer machen wollte.
Ich hatte endlich etwas, worauf ich mit Stolz blicken und was mir niemand mehr nehmen konnte. Es machte mich total glücklich, den heutigen Tag erleben zu können und es einfach geschafft zu haben.
Ich konnte nicht in Worte beschreiben, was gerade in mir vorging. Ich wusste nicht, wohin mit dieser ganzen Ansammlung an Glücksgefühlen. Am liebsten wollte ich die ganze Welt umarmen und jeden, den ich sah, davon erzählen, dass ich mein Abitur bestanden hatte.
Ich konnte es kaum glauben, aber ich hatte es wirklich geschafft. Das ist nicht nur irgendein dummer Traum, aus dem mich der Wecker gleich wieder herausreißen würde. Ich bekam heute wirklich meinen Abschluss!
Das Lächeln auf meinen Lippen wurde noch ein ganzes Stückchen breiter. Fest entschlossen und mit einem sehr stolzen Gang, trat ich um die Ecke, weil ich mich lange genug versteckt hatte.
Ich hatte nochmal einen kurzen Moment für mich gebraucht, um in Ruhe zu realisieren, was da gleich passieren würde. Noch kein einziges Mal in meinem Leben hatte ich so einen großen Schritt gemacht.
Ich konnte es kaum noch erwarten, weitere Meilensteine zu erleben und diese mit meinen Liebsten teilen zu können. Ich hatte das ganz alleine geschafft, mit all meiner Kraft und Energie. Ich hatte mir das über all die Jahre aufgebaut.
Ich sah mich in der Gegend um und das Lächeln, was gerade erst den Weg auf meine Lippen gefunden hatte, verschwand mit einem Mal aus meinem Gesicht. Stattdessen machte sich ein unangenehmes Stechen in meiner Brust breit und schwer musste ich schlucken.
Eine Träne lief mir langsam die Wange herunter und sofort wischte ich diese weg. Ich sah nach oben in den Himmel, ließ mich leicht von der Sonne blenden und versuchte mich wieder zu beruhigen.
,,Ach Ella, du siehst so hübsch in dem Kleid aus! Wie eine wunderschöne Prinzessin, das steht dir so gut. Wir sind soooo stolz auf dich, mein Schatz.'' Ich richtete den Blick zu Boden und biss mir auf die Zunge, um den Schrei zu unterdrücken, der unbedingt nach draußen wollte.
Stolz. Stolz ist das Gefühl einer großen Zufriedenheit mit sich selbst oder anderen. Es ist die Freude, die der entspringt, etwas Besonderes, Anerkennenswertes oder Zukunftsträchtiges geleistet zu haben.
Genau das würde heute auch so sein. Ich würde mein bestandenes Abitur in die Hand gedrückt bekommen. Etwas, was sehr besonderes für mich ist, was mich glücklich machte und mir in Zukunft weiterhelfen würde.
So schön das auch klingen mag, aber ich hatte niemanden, der stolz auf mich war und dieses Ereignis mit mir zelebrieren würde. Völlig allein' stand ich in Mitten meiner Klassenkameraden, die alle ihre Familien mitgebracht hatten.
Wieder lief mir eine Träne über die Wange, doch dieses Mal ließ ich sie auf den steinigen Boden fallen. Ich versuchte mich wieder zu beruhigen und einen riesig großen Riegel vor meinen Kopf zu schieben.
Ich wollte mich nicht das das erinnern, was ich nicht mehr hatte, denn neben dem Abitur ist in den letzten Tagen noch etwas passiert, was mein Leben für immer verändern sollte. Ein Moment, mit dem ich niemals gerechnet hätte und der mich sehr verletzt hatte.
Ich wurde völlig alleine gelassen, von einer Sekunde auf die Nächste. Niemand konnte mir bei diesem wichtigen Lebensabschnitt beistehen, obwohl vor allem sie immer die Menschen gewesen sind, die mich auf diesen Weg begleitet und an mich geglaubt haben.
Ich hatte eine wichtige Entscheidung für mein Leben gefällt. Eine Entscheidung, die so vieles verändert, aber gleichzeitig auch kaputtgemacht hatte. Da war mal etwas, was mir sehr viel bedeutet hat.
Ein Umfeld, in dem ich mich immer sehr wohlgefühlt hatte und das mir Halt gegeben hat, wenn es einmal schwierig wurde. Menschen, die mir das Gefühl gaben, etwas Wertvolles zu sein und mich so nahmen, wie ich bin.
Bei ihnen hatte ich immer das Gefühl, endlich angekommen zu sein. Sie hatten mir so viel Sicherheit und Wärme gegeben, dass ich nicht mal im Traum daran gedacht hätte, dass es einmal soweit kommen würde.
Vor einigen Tagen hatte ich Worte ausgesprochen, von denen ich nicht erwartet hätte, dass sie so eine enorme Energie in sich tragen würden. Dass sie so eine große Macht und Bedeutung hatten.
Ich hatte wirklich mit allem gerechnet, aber darauf bin ich nicht vorbereitet gewesen. Ich hatte mir oft genug sämtliche Szenarien ausgemalt - sowohl positiv als auch negativ. Ich hatte mir sehr viele Gedanken gemacht, weil ich nichts Unüberlegtes tun wollte.
Aber das, was dann tatsächlich in der Realität passiert ist, hatte mich komplett aus der Bahn geworfen, sodass ich auf dem schnellsten Weg keine geeignete Lösung oder die richtigen Worte finden konnte.
Ich hatte meinen Eltern ein Geständnis gemacht. Ich hatte die Fakten auf den Tisch gelegt und endlich die Wahrheit ausgesprochen, die ich schon so lange verheimlicht und wie einen viel zu schweren Rucksack, der nur unnötiger Ballast ist, mit mir herumgetragen hatte.
Ich konnte es nicht mehr länger für mich behalten. Ich hätte keinen Tag länger mehr damit ausgehalten. Es musste raus, ohne jegliches Wenn und Aber. Es ist eine Kurzschlussreaktion gewesen, aber hätte ich es noch länger für mich behalten, wäre ich geplatzt.
Ohne jegliche Vorbereitung und einer Ahnung davon, wie ich das Ganze überhaupt ansprechen wollte, hatte ich ihnen die bittere Wahrheit eiskalt vor die Füße geknallt. Ich hatte einen halben Doubletime hingelegt und ihnen keine Zeit zum Erwidern gelassen.
Ich hatte fest damit gerechnet, dass sie meine Position verstehen würden. Dass wir eine vernünftige, anständige Konversation darüber führen könnten und nach dieser alles wie vorher sein würde.
Doch so kam es nicht, denn all die Reaktionen, mit denen ich gehofft hatte, waren nicht eingetroffen. Nicht mal ein einziger Funken davon. Ich stand alleine hier und das nur, weil ich mich zu etwas bekennt hatte, was ich nicht mehr länger für mich behalten wollte.
Meine Familie hätte mir in diesem Moment ins Gesicht schlagen oder auf mich eintreten können und es wäre nicht einmal im Ansatz so schmerzhaft wie das gewesen, was sie mir stattdessen angetan hatten.
Ich hatte vor einigen Tagen endlich den Arsch in der Hose gehabt, um mich vor meinen Eltern als schwul zu outen. Schon seit meinem dreizehnten Lebensjahr, wusste ich, dass ich auf Männer stand.
Jedoch hatte ich mich nie getraut, meinen Eltern etwas davon zu sagen. Ich hatte einfach Angst vor ihrer Reaktion und dem, was sie darüber sagen könnten. Ich hatte mir sehr lange den Kopf zerbrochen, wie ich die Katze aus dem Sack lassen sollte.
Ich wollte nicht zu voreilig sein. Erstmal wollte ich für mich selbst herausfinden, wie es mir mit der ganzen Sache überhaupt ging und ob da wirklich was dran ist. Doch schnell hatte ich die Homosexualität für mich akzeptiert und sah kein Problem darin.
Ich stand schon oft davor, mit meinen Eltern darüber zu reden. Immer wieder hatte ich mir geschworen, dass heute endlich der Tag sein würde, an dem ich mich trauen und ihnen meine Liebe zu Männern offenbaren würde.
Jedoch hatte ich den Gedanken daran immer wieder über Bord geworfen und aufgrund meiner Ängste auf unbestimmte Zeit verschoben. Ich wollte mich einfach gut genug darauf vorbereiten können und die richtigen Worte finden.
Aber leider brachte einem die beste Vorbereitung der Welt nichts, wenn die Reaktion so unerwartet und beschissen kam. Eine Reaktion, bei der sich alle Muskeln des Körpers sofort anspannten und wo sich die Gefühle von Trauer, Wut und Verzweiflung zu einem giftigen Cocktail zusammenmixten.
An dem Tag meines Outings sind mir die Sicherungen endgültig durchgebrannt. Die Worte, die ich sonst immer gekonnt heruntergeschluckt und verdaut hatte, hatten in Sekundenschnelle ihren Weg nach draußen gefunden.
Mit 19 bin ich mittlerweile in einem Alter, wo Liebe, Sex und Beziehungen eine immer größer werdende Rolle spielten. Man lebte sich aus, machte seine ersten Erfahrungen und würde schon bald den ersten Partner mit nach Hause bringen.
Ein Unschuldslamm war ich in dieser Hinsicht schon lange nicht mehr. Schon mit 14 hatte ich auf den ersten Partys mit einigen Jungs rumgeknutscht, mit 16 dann mein erstes Mal gehabt und bei dem Thema Beziehung sah es auch nicht mager bei mir aus.
Jedoch hatte ich meinen Eltern niemals irgendwas von diesen Erfahrungen erzählt. Ich hatte immer abgeblockt, keinen einzigen Ton in diese Richtung gesagt und still schweigend die Erfahrungen für mich verarbeitet.
Aber wie Eltern nun mal sind, hatten sie mich natürlich immer wieder gefragt, ob ich denn keine Freundin hätte, oder ob es da ein Mädchen gab, was ich gerade in Aussicht hatte. Ich könnte schließlich mit ihnen darüber reden und brauchte mich für nichts zu schämen.
Immer wieder hatte ich eine verneinende Antwort von mir gegeben. Mein Inneres hatte währenddessen natürlich danach geschrien, dass ich ihnen jetzt endlich mal sagen sollte, was Sache ist, weil ich es nicht mehr länger ertragen konnte.
Außerdem gab es da jemanden, den ich in Aussicht hatte und das mittlerweile seit zwei Jahren. Zwei Jahre, in denen ich mich immer wieder verstecken und irgendeine Ausrede erfinden musste, um bei ihm sein zu können.
Es hatte mich wirklich viele Nerven gekostet, meinen Eltern jedes Mal ins Gesicht lügen zu müssen. Sie sollte ja schließlich keinen Indiz auf meine Homosexualität und meine Beziehung zu Tim finden, der zu einer der wichtigsten Menschen meines Lebens geworden ist.
Auch als vermeintlich guten Kumpel hatten meine Eltern Tim niemals kennengelernt, denn dieser ging relativ offen mit seiner Sexualität um. Hätte ich ihn einmal mit nach Hause gebracht, hätten sie den Braten sofort gebrochen und mich gefragt, was ich mit dem Typen denn wollte.
Wenn ich das Wochenende bei ihm übernachtet hatte, damit wir unsere Zweisamkeit mal so richtig genießen konnten, hatte ich mir irgendeine Ausrede einfallen lassen, um nichts ans Licht kommen zu lassen.
Meistens konnten wir uns nur in seiner Wohnung treffen, weil niemand etwas davon mitbekommen sollte. Wie zwei Straftäter auf der Flucht, hatten wir uns immer wieder verschanzt.
Ich bin immer mit dem Taxi zu ihm gefahren und hatte mich vorm Betreten seiner Wohnung ständig umgesehen, ob uns nicht doch jemand gefolgt ist, der uns gerade beobachten und die Information meinen Eltern geben würde.
Wir lebten in ständiger Angst, jeden Moment erwischt zu werden. Immer wieder hatte ich nach den Wochenenden Panik gehabt, nach Hause zu kommen und von meinen Eltern gefragt zu werden, wer denn dieser ominöse Tim ist, mit dem ich mich heimlich traf.
Ich hatte es kaum noch ausgehalten und wäre beinahe verrückt geworden. Es musste raus, denn ich wollte endlich frei sein und so offen mit meiner Beziehung umgehen, wie es alle anderen da draußen auch tun durften.
Ich bin wirklich glücklich mit Tim und wollte der Welt gerne zeigen, was für einen tollen Kerl ich an meiner Seite hatte. Ich wollte Pärchenfotos teilen, Händchen haltend durch die Innenstadt laufen, ihn vor Freunden küssen, mit ihm kuscheln.
Auf Dauer hatte mich die ganze Situation fertig gemacht. Ich bin müde davon gewesen, mir immer wieder neue Ausreden einfallen lassen zu müssen und das Verhältnis zwischen mir und meinen Eltern immer mehr ins Schwanken zu bringen.
Ich wollte nicht mehr länger Verstecken spielen und all den anderen Pärchen genervt dabei zu sehen, wie diese offen ihre Liebe auslebten, während ich aufpassen musste, in der Öffentlichkeit meinem Freund nicht über den Weg zu laufen.
Vor einigen Tagen gab es eine ähnliche Situation. Wir saßen gerade beim Mittag und meine Mama hatte mich wie aus dem Nichts gefragt, ob es da nicht irgendein wundervolles Mädchen gab, was ich ihnen gerne vorstellen wollte.
Anders als sonst hatte ich meine Antwort dieses Mal nicht heruntergeschluckt und gelassen abgewunken, sondern ich hatte es einfach herausgelassen. Wie ein Wasserkocher hatte ich all das herausgelassen, was ich ihnen die letzten Jahre verheimlicht hatte.
Angefangen mit meiner Zuneigung zu Männern, den ersten Erfahrungen auf Partys, von meinem ersten Freund, meinem ersten Mal bis hin zu meiner und Tims Beziehung, den ich auf einem Fußballplatz kennengelernt und in den ich mich direkt Hals über Kopf verliebt hatte.
Ich hatte all das offen gelegt, nachdem sie schon so lange gefragt hatten. Jedes noch so kleine Detail, hatte ich auf den Tisch geknallt und damit auch mein wahres Ich, dass ich über die Jahre immer mehr akzeptiert hatte.
Knapp 20 Minuten hatte ich keine Luft zum Atmen geholt und wie ein Wasserfall drauflos geredet, um dann in die geschockten Gesichter meiner Eltern zu sehen, die nicht glauben konnte, was für Worte ihr Sohn da gerade von sich gegeben hatte.
Ich hatte wirklich mit allem gerechnet, aber nicht mit dem, was nachdem Beenden meines letzten Satzes gefolgt ist. Keine Sekunde, nachdem das letzte Wort meine Lippen verlassen hatte, hatte mich mein Vater gefragt, ob das ein schlechter Scherz ist.
Sie hatten gelacht und gefragt, ob ich eine Karriere als Comedian anfangen wollte. Ich hatte den Kopf geschüttelt, sie verwirrt angesehen und nochmal betont, dass das mein wahres Ich ist, dass ich schwul bin und das keine Phase ist.
Ihr Lachen ist verstummt und damit auch ihre Liebe zu mir. Ich konnte ihre Worte nicht mal richtig verarbeiten, so sehr hatten sie auf mich eingeredet und mir Sätze um die Ohren geknallt, die mich verletzt hatten.
Mein Vater hatte mich immer wieder gefragt, ob das mein beschissener Ernst ist, hatte mir gesagt, dass ich eine Schande für die ganze Familie sei und er sich fragte, welchen Punkt der Erziehung sie falsch gemacht hatten, dass ich zu einer gottverdammten Schwuchtel mutiert bin.
Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Meine Zunge hatte sich wie taub angefühlt und ein riesiger Kloß hatte sich in meinem Hals gebildet. Selbst wenn ich es gewollt hätte, hätte ich nichts sagen können.
Ich war in Tränen ausgebrochen und hatte nicht verstanden, was das sollte, warum sie solche Dinge zu mir sagten und nicht verstehen wollte, dass ich mich mit der Situation wohlfühlte und glücklich bin.
Mein Vater hatte weiterhin mit verletzlichen, beleidigen Worten um sich geworfen und mir gesagt, dass ich Arschficker gefälligst damit aufhören sollte, zu heulen, weil ich psychisch krank wäre und in Behandlung gehöre.
Sie hatten mir so viele beleidigende Dinge gegen den Kopf geworfen, über die ich gar nicht mehr nachdenken wollte. Stumm hatte ich nur dagesessen und die Hasstirade über mich ergehen lassen.
Ich hatte keinen Mut dazu gehabt, irgendwas zu sagen, obwohl ich sie am liebsten angeschrien und alles um mich herum kaputt geschlagen hätte. Ich hatte mich komplett leer gefühlt und wusste nicht wohin mit meinen Gefühlen.
Als wäre irgendwas in mir gestorben und als wäre alles, was ich je getan hatte, ein riesiger Fehler gewesen. Ich wollte mich bei ihnen entschuldigen, aber wofür sollte ich das tun? Dafür, dass ich mit einem Mann zusammen war? Ich hatte doch nichts falsch gemacht.
Ich hatte auf meine Gefühle gehört und war meinem Instinkt gefolgt. alles, was ich mit den Jungs erlebt hatte, hatte sich verdammt gut und vor allem richtig angefühlt. Es ist perfekt gewesen und nichts, für was man sich schämen müsste.
Eine Frau würde solche Gefühle niemals in mir auslösen können, darüber bin ich mir sicher. Es ist kein Fehler, dass ich auf Männer stand und eine Beziehung mit Tim hatte, der mich zum glücklichsten Menschen auf Erden machte.
Ich wollte mir von meinen Eltern nicht sagen lassen, was richtig oder falsch ist und wie ich mein Leben zu führen hatte. Sie würden es nicht verstehen, denn sie hatten nicht das durchlebt, was ich mit jedem einzelnen Kuss, Sex oder Kuscheln gespürt hatte.
Trotzdem hatte es sich falsch angefühlt, auch wenn ich wusste, dass es da nichts Verkehrtes dran gab. Ich hatte das Richtige getan, mehr nicht. Ich hatte auf mein Herz gehört und nicht auf das, was für meine Eltern in Ordnung wäre.
Wenn ich das akzeptieren konnte, konnten sie das doch auch. Schließlich ist es immer noch am Wichtigsten, dass ich glücklich und zufrieden mit der Sache bin. Mehr wollten Eltern für ihre Kinder doch nicht.
Zumindest hatte ich das geglaubt, denn seit letzter Woche wusste ich, dass sich das Blatt sehr schnell und bösartig wenden konnte. Natürlich wollten Eltern ein Mitspracherecht bei ihren Kindern haben und sie in Sicherheit wiegen. Aber doch nicht, wenn der Sohn auf Männer steht!
Nachdem sie all ihre Wut und Trauer ausgelassen hatten, wurde ich in Ruhe gelassen und mir wurde eine Stunde Zeit gegeben, um all meine Sachen zu packen und für immer aus ihrem Leben zu verschwinden.
Ich durfte mich nicht erklären, denn meine Eltern wollten keinen Blaseplag in ihrer Familie haben. Von der ein auf die andere Sekunde hatten sie angefangen mich zu hassen und mich so zu behandeln, als wäre ich nur irgendeine flüchtige Bekanntschaft gewesen.
Ohne ein Wort zu erwidern, bin ich ihrer Aufforderung nachgekommen. Ich konnte und wollte nicht mehr mit diesen Menschen zusammenleben, die mich niemals akzeptieren würden und die mich so verletzt und gebrochen hatten, wie noch keiner zuvor.
Also hatte ich all meine Sachen gepackt. Alles in einem kleinen Koffer und Rucksack verstaut, was mir wichtig gewesen ist. Mit Tränen in den Augen hatte ich einen allerletzten Blick auf mein Zimmer geworfen, was noch vor einigen Minuten mir gehört hatte.
Noch vor einer Stunde hatte ich in diesem gesessen gehabt, auf meiner Gitarre gespielt und wurde von meiner Mama zum Mittag gerufen. Auf einmal hatte sich alles verändert. Ich gehörte nicht mehr zu dieser Familie und sollte mich verpissen.
Ich konnte nicht fassen, wie schnell sich das Leben wenden konnte. Man hörte solche Geschichten ja immer mal im Fernsehen oder las sie in der Zeitung, aber dass es mich selbst irgendwann mal genau so treffen könnte, damit hatte ich nicht gerechnet.
Da ich nicht mehr länger in diesem Haus verweilen wollte und mein Vater schon den nächsten Wutausbruch bekommen hatte, bin ich die Treppen heruntergesprintet und hatte die Ersparnisse meiner Eltern geplündert, um mich irgendwie über Wasser halten zu können.
Ich konnte wirklich von Glück reden, dass ich Timi hatte, der seiner Mama sofort Bescheid gegeben hat, damit diese mir seinen zweiten Wohnungsschlüssel geben konnte, damit ich in dieser erst einmal untertauchen konnte.
Mein Freund befand sich aufgrund seines Jobs auf einer Weiterbildung in Düsseldorf, die er nicht verlassen durfte. Es machte ihn wirklich fertig, dass er in dieser schwierigen Zeit nicht bei mir sein und sich um mich kümmern konnte.
Es gab keine Möglichkeiten für ihn, zurück nach Berlin zu kommen, denn es stand viel zu viel auf dem Spiel. Ich wollte nicht, dass er wegen meinen Problem seinen Job verlor, denn das könnte ich mir niemals verzeihen.
Immerhin half es mir enorm, dass ich in seiner Wohnung Platz finden konnte und einen Rückzugsort hatte. Wir telefonierten jeden Tag miteinander und seine Mama hatte mich sofort aufgenommen, als sie von dem Vorfall erfahren hatte.
Sie hatte mir etwas gekocht und mich getröstet. Sie konnte sich überhaupt nicht erklären, wie Eltern ihren Kindern so etwas Schreckliches antun konnten und sie wäre wahrscheinlich völlig wutentbrannt zu meinen Eltern gefahren, wenn ich ihr die Adresse genannt hätte.
Sie ist wirklich ein Engel und vor allem jetzt ist sie mir noch viel mehr ans Herz gewachsen. Timis Mama sah tagtäglich nach mir, brachte mir was zu Essen und gab mir eine Schulter zum Ausheulen, wenn es mal wieder schwierig wurde.
Sie hätte sehr gerne an der Abschlussfeier teilgenommen, aber die Arbeit rief. Sie hatte sich wirklich schlecht gefühlt, mich alleine lassen zu müssen, aber ich hatte gelassen abgewunken und ihr versichert, dass Alles OK wäre.
Ich würde wahrscheinlich eh nicht lange hier bleiben. Ich wollte mein Zeugnis haben, eine Kleinigkeit essen und wieder gehen. Ich hatte alles, was ich haben wollte, auch wenn ich jetzt alleine hier stand.
Ich seufzte leise und hoffte, dass mich wenigstens die Abschlussfeier für einige Stunden von diesem zerbrochenen Scherbenhaufen ablenken würde, der sich mein Leben schimpfte.
In diesem Augenblick brach es mir wirklich das Herz, an dem wichtigsten Ereignis meines Leben völlig alleine zu sein, Alle anderen hatten jemanden, mit dem sie zusammen feiern und sich später in den Armen liegen könnten, nur ich nicht.
Ich hätte Timi sehr gerne hier, aber wenn es da keine Möglichkeiten gab, hatte ich Pech gehabt. Ich würde warten, denn in knapp einer Woche würde er endlich wieder bei mir sein und wir könnten ganz viel Zeit zusammen verbringen.
Ich lächelte, denn er hatte schon viel zu viel mit mir durchgemacht, da wollte ich ihm das nicht auch noch zerstören. Er hatte sich schon so lange auf dieses Seminar gefreut und sich so angestrengt, um in dieses zu kommen.
Ich bin wirklich froh ihn zu haben, auch wenn er heute nicht hier sein konnte. Es machte mich schon glücklich, dass er es überhaupt so lange mit mir ausgehalten und den ganzen Spaß mitgemacht hatte.
Timi hatte zwar immer wieder betont, dass ich mir mit dem Outing ruhig Zeit lassen konnte, aber trotzdem hatte ich manchmal nur noch auf den Moment gewartet, an dem ihm der Kragen platzte und er Schluss machen würde.
Timi ging so offen mit seiner Sexualität um und war sich so sicher in dieser. Wenn jemand ihm einen blöden Spruch gegen den Kopf warf, hatte er sofort einen Konter parat und bildete sich nicht viel drauf ein.
Er ging auf CSD, stand auf Social Media offen zu seiner Homosexualität und auch in seiner Wohnung erkannte man in sekundenschnelle, dass dieser Typ mit Frauen so gar nichts am Hut hatte.
Ich konnte nicht verstehen, dass ein Typ wie er mit so jemanden wie mir zusammen sein konnte, Von seinen vorherigen Freunden wusste ich, dass er mit diesen die Beziehung sehr offen ausgelebt und wirklich alles geteilt hatte.
Ich verstand nicht, was Timi an mir fand und wie er dieses Versteckspiel so lange mitmachen konnte. Auch wenn er es ne vor mir zugegeben hatte, wusste ich, dass es ihn innerlich zerrissen hatte, in der Öffentlichkeit nicht mit mir gesehen zu werden.
Jeder andere wäre an seiner Stelle schon längst abgehauen und hätte mir gesagt, dass ich mich wieder melden sollte, wenn ich es endlich mal geschafft hatte, mich zu outen. Aber Timi, der machte das schon seit zwei Jahren mit.
Es ist wirklich erstaunlich, was ein Mensch alles auf sich nah, wenn er einen von Herzen liebte. Ich wollte mich nicht darüber beschweren, denn ich bin glücklich und froh, dass Timi es immer so locker genommen hatte.
Aber an vielen Tagen, an denen ich mit meinen Eltern darüber reden wollte und mich doch nicht getraut hatte, lag ich nachts im Bett und hatte mir gewünscht, dass wir beide uns niemals kennengelernt hätten.
Timi hatte sowas nicht verdient. Er ist so ein toller und lieber Kerl, der ruhig aller Welt zeigen konnte, wie glücklich er ist. Mein Freund sollte sich nicht ständig Sorgen um mich machen und so viel auf sich nehmen, nur damit wir nicht aufflogen.
Aber er hatte es trotzdem getan und das immer und immer wieder. Wann immer ich unsere Beziehung angezweifelt hatte, hatte er mir gezeigt, dass ich ihm wichtig bin, er mich liebt und all das gerne auf sich nahm, um bei mir sein zu können.
Ich lächelte und sah vom Boden auf. Mittlerweile hatte meine Klasse eine Schlange gebildet und in wenigen Minuten würde es losgehen. Ich reihte mich in diese ein und mein Herz schlug mir unmittelbar bis zum Hals.
Ich atmete einmal tief durch und versuchte meinen Herzschlag zu normalisieren, denn es würde schon halb so schlimm werden. Einmal kurz auf die Bühne, Zeugnis in die Hand gedrückt bekommen und dann wieder runter - easy.
Das würde ich schon hinbekommen - hoffentlich. Solange ich keine Treppenstufe über sah, würde ich es schon unbeschadet auf die Bühne schaffen. Außerdem kannte ich all diese Menschen, die dort saßen und brauchte keine Angst habe.
Ich seufzte leise, richtete mir die Haare und bekam glasige Augen, als ich all die Eltern sah, die von unseren Klassenlehrern reingebeten wurden. Sie zupften noch etwas an ihren Kindern rum, machten Fotos, drückten Küsschen auf und wollten sich ungerne trennen.
Ich spielte mit dem Knopf meines Hemdes und unterdrückte die Tränen, die sich gerade ihren Weg in die Freiheit bahnen wollten. Was würde ich dafür geben, um jetzt jemanden hier zu haben...
Ich hatte es meistens gehasst, wenn meine Mama mir noch den Kragen des Hemdes zurecht gezupft und mir das Zöpfchen neugebunden hatte, weil ich schließlich schon alt genug bin, um das auch alleine zu können.
Aber gerade würde ich alles dafür geben, um sie bei mir haben zu können. Meinen Vater neben mir stehen zu haben, der mir einmal auf die Schulter klopfte und mir sagte, dass er stolz auf mich wäre und ich keine Angst haben brauchte.
Auch wenn diese Menschen mein Leben zerstört und mich verletzt hatten, waren es noch immer meine Eltern, die ich liebte. Ich hatte immer gehofft, dass sie mich bei diesem wichtigen Schritt begleiten würden, doch heute war keine Spur von ihnen zu sehen.
Eventuell könnten sie mir ja verzeihen und würden das zwischen mir und Tim irgendwann akzeptieren. Ich bin schließlich immer noch ihr Kind und nur, weil ich einen Mann liebe, hatte ich mich nicht verändert.
Wenn sie mir eine Chance geben würden, könnten sie Timi kennen lernen und würden verstehen, was genau ich das diesen Jungen fand und dass das Geschlecht im Endeffekt keine Rolle spielte.
Ich biss mir auf die Unterlippe und wischte mir die Träne weg, denn bevor sie das erkennen würden, würde die Hölle einfrieren. Sie wollten es nicht verstehen und akzeptieren, dafür waren sie viel zu festgefahren in ihrer Meinung.
,,So Kids, wenn die Musik anfängt zu spielen, geht ihr langsam und mit einem kleinen Abstand voneinander herein. Wie wir es in der Aula geprobt haben!'', sagte unsere Klassenlehrerin Frau Ziske und lächelte uns einmal an.
Wir nickten stumm und mein Rücken spannte sich leicht an. Gleich würde es soweit sein, gleich würde meine Abschlussfeier beginnen. Der Moment, nachdem ich mich so so lange gesehnt hatte, würde in wenigen Sekunden Realität werden.
Ich atmete einmal tief durch, schloss die Augen und mein Puls schoss mit einem Mal in die Höhe, als ich hören konnte, wie die ersten Töne von Funs und Janelle Monáe 'We Are Young' erklangen.
Hoffnungsvoll warf ich einen Blick über meine Schulter, wo ich mit schmerzender Brust feststellen musste, dass ich diesen Schritt wirklich allein gehen musste. Ich hatte meine Klassenkameraden um mich herum, aber nicht die Menschen, die ich liebte.
Ich schob den Riegel zurück vor meinen Kopf, denn das zählte in diesem Augenblick nicht. Ich würde heute mein Abitur bekommen, für das ich so lange gekämpft hatte und was mir keiner mehr nehmen konnte.
Ich konnte stolz auf mich sein. Ich brauchte niemanden, der mir die zusätzliche Bestätigung gab, denn ich alleine hatte das geschafft. Ich hatte für dieses Abitur gekämpft, was ich in wenigen Minuten in den Händen halten würde.
Ich ging einige Schritte nach vorne und betrat dann mit leicht zittrigen Knien den riesigen Saal. An den verschiedenen Tischen, die für den Anlass passend dekoriert wurden, saßen alle Eltern, Geschwister und Großeltern.
Ich ging an diesen vorbei und wieder verpasste es mir ein Stich ins Herz, dass es da niemanden gab, der für mich applaudierte, tausende Fotos von mich schoss und den Eltern am Nebentisch unbedingt mitteilen musste, dass das ihr Sohn ist.
Ich ließ mich auf der Bierbank nieder, die vor der Bühne aufgebaut wurde und atmete tief durch. Ich ließ mich von der Musik berieseln, setzte mich aufrecht hin und genoss den Augenblick in vollen Zügen.
Ich wollte mir diesen Moment nicht wegen diesem dämlichen Vorfall kaputtmachen lassen. Ich hatte schon viel zu viele Tränen deswegen vergossen. Ich hatte mich jahrelang auf diesen Tag gefreut und heute würde es einzig und allein' um mich gehen.
Niemand konnte mir das mehr nehmen. Natürlich hatte ich diesen Moment gerne mit meinen Eltern geteilt und könnte mir auch nichts Schöneres vorstellen. Ich würde noch lange daran zu knabbern haben und es ist nichts, was man so einfach unter den Teppich kehren konnte.
Sie hatten sich dafür entschieden, nicht ich. Sie hatten ihre Chance dabei zu sein, aber wenn sie diese nicht nutzen wollten, ist das nicht mein Problem. Ich musste mir noch mehr zerstören lassen, nur weil ich nicht das Leben führte, was sie gerne von mir gewollt hätten.
Als alle ihre Plätze eingenommen hatten und das Lied langsam sein Ende fand, trat unsere Schulleiterin ans Pult und begann mit ihrer Ansprache. Sie begrüßte uns alle herzlich, sagte uns, dass sie stolz auf uns wäre und sich freute, uns heute hier zu sehen.
Dann nahmen unsere Klassenlehrer den Platz ein und sprachen über die letzten Jahre mit uns. Es wurden viele Insider ausgepackt, Sprüche zitiert, die sich über die Zeit angesammelt hatten und schöne Erlebnisse zurück in die Erinnerung gerufen.
Wir lachten viel, vergossen die ein oder andere Träne und konnten wohl selbst kaum glauben, dass ab heute alles vorbei sein würde. Ab morgen würde ein neues Kapitel unseres Lebens beginnen und jeder würde seinen Weg einschlagen.
Als alle Lehrer ihre Reden gehalten hatten, kamen auch noch die jeweiligen Klassensprecher zu Wort. Es ging noch viel lauteres Gelächter durch die Menge, weil sie noch viel mehr Situationen herausholten, von denen Lehrer und Eltern bis heute nichts gewusst haben.
Kurz darauf wurde etwas ruhiger und einige Videos wurden abgespielt, die ich vor einigen Wochen zusammengeschnitten und die mir sehr viele schlaflose Nächte gekostet hatten, weil ich es unbedingt perfekt haben wollte.
Nachdem die Videos fertig abgespielt wurden, das Licht wieder anging und sich die Masse einigermaßen beruhigt hatte, kam es endlich zu dem Augenblick, dem wir schon so lange entgegen gefiebert hatten.
Breit lächelnd sah ich zur Bühne und spannte mich immer mehr an, weil ich es kaum noch erwarten konnte. Immer wieder kniff ich mir unauffällig in den Arm, denn ich konnte nicht glauben, dass ich es wirklich geschafft hatte.
Nur noch einige Minuten und dann würde ich mein bestandenes Abitur in den Händen halten. Wie ein aufgeregtes Kind, was zum ersten Mal ins Disneyland fuhr, rutschte ich nervös auf der Bank umher und hatte Angst kurz vorm Ziel in Ohnmacht zu fallen.
Am liebsten wollte ich aufspringen und gehen, bevor ich auf diese Bühne ging und mein Zeugnis entgegennahm. Aber ich konnte mich noch davon abhalten, denn es ist schließlich genau das, was ich immer wollte.
Ich atmete einmal tief durch, als nur noch zwei Mädels vor mir waren. ,,Du kriegst das schon hin, Lukas. So schlimm ist es nicht. Geht ganz schnell.'', lächelte mich Anneta an, mit der ich mich immer am Besten aus der ganzen Klasse verstanden hatte.
,,Wie kommst du denn darauf, dass ich aufgeregt bin?'', flüsterte ihr stattdessen fragend zu und grinste leicht ertappt. ,,Die Unterlage von der Bank ist bei dir völlig verrutscht. Du bewegst dich wie ein hibbeliges Kleinkind.'', mischte sich Gabriela lachend mit ein.
Ich lief sofort rot um meine Wangen an, konnte mir ein Lachen aber nicht verkneifen. Die Mädchen drehten sich grinsend wieder um und mit glitzernden Augen sah ich nach vorne zur Bühne.
,,Mit 643 Punkten und somit einem Durchschnitt von 2,0 hat auch Lukas sein Abitur erfolgreich bestanden.'', kündigte meine Klassenlehrerin mich lächelnd an und augenblicklich sprang ich auf.
Meine Klassenkameraden ließen mich durch und mit einem pochendem Herzen ging ich auf die Bühne. Ich stellte mich nach vorne in die Mitte, bekam mein Zeugnis, einen Blumenstrauß und ein kleines Geschenk in die Hand gedrückt.
,,Wow, super, Lukas!'' Verwundert sahen alle auf und drehten sich um, als in dem Saal, der von einer Pianistin musikalisch untermalt wurde, jemand ganz laut applaudierte und mir entgegenpfiff.
Ich sah an meiner Schulleiterin vorbei, die mir gerade 'Alles Gute' wünschen wollte und mir klappte mit einem Mal die Kinnlade herunter. Augenblicklich bekam ich Tränen in den Augen und mein Bauch begann ganz angenehm zu kribbeln.
Ich konnte es nicht fassen, er ist wirklich hier. Da stand mein Timi, am anderen Ende des Saals und trug ein so breites Lächeln auf den Lippen, wie ich es noch nie zuvor bei ihm gesehen hatte.
Ich winkte ihm einmal zu, lächelte ihn an und ließ noch ein Foto von mir machen, ehe ich die Bühne herunterstürmte und mich zurück auf meinen Platz setzte. Ich drehte mich zu meinem Freund um und musste einige Male blinzeln, um zu realisieren, dass er da wirklich stand.
Als auch die restlichen ihr Zeugnis bekommen hatten, gab unsere Schulleiterin noch eine kleine Ansprache. Ungeduldig saßen wir alle schon auf den den Bänken und stützten uns leicht auf, um sofort bei unseren Liebsten zu sein.
Als sie das Büfett und die Feier dann endlich für eröffnet erklärte, sprangen wir alle sofort auf. Augenblicklich machte ich mich auf dem Weg zu Timi, der seine Arme öffnete und mich in diese zog. ,,Nicht so stürmisch, Baby...''
,,Oh mein Gott...'', stieß ich leise aus und presste mich näher an ihn, weil ich das Gefühl hatte, dass er gleich wieder weg sein würde. ,,Du bist wirklich gekommen!'', erwiderte ich mit Tränen in den Augen und sah zu ihm nach oben.
,,Als ob ich an diesem bedeutenden Tag nicht bei dir bin, du Idiot. Ich musste dich so oft trösten, wenn du mal wieder an dir gezweifelt hast und jetzt hast du das Ding endlich in der Tasche.'', lachte er und fuhr mir einige Strähnen aus dem Gesicht.
,,Du bist doof!'' Ich verpasste ihm einen Boxer auf den Arm und drückte mich wieder an ihn. Ich atmete seinen wunderschönen Duft ein, ließ mir von ihm über den Rücken streicheln und fühlte mich sofort wie Zuhause.
Timi hauchte mir einen zärtlichen Kuss auf die Stirn, schlang die Arme fester um mich und sah mit seinen funkelnden Augen, die mein Herz sofort einige Takte schneller schlagen ließen, zu mir herunter.
,,Sie sind nicht gekommen?'', fragte Timi etwas leiser und warf einen bedrückten Blick auf den Tisch, auf dem mein Name stand und wo drei reservierte Plätze für mich und meine Eltern gedacht waren.
,,Nein...'', schüttelte ich mit dem Kopf und verlor eine Träne aus dem Augenwinkel. ,,Aber du bist ja da.'', lächelte ich sofort wieder und legte die Arme um ihn. Timi streichelte mir zärtlich über den Rücken und lachte.
,,Dich lasse ich nicht alleine...'', flüsterte er mir ins Ohr und löste uns etwas voneinander, um mein Gesicht zwischen seine Hände zu nehmen und mir einen Kuss auf die Lippen zu drücken, der mich zu Wachs werden ließ.
,,Oh Gott...Entschuldigung ! Ist das überhaupt okay für dich?'', etwas erschrocken fuhr Timi auseinander und wurde etwas roter um seine Wangen. Ich musste lachen und zog ihn wieder zu mir.
,,Es fühlt sich toll an, dich zu küssen, ohne sich verstecken zu müssen.'', erwiderte ich grinsend und griff nachdem Kragen seines Hemdes, um ihn zu mir zu ziehen und einen liebevollen Kuss aufzudrücken.
,,Aber wenn dir irgendwas zu viel wird, sag' mir ruhig Bescheid.'' Timi sah mich bittend an, worüber ich nur die Augen verdrehen konnte. ,,Wie solltest du mir je zu viel werden?'' Ich drückte mich an ihn und sah lächelnd zu ihm nach oben.
,,Aber jetzt zeig' mal dein Zeugnis, du hast noch gar nichts gesagt!'', befahl mir Timi, als wir uns eine Zeit lang in den Armen gelegen hatten und den Augenblick, an dem ich nicht an die gescheiterte Beziehung zwischen mir und meinen Eltern denken musste, genießen konnten.
Ich löste mich von ihm, lächelte ihn an und drückte ihm einen Kuss auf die Lippen. Wir setzten uns an den Tisch und sofort gab ich Timi meine Mappe, in der mein Abitur drin lag, dass ich tatsächlich bestanden hatte.
,,Wow...'', sagte Timi erstaunt, als er das Zeugnis ansah. ,,Ich bin richtig stolz auf dich, du Strebermaus. Das ist der Wahnsinn.'', lächelte er mich an und legte den Arm um meine Schulter, um über diese zu streicheln.
,,Du weißt, dass ich dir 'ne Kopfnuss verpassen könnte, weil du so oft an dir gezweifelt hast, du Idiot. Es ist nichts schlechter als 2!'', meckerte Timi lachend, stupste mir gegen die Nase und genervt verrollte ich die Augen.
,,Ach, sei leise!'' Ich streckte ihm frech die Zunge heraus und legte den Kopf auf seiner Schulter ab. ,,Streich' mich lieber!'', befahl ich ihm stattdessen, sah mit bettelnden Augen zu ihm nach oben und griff nach seiner Hand, um diese an meinen Kopf zu legen.
Er lachte, drückte mir einen Kuss auf und gab meinem Befehl sofort nach. Er löste das Zopfgummi aus meinen Haaren, kämmte die Strähnen nach hinten und fuhr mir sanft über die Kopfhaut, die angenehm kribbelte. ,,So ist es perfekt...''
,,Aber eins musst du mir trotzdem noch erklären...'', durchbrach ich unsere Zweisamkeit und setzte mich auf, um mich zu ihm zu drehen. Ich zog Timi das Zopfgummi vom Handgelenk und machte mir die Haare zurecht.
,,Wieso bist du hier? Also... Wie hast du das gemacht? Du bist doch nicht weggekommen.'', fragte ich nach, weil ich nicht in Ruhe die Zeit mit Timi genießen konnte, ohne Klarheit darüber zu haben, was mein Freund gemacht hatte.
Ich freute mich wirklich, dass er bei mir ist und ich den Tag nicht alleine verbringen musste. Ich wollte mir nicht vorstellen, was wäre, wenn er nicht da wäre und von ihm in den Armen gehalten zu werden.
Aber so sehr ich ihn gerne hier hatte. Ich wollte nicht, dass Timi seinen Job für mich aufs Spiel gesetzt hatte. Er wäre in einer Woche wieder zurückgekommen und irgendwie hätte ich diese auch noch überstanden.
Ich wusste vieles an diesem Mann zu schätzen und bin auch glücklich, so einen tollen Freund zu haben, der für mich die Hand ins Feuer legen würde. Doch trotzdem wollte ich nicht der Grund sein, wieso ihm eine Kündigung um die Ohren flatterte.
Timi hatte jahrelang dafür gekämpft, um in diese Fortbildung zu kommen und sich immer wieder den Arsch aufgerissen, um noch besser zu werden. Es hatte endlich geklappt. Er sollte diese Chance nicht wegen mir wegwerfen.
,,Mach' dir keine Sorgen, Baby, ich konnte das klären. Ich hab' nochmal mit dem Chef gesprochen und ihm die Situation erklärt. Zum Glück hatte er Verständnis und hat mir die Rückreise gebucht.'', lächelte Timi und griff nach meinen Händen.
,,Er hat mir einen Platz für nächstes Jahr versprochen, es ist alles gut. Von mir aus hätte ich auch noch 10 Jahre gewartet - Hauptsache ich bin bei dir.'' Er drückte mir einen Kuss auf die Lippen und mein Herz schlug schneller.
,,Oh mein Gott...'', flüsterte ich leise. ,,Danke, du bist der Beste!'', lächelte ich und nahm ihn einmal in den Arm. ,,Ich wäre auch ohne Erlaubnis in diesen scheiß Zug gesprungen, um bei dir sein zu können. Die hätten mich am Arsch lecken können, die Pfeifen.''
,,Überlass' das lieber mir...'', grinste ich dreckig und Timi lachte.
,,Lukas!''
,,Wollen wir uns dann mal was vom Büfett holen? Ich hatte heute Morgen nur einen Apfel und langsam tut mir der Bauch weh.'', sagte Timi lachend und verzog einmal leicht das Gesicht.
Ich stimmte mit einem lachenden Nicken zu und griff nach seiner Hand, um mit ihm zusammen aufzustehen und in den Nebenraum zu gehen, in welchem sich auch die Bar befand.
Wir nahmen uns jeweils ein Tablett mit Teller und Besteck und befüllten dieses mit dem Hauptmenü, etwas zu Trinken und einen fetten Nachttisch. Wenn meine Eltern schon für diese Abschlussfeier bezahlt hatten, konnten wir es uns auch auf ihren Kosten gut gehen lassen.
Als wir uns auf unseren Plätzen niederließen, machte ich mich sofort über das Essen - Wrap-Pizza mit Eisberg-Coleslaw her, weil ich bis auf das belegte Brötchen, was mir Timis Mama eher aufgezwungen hatte, auch noch nicht viel im Magen hatte.
Ich hatte die letzten Tage sowieso keinen Hunger gehabt. Es würde sich in nächster Zeit wahrscheinlich auch nicht legen, denn noch immer schlug mir das Alles total auf den Magen und schon bei dem Gedanken ans Essen wurde mir schlecht.
Aber Dank Timis Anwesenheit, die mir in den wenigen Minuten schon mehr als gut tat, hatte ich wenigstens einen kleinen Lichtpunkt. Außerdem wollte ich nicht, dass mein Freund sich noch weitere Sorgen machte.
Wir sollten den Abend genießen. Meine Eltern verschwendeten sicherlich keinen einzigen Gedanken an mich, sondern waren noch immer in ihrer Meinung bestätigt. Es interessierte sie nicht wo und mit wem ich mich gerade befand.
Wenn sie schon keine Energie für mich aufbringen konnten, musste ich das genau so wenig tun. Ich musste nicht schon wieder in Trauer versinken, von der ich mittlerweile mehr als genug hatte.
Heute ging es um mich und niemand anderen. Ich hatte meinen Timi hier, der sich extra die Mühe gemacht hatte, um bei mir sein zu können. Ich konnte nicht in Worte beschreiben, wie glücklich darüber ich bin, ihn hier zu haben.
,,Schatz, möchtest du nicht mal dein Essen anrühren? Das wird noch kalt!'', fragte ich lachend nach, als ich nach einer Zeit wieder aufgesehen hatte und bemerkt, dass mein Freund noch nichts von seinem Teller angerührt hatte.
,,Dann hör' auf so wunderschön zu sein, damit ich die Augen von dir lassen kann.'', erwiderte Timi kam mir mit seinem hübschen Gesicht so nah, dass sich unsere Nasenspitzen berührten. ,,Awww...''
Sein angenehm warmer Atem streifte meine Wangen und sofort legte sich eine Gänsehaut auf meinen Rücken, während sich meine Nackenhaare aufstellten. ,,Sagt der Richtige...'', grinste ich und vereinte unsere Lippen miteinander.
,,Aber jetzt isst du bitte was, bevor du mir noch vom Fleisch fällst. Ich will schließlich später noch mit dir tanzen.'' Ich legte Messer und Gabel zur Seite, um stattdessen sein Besteck zwischen die Finger zu nehmen.
Ich hielt ihm die Gabel vor den Mund und zog befehlend die Augenbrauen nach oben. Timi lachte und öffnete seine Lippen, sodass ich ihn füttern konnte. ,,Sehr schön...'', lächelte ich und drückte ihm das Besteck in die Hand.
,,Aber zielen müssen wir nochmal üben...'', kicherte ich und wischte die Soße mit meinem Finger weg, die ihm an der Oberlippe klebte. ,,Zum Glück gibst du lieber Blowjob, als welche zu kriegen.''
,,Idiot...'', verdrehte ich die Augen und boxte ihm gegen den Oberarm.
Timi drückte mir noch einen Kuss auf die Lippen, ehe er wie ein hungernder Löwe über sein Essen herfiel. Ich bekam mich vor Lachen kaum noch ein, legte meine Hand auf seinen Oberschenkel und war mehr als glücklich darüber, ihn hier zu haben.
Immer wieder himmelte ich ihn lächelnd von der Seite an und berührte ihn am ganzen Körper. Ich konnte den Blick kaum von ihm abwenden, denn er sah einfach nur zum Fressen und verdammt heiß aus.
Wie er da saß mit seiner Jeans, die er sich ausnahmsweise mal über den kleinen Hintern gezogen hatte, seinem Hemd, was bis oben zugeknöpft ist, obwohl er das hasste und dessen Ärmel er nach oben gekrempelt hatte.
,,Vergiss' du das Essen aber auch nicht, Baby. Du hast noch genug Zeit, um mich anzuschmachten.'', holte Timi mich zurück in die Realität und leicht zuckte ich zusammen.
,,Ich hab' gar nicht geschmachtet....'', blickte ich beschämt weg und wurde etwas roter um meine Wangen. ,,Du hast immer noch Soße im Bart hängen, deswegen habe ich angeguckt....''
,,Okay, mein Schatz...'', grinste Timi, zwinkerte mir einmal zu und küsste mich. ,,Leb' weiter in deiner kleinen Scheinwelt.'' Er klaute mir ein Stück meiner Pizza und schob sie sich tief in den Mund.
,,Du bist doof!''
,,Ich dich auch.''
Als wir das Buffet erfolgreich geplündert und ich mir tatsächlich noch eine zweite Portion geholt hatte, wurden wir alle nach draußen gebeten, um noch ein paar Foto für den Abschluss zu machen.
Während ich einzige einzelne Fotos schoss, saß Timi auf einer Bank etwas weiter ablegen und rauchte eine Zigarette. Immer wieder warf ich ihm einen Blick zu und bekam dafür das schönste Lächeln zugeworfen, welches ich je gesehen hatte.
Immer wieder begann mein Bauch angenehm zu kribbeln und mein Herz schlug schneller, weil ich immer noch nicht glauben konnte, dass dieser Mann wirklich hier ist und so vieles auf sich genommen hatte, um mit mir zusammen zu feiern.
,,Na, biste fertig mit deinem Shooting?'', fragte mich Timi lachend, als ich mich neben ihm auf der Bank niederließ. Ich seufzte leise, legte den Blumenstrauß und mein Zeugnis auf seinem Schoß ab und streckte mich einmal ausgiebig.
,,Ich krieg' die Bilder die Tage zugeschickt. Willst du sie dann auch haben?'' Ich schlang mich um seinen Arm, lehnte meinen Kopf gegen seinen Oberarm und sah mit großen Augen zu ihm nach oben.
,,Natürlich will ich die haben...'' Timi legte den Arm um mich und zog mich auf seine Brust. ,,Die häng' ich mir alle in die Wohnung, damit ich immer wieder daran erinnert werde, welche Schönheit mein Freund ist.''
,,Du bist so ein Schleimer...'', verdrehte ich lachend die Augen und ließ mir einen Kuss von ihm auf die Lippen drücken.
,,Stehst ja scheinbar drauf.'', zuckte Timi lächelnd mit den Schultern.
,,Bilde dir bloß nicht zu viel drauf ein.'' Ich tat seinen Arm von mir, setzte mich wieder aufrecht hin und rückte einige Zentimeter von ihm weg.
,,Also auf so hübsche Typen wie dir bilde ich mir einiges ein...'' Timi rutschte wieder zu mir und drehte meine Haare mit seinem Zeigefinger ein. Er lächelte mich verliebt von der Seite an und hauchte mir einen Kuss auf die Wange.
,,Ich hab' übrigens noch eine Kleinigkeit für dich.'', sagte mein Freund grinsend und löste sich etwas von mir. ,,Was denn?'', fragte ich verwundert nach und drehte mich zu ihm, um ihn zu mustern.
,,Warte kurz, ich muss schnell zum Auto, um das zu holen.'', entschuldigte Timi sich lächelnd, erhob sich von der Bank und drehte sich zu mir. ,,Wenn du es so lange ohne mich aushältst.'' Ich verdrehte grinsend die Augen und schüttelte den Kopf.
,,Keine Sorge, den kurzen Augenblick überlebe ich.''
Timi lächelte mich an, spitzte seine Lippen und beugte sich zu mir herunter, um sich einen Kuss zu erhaschen. ,,Deine Luft zum Atmen ist gleich weider da.'' Er küsste mich erneut, stupste mir gegen die Nase und funkelte mich verliebt an.
,,Jetzt geh' schon!'', befahl ich ihm lachend und registrierte ihm mit Handzeichen, dass er gefälligst zu seinem alten, klapprigen Audi gehen sollte, mit dem Timi und ich schon öfters raus in die Natur gefahren waren.
Meine Mitte zog sich angenehm zusammen und mein Blick fiel auf seinen winzigen Knackarsch, der mich total verrückt machte. Ich biss mir auf die Unterlippe und mir wurde mit einem Mal ganz heiß.
Ich sah ihm hinterher, machte mir meine Haare vernünftig und sah mich in der Gegend um. Ich seufzte leise und meine Stimmung sank sofort wieder in den Keller, als ich all meine Klassenkameraden mit ihren Eltern sah.
Ich wendete den Blick sofort von ihnen ab und scharrte auf dem Boden einige Steine zusammen. Eine Träne rollte mir über die Wange, aber augenblicklich wischte ich diese weg. Ich hätte sie so gerne hier...
Keine Frage, ich bin froh darüber, dass Timi da ist. Ich konnte mir nichts Schöneres vorstellen. Ihn nach all den Wochen und der harten Zeit endlich wiederzusehen, machte mich wirklich glücklich.
Aber es tat weh diesen Tag nicht mit meinen Eltern teilen zu können. Ich bin nicht alleine, aber trotzdem fühlte ich mich leer. Als würde ein Puzzelteil fehlen, was mein vollkommenes Glück besiegeln würde.
All meine Klassenkameraden hatten den Spaß ihres Lebens. Ihre Eltern waren stolz auf das, was sie die letzten Jahre und vor allem Monate geleistet hatten. Sie bekamen Geschenke, es wurde zusammen gelacht, angestoßen und geweint.
Sie wurden in den Arm genommen, es wurden zusammen Fotos gemacht und der Lebensabschnitt wurde gemeinsam zelebriert. Alle Sorgen und Probleme wurden an diesem Abend vergessen und es wurde einmal nicht darüber nachgedacht, was morgen ist.
Es schmerzte, dass nicht mit den Menschen teilen zu können, denen ich das hier überhaupt zu verdanken hatte. Sie hatten mich fallen gelassen für das, was ich bin und an dem ich nichts ändern konnte.
Sie hatten mich gebrochen mit ihren Worten, obwohl gerade sie die Personen sein sollten, die hinter mir stehen und mich unterstützen sollten. Sie hatten mich von sich weggestoßen, als wäre ich Nichts.
Auch wenn ich sie im Moment nicht sehen wollte, weil sie mir wirklich wehgetan hatten und nichts auf der Welt das entschuldigen könnte, was sie zu mir gesagt hatten, hätte ich sie doch gerne bei mir. Doch sie hatten sich dafür entschieden, mich nicht mehr bei sich zu haben...
,,Oha, ich muss ja doch keine Mund zu Mund-Beatmung machen.'', die lachende Stimme von Timi riss mich aus meinen Gedanken und erschrocken zuckte ich zusammen. Ich sah auf und wieder hatte ich nicht mehr als in Augenverdrehen für diesen Mann übrig.
,,Du bist doof!'', erwiderte ich ebenfalls lachend und boxte ihm einmal gegen den Oberarm, als Timi sich wieder neben mir niederließ. Er legte seine Hand auf meinen Oberschenkel, streichelte über diesen und küsste mich.
,,Machst du einmal deine hübschen Augen für mich zu, Baby?'', fragte mein Freund lächelnd und fuhr mir durchs Haar. ,,Hände bitte ausstrecken.'', befahl mir Timi und kitzelte zärtlich mein Knie, was mich leicht zusammenzucken ließ.
,,Augen wieder auf...'', flüsterte mir Timi mit rauer Stimme ins Ohr, die meine Nackenhaare einmal aufstellen ließ. Ich öffnete die Augen, blinzelte einige Male und sah hinunter auf meine Hände.
Ich erkannte einen kleinen Umschlag, auf dem mein Name stand. Daneben hatte Timi einen Vogelstrauß, mein Lieblingstier gezeichnet, was mich nur noch viel breiter lächeln ließ. ,,Mach' es ruhig auf.''
Sofort kam ich seiner Aufforderung nach, hauchte ihm einen federleichten Kuss auf die Lippen und öffnete den senfgelben Umschlag. ,,Oh Gott nein, wie süß!'', quietschte ich leise auf und musterte die Karte.
Ich legte den Kopf auf Timis Schulter, sah lächelnd zu ihm nach oben und fuhr die feinen Linien nach, die mein wundervoller, fester Freund auf das Blatt Papier gezaubert hatte. Er ist so unfassbar talentiert!
Die Zeichnung zeigte mich und Timi, wie wir uns küssten und zusammen vor meiner Schule standen. Ich hielt mein Zeug in der Hand und einen Strauß Rosen. Über uns hatte er ein kleines Herzchen gemalt.
Über meine Schule stand die Überschrift 'Herzlichen Glückwunsch zum bestandenen Abitur 2020! ♥', weswegen meine Mundwinkel noch mehr in die Höhe zuckten. Ich nahm sein Gesicht zwischen seine Hände und küsste ihn.
Lieber Lukas,
endlich hast du es geschafft! Heute hältst du dein Abitur in den Händen, von dem du schon so lange geträumt und an dem du immer so gezweifelt hast. Du weißt, wie oft ich dir dafür den Kopf abreißen wollte. ;-)
All die schlaflosen Nächte, die Nachmittage, die fürs Lernen draufgingen, alle Ängste und Sorgen haben sich endlich gelohnt und ausgezahlt.
Ich bin so stolz auf dich, Baby. Jetzt kannst du aufatmen und erfolgreich in deinen neuen Lebensabschnitt starten. <3
Ich liebe dich. ♥
Dein Kleiner <3
P.S. Du siehst heute besonders heiß aus. Wenn ich gekonnt hätte, hätte ich dich auf dem Tisch sofort flachgelegt. :-P
,,Wie süß bist du denn? Dankeschön, Schatz. Vor allem den letzten Teil kann ich nur genau so zurückgeben.'' Immer wieder las ich mir das kleine Kärtchen durch, was mein Herz schneller schlagen und die Schmetterlinge im Bauch flattern ließ.
Ich sah zu Timi, der mir über den Nacken streichelte und mich mit funkelnden Augen verliebt anlächelte. Ich setzte mich etwas auf, drückte ihm einen Kuss auf die Lippen und kam aus dem Strahlen gar nicht mehr heraus.
,,Und was ist das?'', fragte ich mit großen Augen und zeigte auf die kleine Schultüte, die Timi in seinen Händen hielt. ,,Das ist auch noch für dich.'', erwiderte Timi lächelnd und streckte sie mir entgegen.
,,Was ist da denn drin?'', harkte ich neugierig nach und musterte die Schultüte, mit den Vogelsträußen und Gießkannen, von allen Seiten. ,,Musst du schon aufmachen, um es herauszufinden.'', grinste Timi und sah mich auffordernd an.
Ich hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen und zog an der Schleife, um diese zu öffnen. Timi hatte diese mit allen Süßigkeiten, die mir lieb sind, einigen Plektren, Kugelschreibern und Stiften gefüllt.
,,Zieh' mal daran und hol' das heraus...'' Timi griff in die Schultüte und zog etwas Stoffartiges hervor. Verwirrt musterte ich meinen festen Freund kam seinem Befehl nach. ,,Ein Schlüsselbund?''
,,Hast du die Schlüssel hier, die meine Mama dir gegeben hat?'', fragte Timi, statt auf meine Frage einzugehen. ,,Ähm...ja...'' Ich griff in meine Hosentasche, holte diese heraus und Timi nahm sie mir sofort weg.
,,Was....'' Timi unterbrach mich mit einem Kuss und legte die Schlüssel weg. ,,Timi, was soll das?'', griff ich meine Frage nochmal auf und bekam leichtes Herzrasen. Wollte mich Timi aus seiner Wohnung schmeißen?
,,Das ist ein Schlüssel. Ein Schlüssel ist ein Werkzeug zum Verschließen und Öffnen eines Schlosses.'', grinste mein Freund, während ich die Stirn runzelte. ,,Okay wow, darauf wäre ich nicht von alleine gekommen...'', erwiderte ich ironisch und verdrehte die Augen.
,,Dafür, dass du einen auf Meisterdetektiv machst, hast du gerade ein ganz schönes Brett vorm Kopf...'' Timi legte seine Hände auf meinen Beinen ab und kam meinem Gesicht näher.
,,Bitte?''
,,Kommen dir die Schlüssel bekannt vor?''
,,Ja, das sind die vier Schlüssel, die mir auch deine Mama gegeben hat.''
,,Genau.''
,,Timi, was soll das werden? Warum schenkst du mir einen Schlüsselbund mit genau den gleichen Schlüsseln? Was denkst du wie ich die Tage in deine Wohnung gekommen bin?'' Ich musterte ihn verwirrt und verstand nur noch Bahnhof.
,,Ach Gott, muss ich die Worte wirklich aussprechen?!'' Timi schlug die Hände über den Kopf zusammen und lachte. ,,Lukas, möchtest du bei mir einziehen?'', fragte er lächelnd und griff nach meinen Händen.
Mit einem Mal entglitt mir alles aus dem Gesicht und fassungslos musterte ich den Schlüsselbund in meinen Händen. ,,Das ist jetzt nicht dein Ernst?'' Ich bekam Tränen in den Augen und sah meinen Freund unsicher an.
Bevor Timi irgendwas erwidern konnte, schmiss ich mich in seine Arme. Er wirkte im ersten Moment etwas überfordert, lachte dann herzhaft auf und schlang seine Arme um mich. Er hauchte mir einen Kuss auf die Stirn und streichelte mir über den Rücken.
,,Das ist doch ein Traum, oder? Du möchtest mit mir zusammenziehen?'' Ich löste mich von ihm und starrte mit großen Augen auf den Schlüsselbund, der ernsthaft mir gehören sollte. Timi hatte sie extra für mich nachgemacht.
Timi und ich hatten darüber gesprochen, dass ich erst einmal noch bei ihm bleiben könnte. Es musste erstmal alles mit meiner Ausbildungsstelle sicher sein und wenn ich mein Geld verdienen würde, hätte mir schon was Eigenes gesucht.
,,Das ist kein Traum und auch kein Scherz. Ich möchte wirklich, dass du mit mir zusammenziehst.'', lächelte Timi mich an, fuhr mir die Tränen aus dem Gesicht und griff nachdem Schlüsselbund, um mir diesen um den Hals zu legen.
,,Wann hast du das gemacht?''', fragte ich nach und nahm einen der Schlüssel zwischen meine Finger, um über diesen zu streicheln. ,,Die Woche über. Ich hatte die Schlüssel nicht gebraucht, also konnte ich das in Ruhe machen lassen.''
,,Als ich das mit deinen Eltern erfahren habe, habe ich mich sofort auf den Weg gemacht und alles besorgt.'' Timi griff nach meinen Händen, drückte diese fest und küsste mich. ,,Ich möchte dich gerne bei mir haben, Lukas. Nicht nur vorübergehend, sondern für immer.'', lächelte er.
,,Ich kann's nicht fassen...'', weinte ich leise ins sein Hemd und hatte keine Ahnung, wo mir der Kopf stand. Mein Timi, mein Baby, der allertollste Mensch auf der Welt, wollte mit mir zusammenziehen.
,,Also?'', grinste mein Freund und drückte mein Kinn nach oben, damit ich ihm in die Augen schauen musste. ,,Ja oder Ja?'' Er zog die Augenbrauen nach oben und sah mich erwartungsvoll an.
,,Das muss ein Witz sein...'', hauchte ich immer noch fassungslos und schüttelte den Kopf. ,,Du kannst die Schlüssel gerne ausprobieren, da passt alles, du Trottel.'', lachte Timi und zog mich auf seinen Schoß.
,,Ich lass' nicht zu, dass du woanders und vor allem alleine bist. Du gehörst zu mir!''
,,Ich hab' wohl keine andere Wahl.'', lachte ich und musterte die Schlüssel.
,,Aber ich kann mir nichts Schöneres vorstellen.''
Ich schlang die Arme um seinen wunderschönen Hals und drückte ihm einen Kuss auf die Lippen, der mein Herz sofort einige Takte schneller schlagen und meinen kompletten Körper zu Wachs zerlaufen ließ.
Timi lächelte breit in den Kuss hinein, legte seine Hände auf meine Hüfte und zog mich an dieser näher zu sich. Er streichelte mir zärtlich über die hervorstehenden Hüftknochen und leckte mir über die Unterlippe.
Sofort gewährte ich ihm den gewünschten Einlass und ließ seine Zunge in meine Mundhöhle gleiten. Auffordernd stieß er mich an und augenblicklich begangen wir diese miteinander zu umspielen.
Es fühlte sich einfach nur atemberaubend schön an, Timi in der Öffentlichkeit küssen zu können. Ich musste keine Angst davor haben, dass uns irgendjemand erwischen könnte und musste mir keine Gedanken darum machen, was mich Zuhause erwarten würde.
Ich konnte ihn anfassen und berühren, wie ich wollte. Ich konnte zu diesem fabelhaften Menschen stehen, der so wunderschöne Gefühle in mir auslöste, wie es noch keine andere Person zuvor getan hatte.
Natürlich tat es weh, dass meine Eltern ausgerechnet das nicht akzeptieren wollten, aber das spielte gerade keine Rolle. Sie wollten mich nicht haben, aber Timi wollte das und das bedeutete mir unglaublich viel.
Wir knutschten noch eine Weile miteinander rum. Ab und zu lösten wir uns voneinander, um ins lächelnd in die Augen zu sehen, uns über unsere Gesichter zu streicheln und unseren viel zu schnellen Atem an den Wangen zu spüren.
Immer wieder sagte Timi mir, dass er mich lieben und sich darüber freuen würde, dass ich bei ihm einziehen würde. Ich erwiderte dies mit einem breiten Lächeln auf den Lippen, warf aber gleichzeitig einen fassungslosen Blick auf meinen Schlüsselbund.
Ich hielt diesen fest in meiner Hand und wollte ihn auf gar keinen Fall verlieren. Immer wieder zählte ich die Schlüssel nach und erklärte Timi, welcher zu welchem Schloss passte, obwohl er es genauso gut wusste.
Als die Tanzfläche dann für eröffnet erklärt wurde, erhoben Timi und ich uns von der Bank. Er griff nach meiner Hand, zog mich zurück in den Gasthof und wir holten uns an der Bar etwas zu Trinken.
Die Shots gingen über die Theke und wir kippten diese mit einem Zug herunter. ,,Jetzt stell' dich mal nicht so an!'', lachte ich meinen Freund aus, der einmal sehr stark das Gesicht verzog und sich die Träne aus dem Gesicht strich.
,,Boah, der ist aber ganz schön stramm gewesen. Du kippst mir wahrscheinlich gleich noch weg, wenn du noch mehr davon trinkst.'', erwiderte Timi kopfschüttelnd und grinsend verdrehte ich die Augen.
,,Idiot!''
Ich holte mir eine Mische, kippte noch einen Shot mit einigen Klassenkameraden herunter und griff dann nach Timis Hand, um ihn auf die Tanzfläche zu ziehen. Ich schlang die Arme um seinen Hals und drückte ihn an mich.
Timi lächelte mich verliebt an, drückte mir einen Kuss auf die Lippen und legte seine Hände an meine Hüfte. Wir bewegten unsere Hüften im Rhythmus der Musik, sangen jedes Lied lauthals mit und endlich konnte ich mich voll und ganz fallenlassen.
Der Gedanke daran, dass meine Eltern heute nicht hier waren, verblasste immer mehr. Ich konnte mich auf das wundervolle Hier und Jetzt konzentrieren und hatte den Spaß meines Lebens.
Endlich konnte ich wieder glücklich sein und es fühlte sich gut an. Einfach, weil ich hier zusammen mit Timi auf der Tanzfläche stehen durfte und ihn küssen und berühren konnte, so viel ich wollte.
Wenn mich jemand fragte, ob das mein Freund ist, konnte ich es bejahen, ohne Angst zu haben. Es fühlte sich toll an, endlich zu unserer Beziehung zu stehen und jedem zeigen zu können, dass dieser wunderschöne Mensch zu mir gehörte.
Ich hatte einen regelrechten Höhenrausch und konnte nicht mehr aufhören zu lachen. Ich konnte nicht stillsitzen und vollkommen egal, welcher Song lief und wie dumm ich ihn eigentlich fand, ich musste einfach tanzen.
Timi wich mir keine Sekunde von der Seite und auch wenn er ab und zu mal eine Pause brauchte, weil er doch schon einen sehr langen Tag hinter sich hatte, war er für mich da und stand mir bei.
Immer wieder sah ich zu ihm, drückte einen Kuss auf seine so weichen Lippen und verlor eine Träne nach der Anderen, weil ich es nicht fassen, dass dieser Mensch wirklich hier ist und sich auf den weiten Weg gemacht hatte, um mich zu sehen.
Nach all den Jahren, die wir in Gefangenschaft verbracht hatten, hatte ich diesen wunderschönen Menschen noch immer an meiner Seite, der mich mit jeder Fassade seines Körpers unterstützte.
,,Genug Pause gemacht, Baby. Kommst du jetzt wieder mit? Ohne dich ist es langweilig!'' Ich griff nach der Hand meines Freundes, zog ihn vom Stuhl herunter und schlang die Arme um ihn, um ihn zu küssen.
,,Sag' mal, wie machst du das immer? Du schwitzt noch nicht mal!'', fragte Timi lachend, ließ sich von mir widerwillig auf die Tanzfläche ziehen und biss sich auf die Unterlippe, als ich meine Hüfte etwas intensiver bewegte.
,,Das kommt im Alter.'', streckte ich frech die Zunge heraus und kicherte. Dafür gab es einen leichten Klaps auf den Hintern, der ein noch viel breiter werdendes Lächeln auf meine Lippen trieb.
,,Wir haben nur 3 Jahre Altersunterschied, mein Freund!''
,,Trotzdem merkt man dir an, dass du keine 18 mehr bist.''
Timi schüttelte grinsend mit dem Kopf, verdrehte die Augen und zog mich dann näher zu sich. Er drückte mir einen Kuss auf die Lippen und schlang die Arme fester um mich. Sein vertrauter Duft stieg mir in die Nase und sofort fühlte ich mich wohl.
Ich schmiegte mich an seine Brust, sah lächelnd zu ihm nach oben und legte meine Hände auf seiner Brust ab. ,,Danke, dass du da bist.'', nuschelte ich gegen sein Hemd und verlor eine Träne aus dem Augenwinkel.
,,Ich bin immer für dich da, Baby. Du musst nicht mehr alleine sein.'' Timi streichelte mir zärtlich mit seinen Fingerkuppen über den Rücken, hauchte mir einen Kuss auf die Stirn und legte sein Kinn auf meinem Kopf ab.
Ich schloss die Augen, krallte mich an ihm fest und wollte die Zeit am liebsten für immer zum Stillstehen bringen. Ich seufzte zufrieden auf, atmete seinen wundervollen Duft ein und kam aus dem Strahlen gar nicht mehr heraus.
Wir tanzten noch eine Weile zusammen, tranken hin und wieder etwas, oder legten eine Pause ein, die Timi unbedingt brauchte. Ich trug ein breites Lächeln auf den Lippen und könnte glücklicher nicht sein.
Mein Herz schlug immer schneller und Timi packte mich einmal kräftig an der Hüfte, um mich näher zu sich zu ziehen. Er presste unsere Stirnen aneinander und drückte mir einen federleichten Kuss auf die Lippen, den ich mit Tränen in den Augen erwiderte.
[...]
,,Oh man...'', seufzend öffnete ich die Autotür von Tims klapprigen Audi, der, warum auch immer, noch immer TÜV bekam und ließ mich auf dem Beifahrersitz nieder. Ich legte den Kopf in den Nacken, atmete tief durch und fuhr mir die verschwitzten Tränen aus dem Gesicht.
In der allerletzten Stunde unseres Abschlussballs hatte der DJ es nochmal ordentlich krachen lassen und einen Hit nachdem Nächsten gespielt. Wir hatten uns schon die ganze Zeit gefragt, wann endlich mal unsere Playlist laufen würde und ausgerechnet zum Schluss hatte er diese aus dem Ärmel geschüttelt.
Ich hatte Timi wirklich keine Ruhe gelassen und auch wenn ich wusste, dass er mir am liebsten den Hals umgedreht hätte, weil er wirklich nicht mehr konnte, ist er bei mir auf der Tanzfläche geblieben, hatte mich gedreht, sich an mich gedrückt und mit mir die Hüften geschwungen.
Ich lächelte breit und sah nach hinten zu meinem Freund, der noch seine Zigarette zu Ende rauchte. Unsere Blicke trafen sich und sofort legte sich eine angenehme Gänsehaut auf meinen Körper.
Ich warf ihm einen Luftkuss zu und konnte es kaum noch erwarten, bei ihm Zuhause zu sein. Obwohl...korrigiere... Ich konnte es kaum noch erwarten, endlich bei uns Zuhause zu sein, in unserer gemeinsamen Wohnung.
Noch immer konnte ich nicht glauben, das Timi mich ernsthaft nach einem Einzug gefragt hatte und es würde wohl noch einige Tage dauern, bis ich überhaupt verarbeitet hatte, dass ich nicht mehr der Besuch bei ihm bin.
,,Brauchen wir für Zuhause noch was? Wir müssen noch an die Tankstelle fahren, sonst bleiben wir auf halber Strecke stehen.'', kam Timi zu mir ins Auto gestiegen und warf einen fragenden Blick zu mir.
,,Ich denke nicht. So viel habe ich die Tage nicht verbraucht.'', erwiderte ich unsicher und lächelte ihn schüchtern an. Timi lachte, steckte den Autoschlüssel ins Zündschloss und nahm mein Gesicht zwischen seine Hände, um mich zu küssen.
,,Aber hat es dir gefallen? Hat es dir Spaß gemacht?'', fragte er mich und kämmte mir einige verlorene Strähnen hinter die Ohren, weil ich meine Haare irgendwann wieder aufgemacht hatte.
,,Es ist richtig, richtig toll gewesen. Ich hatte total viel Spaß. Es hätte nicht besser sein können.'', lächelte ich und legte meine Hände auf seine, um zärtlich über diese zu streicheln. Mein Bauch kribbelte, als ich die Gänsehaut bemerkte, die sich auf seinen Armen breit machte.
,,Danke, dass du gekommen bist und deine Weiterbildung wegen mir abgebrochen hast. Du bist der Beste, wirklich.'' Ich sah ihm tief in die Augen und überbrückte die allerletzte Zentimeter, um unsere Lippen wieder miteinander zu vereinen.
,,Ich liebe dich.'', hauchte ich ihm gegen die Lippen und Timi strich mir die Träne aus dem Gesicht, die sich gerade gebildet hatte. ,,Ich liebe dich auch, Lukas. Ich bin so stolz auf dich.'' Er küsste mich, schnallte sich an und drehte dann den Schlüssel um.
Er löste die Handbremse und wir fuhren von dem kleinen Schotterplatz herunter. ,,Dass das Auto das noch mitmacht.'', kommentierte ich dies lachend, als Timi sich für einen kurzen Moment festgefahren hatte.
,,Werd' jetzt nicht frech! Der muss uns noch vor die Haustür bringen.'', grinste Timi und legte seine Hand auf meinen Oberschenkel. Er kniff einmal fest an diesen zu und erschrocken keuchte ich auf.
,,Du kannst mich ruhig tragen, du bist doch so ein starker Mann.'', zuckte ich grinsend mit den Schultern und fuhr zärtlich über seinen tätowierten Arm. ,,Du kannst auch nach Hause gehen, mein Freund! Schlüssel hast du ja jetzt!''
Timi warf mir einen drohenden Blick zu, stoppte kurz und mit großen Augen sah ich ihn an. ,,Aber so hübsche Jungs wie dich nehmen sie sofort mit und ich will nicht, dass dich mir jemand wegschnappt.'' Er drückte aufs Gas und ich musste lachen.
,,Keine Sorge, so schnell wirst du mich nicht los.'' Ich legte meine Hand auf seine, die sich auf den Schaltknüppel befand und erhob mich etwas aus dem Beifahrersitz, um ihm einen Kuss auf die Wange zu hauchen.
,,Na das hoffe ich doch!'', erwiderte Timi hoffnungsvoll und drehte seinen Kopf zu mir, um mich verliebt von der Seite anzulächeln. Mein Bauch kribbelte noch viel intensiver und ich fuhr mit meiner Hand hoch zu seinem Arm, den ich neben seinem Nacken abwechselnd streichelte.
,,Willst du noch 'ne Kleinigkeit haben, Baby?'' Timi, der sein Auto vollgetankt hatte, öffnete nochmal die Autotür, um seinen Geldbeutel von der Rückbank zu holen und mich dann einmal fragend anzusehen.
,,Kannst du mir ein Sandwich holen, wenn die noch was da haben? Ansonsten reicht auch ein Schokoriegel, oder so.'' Timi nickte verstehend und drückte mir einen Kuss auf die Lippen. ,,Wird gemacht, Chef.''
Er machte die Autotür zu, schloss den Wagen ab und ging in den Laden, um den Tank zu bezahlen. Ich lächelte, folgte jedem seiner Schritte und fand ihn einfach nur zum Fressen. Er sah sich im Laden um, nahm irgendwas in die Hand und quatschte mit dem Kassierer.
Ich lehnte mich auf dem Beifahrersitz zurück und knöpfte mein Hemd etwas auf, um den Schlüsselbund herauszuholen, den ich, seitdem Timi ihn mir um den Hals gelegt hatte, noch kein einziges Mal abgenommen hatte.
Ich musterte diesen und bekam augenblicklich wieder Tränen in den Augen, bei dem Gedanken daran, dass Timi mich wirklich gefragt hatte, ob ich bei ihm einziehen möchte. Mein Timi, der Mann meiner Träume, wollte mit mir zusammenwohnen!
Ich zählte die Schlüssel nach, aber er hatte wirklich alle nachgemacht, die es gab. Haustür, Wohnung, Keller, Briefkasten. Sogar für die kleine Waschküche, die er nicht nutzte, hatte er mir den Schlüssel nachgemacht, was mich noch viel glücklicher machte.
Etwas ungeduldig rutschte ich auf dem Sitz umher und warf wieder einen Blick zu Timi, der noch immer durch die Tankstelle schlich und sich in dieser umsah. Man, was dauerte denn da so lange?
Ich machte das Radio an, um wieder etwas herunterzukommen und nicht wie eine Person, die es an der Supermarkt-Kasse sehr eilig hatte und dir in den Nacken kroch, weil der Rentner vor dir noch sein Kleingeld heraussuchte, auf dem Sitz hin und herzuspringen.
Er würde gleich wieder bei mir sein und dann könnte ich ihn für all das abknutschen, was er mir in den letzten Stunden gegeben hatte. Noch immer machte es mich fassungslos und ich wartete nur noch jeden Moment darauf, aus diesem wunderschönen Traum aufzuwachen.
,,Entschuldigung, dass es etwas länger gedauert hat. Aber es brauchte etwas, um das Sandwich zu zubereiten...'', begrüßte mich Timi grinsend, als er die Autotür geöffnet hatte. Er schmiss seinen Geldbeutel zurück auf die Rückbank und legte mir eine Tüte auf den Schoß.
,,Bist du verrückt? Hast du den armen Mann jetzt nochmal dazu angestiftet, ein Sandwich in den Ofen zu schieben?'', fragte ich mit großen Augen nach, als ich den Inhalt dieser gemustert hatte.
,,Du wolltest doch eins haben, oder nicht?'' Timi zog die Augenbrauen nach oben und schnallte sich an. ,,Ja, aber ein Schokoriegel hätte es doch auch getan.'', lachte ich und nahm einen Bissen.
,,Deswegen hast du den auch kurz etwas böse angeguckt, der wollte sicherlich keins mehr machen und dann hast du angefangen zu diskutieren.''
,,Vielleicht...'', grinste er. ,,Timi!''
,,Du bist unglaublich!''
,,Ich weiß.''
Ich drückte ihm einen Kuss auf die Lippen, hielt ihm das Sandwich unter die Nase und Timi nahm einen Bissen davon. Er löste die Handbremse, fuhr von der Tankstelle herunter und lächelte mich an.
,,Aber schmeckt, oder?'', harkte er sicherheitshalber nach. ,,Was ist wenn nicht? Fährst du dann zurück und klatscht es dem Kassierer ins Gesicht?'', fragte ich lachend und mit vollem Mund nach.
,,Vielleicht...'', erwiderte mein Freund ertappt. ,,Du bist so ein Spinner!'', musste ich noch viel lauter lachen. ,,Aber es schmeckt mir, keine Sorge. Danke, dass du nochmal mit dem diskutiert hast.''
,,Alles für dich.''
Als wir Zuhause ankamen, entsorgte ich die Tüte im Mülleimer, der sich nur einige Meter von der Haustür entfernt befand und ging dann zu Timi, der den Kofferraum öffnete und meine Sachen herausholte.
,,Darf ich bitte aufschließen?'', fragte ich mit großen Augen nach und hielt sein Handgelenk fest, als er gerade seinen Schlüssel herausholen wollte. ,,Natürlich.'', stimmte Timi sofort lächelnd zu und trat einen Schritt zur Seite.
Ich quickte erfreut auf, holte den Schlüsselbund heraus und so, als hätte ich noch nie zuvor in meinem Leben einen Schlüssel in ein Schloss gesteckt, sprang ich erfreut auf und ab und schloss die Haustür auf.
Auch wenn wir es gar nicht mussten, ging ich nochmal an den Briefkasten, um diesen zu öffnen. Timi konnte darüber nur lächeln, streichelte mir durchs Haar und musterte mich glücklich von der Seite.
Wir gingen die Treppen nach oben und mein Freund musste mich einmal darum bitten, den Lautstärkepegel etwas herunterzuschrauben, weil ich mich vor lauter Freude kaum noch einbekam.
Ich öffnete die Wohnungstür und trat lächelnd in Timis, beziehungsweise unsere Wohnung. Ich zog mir Schuhe und Jacke aus, legte die Sachen auf der Kommode ab und musterte Timi, der mich noch immer anlächelte.
,,Willst du dich schon mal ins Bett legen, oder kommst du noch mit auf den Balkon? Ich würd' nämlich noch eine rauchen.'' Timi legte die Arme um mich, drückte mich gegen die Wand und strahlte mich an.
Ich erwiderte nichts, griff nach seiner Hand und zog ihn auf den Balkon, auf dem ich die letzten Abende verbracht hatte, um mir den Sonnenuntergang anzusehen und nachdenklich in die Sterne zu blicken.
Manchmal kam seine Mama vorbei, um nochmal nach mir zu sehen und mir etwas zu Essen zu bringen. Wir hatten uns gemeinsam hingesetzt, den Alltag auf den Straßen beobachtet oder uns über Gott und die Welt unterhalten.
Ich lächelte, öffnete die Balkontür und während Timi sich eine Zigarette ansteckte, ließ ich mich auf einen der Stühle nieder. Ich musterte meinen Freund, der sich gegen das Geländer lehnte, den Rauch in die Luft hinausblies und auf die Straße hinabblickte.
Ich stellte mich zu ihm, nahm ihm die Kippe aus den Händen und nahm einen sehr starken Zug davon. Ich blies den Rauch aus, musste husten und Timi musste lachen, ehe er sie wieder zwischen die Finger nahm.
Er streichelte mir über den Rücken, aschte ab und gemeinsam sahen wir auf die beleuchteten Straßen. Da wir Wochenende hatten, war ausnahmsweise mal etwas mehr los und man sah nicht nur vereinzelnde Personen von A nach B rennen.
Ich stützte meine Unterarme auf dem Geländer ab, beugte mich leicht über dieses und seufzte einmal leise. Sofort wollte ich wieder gehen und mich unter der Bettdecke verkriechen, als ich eine Familie sah, die mit ihren Kindern spazieren ging.
Ich musterte diese, fragte mich, warum sie noch so spät mit diesen unterwegs waren und spürte die ersten Träne, die meine Wange hinunterlief. Timi handelte sofort, drückte seine Zigarette aus und nahm mich in den Arm.
Er drückte mich an sich, streichelte mir über den Rücken und hauchte mir einen Kuss auf die Wange. Ich krallte mich an ihm fest, vergrub mein Gesicht in seiner Halsbeuge und begann zu weinen.
,,Ich versteh' das nicht...'', schluchzte ich leise. ,,Sie haben sich kein einziges Mal gemeldet, seitdem ich weg bin. Keine Nachricht, kein Anruf - nichts.'' Ich krallte mich stärker an Timi fest und schüttelte den Kopf.
,,Wie kann ich ihnen so egal geworden sein? Von der ein auf die andere Sekunde? Nur weil ich mit dir zusammen bin? Vor einer Woche hätten sie noch die Hand für mich ins Feuer gelegt und jetzt würden sie mich vor allen verraten. Wie kann das möglich sein? Was habe ich falsch gemacht?''
Timi löste mich etwas von sich, um mir die Tränen aus dem Gesicht zu streichen. Er seufzte einmal leise, presste die Lippen aufeinander und sah mir tief in die Augen. Die Erste rollte ihm die Wange herunter und sofort fühlte ich mich schlecht.
,,Ich wünschte, ich könnte dir eine Antwort geben, aber ich habe keine Ahnung, Lukas. Ich verstehe auch nicht, wie Eltern so sein und ihren eigenen Sohn so etwas antun können.'' Er zog mich in seine Arme und fuhr mir über den Rücken.
,,Wir werden auch keine Antwort finden, weil es dafür keine gibt. Wir werden es nicht verstehen, weil es da nichts zu verstehen gibt.'' Timi griff nach meiner Hand, zog mich zum Stuhl und ließ sich auf diesem nieder.
Er lächelte mich an, spreizte seine Beine und klopfte einladend zwischen diese. Ich setzte mich zwischen diese, legte den Kopf auf seiner Brust ab und sah zu ihm nach oben. Er drückte mir einen Kuss auf die Lippen und fuhr mit kreisenden Bewegungen über meinen Rücken.
,,Du hast nichts falsch gemacht, Baby. Bitte rede dir sowas nicht ein...'', flüsterte mir Timis ins Ohr, nahm mich fester in den Arm und drückte mir einen zärtlichen Kuss auf.
,,Wirklich nicht?'' Mit Tränen in den Augen sah zu ihm und krallte mich an ihm fest. ,,Auf keinen Fall.'', erwiderte Timi, fuhr mir die Tränen aus dem Gesicht und streichelte mir durchs Haar.
,,Aber ich verstehe das nicht. Warum hassen sie mich auf einmal? Warum haben sie mich rausgeschmissen? Warum waren sie heute nicht da, oder haben sich wenigstens gemeldet? Es hat sich doch nichts geändert...'', seufzte ich leise und begann stärker zu weinen.
,,Ich habe keine Ahnung...'' Timi zog mich näher auf seine Brust, fuhr mir immer wieder die Tränen aus dem Gesicht und schlang die Arme fester um mich. Besorgt sah er an mir herunter und zuckte ratlos mit den Schultern.
,,Deine Eltern sind Idioten, Lukas. Sie müssen es nicht verstehen und nachvollziehen können, aber dich direkt zu verurteilen und zu behandeln, ist wirklich das Allerletzte. Das hat niemand verdient.''
,,Hätte ich gewusst, wie das Alles ausgeht und dass es wirklich so schlimm mit deinen Eltern ist, wäre ich nie auf diese Weiterbildung gefahren.'' Ich stützte mich mit den Unterarmen auf seiner Brust auf und fuhr die Linien seines Tattoos am Hals nach.
,,Fühl' dich nicht schlecht, du konntest es nicht wissen.''
,,Es hat trotzdem wehgetan, alle mit ihren Eltern zu sehen, während meine den bestmöglichen Abstand zu mir halten möchten. Sie waren so stolz und glücklich. Ich hätte das Alles auch gerne erlebt.'', seufzte ich.
,,Es fühlte sich so an, als hätte ich ein Verbrechen begangen. Als hätte ich das Schlimmste getan, was ein Mensch tun könnte. Wenn ich jemanden sage, dass meine Eltern mich rausgeschmissen haben, denke die doch sonst was.''
,,Es ist krass, wie schnell sich das Leben wenden kann. Vor einer Woche saß ich noch in meinem Zimmer, hab' mit Papa Gitarre gespielt und ein paar Tage später hat er sich gewünscht, dass ich niemals geboren wäre.''
Ich setzte mich auf, strich mir die Tränen aus dem Gesicht und Timi kam mir sofort hinterher. Er legte seine Hände auf meine Schultern, massierte diese und drückte mir einen Kuss in den Nacken.
,,Ich fühl' mich, als hätte ich was falsch gemacht. Ich weiß, dass es nicht so ist, aber die Worte, die sie mir gegen den Kopf geknallt haben, sind ständig da.'' Ich sah hinunter auf meine Hände und begab mich in den Schneidersitz.
,,Das ist normal, Lukas. Vor allem, wenn sowas von den Eltern kommt, auf deren Meinung man viel legt.'' Timi packte mich an der Hüfte, drehte mich zu sich und drückte mein Kinn bestimmt zu sich nach oben.
,,Du hast aber nichts falsch gemacht, Baby. Du bist okay wie du bist und das, was wir haben ist nichts, was verboten werden sollte, dem Teufel angehört oder womit du in die Klapse eingeliefert werden solltest.''
,,Deine Eltern werden es nicht verstehen, was das für ist und das müssen sie auch nicht. Aber verdammt... Warum sind sie so beschränkt und können nicht einmal über den Tellerrand hinausblicken?!''
Timi schnaufte wütend auf und sofort griff ich nach seinen Händen, um unsere Finger ineinander zu verschränken. Ich streichelte über seine Handrücken und hauchte ihm einen beruhigenden Kuss auf die Lippen.
Ich wollte nicht, dass Timi sich deswegen aufgeregte. Als ich ihn am Telefon vollkommen fertig und verheult erzählt hatte, was passiert ist, ist mein Freund sowas von auf 180 gewesen und meine Eltern konnten von Glück reden, dass er in Düsseldorf war.
Wenn Timi vor Ort gewesen wäre, wären sie froh darüber gewesen, wenn das Haus noch gestanden hätte. Ich wusste, dass er sie gerne einen Kopf kürzer machen und ihnen eine deftige Ansage machen wollte.
Aber es wäre egal, was Timi ihnen sagen würde. Ich könnte ihnen zeigen, dass ich mehr als zufrieden mit diesem Mann an meiner Seite bin und trotzdem würden sie es nicht akzeptieren wollen.
,,Ich weiß, dass das Alles sehr schwer für dich ist. Ich weiß nicht, ob ich so stark gewesen wäre, wenn mich meine Mama nachdem Outing rausgeschmissen hätte.'' Timi wischte sich die Träne weg und atmete tief durch.
,,Es wird auch seine Zeit dauern, bis du damit abschließen kannst. Wenn du reden willst, weißt du, dass du immer zu mir kommen kannst. Ich höre mir das gerne tausendmal an, wenn es dir danach besser geht.'' Ich müsste lächeln und küsste ihn. ,,Du bist süß.''
,,Aber mach' dir den Abend nicht wegen deinen Eltern kaputt. Du hast heute so viel Spaß gehabt, bist so glücklich gewesen und das solltest du dir nicht nehmen lassen. Scheiß drauf, was deine Eltern sagen, du bist super und kannst stolz auf dich sein.''
,,Danke, Timi...'', schnaubte ich auf und fuhr mir die Tränen aus dem Gesicht. ,,Ich wollte auch nicht weinen und das Thema ansprechen. Das kam gerade alles hoch, weil ich trotzdem nach einer Antwort für das Warum suche...''
,,Es ist auch normal, dass ich darüber nachdenke. Aber... Ich möchte mir den Abend nicht wegen meinen Eltern kaputt machen. Es ist wirklich schön gewesen.'' Ich seufzte leise und warf einen Blick nach oben.
,,Danke, dass du da gewesen bist und mich nicht alleine gelassen hast. Du hast den Abend zu etwas ganz Besonderem gemacht.'' Ich legte mich in seine Arme, schluchzte leise in sein Hemd und krallte mich an ihm fest.
,,Hey, sh... Es alles gut...'', flüsterte mir Timi beruhigend ins Ohr und löste mich etwas von sich, um mir die Tränen aus dem Gesicht zu streichen. Er lächelte mich an, fuhr mit seinen Daumen über meine Wangen und küsste mich.
,,Völlig egal, was heute gewesen wäre, ich hätte alles dafür getan, damit du nicht alleine bist.'', hauchte er mir kaum merklich gegen die Lippen und mein Bauch begann angenehm zu kribbeln. Womit hatte ich diesen tollen Menschen verdient?
Ich lächelte, legte mich in seine Arme und konnte nicht in Worte fassen, wie glücklich ich darüber bin, so einen wundervollen Menschen an meiner Seite haben zu dürfen, der mich jeden Tag mit so viel Liebe erfüllte.
,,Wollen wir dann Zähne putzen und ins Bett? Ist schon spät und deine Augen sind schon ganz winzig.'', stieß Timi mich fragend an, als wir noch eine Zeit lang gemeinsam auf dem Balkon gesessen hatten.
Ich setzte mich auf, drehte mich zu ihm und lächelte. ,,Für deinen Rücken wäre es wohl besser auf einer Matratze zu schlafen. Sonst kommst du nicht mehr hoch.'', erwidert ich grinsend und streckte frech die Zunge heraus.
,,Na na na, Freundchen! Dir zeig' ich mal, was der Rücken noch aushalten kann!'' Bevor ich flüchten konnte, packte mich Timi an der Hüfte und kitzelte mich einmal ordentlich an den Seiten durch.
Ich brach augenblicklich in schallendes Gelächter und hysterisches Gequicke aus, sodass mein Freund mir die Hand auf den Mund legte, damit die Nachbarn nicht gleich die Polizei rufen würden.
Ich wehrte mich mit Händen und Füßen gegen ihn, musste mich am Ende aber doch erfolglos geschlagen geben. ,,Warum bist du so stark? Du wiegst noch weniger als ich!'', meckerte ich leise und versuchte meinen Atem zu normalisieren.
,,Stärke hat nicht immer was mit dem Gewicht zutun, Schätzchen....'', grinste Timi, drückte mir einen Kuss auf die Lippen und stieg vom Stuhl herunter. Er streckte mir seine Hand entgegen und sofort zog ich mich an dieser nach oben.
Wir gingen ins Wohnzimmer, tranken noch ein Glas Wasser und gingen ins Bad. Wir putzen uns die Zähne und während Timi sich nochmal auf die Toilette verabschiedete, ging ich schon mal ins Schlafzimmer.
Ich zog mich bis auf die Boxershorts aus, schmiss die Klamotten in den Wäschekorb und sah mich verwirrt um. ,,Timi?'', rief ich nach meinem Freund, der ins Schlafzimmer getreten kam. ,,Ja, Baby?''
,,Wo ist mein Koffer?'', fragte ich mit großen Augen nach und legte den Kopf schief. ,,Zweites Fach, linke Seite, wenn du deine T-Shirts suchst.'', erklärte mir mein Freund lächelnd und zog sich aus.
,,Du hast meine Sachen eingeräumt?'', harkte ich erstaunt nach und holt mir ein Oberteil raus.
,,Na, wenn du schon hier wohnst musst du doch nicht aus deinem Koffer leben, du Trottel!'', lachte Timi und küsste mich.
,,Danke.''
,,Nicht dafür.''
,,Hast du Sack die Woche über eigentlich auf meiner Betthälfte geschlafen?'', fragte mich Timi grinsend, als ich mir das T-Shirt über gezogen hatte. ,,Wie kommst du denn darauf?'', machte ich einen auf ahnungslos und grinste ertappt.
,,Die rechte Seite ist völlig unberührt. Ich kann mich auch nicht daran erinnern, mein Bett so ordentlich verlassen zu haben.'', zuckte mein Freund grinsend mit den Schultern. ,,Ist nur so eine Vermutung.''
,,Das musst du dir wohl einbilden. Warum sollte ich auf deiner Bettseite schlafen, wenn du nicht da bist?'' Ich legte mich zu ihm und fuhr mit den Füßen unter seine Bettdecke, um mich an ihm zu wärmen.
,,Weil du mich vermisst hast und das Alles nach mir riecht?''
,,Sowas würde ich niemals tun.'' Ich zog mir die Decke bis zur Nasenspitzen und war froh, dass wir kein Licht an hatten.
,,Neeeein, bloß nicht!''
,,Du stinkst voll, das will doch keiner riechen...''
,,Hör' auf so frech zu sein!'' Timi fuhr mit seinen Finger unter meine Bettdecke, doch augenblicklich hielt ich diese fest, um mich vor einer weiteren Kitzelattacke zu bewahren.
,,Alles gut?'', fragte er plötzlich ganz besorgt nach und rutschte zu mir unter die Bettdecke. ,,Ja, alles okay...'', lächelte ich und wischte mir die Tränen weg, die mir über die Wangen kullerten.
,,Ich bin nur überwältigt von allem, was heute passiert ist. Meine Abschlussfeier, du bist auf einmal da, der Einzug. Ich kann nicht glauben, dass das wahr ist...'', erklärte ich ihm schüchtern.
,,Ich kann nicht glauben, dass du das so lange mitgemacht hast, dieses ganze Versteckspiel. Andere wären schon längst abgehauen und du bist trotzdem noch da.'', schnaubte ich und Timi lächelte.
,,Wahrscheinlich wäre ich bei anderen Typen auch schon längst über alle Berge gewesen, aber nicht bei so jemanden wie dir.'' Timi streichelte mir durchs Haar und hauchte mir einen kaum spürbaren Kuss auf die Lippen.
,,Ich hab' noch niemanden so sehr geliebt wie dich.'', flüsterte mir Timi ins Ohr. Meine Nackenhaare stellten sich mit einem Mal auf und ein angenehmes Schauer legte sich auf meinen Rücken.
Er könnte mir diese Worte alle fünf Minuten sagen und jedes Mal würde ich nicht glauben, dass sie an mich adressiert waren. Ich wurde sofort roter um meine Wangen und vergrub mein Gesicht in seiner Brust.
,,Ohje...'', lachte Timi und legte die Arme um mich.
,,Habe ich es schon wieder getan?''
,,Jaaa!''
,,Oh Lukas, du bist zum Fressen.'' Timi zog mich auf sich und erdrückte mich halb. ,,Wie kann man so süß sein?'', lachte er und nahm mein Gesicht zwischen seine Hände, um mich mit tausenden Küssen zu überhäufen.
,,Ich liebe dich...'' Timi beugte sich über mich und strich mir über die Wange. ,,Ich liebe dich auch.'' Ich legte meine Hand an seine und fuhr nach oben zu seinem Arm, um zärtlich über diesen zu streicheln.
Ich schlang die Arme um seinen Hals, zog ihn näher zu mir und vereinte unsere Lippen miteinander. Er gewährte sich Einlass in meine Mundhöhle und zufrieden seufzte ich auf, während ich die Finger in seinen Haaren vergrub.
,,Ich hab' mir übrigens die nächsten zwei Wochen frei genommen, beziehungsweise, ich kann von Zuhause arbeiten. Das heißt, ich habe ganz viel Zeit für dich...'', sagte Timi, als ich auf seiner Brust lag und wir gegen die Decke sahen.
,,Wir können morgen zu Ikea, damit du dir die Wohnung noch etwas gestalten kannst. Es soll ja nicht nur nach Timi aussehen.'', schlug mein Freund lächelnd vor und mit großen Augen sah ich zu ihm nach oben.
,,Und wir können ins Kino, in den Park spazieren, Enten füttern, wir machen alles was du möchtest, Baby. Wir können auch...'' Ich unterbrach ihn mit einem Kuss und musste lachen. ,,Du bist süß! Aber hol' mal Luft!''
,,Wir können das Alles ruhig machen, das hört sich schön an...'', lächelte ich, fuhr über seinen Bart und musterte den wunderschönen Mann, der mich in den Armen hielt und mich streichelte.
,,Aber weißt du, was ich jetzt gerne machen würde?'', raunte ich ihm mit heiserer Stimme entgegen und fuhr die feinen Linien seines Brusttattoos nach. Timi schüttelte mit dem Kopf und lächelte mich an. ,,Soll ich es dir zeigen?''
Ohne eine Antwort abzuwarten, setzte ich mich auf und ließ mich rittlings auf ihm nieder. Ich legte meine Hände auf seiner Brust ab und Timi sah mit aufgeregten Augen zu mir nach oben. Ich griff nachdem untersten Saum meines Shirts und zog mir dieses über den Kopf.
Ich ließ es neben das Bett fallen, machte die Haare auf und lächelte ihn an. Timi blieb der Mund offen stehen und seine Augen scannten meinen Oberkörper ab, als würde er ihn zum ersten Mal sehen.
Breit lächelnd beugte ich mich zu ihm herunter, um unsere Lippen miteinander zu vereinen. Timi lächelte zufrieden, legte seine Hand an meine Wange, streichelte über diese und zog mich näher zu sich.
Er stieg sofort auf den Kuss ein, begann seine Lippen langsam auf meinen zu bewegen und leise stöhnte ich auf, als er seine Hände in meine Boxershorts schob und einmal fest an meinem Hintern zu packte.
Vielen Dank fürs Lesen. Ich hoffe, euch hat der OneShot gefallen. :-) ♥
Der OneShot ist inspiriert von dem Kapitel 'Reliance' aus der Geschichte 'Decisions' von . Schaut gerne mal bei der Geschichte vorbei und lasst liebe Grüße da. ♥
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