Die Nachhilfe [2]

-Tims Sicht-

Heute war Mittwoch und ich war die letzten Tage nicht in der Schule gewesen. Einerseits, weil ich ein wenig erkältet bin und anderseits, weil ich, wie immer, keine wirkliche Lust für die Schule auftreiben konnte.
Ein Glück kaufte mir meine Mama meine, nicht mehr allzu schlimme, Erkältung ab und ließ mich sogar hoffentlich noch für den Rest der Woche Zuhause bleiben, obwohl sie so lange ziemlich skeptisch wurde und heute Morgen sogar eine kleine Andeutung darauf gemacht hatte, dass sie mich morgen höchstwahrscheinlich wieder zur Schule schicken würde.
Aber ich konnte nicht zur Schule gehen, weil ich Zeit brauchte, sehr viel Zeit. Ich brauchte einfach noch viel mehr Zeit, um darüber nachzudenken, was das eigentlich zwischen mir und Lukas war, beziehungsweise, wieso ich mich neuerdings so anders in seiner Gegenwart fühlte.
Ich hatte die letzten Tage nämlich nichts anderes gemacht, außer darüber nachzudenken, was mein Körper mir mit diesen ganzen Gefühlen, welche nun einmal nur in Lukas' Gegenwart hatte, sagen wollte. Für mich gab es da leider nur eine pauschale Erklärung, die ich überhaupt nicht akzeptieren und wahrhaben wollte.

Ich konnte mir beim besten Willen überhaupt nicht vorstellen, dass ich mich ernsthaft in Lukas verliebt haben sollte, zumal' er ein Junge ist und ich doch eigentlich vollkommen hetero bin.
Aber konnte man sich vielleicht doch in das gleiche Geschlecht verlieben, obwohl man ganz andere Personen vom gleichen Geschlecht so gar nicht attraktiv fand?
Diese Frage stellte ich mir in den letzten Tagen echt verdammt oft und ich wusste nie so recht, ob das denn einfach so ging, dass irgendwer vom gleichen Geschlecht einfach so in dein Leben tritt und deine Sexualität einfach mal wendete.

Merken Homosexuelle es nicht eigentlich schon früh genug, dass sie auf das gleiche Geschlecht oder auf beides stehen? Gibt es dafür nicht irgendwelche Anzeichen oder wie finden diese das sonst heraus?
Ich hatte davon absolut echt keine Ahnung, weil ich mit so etwas wie Homosexualität noch nie persönlichen Bezug hatte.
Klar, man sah hier und da mal jemanden. Aber ich habe zum Beispiel noch nie persönlich mit einem Schwulen oder einer Lesbe geredet, um herauszufinden, wie diese das bemerkt hatten, dass sie auf das gleiche Geschlecht stehen.

Ich seufzte nur und ließ mich zurück in meine weiche Kissen fallen, um an meine weiße Decke zu starren.
Ich verstand einfach rein gar nichts mehr und wollte nur noch eine Person haben, mit der ich mich über dieses ganze Thema unterhalten und mir vielleicht sagen konnte, was denn nur mit mir los sei und ob ich mich wirklich in Lukas verliebt haben könnte, so wie ich es vermutete.
Aber wen sollte ich da denn bitteschön schon fragen?

Meine Freunde? Nein, das wollte ich auf gar keinen Fall tun, zumal' diese bestimmt, ebenso wie ich, keine Ahnung von diesem Thema hatten und sie bestimmt nur irgendwelche blöde Kommentare von sich geben würden.
Mit Lukas selbst? Nein, das wollte ich so überhaupt nicht tun, weil Lukas einerseits nicht angewidert von mir sein sollte und ich anderseits noch nicht einmal selbst wusste, was das eigentlich alles zu bedeuten hatte.
Mit meinen Geschwistern vielleicht? Das konnte ich jawohl direkt in die Tonne kloppen, weil diese alle noch viel zu jung für so etwas waren und doch noch gar nicht so richtig wussten, was Homosexualität oder allgemein Liebe ist.
Mit meiner Mama? Das könnte ich zwar durchaus tun, aber das wollte ich auf gar keinen Fall machen, weil mir dieses Thema schon ein wenig unangenehm war und ich absolut nicht wusste, was sie eigentlich davon halten würde, wenn ihr Sohn bisexuell oder gar schwul wäre.

Ich zog einmal vollkommen frustriert die Bettdecke über meinen Kopf und stöhnte nur genervt auf.
So langsam wusste ich echt nicht mehr weiter und ich wollte einfach nur noch wissen, was mein Körper mir mit diesen ganzen Gefühlen eigentlich deuten wollte.
Ich hatte diese Gefühle noch nie zuvor bei irgendjemanden gespürt, noch nicht einmal bei einem Mädchen und das verwirrte mich noch viel mehr, als wie es, es eigentlich eh schon tat.
Gab es denn wirklich überhaupt gar keine Person da draußen, welche mir helfen konnte?

Augenblicklich schwirrte mir ein Geistesblitz durch den Kopf und ich setzte mich ruckartig in meinem Bett auf.
Nein, das konnte ich doch nicht tun! Oder vielleicht doch? Nein, was ist, wenn das jemand liest, den ich kenne? Aber im Internet war man doch bekanntlich anonym und solange ich nicht angab, wie ich hieß, wo ich wohne oder gar ein Bild von mir dort hereinstellte, konnte doch niemand wissen, dass das ausgerechnet ich bin.
Und außerdem, wer von meinen Freunden, meiner Familie oder Bekannten würde so etwas im Internet suchen und dann auch noch davon ausgehen, dass ausgerechnet ich das geschrieben habe?! Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand meinen Artikel finden könnte, war ziemlich gering und ich sollte immer noch das Positive an der ganzen Sache sehen, denn vielleicht konnte mir so viel weitergeholfen werden.
Ich mein', da waren doch bestimmt genug Homosexuelle mit genug Erfahrung, die mir vielleicht eine ordentliche Erklärung für all meine verwirrten Gefühle abliefern konnten.
Also ganz so dämlich war diese Idee nun auch wieder nicht und es ist tausendmal besser, als die ganze Zeit nur im Bett herumzuliegen und sich den Kopf über dieses Thema zu zerbrechen, obwohl ich sowieso nie auf einen gemeinsamen Nenner kommen würde, obwohl es im Internet eventuell eine Lösung für mich gab.

Ich schmiss meine Bettdecke zur Seite, schwang die Beine übers Bett und ging dann zu meinem Schreibtisch, um meinen Rechner anzuschalten.
Während dieser hochfuhr, machte ich mir schon Gedanken darüber, was ich im ungefähren schreiben wollte und auf welcher Seite genau ich das tun wollte.
Ich hoffe einfach mal, dass ich geeignete Seite dafür finden würde, welche gut genug für so etwas war und welche sich auch ordentlich mit dem ganzen Thema Homosexualität befasst.
So etwas gab es aber ganz bestimmt, da war ich mir ziemlich sicher.

Als mein PC endlich hochgefahren war, gab ich mein Passwort augenblicklich ein und als mein Desktop, welcher aus diversen Weed-Blättern bestand, erschien, klickte ich sofort auf den Internetbrowser.
Ich gab meine Frage fix in die Suchleiste ein und mir wurden augenblicklich etliche Seite vorgeschlagen, welche sich hauptsächlich um das Thema LGBTQ+ drehten. Ich klickte irgendeine beliebige von diesen an und suchte das Forum, um dort meine Frage hineinzuschreiben.
Ich war verdammt aufgeregt, so wie vor einem Schulvortrag, weil ich ziemlich gespannt darauf war, ob mir überhaupt jemand darauf antworten würde und was genau für Antworten ich eigentlich wohl kriegen würde.

Anonym, 12:22 Uhr:,,Hallo, ich bin siebzehn Jahre alt, ein Junge und habe mich höchstwahrscheinlich auch in einen anderen Jungen verliebt. Wahrscheinlich denkt ihr jetzt, dass das doch überhaupt nichts Spektakuläres ist, aber lasst mich erst einmal den Rest meines Problemes schildern, bevor ihr irgendein Urteil fällt!
Also, seit über einem Monat gibt mir so ein Junge aus meiner Schule nun schon Nachhilfe und wir kommen auch super miteinander zurecht. Es ist wirklich alles perfekt zwischen uns!
Aber seit einigen Woche fühle ich mich plötzlich so anders in seiner Nähe oder wenn ich gar an ihn denke. Ich bekomme meistens immer so ein angenehmes Kribbeln in meinem Bauch, lächel' wie ein Vollidiot vor mich hin und mein Herz fängt augenblicklich damit an, einige Takte schneller zu schlagen.
Anfangs war ich ziemlich verwirrt über die Reaktion meines Körpers und hatte auch keine Ahnung davon, was genau das eigentlich sein konnte. Aber jetzt habe ich eine Zeit lang etwas diskreter über meine Gefühle nachgedacht und bin zudem Entschluss gekommen, dass ich mich eventuell in ihn verliebt haben könnte.
Aber jetzt kommen wir mal zudem Grund, wieso ich das hier überhaupt alles schreibe und dem Internet preisgebe: Eigentlich bin ich der festen Überzeugung davon, dass ich vollkommen heterosexuell bin und rein gar nichts sexuelles von Jungs will. Außerdem finde ich so gut wie keinen anderen Jungen außer ihn attraktiv.
Also nun meine Frage und mein Anliegen: Kann es durchaus möglich sein, dass man nur eine Person vom gleichen Geschlecht anziehend findet und die Anderen eben nicht? Und bin ich überhaupt in diesen Jungen verliebt?
Ich würde mich sehr darüber freuen, wenn ihr mir weiterhelfen könntet und mir sagen könnt', was eigentlich genau überhaupt mit mir los ist.
Vielen Dank!

Mit zittrigen Fingern schickte ich den Beitrag ab, sah nachdenklich auf den Bildschirm, auf dem dieser nun öffentlich lesbar war und seufzte einmal.
Ich hoffte wirklich sehr darauf, dass dort einige vernünftige, hilfreiche Antworten herauskommen und mich ein Stück weiterbringen würden.
Ich schloss den Tab weider, weil ich wusste, dass es noch ein wenig dauern würde und um diese Uhrzeit bestimmt noch nicht so wirklich jemand dort online war, um direkt eine Antwort zu bekommen.

Ich fuhr meinen Rechner wieder herunter und legte mich zurück in mein warmes Bett, um weiterhin nachzudenken.
Doch ich checkte nach Tagen endlich mal wieder ordentlich mein Handy und stellte fest, dass ich nicht allzu viele Nachrichten hatte. Wozu auch?
Lediglich in der Klassengruppe waren einige Nachrichten eingegangen, mein Großvater hatte mir geschrieben und mich gefragt, wie es mir denn so ging und ob ich ihn denn gerne mal wieder besuchen möchte und als ich folgenden Namen las, kribbelte mein ganzer Bauch augenblicklich, ein breites Lächeln zierte mein Gesicht und mein Herz setzte einmal kurz aus, um daraufhin noch ein ganzes Stückchen schneller zu schlagen, da ich eine Nachricht von Lukas erhalten hatte, die ich freudig öffnete.

Lukas, 9:34 Uhr:,,Hey, Tim! :) Ich habe bemerkt, dass du immer noch nicht in der Schule bist und ich wollte nur fragen, wie es dir geht, ob du schon weißt, wann du wieder da bist und ob das mit der Nachhilfe am Freitag noch steht oder ob wir das wieder absagen müssen? :)''
Tim, 12:30 Uhr:,,Hey, Lukas! :) Ach, ich bin soweit eigentlich wieder gesund, nur habe ich nicht so wirklich Lust auf Schule, das ist alles. Aber ich schätze, dass ich morgen oder Freitag wiederkommen werde und das mit der Nachhilfe steht natürlich. ^^''
Lukas, 12:32 Uhr:,,Ach, so läuft der Hase also. :D Gut, dann weißt ich ja Bescheid. Wir sehen uns dann vielleicht morgen oder eben am Freitag! c:''
Tim, 12:34 Uhr:,,Haha, ja. :D Bis morgen oder Freitag dann! :)''

Ich antwortete meinen Großvater noch schnell, las mir ein paar Nachrichten in der Klassengruppe durch und dann legte ich mein Handy wieder weg.
Ich legte mich wieder zurück ins Bett und kuschelte mich in meine warme Bettdecke.
Ach, wie gerne ich doch jetzt Lukas neben mir liegen haben würde. Lukas könnte dann von mir aus auch etwas über die Physik erzählen und ich könnte dann wieder seinem wunderschönen Stimmchen lauschen, seinen wunderschönen Duft einatmen und ich würde einfach nur glücklich darüber sein, dass er jetzt hier war.

An dem Samstag, an welchen wir uns miteinander getroffen hatten, war nicht viel zwischen uns vorgefallen, außer dass wir uns gemeinsam die Vorstellung angesehen hatten und dann bei der Heimreise ein wenig über das Stück geredet haben.
Ich wünschte mir zwar, dass da mehr zwischen uns vorgefallen wäre, aber wie hätte das denn bitteschön funktionieren sollen?! Ich hätte ihn ja nicht einfach so während der Vorstellung oder während der Autofahrt küssen können, das wäre ja total merkwürdig und komisch gewesen.
Wenn ich wirklich in ihn verliebt sein und ihm meine Liebe gestehen sollte, dann sollte dieses Geständnis viel vernünftiger ablaufen und absolut nicht so.
Ich stritt es zwar die ganze Zeit über ab, aber insgeheim hoffte ich ja, dass ich mich wirklich in ihn verliebt hatte, weil diese Gefühle, die er immer wieder in mir auslöste, sich total schön anfühlten und ich dieses Gefühl auch nicht mehr missen möchte.

Ich malte mir noch weitere Szenarien aus, was wohl passieren könnte, wenn ich Lukas meine Liebe gestehen und er diese erwidern würde.
Doch irgendwann schlief ich ein und hatte einen wunderschönen Traum, in welchem Lukas und seine Zunge eine tragende und vor allem sehr wichtige Rolle spielten.
Ach, wie schön wäre es doch, wenn dieser Traum Realität werden würde.

[...]

,,Timi, willst du nicht einmal langsam wach werden?'' Jemand rüttelte an meiner Schulter und ich öffnete ruckartig meine Augen.
Ich sah in das Gesicht meiner Mama, welche mich anlächelte und damit aufhörte, an mir herumzuschütteln.
,,Oh Gott, wie lange habe ich denn geschlafen?'', fragte ich müde nach, wischte mir übers komplette Gesicht und merkte, dass mir meine Brille fehlte. Ich hatte sie zum Schlafen gar nicht abgenommen, weshalb ich verschlafen in meinem Bett umhertastete und sie verzweifelt suchte.
,,Suchst du vielleicht die hier?'', fragte meine Mutter lachend nach und hielt mir meine Brille unter die Nase. Dankend nahm ich diese entgegen und setzte sie auf.

,,Wir haben sechszehn Uhr, mein Spatz. Ich weiß nicht, wie lange du geschlafen hast, aber Randi war eben kurz in deinem Zimmer und hatte mich nur darauf aufmerksam gemacht, dass du immer noch schläfst.'', erklärte mir meine Mutter und ich setzte mich in meinem Bett auf.
,,Ich wollte eigentlich auch gar nicht einschlafen, aber dann ist das doch irgendwie passiert,'' Ich streckte mich einmal ausgiebig und meine Mama ließ sich auf der Bettkante nieder, um mich einmal zu mustern.
Gleich kommt doch irgendwas, diesen Blick kenne ich doch nur zu gut.

,,Und? Geht's dir heute schon wieder etwas besser?'', fragte meine Mama nach und ich nickte augenblicklich.
,,Also denkst du, dass du morgen wieder zur Schule gehen kannst?'' Ich nickte erneut und sie erhob sich wieder von meinem Bett.
,,Gut, dann weiß ich ja Bescheid.'', erwiderte sie grinsend und ging Richtung Zimmertür. Doch noch bevor sie endgültig aus meinem Zimmer trat, drehte sich meine Mutter noch einmal um und ich sah sie fragend und mit schief gelegtem Kopf an.

,,Zwar hat es dir Opa glaube ich schon längst geschrieben. Aber er würde dich echt gerne mal wiedersehen, weil du schon solange nicht mehr bei ihm warst und er dich sehr vermisst. Ich habe ihm zwar mitgeteilt, dass du krank bist und das momentan nicht geht, aber wenn es dir eh schon wieder besser geht, kannst du ihn ja die Tage mal wieder besuchen gehen. Er würde sich bestimmt sehr darüber freuen.'', sagte meine Mama noch und verschwand dann nun endgültig aus meinem Zimmer.
Ich rieb mir noch einmal den Schlaf aus den Augen und sah dann auf mein Handy. Tatsächlich hatte mir mein Opa noch einmal geschrieben und gemeint, dass ich sogar heute noch vorbeikommen könnte, wenn ich mich denn dazu in der Lage fühlte und nichts anderes zutun hatte.
Ich schrieb ihm zurück, dass ich es mir noch überlegen und mich dann bei ihm melden würde, wenn ich zu ihm kommen wollte.
Danach stieg ich aus meinem Bett heraus, um mich wieder an meinen Rechner zu setzen. So langsam musste mir ja mindestens eine Person auf meinen Beitrag reagiert haben.

Ich fuhr meinen Rechner hoch und wurde jetzt schon wieder total hibbelig und aufgeregt.
Ich war echt ziemlich gespannt auf die ganzen Antworten und auf das, was die Leute da so über mich dachten.
Ich gab hektisch mein Passwort ein, sodass es erst beim vierten Versuch mit dem Einloggen klappte. Als mein Desktop dann gerade erst erschien, klickte ich wieder sofort auf den Internetbrowser und auf die Seite von vorhin.
Ich klickte direkt auf meinen Beitrag, welchen ich vor einigen Stunden geschrieben hatte und stellte fest, dass tatsächlich wirklich einige Antworten eingegangen waren.

Butterblume96, 13:02 Uhr:,,Ich würde schon sagen, dass du in ihn verliebt bist, weil dies die bekanntesten Anzeichen dafür sind, wenn man verliebt ist.
AlpakaLover69, 13:06 Uhr:,,Du kannst dich ausschließen von den Heteros, denn du bist definitiv bisexuell oder gar schwul! Du liebst diesen Jungen, aber das ist auch vollkommen OK. :)''

Ungefähr alle Antworten bestanden aus solchen Sätzen und ich war irgendwie auch glücklich und geschockt zugleich darüber, dass es also zu stimmen schien, dass ich mich in Lukas verliebt hatte.
Ich fand es ja zwar auch verdammt schön, aber irgendwie wollte ich mich auch nicht mit diesem Gedanken anfreunden, dass ich wahrscheinlich bi oder eben schwul war. Ich konnte mir einfach echt nicht vorstellen, dass ich einer von dieser Sorte war und ich hatte keine Ahnung warum.
Ich fand es zwar nicht schlimm, wenn jemand das war, aber ich selber wollte das einfach nicht sein. Irgendwie kam ich mir dann so anders vor, wenn ich behauptet, dass ich bisexuell war, obwohl sich eigentlich rein gar nichts an mir dann verändern würde.
Und genau in diesem verzweifelten Moment, in dem ich mich mit mir selber stritt, kam mir eine Antwort entgegen, die diesen Gedanken vielleicht für immer verändern sollte.

BlackAngel.x3, 15:30 Uhr:,,Hey, das ist doch vielleicht mal ein Anliegen, welches ich hier noch nie so gelesen habe!
Also ich würde schon sagen, dass du dich Hals über Kopf in diesen Jungen verknallt hast und das ist auch vollkommen in Ordnung.
Aber wie es den leisen Anschein macht, kannst du das nicht wirklich an dir akzeptieren, beziehungsweise, willst es einfach nicht wahrhaben, dass es nun einmal so ist.
Aber ich will dir mal eines sagen: Red' dir bitte bloß nicht ein, dass es falsch sei, sich in das gleiche Geschlecht zu verlieben, denn das ist es definitiv nicht. Du bist weder verwirrt, noch sonst irgendwas - du bist lediglich einfach nur verliebt.
Ich weiß, es ist nicht leicht sich damit abzufinden, dass eben auch auf das gleiche Geschlecht steht. Aber glaub' mir, irgendwann wird das vollkommen normal für dich sein und du wirst dich wohl damit fühlen, dass du zu dir stehst und es nicht ständig vor dir weg pushst und zu dir sagst.,,Nein, das bin ich nicht und ich will das auch nicht sein!''
In genau deinem Alter habe ich mich auch in ein Mädchen, meine beste Freundin um genau zu sein, verliebt und wollte das ebenfalls nicht ganz wahrhaben. Aber weißt du, heute bin ich schon 33 Jahre alt, habe ich wundervolle Ehefrau, zwei tolle Kinder und bin ziemlich froh darüber, dass ich damals zu mir selbst gestanden habe und das Alles überhaupt zugelassen habe.
Heutzutage weiß ich, dass ich nie im Leben so glücklich mit einen Mann an meiner Seite geworden wäre und vertrau' mir, irgendwann wird es dir vielleicht auch genauso gehen.
Ich hoffe sehr für dich, dass du das irgendwann genauso akzeptieren wirst und eventuell sogar mit diesem Jungen oder einem Anderen zusammenkommen und glücklich sein wirst. Ich wünsche mir nur das Beste für dich und deine weitere Zukunft! :)''

Völlig baff von dieser Antwort, lehnte ich mich in meinem Schreibtischstuhl zurück und las mir diese Antwort noch ein paar Mal mehr durch. Doch desto mehr ich mir diesen Text durchlas, desto mehr gab ich ihr Recht.
Es war doch überhaupt nichts falsch daran, wenn ich vielleicht schwul oder eben bisexuell war. War denn nicht die Hauptsache, dass ich glücklich damit bin? Ich mein', auch wenn ich diese Neigungen noch nie zuvor bei einem anderen Jungen gespürt habe, kann ich diese doch jetzt ruhig bei Lukas haben, oder?!
Diese Frau war doch nun jetzt auch glücklich verheiratet und ich könnte dieses Glück irgendwann auch haben und mit wem ich das haben würde, war doch vollkommen egal. Ist doch scheiß egal, ob ich nun 'nen Mann oder 'ne Frau an meiner Seite habe, denn solange ich damit glücklich bin, war doch alles vollkommen in Ordnung und OK.
Ich musste mich doch nicht selbst belügen, indem ich meine Gefühle gegenüber Lukas nicht zuließ und mir stattdessen irgendein Mädchen suchte und mich dann in mein eigenes Unglück stürzen würde. Dann ich liebe ich halt eben einen Jungen, na und?!

Ich seufzte einmal laut auf und schloss den Tab wieder. Ich stützte mich mit meinem Ellbogen am Schreibtisch ab und starrte meinen Hintergrund an.
Klar, in diesem Forum hatte ich einige gute Antworten bekommen und sie hatten mich nun gut genug in dieser ganzen Sache bestätigt. Aber trotz alldem wollte ich immer noch eine Person haben, mit der ich persönlich über das Alles reden konnte und diese Person sollte auch jemand sein, welche mich ziemlich gut kannte und mich in dieser Hinsicht auch ziemlich gut einschätzen konnte. Ich konnte mir ja auch irgendwas zusammenspinnen.
Einfach jemand, der mich deswegen nicht verurteilen würde und mir sogar einen guten Ratschlag dabei geben konnte.

Augenblicklich schwirrte mir wieder ein Geistesblitz durch den Kopf und ich schlug mir mit meiner flachen Hand einmal kräftig gegen die Stirn, weil ich mich selbst fragte, wieso ich nicht schon viel früher auf diese Idee gekommen bin. Ich konnte doch mit meinem Großvater darüber reden!
Er würde mich ganz sicher nicht deswegen diskriminieren und würde mir höchstwahrscheinlich sogar noch einige gute Weisheiten mit auf meinen weiteren Weg geben.
Ich konnte mit meinem Opa so gut über alle möglichen Themen reden. Also wieso dann nicht auch darüber?
Zwar würde es mir bestimmt ziemlich schwer fallen, mit dem Eigentlichen erst einmal herauszurücken. Aber ich denke, dass es so schrecklich gar nicht erst werden würde.

Ich fuhr meinen PC mal wieder herunter und ging zu meinem Handy, um meinen tollen Opa anzurufen.
Er wollte mich ja schließlich sowieso eh wiedersehen und das Angebot für heute stand ja auch noch. Also konnte ich dieses ja auch ruhig nutzen.
Und außerdem wollte ich meinen Großvater auch unbedingt mal wiedersehen, weshalb es also einen Vorteil für uns beide hätte.

Mein Großvater nahm augenblicklich ab und wir machten schnell eine Uhrzeit aus, wann ich ungefähr bei ihm sein würde und er erzählte mir ziemlich glücklich davon, wie sehr er sich schon auf den Besuch von mir freute.
Als das Telefonat dann beendet war, starrte ich lächelnd auf den Bildschirm und begann auch schon sofort damit, mich fertigzumachen.
Dann sagte ich meiner Mama noch fix Bescheid und als diese dann auch fertig war, fuhren wir auch schon von Zuhause los und zu meinem Opa nach Hause.

[...]

,,Du rufst an, wenn du abgeholt werden möchtest und bleibe ja nicht so lange. Ich weiß, du und Opa, ihr beide habt euch verdammt lange nicht mehr gesehen und habt euch sicherlich viel zu erzählen, aber du musst morgen schließlich noch wieder zur Schule und die halbe Nacht werde ich dich ganz bestimmt nicht abholen. Ich muss morgen schließlich noch zur Arbeit und du zur Schule und ihr habt ja noch die Möglichkeit, euch am Wochenende zu sehen und da darfst du dann auch ruhig etwas länger da bleiben - solange wie du willst.'', sagte meine Mama eindringlich, als ich aus ihrem Wagen stieg.
,,Das weiß ich doch alles selber, Mama!'', erwiderte ich nur etwas genervt und verdrehte einmal die Augen.
Ich hatte auch nie vorgehabt, mich erst mitten in der späten, kühlen Nacht abholen zu lassen, weil mir die eben erst genannten Punkte meiner Mutter durchaus auch selber bewusst waren.

,,Spätestens um 22 Uhr hole ich dich von hier wieder ab.'', redete sie weiterhin auf mich ein und ich stöhnte einmal völlig genervt auf.
,,Mama, ich habe das doch jetzt alles verstanden!'' Ich schloss die Autotür und meine Mama fuhr kurz darauf, dass Fenster der eben erst geschlossenen Tür wieder herunter.
Was sollte das denn jetzt? Hatte ich die Autotür etwa zu laut geknallt?

,,Was denn noch?'', fragte ich vollkommen ungeduldig und genervt zugleich nach, weil ich unbedingt meinen Großvater wiedersehen wollte.
,,Grüßt du Opa bitte noch ganz lieb von mir?'', fragte sie lächelnd und ich nickte zustimmend.
,,Gut, dann bis heute Abend! Hab' dich lieb, mein Schatz!'' Meine Mama warf mir einen Luftkuss zu, fuhr das Autofenster wieder nach oben, startete den Motor und fuhr daraufhin wieder los.
Als ich das Auto meiner Mama nicht mehr sah, ging ich noch ein Stückchen weiter durch das extrem hohe Gras, welches mich zudem Haus meines Großvaters führen würde.

Als ich es schon vom Weitem sah, wurde mir augenblicklich komplett warm ums Herz und ich begann zu lächeln.
Ach ja, ich hatte schon glatt vergessen, wie sehr ich das Haus meines Opas eigentlich liebte. Das Haus meines Großvaters war sehr weit abgeschottet, sodass hier verdammt selten eine Menschenseele entlang kam.
Höchstens wenn sich Leute in diesem Wald ganz in der Nähe verirrt hatten, sah man hier mal ein paar unbekannte Gesichter, aber ansonsten so gut wie nie.

Ich musste schon zugeben, dass ich manchmal ein wenig neidisch auf das Haus meines Opas war und mir wünschte, dass ich ebenfalls irgendwann mal so leben könnte.
Es war wunderschön hier und ich glaube, jeder Mensch, der die Natur oder allgemein die Ruhe liebte, würde es hier sicherlich ebenfalls lieben.
Vielleicht habe ich ja irgendwann auch mal so ein Haus wie mein geliebter Opa oder ich erbe seines, falls er irgendwann nicht mehr unter uns sein sollte, was ich natürlich nicht so schnell hoffe, da ich meinen Großvater über alles liebe und er einer der wichtigsten Menschen in meinem gesamten Leben ist.

Ich ging die Treppen hoch und wurde direkt freudig von seinen beiden Katzen begrüßt, welche er sich vor ein paar Jahren mal zugelegt hatte, als meine Oma verstorben war.
Mein Opa hatte sich die beiden eigentlich nur geholt, damit er nicht ständig so alleine ist und wenigstens etwas um sich herum hatte, da meine Familie leider nicht jeden Tag vorbeischauen konnte, auch wenn wir das so gerne wollten.
Wir hatten ihm zwar schon oft vorgeschlagen, sich einfach eine Wohnung in Bielefeld zu nehmen und nur ab und zu zu diesem Haus zu fahren, aber das wollte er nicht und deswegen hatte er sich diese beiden Katzen eben geholt.

Zwar waren Katzen nicht gerade die idealsten Haustiere dafür, damit man sich nicht mehr allzu alleine fühlte, weil sie ja ihre eigenen Persönlichkeiten hatten und lediglich nur dann ankamen, wenn sie eben Lust auf einen hatten, aber das war meinem Großvater vollkommen Recht.
Er wollte nämlich keinen Hund haben, weil ihm dieses Tier viel zu anstregend wäre und er gar nicht die nötige Zeit dafür finden würde, sich mit diesem intensiv zu beschäftigen und zu spielen.
Also waren diese beiden Katzen wirklich die perfekten Haustiere für ihn und solange er sich damit nicht ganz so alleine fühlte, fand ich das auch vollkommen OK.
Ich glaube, wenn ich irgendwann mal eine eigene Wohnung oder gar ein eigenes Haus haben sollte, dann würde ich mir wahrscheinlich auch eine Katze anschaffen oder eventuell auch einen Hund oder vielleicht sogar beides, wer weiß.

Ich klopfte an der Haustür meines Opas, die augenblicklich geöffnet wurde und ich kurz darauf in eine feste Umarmung meines Großvaters gezogen wurde, bei der er mich halt erdrückte.
Wir lösten uns kurz darauf voneinander und ich rang nach Luft, weil mein Opa mir so dermaßen die Lunge zerquetscht hatte, sodass ich mein Leben sogar einmal kurz an mir vorbeiziehen gesehen habe.
Großeltern halt.

,,Hey, Timi!'', begrüßte mich mein Großvater lächelnd.
,,Hey, Opa!'', begrüßte ich ihn ebenfalls lächelnd zurück und er musterte mich einmal.
,,So krank siehst du ja gar nicht aus. Deine Mama hatte dich viel schlimmer am Handy beschrieben.'', kommentierte mein Opa dann mein Aussehen, nachdem er mich begutachtet hatte.

,,Ja, eigentlich war ich auch nicht so wirklich krank. Also, schon etwas, aber eigentlich hatte ich wieder keinen Bock auf Schule und wollte deshalb nur Zuhause bleiben.'', nuschelte ich nur und sah auf den Boden.
Ich wollte bloß nicht wissen, was mein Opa darüber dachte, dass ich mal wieder nicht zur Schule gegangen bin, nur weil ich einfach keinen Bock darauf hatte.
Schule war allgemein so ein Thema, worüber ich nicht so gerne mit ihm sprach und das berücksichtige er auch sehr. Aber dennoch kam es nicht gerade selten vor, dass er mich darauf ansprach, weil es eben auch ein wichtiger Teil meines Lebens war.

,,Ach, diese Leier wieder. Timi, ich weiß zwar, dass du nicht gerade gerne in die Schule gehst, aber ebenso weißt du auch, dass sie wichtig für dein späteres Leben ist. Lass' das aber bloß nicht wieder zur Gewohnheit werden, schließlich willst du die zehnte Klasse nicht noch einmal wiederholen, oder?!'' Mein Opa legte mir seine Hand auf die Schulter und ich sah zögerlich wieder zu ihm hoch.
Ich nickte nur betrübt und er strich mir einmal über die Schulter.
Mein Großvater hatte ja schon Recht mit dem, was er da eigentlich sagte und ich verstand das ja auch vollkommen. Nur änderte dies auch nichts an meiner nicht vorhandenen Motivation für die Schule.

,,Na ja, das wird schon wieder und ich werde dir deswegen auch keine weiteren Vorwürfe machen. Schieben wir dieses Thema einfach beiseite und ich koch' dir 'nen Tee. Du hast mir doch sicherlich einiges zu erzählen, oder Timi?'', fragte mein Großvater nun in einer fröhlicheren Tonlage und ich nickte sofort grinsend. Und wie ich das hatte.
,,Da bin ich aber mal ganz gespannt drauf.'', zwinkerte mir lachend zu und dann gingen wir auch schon gemeinsam in die Küche, wo ich mich sofort auf einen der bequemen Küchenstühle niederließ. Der Weile schaltete mein Opa den Wasserkocher an und machte mir einen Tee fertig.
Schon seitdem ich überhaupt denken konnte, hatte ich so gut wie immer, wenn ich bei meinem Großvater zu Besuch war, Tee getrunken. Eigentlich trank ich Tee gar nicht so gerne und vermied diesen oft. Aber wenn mein Opa ihn machte, dann liebte ich dieses Getränk urplötzlich. Ja, der Tee meines Großvaters war absolut der Beste auf der ganzen weiten Welt.

,,Deine Mama hat mir erzählt, dass du jetzt Nachhilfe nimmst.'', fing mein Großvater eine Konversation mit mir an und drehte sich zu mir.
,,Ja, seit über einem Monat schon, in Physik.'', berichtete ich ihm und lächelte noch viel breiter, weil ich dabei indirekt an Lukas denken musste.
Ah, ich hoffte so sehr, dass ich ihn morgen in der Schule endlich wiedersehen würde und wir eventuell kurz miteinander reden könnten. Ich musste seine Stimme endlich mal wieder hören.

,,In Physik also. Hilft das denn auch?'', fragte er weiter nach und kippte das heiße Wasser in eine Tasse, welche ich meistens immer bei ihm nahm.
,,Ja total, ich habe in der letzten Arbeit sogar eine zwei geschrieben und ohne diese Nachhilfe hätte ich höchstwahrscheinlich wieder 'ne fünf oder im schlimmsten Fall sogar 'ne sechs geschrieben.'', erklärte ich ihm, mein Großvater stellte die dampfende Tasse vor mir ab und lächelte mich augenblicklich ziemlich stolz an.
,,Das höre ich doch gerne, Timi. Da kannst du aber echt ziemlich stolz auf dich sein, denn eine zwei ist doch auch ganz gut.'', erwiderte er darauf lächelnd und ließ sich auf dem Küchenstuhl mir gegenüber nieder.
,,Bin ich auf jeden Fall auch.'', grinste ich und spielte mit dem Teebeutel etwas herum, da mein Tee noch ein wenig ziehen musste.

,,Und wie ist dieser Junge so, mit dem du das machst? Kommst du auch gut klar mit ihm?'', fragte mein Opa vollkommen neugierig nach. Ich mochte es so gerne, dass sich mein Großvater so für mich interessierte.
,,Ja, ich komme sehr gut zurecht mit ihm und ich mag ihn auch echt verdammt gerne.'', antwortete ich lächelnd und mein Bauch begann augenblicklich zu kribbeln, als ich an Lukas dachte.
,,Das ist aber eine wirklich schöne Nachricht - sowas bekommt man doch gerne zu Ohren.'', lächelnd stand er auf, um an den Schrank zu gehen, in dem seine ganzen Süßigkeiten drin waren und welchen ich als kleines Kind so oft heimlich geplündert hatte.

,,Ich muss zugeben, Timi, ich habe das mit der Nachhilfe Anfangs etwas skeptisch betrachtet, als mir deine Mama davon erzählt hatte, weil du manchmal ziemlich faul und gleichgültig sein kannst.'', gab mein Großvater ehrlich zu und kramte in dem Schrank herum und ich hörte einige Tüten rascheln.
,,Aber ich weiß genauso gut auch, dass du, wenn du es denn auch willst, ziemlich disziplinierst sein kannst.'', fügte er noch hinzu, steckte seinen Kopf aus dem Schrank heraus, schloss diesen daraufhin wieder und packte mir eine Tafel von meiner Lieblingsschokolade vor die Nase. Freudig öffnete ich die Packung und stopfte mir ein Stück in den Mund.
,,Ich wollte ja auch Anfangs keine Nachhilfe nehmen und ich habe das die ganze Zeit über abgestritten. Aber dann hat Mama noch einmal ordentlich mit mir darüber geredet und mir das Alles noch einmal genauer erklärt, sodass ich der ganzen Sache doch eine Chance gegeben habe. Und ich mein', ich komme ja auch ziemlich gut mit diesem Jungen zurecht und er erklärt mir den Stoff auch ziemlich gut, sodass es zugegebenermaßen sogar echt verdammt viel Spaß macht, mit ihm zusammen zu lernen.'', erwiderte ich mit vollem Mund auf seine Beichte hin und wieder kribbelte es einmal ganz angenehm in meinem Bauch.

Als ich meine Tafel Schokolade schon halb aufgegessen hatte und gerade genüsslich einige Schlucke meines Tees trank, kam eine Frage von meinem Opa, welche mir zu diesem Zeitpunkt echt verdammt unangenehm und peinlich war.
,,Wie läuft es eigentlich in der Liebe so, Timi?'', fragte mich mein Opa lächelnd und ich verschluckte mich augenblicklich an meinem Tee. Ich setzte die Tasse sofort ab und bekam einen kleinen Hustenanfall.
Ich wurde gerade wieder daran erinnert, dass ich nicht nur hier war, um mit meinem Großvater etwas Zeit zu verbringen, sondern dass ich mit ihm noch über eine ganz bestimmte Sache reden wollte - und diese Sache hatte er sogar gerade halbwegs angeschnitten.
Ich klopfte mir einmal kräftig gegen die Brust und beruhigte mich so langsam wieder von meinem kleinen Hustenanfall.
Mein Opa sah mich nur mit schief gelegtem Kopf an und meine Hände begangen augenblicklich zu schwitzen.

Oh Gott, wie fange ich denn bloß damit an? Ich hatte echt überhaupt keine Ahnung davon, wie man mit so etwas überhaupt anfing.
Hielt man erst einen stundenlangen Monolog über Homosexualität und sagte dann, dass man ebenfalls dazu gehörte oder rückte man einfach direkt mit der Sprache heraus und rechtfertige sich dann?!
Wirklich, ich wusste absolut nicht, wie ich mit diesem Thema überhaupt anfangen sollte, da ich es nie in meinem jungen Leben für möglich gehalten hätte, dass so ein Coming-Out überhaupt auch irgendwann mal mich betreffen könnte.

,,Timi, ist alles OK mit dir?'', fragte mich mein Großvater vollkommen besorgt und ich sah nur in meine halb volle Tasse, in der Hoffnung, dass dort ein geeigneter Satz drin stehen würde, mit dem ich dieses Thema begingen könnte.
,,Ähm...also...'', fing ich an, doch brach sofort wieder damit ab und wischte mir stattdessen meine nassen Hände an meiner Jenas ab. Ich glaube, dass war das allererste Mal in meinem gesamten Leben, dass ich mich vollkommen nervös und unwohl in der Gegenwart meines Großvaters fühlte.
Normalerweise konnte ich mit meinem Opa sonst über alle möglichen Sachen reden, doch bei dieser Sache konnte ich seine Meinung absolut nicht einschätzen. Wir hatten noch nie über das Thema Homosexualität gesprochen, weil er höchstwahrscheinlich davon ausging, dass dies nie bei mir zu treffen könnte.

Ich wusste absolut nicht, ob mein Großvater der ganzen Sache total tolerant gegenüber stand oder ob er das einfach nur total ekelhaft fand, wenn sich zwei Männer oder zwei Frauen küssten oder eben liebten.
Wäre es dann vielleicht nicht eine gute Idee, wenn ich ihn einfach mal fragte, was er im Allgemeinen so von Homosexualität hält?
Wenn ich ihn das Fragen würde, dann würde ich doch ganz genau wissen, wie mein Opa dazu stand und dann könnte ich mir auch noch einmal überlegen, ob ich ihm das erzählte oder eher nicht.

Ich wollte mir am liebsten gerade einen Facepalm geben, weil mir diese Idee nicht schon viel früher in den Sinn gekommen war, obwohl sie doch eigentlich so verdammt offensichtlich war.
Denn ich saß hier momentan wie der letzte Vollidiot vor meinem Opa und jetzt müsste er erst recht bemerkt haben, dass ich wegen etwas ganz speziellem hier bin und nicht einfach nur so.
Und genauso gut weiß ich auch, dass mich mein Großvater erst dann wieder gehen lassen würde, wenn ich ihm davon erzählte, was genau mich denn in letzter Zeit so genau beschäftigte.

,,Äh...Opa? Was hältst du eigentlich davon...ähm...wenn jemand s-schwul oder...äh...lesbisch ist?'', fragte ich so leise nach, sodass mein Opa wahrscheinlich nur vereinzelte Silben gehört haben sollte.
Zögerlich sah ich zu ihm auf und blickte in da vollkommen verwirrte Gesicht meines Großvaters.
,,Was soll ich denn schon davon halten, Timi? Das sind doch genauso normale Menschen wie du und ich.'', erwiderte er immer noch verwirrt darauf und beugte sich etwas weiter zu mir.

,,Also...ähm...du findest es also nicht schlimm...a-also...wenn sich zwei Männer oder zwei Frauen...halt... küssen?'', fragte ich unsicher nach und nahm einen riesigen Schluck meines nicht mehr ganz so heißen Tees.
,,Natürlich nicht! Da ist doch überhaupt nichts Verwerfliches dran.'' Mein Opa sah mich nur immer noch vollkommen perplex an und musterte mich nun etwas genauer, sodass ich die Ärmel meines Pullis über meine eh schon schwitzigen Hände zog und mich am liebsten wie eine Schildkröte in diesem Teil verstecken wollte.
Ich habe mich noch nie so verdammt unsicher und unwohl in meinem gesamten, jungen Leben gefühlt.

,,Worauf möchtest du denn hinaus, Timi? Und sag' mir bitte nicht, dass du dieses Thema einfach nur so angesprochen hast, denn du sprichst Themen nie einfach nur so an. Also, sag' mir schon, warum wolltest du meine Meinung ausgerechnet dazu wissen?'', fragte mich mein Großvater eindringlich, aber sah mich aufmunternd lächelnd an.
Dieser Mann kannte mich einfach viel zu gut, sodass dem Thema ausweichen, nun überhaupt gar keine Option mehr war.
Scheiße, wie redete ich mich denn da jetzt nur heraus! Oder sollte ich es ihm doch endlich sagen, dass ich auf einen Jungen stand?

Wir schwiegen eine Zeit lang miteinander und in dieser Zeit machte mir mein Opa noch einen Tee.
Ich hatte absolut keine Ahnung davon, ob ich ihm nun sagen sollte, dass ich mich in einen Jungen verliebt hatte. Klar, wie es den Anschein machte, sah er an Homosexualität nichts Schlimmes. Aber das musste ja noch lange nicht heißen, dass er dies dann auch ausgerechnet bei mir akzeptierte.
Vielleicht dachte er sich ja auch, dass jeder dem es gefiel, dies auch tun sollte, aber er eben nicht möchte, dass so etwas in seiner Familie existierte. Auch, wenn dieser Gedanken verdammt dumm war, malte ich mir momentan echt das Schlimmste aus.

Aber warum sollte mein Opa etwas dagegen haben, wenn ich einen Jungen liebte?
Ich mein', er hatte es selbst akzeptiert, dass ich Drogen nehme. Auch wenn er es nicht duldete, dass welche in sein geliebtes Eigenheim gelangten, hatte er es dennoch, mehr oder weniger, akzeptiert.
Und Drogen waren nun jawohl weitaus schlimmes als Liebe. Also, warum sollte mich mein Großvater ausgerechnet dann hassen, wenn ich einfach nur jemanden liebe? Das wäre jawohl der größte Schwachsinn, den ich je hören würde.

Mein Großvater stellte die dampfende Tasse vor mir ab und sah mich daraufhin ganz erwartungsvoll an.
Ich wusste, dass er solange schweigen würde, bis ich die Stille zwischen uns brechen würde, das war nämlich schon immer so gewesen. Mein Opa berücksichtigte es so gut wie immer, wenn ich etwas länger brauchte, ehe ich ihm etwas beichtete.
Er gab mir immer genug Zeit, auch wenn es manchmal Wochen dauerte, ehe ich mit Sprache herausrückte. Wenn ich meine Zeit brachte, dann verstand er dies vollkommen und ließ das Thema dann auch erst einmal ruhen, bis ich es wieder anschnitt.
Aber dieses Thema wollte ich jetzt nicht ruhen lassen, sondern ich wollte es ihm jetzt sofort sagen. Ich wollte doch die letzten Tage ständig unbedingt eine Person haben, mit der ich mich über das Alles hier unterhalten konnte. Und wer wäre dafür eigentlich besser geeignet, als mein eigener Großvater?
Ich atmete einmal geräuschvoll die Luft aus und spielte wieder mit dem Teebeutel, da der Tee noch etwas ziehen musste.

,,Opa?'', brach ich nun die Stille endlich zwischen uns und er sah mich immer noch vollkommen erwartungsvoll und besorgt zugleich an.
Ich nahm einen Schluck von dem noch viel zu heißen Tee, schloss einmal die Augen und sprach dann endlich das aus, was mir schon so verdammt lange auf dem Herzen lag und weshalb ich eigentlich unter anderem hier war.
,,I-Ich...also...ich...ich habe m-mich...in einen...J-Jungen...v-verliebt.'', beichtete ich ihn leise stotternd und öffnete langsam wieder die Augen.

Ich sah in das vollkommen neutrale Gesicht meines Großvaters und erkannte in seinem Gesicht überhaupt gar nichts - keine Emotionen, nichts.
Mein Opa sah mich einfach nur mit vollkommen neutraler Meine an und das machte mich selbst noch viel nervöser, als wie ich es eh schon war.
Ich wusste, ich hätte dieses Thema nie erwähnen sollen, denn jetzt hasste mich mein Opa sicherlich. Mir hätte es doch schon von vornherein klar sein müssen, dass mein Großvater keinen Homo in seiner Familie haben wollte.

Ich wusste nicht, wie lange wir wieder miteinander schwiegen, doch für mich waren es die qualvollsten Minuten meines Lebens.
Ich wollte einfach nur noch, dass mein Opa etwas zu meiner Beichte erwiderte.
Ich wollte nur noch wissen, ob er dieser ganzen Sache eher positiv oder eher negativ gegenüberstand.

Ich nahm den allerletzten Schluck meines Tee und rutschte einmal völlig ungeduldig und nervös zugleich, auf dem Küchenstuhl hin und her.
Ich wusste echt nicht so recht, ob mein Großvater das erst einmal richtig verarbeiten musste oder einfach nicht die richtige Worte dafür fand um mir zu sagen, was er eigentlich von dieser ganzen Sache im Allgemeinen hielt. Oder mein Opa überlegte gerade, wie er mich am Sanftesten hier heraus schmiss und mir erklärte, dass er aufgrund meiner Sexualität nichts mehr mit mir zutun haben wollte.
Die letzte Variante wollte ich definitiv nicht erleben, weil dies für mich die reinste Folter wäre.

,,Timi, bitte sieh' mich an.'', hörte ich die Stimme meines Großvaters plötzlich und ich tat wie befohlen.
Ich erkannte immer noch überhaupt gar keine Emotionen in seinem Gesicht und auch aus seiner Stimmlage konnte ich nicht heraushören, wie er sich momentan fühlte. Er war vollkommen neutral, so als würde er ein total emotionsloser Mensch sein, der überhaupt keine Art von Gefühlen verspüren konnte.
,,Timi, ich finde es überhaupt nicht schlimm.'', rückte mein Opa endlich mit der Sprache raus und lächelte mich augenblicklich wieder an.

,,Wirklich nicht?'', harkte ich unsicher nach und er schüttelte sofort mit dem Kopf.
,,Timi, ich habe dich schon immer so geliebt, so wie du nun mal bist und ich wollte auch nie, dass du dich irgendwie veränderst. Und ich werde dich doch jetzt nicht hassen, nur weil du dich in einen Jungen verliebt hast. Timi, Gefühle sucht man sich nun mal nicht aus, sondern sie tauchen einfach so auf und man kann rein gar nichts daran ändern. Klar, man kann diese verdrängen, aber dies ist überhaupt gar keine gute Lösung, sondern macht es meistens noch viel schlimmer. Es ist überhaupt nichts falsch daran, dass du dich in einen Jungen verliebt hast. Ehrlich, es ist vollkommen OK - auch für mich. Weißt du, man verliebt sich immer noch in den Menschen an sich und nicht in das Geschlecht. Wenn du diesen Jungen halt verdammt gerne magst, dann spielt das, was sich da untenrum abspielt, überhaupt gar keine tragende Rolle. Timi, ich liebe dich immer noch genauso so sehr wie ich es vorher auch getan habe und daran wird deine sexuelle Orientierung rein gar nichts ändern.'', lächelte mein Großvater, legte nach seiner Rede seine Hand auf meine und mir fiel ein unfassbarer Stein vom Herzen.
Mein Opa hatte es akzeptiert, dass ich mich in einen Jungen verliebt habe und positiver hätte seine Reaktion gar nicht sein können!
Ich stand augenblicklich auf, ging zu meinem Opa und fiel ihm um den Hals.

,,Danke.'', flüsterte ich in sein Ohr und mein Opa drückte mich noch viel fester an sich.
,,Ich könnte dich doch nie in meinem Leben hassen, mein Timilein.'', flüsterte er zurück und mein Lächeln wurde noch viel breiter.
Ich war in diesem Moment so unfassbar glücklich, sodass es mich gar nicht störte, dass mein Großvater mich wieder halb zerquetschte.

Ich löste mich wieder von meinem Opa und dieser lächelte mich glücklich an.
Ich setzte mich wieder zurück auf meinen Platz und war einfach so erleichtert über seine Reaktion.
All die negativen Dämonen, welche gerade noch in mir geherrscht hatten, wurden Dank der tollen Reaktion meines Großvaters weggetrieben.

,,Wer ist denn eigentlich der Glückliche? Darf ich das auch wissen?'', fragte mein Opa neugierig nach und schnappte sich wieder meine Teetasse. Er sah mich fragend an und ich nickte augenblicklich.
,,Es ist der Typ, der mir Nachhilfe gibt.'', lächelte ich schief und sah daraufhin auf den Boden.
,,Ach so, interessant, erzähl' mir mehr.'', erwiderte mein Großvater grinsend und schaltete den Wasserkocher an.

,,Ähm...also...er heißt Lukas und ist zwei Jahre jünger als ich. Aber er ist für sein Alter schon so reif und man kann sich richtig gut mit ihm unterhalten. Und er ist so hübsch. Opa, wenn du nur seine schönen Augen sehen würdest, dann würdest du dich bestimmt auch direkt in ihn verlieben. Seine sind so blau-grün und sie erinnern mich immer an ein ruhiges Meer, an welchem ich stundenlang sitzen und einfach nur den Wellen horchen könnte. Und seine Stimme ist wie Musik in meinen Ohren. Man hört zwar extrem raus, dass er noch etwas im Stimmbruch ist, aber dennoch klingt sie wunderschön und ich könnte ihn am liebsten den ganzen Tag über beim Reden zu hören. Und seine Hände die...äh...'' Ich brach vollkommen verlegen mit meiner Schwärmerei über Lukas ab und lief augenblicklich einmal knallrot an, weil mir das erste Mal so richtig bewusst wurde, wie krass ich eigentlich über Lukas schwärmte.
Normalerweise passierte dies ja nur in meinen Gedanken, aber jetzt hatte ich sie mal laut ausgesprochen und das dann auch noch ausgerechnet vor einer ganz anderen Person.
Ich sah peinlich berührt zu meinem Opa, der mich breit anlächelte und kurz auflachte, als er meine ganz geröteten Wangen sah.

,,Ach Gott, du scheinst dich ja wirklich richtig krass in diesen Lukas verschossen zu haben.'', erwiderte mein Großvater darauf lächelnd und stellte die Tasse vor mir ab.
Danach ließ er sich wieder auf seinem Stuhl nieder und lächelte mich einfach nur vollkommen breit an.
,,Hast du denn vielleicht auch ein Foto von ihm?'', fragte er neugierig nach und ich nickte augenblicklich. Selbstverständlich hatte ich das!

Ich zog mein Handy aus der Hosentasche, entsperrte dieses und ging auf meine Galerie, wo ich einige Fotos von Lukas abgespeichert hatte.
Ich hatte vor ein paar Tagen mal sein Facebook-Profil gestalkt und mir jedes einzelne Foto von ihm abgespeichert, welches er dort hochgeladen hatte, weil ich ihn nun mal so unfassbar schön fand und diese Schönheit nicht nur bei der Nachhilfe, zweimal die Woche, bewundern wollte.
Ich reichte meinem Opa das Handy und er sah sich interessiert einige Fotos von Lukas an.

,,Lukas sieht schon ziemlich nett aus und hübsch isser auch, das muss ich zugeben.'' Mein Großvater gab mir mein Handy wieder und lächelte weiterhin an.
Ich nickte nur zustimmend und steckte das Smartphone wieder zurück in die Hosentasche.
,,Es ist echt schön zu sehen, wie verliebst du bist. Man merkt förmlich, wie dir dieser Kerl den Kopf verdreht hat.'', meinte er lachend und damit hatte mein Opa durchaus recht. Das war das erste Mal in meinem Leben, dass ich so wirklich verliebt in jemanden war.

,,Ja, das hat er wirklich geschafft. Ich hätte auch nie gedacht, dass ich mich je in einen Jungen verlieben könnte, dass ist noch alles so neu für mich.'', gab ich zu und mein Opa nickte verstehend.
,,Natürlich fühlt sich das erst einmal total anders an, wenn man plötzlich auf das gleiche Geschlecht steht oder realisiert, dass man auch an Jungs Interesse hat. Aber Timi, das ist völlig in Ordnung, dass du das tust. Und wenn Leute meinen, dass es falsch sei, dann höre bloß nicht auf diese, weil diese Personen einfach nur hängengebliebenen und dumm sind. Es ist vollkommen OK, dass du ihn liebst und wenn Leute etwas dagegen haben, dann ist das nicht dein Problem, denn du machst alles richtig. Was zählt ist, dass du es lernst zu akzeptieren und deine Gefühle nicht verdrängst, sondern sie zulässt.'', erklärte mir mein Großvater noch einmal und dieses Mal nickte ich verstehend.
,,Ja, ich lerne auch so langsam, das nach und nach zu akzeptieren. Klar, es ist immer noch etwas komisch und ungewohnt für mich, aber mir hat eine andere Person ungefähr das Gleiche gesagt hat wie du und ich kann euch in diesen Punkten nur zu stimmen. Es zu verdrängen bringt eh nichts, das wirft nur noch viel mehr Probleme auf und macht es meistens noch viel schlimmer, als es eigentlich ist.'' Ich nahm einen Schluck meines Kamellientees und lächelte dann meinen Opa an.
,,Es ist auch viel besser so, glaub' mir.''

,,Denkst du, dass Mama etwas dagegen haben wird?'', fragte ich dann wieder etwas unsicherer nach, weil ich schon im voraus wissen wollte, ob ich mir erst so Gedanken wie bei ihm machen musste oder es ganz einfach ohne irgendwelche Hintergedanken einfach mal so heraushauen konnte.
Klar, ich wusste noch nicht einmal ansatzweise, ob Lukas überhaupt irgendwas für das gleiche Geschlecht empfand, aber falls wirklich etwas aus uns werden sollte, wollte ich schon einmal im ungefähren wissen, wie meine Mama darauf reagierte.
,,Es würde mich wundern, wenn ja. Aber ich habe sie immer mit dem Gewissen erzogen, dass so etwas überhaupt nicht schlimm ist und ich denke, dass sie bei diesem Thema genauso wie ich denkt. Du brauchst schon keine Angst davor haben, dass sie dich deswegen verstoßen könnte, denn das macht sie definitiv nicht, sondern sie bestärkt dich nur noch mehr darin.'', beruhigte mich mein Großvater und ich lehnte mich nach langem endlich wieder entspannt auf dem Küchenstuhl zurück.
Also konnte ich mit gutem Gewissen daran herangehen, dass meine Mutter der ganzen Sache genauso tolerant gegenüber stand, wie es mein Opa tat.

Nach meiner Beichte, redeten mein Großvater und ich noch über Gott und die Welt, bis es so langsam spät wurde und mich meine Mama, wie schon angekündigt, um 22 Uhr abholte.
Beim Abschied flüsterte mir mein Opa noch leise ins Ohr, dass er hoffte, dass das mit Lukas etwas werden würde und ich mich die Tage noch einmal unbedingt bei ihm melden sollte.
Danach gingen wir zum Auto meiner Mutter und fuhren von dem Haus meines Großvaters los und zurück nach Hause.

Zuhause angekommen, ließ ich mich überglücklich in mein Bett fallen und war immer noch ziemlich erleichtert über die Reaktion meines Opas.
Besser hätte er meiner Meinung nach gar nicht darauf reagieren können und jetzt war das einzige Problem nur noch, es Lukas irgendwie beizubringen.
Aber darüber wollte ich mir jetzt keine weiteren Gedanken machen, da ich meine gute Laune nicht verderben wollte.

Ich dachte zwar trotzdem über Lukas nach, aber in diese Richtung drifteten meine Gedanken über ihn ein Glück nicht ab.
Ich dachte viel eher darüber nach, dass ich ihn morgen wahrscheinlich endlich wiedersehen würde und am Freitag endlich wieder Nachhilfe mit ihm hatte.
Ich freute mich schon so auf ihn!

Ich zog mich bis auf die Boxershorts aus und machte mich bereit zum Schlafengehen.
Relativ schnell schlief ich auch schon ein und wie die letzten Tage zuvor auch, träumte ich über Lukas und mich.
Dieses Mal waren wir in meinem Traum etwas älter - so um die dreißig. Wir waren in meinem Traum verheiratet, hatten einen Hund und einen Kater und einen wundervollen Sohn.
Wenn mir genau jetzt jemand beim Schlafen zu sehen würde, dann würde ich glatt meinen, dass ich wie der letzte Vollidiot vor mich hingrinste und dieses Grinsen verursachte nur Lukas allein'.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top