Der Weg zum Glück ist Musik

-Tims Sicht-

,,Das kann doch jetzt nicht dein verdammter Ernst sein!'', sagte ich wütend, als ich meine Jacke gerade in die Hand gedrückt bekam und einfach nicht fassen konnte, welche Nachricht mich da eben ereilt hatte.
,,Doch, ist es....'', erwiderte mein Chef und sehr guter Freund Johnny nur trocken und verschränkte die Arme vor der Brust, während er sich zeitgleich an die Theke der Bar lehnte und mich einmal musterte.
,,Warum willst du mich denn auf einmal rausschmeißen, man?! Du weißt doch, dass ich diesen Job hier brauche!'', fragte ich ihn leicht verwirrt und fuhr mir einmal ganz aufgebracht durch die Haare.

,,Es geht einfach nicht mehr mit dir, Tim. Deine ständige Zuspätkommerei, du gehst mit den Kunden nicht vernünftig um, deine Tollpatschigkeit als Kellner geht einfach gar nicht und vor allem das Klauen.'', zählte er mir einige, zugegebenermaßen sogar gute, Gründe für meine plötzliche Kündigung auf und sah mich aufgrund des letzten Teils des Satzes einmal kritisch an.
,,Ey Johnny, du weißt doch, dass das nur ein dummer Ausrutscher von mir gewesen ist und ich nicht ganz Beisinnen gewesen bin, oder?'', fragte ich unschuldig nach und trat dabei näher auf ihn zu.
,,Ein mehrfacher also? Du hast das also ständig, Tim?'', harkte Johnny sichtlich skeptisch und nicht wirklich überzeugt von meinen Worten nach und zog die Augenbrauen, seiner Tonlage entsprechend, nach oben.
,,Es tut mir doch leid! Ich...ich wollte das wirklich nicht! Du weißt doch, wie das bei mir ist!'', verteidigte und entschuldigte ich mich, doch wir beide wussten, dass das eh nicht der Wahrheit entsprach, was ich hier gerade verzweifelt von mir gab. Natürlich wollte ich das, und wie.

,,Aber trotzdem, du kannst mich doch nicht einfach so rausschmeißen - vor allem nicht jetzt!'', fing ich wieder mit dem Diskutieren an, als wir für eine kurze Zeit miteinander geschwiegen hatten und ich verschränkte nun ebenfalls die Arme vor der Brust.
,,Warum sollte ich das denn nicht tun können? Du bist nur ein verdammter Aushilfsjobber und auf so jemanden wie dich kann ich auch gut verzichten.'', entgegnete Johnny stattdessen und sah mich einmal eindringlich an.
,,Würdest du nicht trotzdem 'ne Ausnahme für mich machen, bitte? Das war doch nur ein dummer Ausrutscher, darüber können wir doch hinwegsehen. Du hast schon über so vieles hinweg gesehen, da geht das doch auch.'', fragte ich weiterhin unschuldig und hoffnungsvoll zugleich nach, trat noch näher auf ihn und kraulte daraufhin sanft seinen Nacken.

Ich grinste Johnny nur meiner Tonlage entsprechend an, presste mich ganz dicht an seinen großen Körper heran und ehe sich dieser Kerl versehen konnte, hatte ich auch schon unsere Lippen aufeinandergepresst.
Natürlich konnte mir dieser Kerl nicht widerstehen. Das konnte Johnny schon damals nicht, als ich ihn, wortwörtlich, auf Knien um diesen Job in seiner Bar angebettelt und angefleht hatte. Ich musste wohl nicht erklären, dass mein geschicktes Mundwerk und meine Zunge mir zu diesem Job hier verholfen haben.
Außerdem musste ich das hier jetzt unbedingt tun, denn ich brauchte das Geld so, so dringend. Einen anderen Job würde ich niemals kriegen und Johnny ließ mich sowieso alles durchgehen, solange ich meine Ausrutschter im Gegenzug mit Sex, oder einem Blowjob, wieder ausglich.
Ich würde diesen Job hier ganz sicher behalten, solange ich ihn wieder gut genug verführen und um den Finger wickeln konnte, sodass wir es gemeinsam auf seinem Bürostuhl miteinander treiben würden. Es würde sich schon alles regeln, sodass ich meine sicherste Geldquelle, neben dem Dealen von Drogen, nicht verlieren würde.

Als Johnny dann irgendwann, nachdem ich ihn einige Minuten förmlich zum Kuss aufgefordert habe, meine Lippen tatsächlich in zwei stieß und seine Zunge in meine Mundhöhle gleiten ließ, wusste ich, dass ich ihn mal wieder geknackt hatte und ich den Job safe behalten würde. Was sollte auch schon anderes passieren?
Ich grinste kurz triumphierend in den leidenschaftlichen Zungenkuss hinein, legte meine Jacke wieder auf der Theke ab und wir bewegten uns beide Richtung Büro. Ich wusste doch, dass er so nachgeben und mir alles wieder verzeihen würde.
Ich stieß die Bürotür mit meinem Fuß auf, wir bewegten uns immer noch küssend in die Richtung seines Schreibtisches und gerade, als ich von ihm auf diesem abgesetzt und mir der Hosenstall und Gürtel von ihm geöffnet wurde, löste sich Johnny augenblicklich von mir.

,,Tim, geh'! Bitte! Verlass' meine verdammte Bar!'', befahl Johnny mir nun und ich sah ihn sichtlich verwundert von der Seite an, weil ich mit so einer Reaktion eigentlich nicht gerechnet hatte.
,,Warum soll ich denn jetzt auf einmal gehen? Ich dachte, dass wir jetzt ein wenig Spaß miteinander haben...'', fragte ich meiner Gestik entsprechend nach und zog ihn mit meinen Beinen wieder dichter zu mir.
,,Du bist gefeuert, verdammte Scheiße! Du hast hier nichts mehr verloren, man!'', schrie mich Johnny nur etwas lauter an und zerrte mich augenblicklich von seinem Schreibtisch herunter, auf dem wir schon so oft Sex miteinander hatten.

,,Ach komm' schon, das ist doch nicht fair!'', meinte ich darauf nur und verschränkte, wie ein bockiges Kleinkind, welches nicht die gewünschten Süßigkeiten bekam, die Arme vor der Brust.
,,Das ist sehr wohl fair. Ich kann dich doch nicht ständig alles durchgehen lassen, nur weil du als Entschädigung mit mir zusammen schläfst.'', erwiderte Johnny wütend, schüttelte über sich selbst mit dem Kopf und packte mich nun etwas grober am Arm.
,,Ich kann das nicht mehr mit dir machen, Tim. Irgendwann kommen noch die ganzen Kollegen dahinter und am Besten dann auch noch meine Freundin, dann nimmt mich niemand mehr ernst.'', fügte er noch hinzu und zerrte mich daraufhin aus seinem Büro.

,,Seit wann interessiert dich das denn so? Du bist doch der Chef hier und nicht die und deine Freundin wird so oder so nicht dahinter kommen. Wie soll sie das auch herausfinden, wenn wir es nur hinter verschlossenen Türen machen?'', versuchte ich ihn weiterhin dazu zu bringen, mich noch weiterhin in seiner Bar arbeiten zu lassen, weil ich den Job einfach dringend brauchte.
Ich war chronisch pleite, bei dem Dealen mit Drogen kam meistens auch nicht viel bei rum, weil ich das Meiste viel lieber selber nahm, anstatt es zu vertickten und ohne jeglichen Schulabschluss bekam ich eh keinen richtigen Job. Dass ich es überhaupt zwei Jahre in Berlin, nachdem Rauswurf meiner Eltern, quasi ohne jegliches Geld überlebt hatte, war doch auch nur ein totales Wunder und irgendein dummer Zufall.
,,Tim, sie haben dich schon einmal beim Verticken von Drogen erwischt und sich darüber beschwert, dass ich das geduldet habe. Wenn sie dann noch erfahren, dass ich all deine Schandtaten immer nur durchgehen lasse, weil wir Sex miteinander haben, dann werden sie das alles andere als in Ordnung finden. Dann ist hier wirklich die Hölle los und das möchte ich überhaupt nicht. Außerdem ist dein Verhalten auf Dauer nicht gut für meinen Laden und ich kassiere noch einen schlechten Ruf wegen dir. Sorry, das klingt vielleicht alles ziemlich egoistisch, aber ich muss hierbei auch einfach an mich denken, denn dieser Bar ist meine verdammte Existenz, die ich mir nicht wegen dir kaputt machen lassen kann.'', erklärte mir Johnny seufzend, strich mir einmal kurz über die Schultern und hielt dann inne, als er mir tief in die Augen sah.

Ich zog nur dreckig grinsend die Augenbrauen nach oben, trat wieder näher auf Johnny zu und sah ihn erwartungsvoll an, weil ich ganz genau spüren konnte, dass Johnny mich am liebsten ins Büro ziehen, mich ausziehen und ficken wollte.
Also verschwendete ich keine weitere, kostbare Sekunde mehr, sondern presste wieder unsere Lippen aufeinander und tatsächlich ließ er sich kurzerhand wieder auf den Kuss ein und begann ebenfalls damit, seine Lippen auf meinen zu bewegen.
Ich wusste doch ganz genau, dass Johnny mir nicht widerstehen konnte. Egal, was für eine Ansage er mir immer wieder machte, ich schaffte es dennoch, ihn immer wieder um den Finger zu wickeln und dazu zu bringen, mich doch nicht herausschmeißen.

,,Tim, jetzt geh' endlich, verdammte Scheiße nochmal!'', löste mich Johnny abrupt von sich und schubste mich von sich weg, sodass ich ein wenig nach hinten taumelte und fast gegen die Wand stieß.
,,Ach komm' schon, Johnny! Nur noch eine Chance, bitte! Du hast mich schon so vieles durchgehen lassen! Ich mache auch alles, was du willst!'', bettelte ich ihn an und trat dabei wieder näher auf ihn zu.
,,Nein Tim, ich kann das echt nicht mehr machen! Wenn irgendwer dahinter kommt, dann...'', fing er wieder mit seiner Erklärung an, doch ich unterbrach ihn augenblicklich. Er musste mich hier lassen, ich brauchte diesen verdammten Job schließlich!

,,Dann lassen wir es eben halt, wenn es dich auf einmal so sehr stört. Sonst hast du dir ja eigentlich auch nie solche Gedanken gemacht...'', war mein Vorschlag und ich sah ihn hoffnungsvoll an.
,,Selbst wenn, irgendeine dumme Scheiße wirst du eh wieder fabrizieren, das ist doch immer so. Du wirst dich nicht bessern, Tim - niemals.'', sprach Johnny nun etwas härter auf mich ein und packte mich wieder grob am Arm, um mich nun Richtung Ausgang zu schleifen.
,,Ich schwöre dir, das wirst du noch bereuen! Ich bin einer deiner besten Kollegen und bin schon solange dabei! Ich weiß doch, wie es hier lang geht!'', drohte ich ihm und hob dabei sogar warnend den Zeigefinger in die Luft.
,,Du wirst es viel eher bereuen, meine Gutmütigkeit immer wieder so schamlos ausgenutzt zu haben. Dir ist doch gar nicht bewusst, was genau ich dir eigentlich alles gegeben habe.'', erwiderte Johnny stattdessen und schmiss mich dann endgültig aus seiner Bar heraus.

,,Lass' dich am Besten nie wieder hier blicken, schreib' mir nicht mehr und lass' mich am Besten für immer in Ruhe. Du hast es dir echt verbockt dieses Mal.'', redete er eindringlich, belehrend und sauer zugleich auf mich ein und wurde von Wort zu Wort immer lauter und lauter, damit ich es endlich mal checkte und in meinen verdammten Kopf bekam.
,,Aber trotzdem, viel Glück beim Überleben...'', waren seine letzten Worte, ehe er die Tür zur Bar, für die ich zwei Jahre lang gejobbt hatte, ganz laut zu schlug und somit auch meine allerletzte, wirklich sichere Geldquelle, für immer zu machte. Fuck, ich hatte es dieses Mal wirklich verbockt...
Ich wollte gerade losgehen, weil Johnny die Tür zur Bar sowieso nicht mehr für mich aufmachen würde, da öffnete sich diese plötzlich mit einem Mal wieder und ich sah nur vollkommen hoffnungsvoll und glücklich zugleich zu dieser. Es gibt scheinbar doch noch eine Chance für mich!

Johnny sah sich nur in der Gegend um, bemerkte mich noch vor seiner Bar und ich ging fest entschlossen auf die erste Stufe und setzte meinen linken Fuß schon sicherheitshalber auf die Zweite.
Ich war mir natürlich mehr als sicher, dass er mich doch wieder bei sich arbeiten lassen würde, denn ansonsten hätte Johnny wohl kaum nochmal die Bartür extra für mich geöffnet, denn er wusste ja schließlich, dass nicht irgendein Kunde gerade hinter dieser stand.
Außerdem brauchte er jeden Kellner, den er nur ansatzweise kriegen konnte und wenn er mich ausgerechnet jetzt, wo der Personalmangel momentan am Stärksten herrschte, feuerte, musste er sich schleunigst jemand Neues suchen. Und so einfach ist das nun wirklich nicht...

,,Hier, deine Jacke, die lag noch auf dem Tresen.'', sagte Johnny nur, warf mir meine Jacke entgegen und musterte mich daraufhin einmal von oben bis unten, weshalb ich versuchte, ein wenig mit meinen Reizen zu spielen.
Ich sah es in seinen Augen kurz einmal traurig auffunkeln und ich wusste ganz genau, dass es ihn innerlich verletzte und zerriss, mich herauszuschmeißen und mir diese sichere Geldquelle zu streichen. Johnny kannte meine Probleme, den Grund, wieso ich in die Hauptstadt geflüchtet bin und wieso alles bei mir alles so war, wie es nun einmal war.
,,Ähm...ja, dann Tschüss, Tim - nun endgültig.'', verabschiedete sich Johnny mit einem leicht traurig klingenden Unterton von mir und schloss daraufhin nun ebenfalls endgültig die Tür, die höchstwahrscheinlich nie wieder, zu mindestens nicht für einen Job, für mich je wieder aufgehen würde.

Ich seufzte einmal leise, zog mir widerwillig die Jacke an und entfernte mich daraufhin auch schon mit langsamen Schritten von der Bar, meinem ehemaligen Arbeitsplatz und vor allem meiner allerletzten, sicheren Geldquelle.
Natürlich fing es, wie sollte es auch anders sein, zu regnen an und ich lief auch schon bald durch die gut durchnässten Straßen von Berlin Friedrichshain. So eine Ironie, dass es ausgerechnet jetzt zu regnen anfing, das ist ja fast wie in einem Film...
Doch einen Vorteil hatte dieses scheiß Wetter ja, denn so konnte niemand sehen, wie sich die Tränen nun ihren Weg in die Freiheit bannten und ich kurz darauf damit anfing, leise vor mich hinzuweinen.

Ich ging schluchzend und mit schnellen Schritten durch die immer nasser werdenden Straßen von Berlin und in die Richtung meiner kleinen Wohnung, die ich mir eigentlich auch nur geradeso durch meine zwei Geldquellen leisten konnte.
Na gut, ab jetzt ja nur noch eine Geldquelle. Aber ich wusste noch gar nicht so recht, wie ich das überhaupt jetzt anstellen sollte, erst einmal so über die Runden zu kommen und meine Miete pünktlich bezahlen zu können.
Klar, dass Drogengeschäft war zwar nicht gerade schlecht und es gab auch sehr gute Tage, wo ich, für meine Verhältnisse natürlich, wie ein König leben und mir etwas mehr als gewöhnlich leisten konnte. Aber natürlich gab es bei guten Tagen, wiederum auch schlechte Tage, wo ich mich vielleicht maximal über zehn Euro freuen konnte.

Beim Job in der Bar hatte ich ja immerhin ein festes Einkommen gehabt, wusste ganz genau, wie viel Geld ich bekommen und wie viel für den Monat noch haben würde. Aber so nicht bei dem Geschäft mit Drogen, denn da wusste ich nie, was genau ich am Ende des Tages haben würde, denn wie schon erwähnt, es gab seine guten Tage und dann auch eben wiederum seine schlechte Tage.
Ein weiteres Problem hierbei war auch, dass ich diese manchmal viel lieber selber nahm, obwohl ich sie eigentlich verkaufen müsste, weil ich ansonsten kein oder kaum Geld haben würde. Eigentlich war es von fataler Wichtigkeit, dass ich sie vertickte, doch ich konnte es einfach nicht, weil ich von ihnen selbst viel zu abhängig war und der Versuchung einfach nicht widerstehen konnte.
Drogen waren für mich immer eine Art Flucht aus der grausamen Realität gewesen. Wenn mein Tag einmal scheiße lief, ich Stress Zuhause, in der Schule oder eben auf der Arbeit hatte, dann schmiss ich mir meistens einfach ein Teil, baute mir einen Joint, zog eine Line und dann war erst einmal für einige Stunden Ruhe und alles schien wieder gut.

Deswegen fiel es mir auch oftmals so verdammt schwer, diese zu verticken, denn ich nahm das meiste Zeug ja selbst. Oder ich ließ manchmal ein wenig von dem Zeug übrig, aber nicht so viel, sodass ich auch genug vertickte, um mir neue Drogen kaufen zu können.
Mein komplettes Leben war doch einfach nur zum Haare raufen und ich fragte mich oft genug, wie ich es eigentlich noch tagtäglich in meinem Körper aushielt, und wieso ich mir nicht schon längst die Kugel gegeben hatte.
Ich bin einfach eine gebrochene Existenz und hatte eigentlich nichts, wofür sich dieses Leben überhaupt noch lohnte. Ich hatte keine Freunde, keine Familie, keinen Job - wenn ich heute sterben würde, dann würde es einfach niemanden interessieren.

An meinem Wohnblock im Viertel Neukölln angekommen, kramte ich sofort meinen Schlüssel aus der Jackentasche und schloss daraufhin die Haustür auf, während ich mir die Tränen aus dem Gesicht strich und versuchte, irgendwie wieder herunterzukommen.
Auch, wenn ich es überhaupt nicht wollte, ging ich trotzdem zum Briefkasten und öffnete diesen, wo mir förmlich die ganzen Briefe entgegen gesprungen kamen und einige von ihnen verteilten sich sogar auf dem Boden.
Ich wollte mir gar nicht erst vorstellen, was genau das Alles eigentlich für Briefe waren, denn sie bestanden eh nur aus dem, wovor ich am meisten Angst hatte. Mahnungen, unbezahlte Rechnungen und all die Sachen, die man nicht gerade gerne in seinem Briefkasten sehen wollte.

Für mich jedoch waren diese Briefe aber glatter Alltag und sie stapelten sich von Tag immer mehr und mehr, genauso wie die unzähligen Vodkaflaschen auf dem Wohnzimmertisch.
Ich hob nur die restlichen Briefe vom Boden auf, doch wollte sie am liebsten dort liegen lassen, weil ich das Alles einfach nicht mehr sehen und vor allem lesen konnte.
Doch ebenso wollte ich auch nicht, dass meine Nachbarn davon Wind bekamen, was genau eigentlich alles abging. Sie hatten so oder so alle kein gutes Wort für mich einzulegen, weil ich für sie nur dieser komische Junkie war und, wenn sich das Alles auch noch bewahrheitete, dann würde hier wirklich mehr als nur die Hölle los sein.

Vor allem diese alte Rentnerin Frau Schmidt hätte dann endlich mal ihren Grund, mich beim Vermieter anzuscheißen, damit mich dieser endlich mal herauswarf. Schon seit unserer ersten Begegnung konnte sie mich überhaupt nicht leiden und wollte einfach nur noch, dass ich für immer aus diesem Block verschwand und hier endlich mal wieder die gewohnte Ruhe einkehrte.
Unsere allererste Begegnung ist aufgrund von Lärmbelästigung gewesen. Ich hatte damals, natürlich weit nach der Ruhezeit, mit ein paar Kumpels eine kleine Party gefeiert und selbstverständlich war diese nicht in der gewünschten Zimmerlautstärke gewesen.
Natürlich floss bei dieser Party auch nicht gerade wenig Alkohol, andere Drogen waren auch nicht wenig mit im Spiel gewesen und so kam es halt eben, dass wir unsere Lautstärke nicht ganz einschätzen konnten, ich die Ruhezeit nicht wirklich wahrnahm und wir durch diese ganzen selbstverständlich so aufgedreht waren, sodass wir unbedingt bis in die Puppen feiern wollten.

So kam es dann dazu, dass sie völlig wütend, mitten in der tiefsten Nacht, bei mir geklingelt und so ihren neuen Nachbarn das allererste Mal kennen und überhaupt nicht lieben gelernt hatte.
Das Ganze hatte dann zu unserem Glück, nach ewiger Diskussion bitte nicht die Polizei zu rufen, so geendet, sodass wir die Musik einfach leiser drehten, ihr versprachen, keinen einzigen lauten Ton mehr von uns zu geben und sie im Gegenzug nicht die Polizei kontaktieren würde, weil wir ja alles Nötige geklärt hätten.
Damit hatte sich die Alte dann auch tatsächlich geschlagen gegeben, aber zu uns gemeint, dass sie es nur ein einziges Mal durchgehen lassen würde, weil sie wusste, was für krumme Dinger ich hier eigentlich drehte und was für Dreck ich höchstwahrscheinlich am Stecken hatte.

Doch zu meinem Glück hatte sie bis heute nichts von dem mitbekommen, was genau eigentlich alles bei mir so abging. Sie hatte noch keinerlei Drogen oder sonstiges von mir gesehen und Partys schmiss ich bei mir Zuhause auch nicht mehr, weil ich echt keine Lust auf diesen ganzen Stress mit ihr und eventuell auch noch anderen Nachbarn hatte. Ich brauchte diese Wohnung einfach...
Es war schon damals extrem schwer gewesen, diese hier zu kriegen, denn man sah mir natürlich an, dass ich nicht ganz sauber und ein totaler Junkie bin, der sein Leben noch nie wirklich im Griff hatte und auch nie in den Griff kriegen würde.
Niemand wollte so jemanden wie mich als Mieter, doch durch Johnny, der mir hierbei natürlich auch wieder geholfen hatte, hatte ich diese Wohnung trotzdem bekommen. Er kannte den Vermieter nämlich und hatte ein sehr gutes Wort für mich bei ihm eingelegt und gemeint, dass ich doch gar nicht so schlimm wäre, so wie es vielleicht momentan den Anschein machte, dass ich mich sehr gut zusammenreißen konnte und die Wohnung einfach sehr dringend brauchte, da ich ansonsten nirgendswo anders unterkommen könnte.

Ich seufzte einmal und wollte gar nicht weiter über Johnny nachdenken, denn auch wenn er mir so verdammt oft aus der Scheiße geholfen hatte, hatte er mir mein Leben momentan extrem verbaut und noch ein kleines Stückchen mehr kaputt gemacht.
Ich ging mit dem Haufen voller Briefe bewaffnet die Treppen bis in den vierten Stock nach oben, wo sich meine kleine Zweizimmer-Wohnung befand, ich mittlerweile schon seit guten zwei Jahren bewohnte.
Ich kickte meine durchnässten Chucks in die nächstbeste des Flures, schmiss meine Jacke über die Couch und ließ mich daraufhin mit den ganzen Briefen auf dieser nieder, ehe ich langsam einen nachdem Anderen öffnete.

Natürlich waren es irgendwelche Mahnungen, Rechnungen, die ich dringend zu bezahlen hatte, eine Einladung zum Arbeitsamt, mein neuer Kontoauszug, der sichtlich im Minus stand und all der Mist, den ich mir schon jahrelang immer wieder angucken musste, und der auch nicht weniger wurde.
Der einzige, wirklich gute Lichtpunkt war, die Gehaltsüberweisung von Johnny, doch auch das würde ab sofort vorbei sein und das würde der allerletzte Brief sein, den ich je von ihm erhalten würde. Ich hatte es wirklich so vermasselt...
Meine allerletzte Geldquelle war nun endgültig verstrichen, ich würde diesen Job nie wieder bekommen, das hatte er mir heute mit seinen Worten deutlich klar gemacht. Und es klang dieses Mal auch wirklich so, als würde Johnny diese Worte vollkommen ernst meinen und mich nicht in ein paar Tagen wieder anrufen, weil er mir verziehen hatte.

,,Es geht einfach nicht mehr mit dir, Tim. Deine ständige Zuspätkommerei, du gehst mit den Kunden nicht vernünftig um, deine Tollpatschigkeit als Kellner geht einfach gar nicht und vor allem das Klauen.'',,Das ist sehr wohl fair.Ich dann dich doch nicht ständig alles durchgehen lassen, nur weil du als Entschädigung mit mir zusammen schläfst.'',,Du wirst es viel eher bereuen, meine Gutmütigkeit immer wieder so schamlos ausgenutzt zu haben. Dir ist doch gar nicht bewusst, was genau ich dir eigentlich alles gegeben habe.'', hallten seine Worte noch immer durch meinen Kopf und, auch wenn ich es nicht wollte, musste ich ihm einfach Recht geben.
Wenn das Alles zwischen uns wirklich irgendwann mal herausgekommen wäre, dann wäre es mehr als rufschädigend für Johnny gewesen und dann hätten sie ihn schon bald nicht mehr für voll genommen und auch, zu recht, an seiner Kompetenz als Chef gezweifelt.
Ich musste einfach zugeben, dass Johnny mir nicht ständig den Arsch retten konnte, denn irgendwann ist es auch mal für mich an der Zeit, endlich erwachsen zu werden und zu lernen, sein Leben alleine und ohne jegliche Hilfe in den Griff zu bekommen.

Ich seufzte erneut frustriert auf, fuhr mir leicht aufgebracht durch die Haare und nahm den nun letzten, ungeöffneten Brief in die Hand, der höchstwahrscheinlich auch seinen direkten Weg auf den riesigen Stapel der unzähligen Briefe finden würde.
Ich musterte ihn mit zittrigen Fingern und schluckte einmal schwer, als ich las, von wo und von wem genau dieser Brief eigentlich stammte und ich wollte ihn am liebsten nicht öffnen, sondern direkt wegschmeißen, weil da sicherlich nichts Gutes bei rumkommen würde.
Meine Augen weiteten sich augenblicklich, als ich realisierte, dass dieser Brief nicht nur irgendein Brief von irgendeiner Firma ist, der ich etwas schuldete, sondern, dass dieser Brief ausgerechnet von der verdammten Wohngenossenschaft stammte. Fuck...

Bevor ich den Brief aber öffnete, weil ich etwas sehr, sehr Böses erahnte, holte ich mir den gut gekühlten Jim Bean aus dem Kühlschrank und kippte mir daraufhin etwas in ein Glas. Diesen Brief konnte ich einfach nicht nüchtern ertragen...

Ich setzte mich mit dem Glas bewaffnet zurück auf die Couch, schnappte mir den Brief und zog dann, mit immer noch zitternden Fingern, den Zettel heraus, den ich am liebsten direkt verbrennen wollte.
Ich faltete den Zettel auseinander, nahm einen riesigen Schluck meines Jim Beams, sodass es angenehm in meiner Kehle brannte, und las mir daraufhin mit wild pochendem Herz den Brief durch. Oh Gott...

,,Sehr geehrter Herr Wolbers, hiermit kündigen wir Ihre Zweizimmer-Wohnung bis zum Ende diesen Monats, da Sie einen Mietrückstand von zwei Monaten (800 Euro) haben.'', las ich mir den Anfang des Briefes durch und schüttelte einmal fassungslos mit dem Kopf.

,,Warte...was?!'', fügte ich dann noch ganz aufgebracht hinzu, als ich realisierte, was genau das eigentlich bedeutete und mein Herz begann augenblicklich wie wild zu pochen, während ich am liebsten heulen wollte.
Ich setzte mich mit einem Mal aufrecht hin, nahm einen erneuten Schluck von dem Glas, was nun schon leer war und las mir die Zeilen immer und immer wieder durch. Das konnte doch echt nicht wahr sein!

Es konnte doch nicht wahr sein, dass ich ersten Jo und dann zusätzlich auch noch meine Wohnung verlor, die ich jetzt sowieso nicht mehr bezahlen hätte können. Das konnte doch nicht ernsthaft alles an einem Tag passieren, oder? Das ist doch nur ein dummer Albtraum, oder?
Das musste doch irgendein dummer und schlechter Traum sein und ich würde jeden Moment in meinem Bett aufwachen und alles würde vollkommen in Ordnung sein - also, natürlich meine Definition von alles ist in Ordnung.
Es konnte doch nicht wahr sein, dass das Leben mich gerade so sehr fickte und mir so einen reinwürgen musste. alles, was ich zum Leben brauchte, wurde mir mit einem Mal einfach so weg genommen und ich hatte keine Ahnung davon, wie ich dort wieder herankommen sollte.

Ich sah mir die Kündigung meiner Wohnung nochmal genauer an und wusste gar nicht so recht, was genau ich jetzt eigentlich tun sollte und wie man überhaupt gegen so etwas angehen konnte, denn es stimmte ja, dass ich meine Miete nicht bezahlt hatte.
Aber ich wusste ebenso auch, dass ich es zu mindestens versuchen musste, irgendwas dagegen zutun, denn ich konnte ja jetzt nicht einfach so Ende des Monats auf der Straße landen, denn dort würde ich noch nicht einmal eine Stunde überleben.
Vielleicht sollte ich einfach mal mit meinem Vermieter darüber reden und versuchen, dass er mir noch eine Chance und viel länger Zeit geben würde, um meine Mietschulden begleichen zu können. Vielleicht brachte es ja irgendwas, wenn ich ihm einfach meine derzeitige Situation erklärte.

Ich exte noch fix ein Glas Jim Beam herunter, nahm diesen schrecklichen Zettel, den ich am liebsten verbrennen wollte, an mich und zog mir dann meine immer noch durchnässten Chucks an.
Dann schnappte ich mir meinen Wohnungsschlüssel, schloss die Tür ab und ging daraufhin die Treppen zu der Wohnung meines Vermieters herunter, der hoffentlich auch da war und sich mit mir einigen wollte.
Ich klingelte, wartete, bis er mir aufmachte und legte mir in meinem Kopf schon mal mögliche Sätze zusammen, die ihn davon überzeugen könnten, mich doch noch nicht Ende des Monats herauszuschmeißen.

Selbstverständlich konnte ich ihm das mit den Drogen nicht sagen, denn dann würde ich sofort und nicht erst Ende des Monats herausfliegen und es würde sich auch offiziell bestätigen, dass die olle Frau Schmidt all die Jahre immer Recht gehabt hatte.
Das mit dem Job in der Bar konnte ich ihm ruhig erzählen, aber wegen dem Grund meiner plötzlichen Kündigung musste ich schon ein wenig in die Lügenkiste greifen, denn die wahren, tatsächlichen Gründe für meine Kündigung konnte ich ihm einfach nicht nennen.
Aber irgendwelche Argumente und Gründe würde ich schon finden, um diese Wohnung behalten zu können und meine Mietrückstände zu rechtfertigen. Obwohl der Fakt, dass ich meinen Job verloren hatte, kein gutes Licht auf mich warf und die Situation auch nicht gerade besser machte, weil ich ja gar keine Geldquelle mehr hatte, um die Schulden begleichen zu können.

Meine schrecklichen Gedanken wurden augenblicklich unterbrochen, als die Wohnungstür meines Vermieters plötzlich aufging und sich dieser daraufhin im Hausflur umsah.
Er musterte mich einmal, bemerkte den Zettel in meiner linken Hand und konnte sich wohl schon denken, warum ich bei ihm geklingelt hatte.
Mein Vermieter Herr Olson pustete nur einmal geräuschvoll die Luft aus, verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich dann einmal gegen den Türrahmen.

,,Guten Tag, Herr Wolbers.'', begrüßte Herr Olson mich und schenkte mir ein eher erzwungenes Lächeln.
,,Guten Tag, Herr Olson.'', grüßte ich ihn lächelnd zurück und biss mir einmal auf die Unterlippe.
,,Ich bin wegen der Kündigung hier.'', fing ich direkt mit dem Eigentlichen an und fuhr mir einige verirrte Strähnen aus dem Gesicht, während ich mich unsicher umsah.

,,Was wollen Sie denn wissen? Ich denke, dass der Brief schon alles sagt, oder?'', fragte mein Vermieter in einem sehr genervten Unterton und ich bereute es jetzt schon bei ihm geklingelt zu haben. Was ich erwartet ich auch hiervon?!
Herr Olson wirkte nicht so, als würde er jetzt mit mir über die Kündigung reden und diskutieren wollen, sondern viel eher so, als würde er sich jetzt lieber vor seinen Fernseher und oder dem Laptop hocken wollen, um einige Serien zu gucken. Alles würde er momentan wohl lieber tun, als mit mir zusammen über diese verdammte Kündigung zu reden.
Wenn ich ehrlich war, hatte ich auch nicht wirklich Bock darauf und würde jetzt viel lieber einen Joint auf dem Balkon rauchen wollen. Doch ich musste es einfach tun, denn ansonsten landete ich auf der Straße und dort würde ich erst recht nicht überleben, wenn ich es in einer Wohnung nur gerade so schaffte.

,,Sie können mich nicht einfach so bis zum Ende des Monats kündigen! Das dürfen Sie nicht machen!'', war mein Argument und ich sah ihn nur eindringlich an.
,,Doch, das kann ich, das ist mein gutes Recht.'', erwiderte Herr Olson darauf nur und zuckte einmal mit den Schultern.
,,Ja, aber ich brauche doch ein Dach über dem Kopf!'', diskutierte ich weiterhin mit ihm und versuchte irgendwie wenigstens einen Hauch von Empathie in ihm zu wecken.
,,Dann bezahlen Sie einfach die verdammte Miete und dann haben Sie eines über  den Kopf - so einfach.'', bleib er weiterhin stur und ich seufzte frustriert auf.

,,Sie kriegen Ihr Geld noch, wirklich. Ich bin nur momentan pleite und wurde auch noch ausgerechnet heute noch gekündigt.'', erklärte ich ihm vollkommen verzweifelt und sah ihn mit traurigen Augen an.
,,Das ist wohl eher weniger mein Problem. Suchen Sie sich einfach einen neuen Job, versuchen Sie vernünftig mit Ihrem Geld umzugeben und vor allem, bezahlen Sie einfach ihre scheiß Miete, dann behalten Sie auch die Wohnung.'', sagte Herr Olson nun in einem sehr scharfen Unterton und mit kaum einen Hauch von Mitleid.
,,Ich werde mich doch noch darum kümmern, so ist das nicht. Ich brauche halt nur genug Zeit dafür. Diese zwei Wochen reichen mir dafür aber nicht.'', von Wort zu Wort wurde ich immer bettelnder und verzweifelter, weil ich diese Wohnung einfach unbedingt brauchte.

,,Her Wolbers, Sie hatten Ihre Zeit. Doch meine ist, ähnlich wie Ihre, auch nicht auf die Ewigkeit begrenzt und ich brauche auch mein Geld, darauf bin ich angewiesen. Im Gegensatz zu Ihnen habe ich auch noch andere Menschen zu ernähren.'', sagte Herr Olson eindringlich und deutete dabei auf ein Bild in seinem Flur, was seine Familie zeigte.
,,Sie sind doch nicht nur auf mein Geld angewiesen! Als ob das so einen großen Unterschied macht, wenn ich einmal nicht mein Geld bezahle!'', war eines meiner eher dummen und sehr unüberlegten Argumente und ich zog die Augenbrauen nach oben.
,,Das ist zwar durchaus richtig, aber es macht sich schon deutlich bemerkbar, wenn ein Mieter zwei Monate lang nicht zahlt. Herr Wolbers, nicht alle Wohnungen hier sind belegt und auch ich muss das Alles hier irgendwie finanzieren.'', konterte Herr Olson, während ich ihm am liebsten in die Fresse schlagen wollte, weil mir seine Argumente einfach nur auf den Sack gingen.

,,Können wir es wirklich nicht noch verlängern? Nur eine kleine Ausnahme, bitte!'', fragte ich unschuldig nach und zog einen Schmollmund, in der Hoffnung, dass es irgendwas bringen würde und er dadurch etwas Mitleid mit mir haben würde. Höchstwahrscheinlich sowieso nicht und ich sah dabei viel eher wie der letzte Vollidiot aus.
,,Zum allerletzten Mal; Nein, Herr Wolbers. Entweder das Geld bis zum Ende des Monats, oder sie fliegen raus.'', verneinte er es weiterhin, entfernte sich vom Türrahmen und schloss langsam die Tür, damit ich endlich mal verschwand und wir nicht weiterhin darüber diskutieren mussten.
,,Ach kommen Sie, bitte! Ich kriege das Geld noch irgendwie heran, versprochen! Ich brauch' halt eben etwas Zeit, mehr nicht!'', bettelte ich ihn weiterhin an, stellte meinen Fuß zwischen die Wohnungstür und sah ihn meiner Tonlage entsprechend an.

,,Ich habe auch nicht ewig Zeit, Herr Wolbers! Gehen Sie bitte und akzeptieren Sie die Kündigung. Sie hatten Ihre Zeit, so ist das jawohl nicht.'', waren die letzten Worte, die Herr Olson noch eindringlich und in einem belehrenden Unterton zu mir sagte, ehe er mich aus dem Türrahmen schob und daraufhin seine Wohnungstür direkt vor meiner Nase zu knallte.
Das zweite Mal an diesem Tag, hatte sich eine Tür, die eine so große Bedeutung für mich hatte, vor mir geschlossen und ich wusste, dass sich diese höchstwahrscheinlich ebenfalls nie wieder für mich öffnen würde. Vielleicht nur, wenn ich meine Kündigung unterschreiben musste...
Nun hatte ich wieder etwas verloren, was eigentlich so verdammt wichtig für mein Leben und meine Existenz ist. Ohne ein Dach über dem Kopf konnte ich nicht überleben, ich konnte nicht auf der Straße leben und ich wollte es auch gar nicht.

So oder so könnte ich mich dort nie durchsetzen und dieser Gedanken, dass es Ende des Monats doch so sein würde, machte mich wirklich kaputt und ich hatte einfach fatale Angst vor dieser Zeit.
Da ich wusste, dass diese Wohnungstür so oder so nicht mehr geöffnet werden würde, weil Herr Olson doch einen Hauch von Empathie für mich besaß und Mitleid mit mir und meiner Situation hatte, ging ich gegen das Treppengeländer schlagend, seufzend die Treppe hoch zu meiner Wohnung.
Ich schloss die Wohnungstür auf, kickte meine Chucks noch viel wütender und heftiger als sonst, gegen die Flurwand, ließ die Kündigung auf der Kommode nieder und ging daraufhin in die Küche, um mir meine noch geöffnete Flasche Jim Beam zu holen.

Doch ich kippte ihn nicht, wie sonst, ins Glas, sondern nahm die Schlucke direkt aus der Flasche und trank das stark alkoholische Getränk in schnellen Zügen aus, sodass die Falsche viel schneller als erwartet leer war und auf dem Laminatboden zersprang.
Seufzend und widerwillig zugleich erhob ich mich von der Couch und ging zum Kühlschrank, um diesen zu öffnen. Doch wie zu erwarten, war in diesem kaum etwas drin und er schrie mir förmlich entgegen, was für ein elendiger Loser ich doch eigentlich bin und, dass ich nie etwas in meinem Leben erreichen würde.
Der Inhalt meines Kühlschrankes, sah extrem trostlos aus. Eine Packung mit Salamiwurst, die schon seit Tagen abgelaufen war, eine Flasche Bier und eine Packung Butter, die ebenfalls kurz vor ihrem Ablaufdatum stand und mit der ich mir noch nicht einmal eine Scheibe Brot schmieren konnte, weil ich sowas nicht mal ansatzweise im Haus hatte und mir auch nicht leisten konnte.

Völlig frustriert nahm ich mir das Bier heraus, öffnete dieses mit meinem Feuerzeug und trank einige Schlucke davon. Eigentlich müsste ich ja mal was essen, doch dazu war mir momentan überhaupt nicht zu mute, alles schlug mir einfach auf den Magen und Butter pur wollte ich mir nicht unbedingt antun.
Ich könnte zwar zum REWE gehen, der hier direkt um die Ecke lag, um mir etwas zu essen zu kaufen. Doch mit welchem Geld sollte ich das nur tun? Ich hatte kein Bargeld und auf meinem Konto ist genauso wenig etwas, auch wenn mir Johnny erst vor kurzem etwas überwiesen hatte, musste ich mit diesem Geld meine Schulden irgendwie begleichen.
Mit dem Bier bewaffnet ging ich zurück ins Wohnzimmer, ließ mich auf der Couch nieder und schaltete den Fernseher an. Immerhin hatte ich noch Strom und Wasser, aber es würde nicht mehr lange dauern, bis mir auch das abgestellt werden würde.

Ich schaltete durch die Programme, nahm ab und zu einen sehr großen Schluck meines gekühlten Biers und suchte irgendwas, was ich gucken konnte, denn irgendwie musste ich mich ja ablenken.
Ich blieb tatsächlich beim Regional-Sender von Berlin hängen, wo gerade eine Reportage über irgendeinen mir nicht bekannten Musiker lief, der momentan noch in seiner Anfangszeit seines Musikerdaseins stand, doch auch jetzt schon ziemlich gefragt zu sein schien, weil er auf diverseren Bühnen spielte, auch schon einige Fans hatte, die regelmäßig zu seinen Auftritten kamen und mittlerweile schon ein Album auf dem Markt gebracht.
Musiker, das wollte ich damals auch unbedingt werden. Schon seitdem ich überhaupt schreiben konnte, hatte ich auf irgendwelchen Blättern Liedtexte verewigt und meine Gefühle und Gedanken in der Musik verarbeitet.

Durch meinen Opa, der musikalisch sehr angehaucht war, hatte ich das Gitarre spielen erlernt und aufgrund dessen in der Schul- oder in anderen kleinen Bands als Gitarrist fungiert, war auf die Straßen gegangen, um so etwas mehr Taschengeld zu verdienen und so hatte sich mein Berufswunsch, oder wohl doch eher mein Traum, in meinem Herzen verewigt.
Auch noch heutzutage schrieb ich hin und wieder mal Texte, spielte etwas auf meiner Gitarre und versuchte irgendwie Musik zu machen. Dich wirklich Anklang fand ich nicht, denn ich kannte überhaupt niemanden, der an meinen Traum glaubte und wirklich dachte, dass das mit der Musik je etwas Ernsthaftes werden könnte.
,,Sowas ist pures Glück, Timi. Zu Musik gehört noch so viel mehr dazu, als nur Texte zu schreiben und Gitarre spielen zu können. Das ist kein einfaches Business, sondern jahrelange und harte Arbeit. Mach' was Vernünftiges, beende die Schule und such' dir vor allem einen richtigen Job, bei dem du auch ein festes Einkommen hast, alles andere ist Quatsch und Zeitverschwendung.'', hatte meine Mama immer wieder zu dieser Idee gesagt und verständnislos mit dem Kopf geschüttelte, weil ich mir solche Flusen in den Kopf setzte und an mich und meinen Traum glaubte.

Doch über die Jahre wusste ich ja auch, dass es tatsächlich nicht so einfach war, so wie ich das meistens immer in meinem Jugendlichenleichtsinn gedacht hatte. Nicht jeder konnte so einfach Musiker werden, auch wenn es im ersten Moment vielleicht so schien.
Es würde doch so oder so ziemlich schwer werden, ein Label zu finden, das mit mir zusammenarbeiten wollte, denn ich war alles andere als ein guter und vor allem einfacher Mensch. Ich war extrem kompliziert und wenn ich meinen Willen mal nicht durchsetzen konnte, dann konnte ich ziemlich beleidigt und zickig werden - wie ein Kleinkind führte ich mich dann meistens auf.
Außerdem fragte ich mich öfters, wer so jemanden wie mich überhaupt feiern würde. Einen drogenabhängigen, zurückgebliebenen und depressiven Junkie, der in seinem Leben noch nie irgendwas auf die Reihe gekriegt und ständig nur in der Scheiße gesteckt hatte.

Ich hatte zwar relativ viel zu erzählen, aber ob man sowas nun wirklich hören wollte, war auch nochmal eine ganz andere Sache. Im Endeffekt wäre es je nur dummes Gejammer und man wollte Leute mit Musik ja viel eher glücklich und nicht selbst depressiv machen.
Ich schrieb meistens Texte, wenn es mir richtig dreckig ging, wenn meine Depressionen wieder vollständig da waren, ich nur dauerstonend im Bett lag und am Überlegen war, wie ich mich am Besten von der nächsten Klippe stürzte.
Welcher Mensch auf dieser ganzen Welt, wollte denn schon ein ganzes Album hören, in dem irgendein Typ nur darüber rappte, wie scheiße sein Leben doch eigentlich war und wie mies es ihm doch eigentlich ging?! Niemand wollte sowas und höchstwahrscheinlich würde mir jeder raten, mich in die nächstbeste Psychiatrie einweisen zu lassen, anstatt darüber zu rappen, denn damit war mir ja auch nicht geholfen.

Ich hatte zwar schon einen eigenen Sampler, vor zwei Jahren, bei Johnny in der Bar verkauft, doch außer zwei Personen hatte sich niemand weiteres dazu entschlossen, sich diesen Scheiß zu kaufen und mittlerweile verstand ich auch, wieso die restlichen CDs gestapelt und völlig eingestaubt auf meinem Nachtschrank standen.

Johnny wollte mir diesen Traum damals einfach erfüllen, denn Berlin war schließlich eine reinste Künstlerstadt und er war überzeugt davon, dass sich vielleicht der ein oder andere Manager in seine Bar verirrte und diese eventuell begeistert von meiner Platte sein würden.
Er hatte auch die ganzen Tage im Tonstudio für mich bezahlt, damit diese Platte eine vernünftige Qualität hatte und nicht so klang, als hätte ich es bei mir Zuhause in irgendeinen Toaster eingerappt.

Ich hatte wirklich an seine Worte geglaubt, doch hatte auch schon früh genug bemerkt, dass Leuten diese Art von Musik tierisch auf den Sack ging und sie nur noch wollten, dass wir endlich mal etwas anderes anmachten.
Johnny hatte mir die CDs nicht ohne Grund nach zwei Monaten wieder in die Hand gedrückt und gemeint, dass er sie nicht mehr in seiner Bar verkaufen und die Tracks spielen konnte. Der Ruf, er war ihm meistens viel wichtiger als ich.
Ich konnte das natürlich auch verstehen, denn die Bar war immer noch seine Existenz und diese Existenz sollte nicht daran kaputtgehen, nur weil die Musik nicht stimmte, denn man konnte ja lieber das spielen, was die Kunden auch wirklich hören wollten.

Ich nahm einen Schluck meines Biers und mein Blick fiel nun auf meine leicht eingestaubte Gitarre, die ich schon sehr lange nicht mehr in die Hand genommen und etwas auf dieser gespielt hatte.
Einerseits, weil ich nach der Arbeit in der Bar manchmal viel zu fertig war, um noch irgendwas zu machen und anderseits, weil ich nie wirklich die Motivation dazu hatte, um etwas auf dieser zu spielen. Was vor allem auch daran lag, weil die Resonanz damals in der Bar nicht allzu gut gewesen ist...
Doch zugegebenermaßen vermisste ich es ja schon, die Gitarre einfach in die Hand zu nehmen, an einigen neuen Songs zu arbeiten und einfach etwas Musik zu machen. Einfach das zu machen, was mir eigentlich so sehr Spaß machte.

Ich seufzte und nahm meine Gitarre langsam in die Hand. Ich strich über die Saiten und überlegte, ob ich es nicht doch nochmal probieren und diesen Schritt erneut wagen sollte.
Als ich noch in Bielefeld bei meinen Eltern gelebt hatte, war ich öfters mal nach der Schule mit meiner Gitarre bewaffnet, in die Innenstadt gegangen und hatte auf dieser gespielt, um mein Taschengeld etwas aufzulockern.
Manchmal waren sogar Menschen auch etwas länger stehengeblieben, hatten mir zugehört und schlecht verdient hatte ich an manchen Tagen auch nicht und es kamen an sehr guten Tagen sogar manchmal fünfzig bis hundert Euro zusammen. Sollte ich diesen Schritt wirklich wagen?

Ich hatte absolut keine Ahnung davon, was ich ansonsten machen sollte, denn ohne jeglichen Schulabschluss bekam ich eh keinen richtigen Job und würde nie irgendwo fest angestellt werden. Außerdem würde ich meinen Schulabschluss sowieso auch nicht schaffen...

Das bei Johnny konnte ich vergessen, denn es war nicht so, dass ich in ein paar Tagen wieder angedackelt kommen konnte und er mich dann doch wieder einstellte, weil er meine Situation verstand und Mitleid mit mir hatte. Dieses Mal würde es nicht so sein.
Und allgemein wusste ich nicht, was ich ansonsten im beruflichen Bereich machen sollte. Es gab keinen Job, der mich wirklich interessierte und in dem ich mich sah. Ich sah mich eben nur als Musiker und daran hielt ich schon seit Jahren extrem fest.

Es musste ja nicht unbedingt irgendein Manager von einem riesigen Plattenlabel auf mich aufmerksam werden, aber ich konnte mich ja ruhig wieder auf die Straße trauen und etwas auf meiner Gitarre spielen.
Ich musste ja so oder so etwas Geld verdienen und wenn ich woanders nichts weiter fand, dann konnte ich es ja wenigstens mit etwas versuchen, was ich liebte, wofür ich mich auch tatsächlich interessierte und worauf ich auch wirklich Lust hatte.
Vielleicht würde nicht viel Geld bei rumkommen, aber immerhin so viel, sodass ich mir eventuell etwas zu essen und mir an sehr guten Tagen auch den ein oder anderen Hotelbesuch leisten konnte, denn auf der Straße konnte ja schließlich nicht ständig schlafen und das würde ich auch niemals überleben.

Voller Euphorie, ging ich ins Schlafzimmer und suchte meine Gitarrentasche. Ich wurde schnell fündig, packte meine Gitarre in diese ein und blickte dann zu dem Stapel mit meinen CDs, die eingestaubt auf meinem Nachtschrank standen.
Doch ich verwarf den Gedanken schnell wieder, denn es würde sich sicherlich niemand irgendeine davon kaufen wollen und außerdem waren diese mittlerweile über zwei Jahre alt und mit vielen Songs konnte ich mich selbst nicht mehr wirklich identifizieren.

Außerdem wusste ich selbst noch nicht, ob ich nicht nur Gitarre spielte oder ob ich wirklich noch anfing zu rappen, denn dann wären die CDs extrem überflüssig. Und warum zur Hölle sollte mich auch irgendein Manager oder Musiker ansprechen, der etwas mit mir zutun haben wollte? Ich war doch in keinem scheiß Film.

Ich schulterte nur die Gitarrentasche über meine Schultern, sah aus dem Fenster, um mich zu vergewissern, dass es draußen nicht mehr regnete und zog mir daraufhin Schuhe und Jacke an.
Ich schloss die Wohnungstür ab, seufzte einmal und zögerte nur einmal kurz und fragte mich, ob ich das wirklich machen und wieder auf der Straße spielen sollte.
Aber was blieb mir denn noch anderes übrig? Was hatte ich denn großartig zu verlieren? Ich hatte meinen Job eh schon verloren, meine Wohnung nun auch noch und die Musik war noch meine einzige Lösung, aus dieser ganzen Scheiße noch irgendwas halbwegs Gutes zu machen.

Ich ging mit schnellen Schritten die Treppe herunter, stieß die Haustür auf und ging daraufhin Richtung Bahn, weil ich hier ganz bestimmt nicht allzu viel verdienen würde.

Ich beschloss auf den Weg zur Bahn, dass ich zum Alexanderplatz fahren würde, weil dort sonst auch viele Straßenkünstler auftraten und dort auch gefühlt die meisten Menschen und Touristen waren.

Ich ging fest entschlossen zur Haltestelle, wartete meine Bahn ab und als diese kam, stieg ich augenblicklich ein und ließ mich auf einen der freien Plätze nieder.

Als dann endlich die Haltestelle Alexanderplatz in der grünen Schrift aufleuchtete, erhob ich mich von meinem Sitz, quetschte mich an der jungen Dame mit meinem Gitarrenrucksack vorbei und stieg daraufhin aus.
Mit schnellen Schritten, damit ich nicht in der Masse unterging, ging ich durch die überfüllte U-Bahn-Station, bis ich in Mitten des Alexanderplatzes stand und einmal aufseufzte, als ich realisierte, was ich hier gleich tun wollte.
Ich sah mich um und überlegte mir einen Platz, bei dem ich spielen konnte, wo auch sonst niemand anderes weiter stand und wo mir allgemein keiner im Weg stand, aber wo dennoch genug Menschen vorbeikamen.

Ich beschloss einfach, mich vor den riesigen Primark zu stellen, weil dort relativ viele Menschen entlang kamen und es nicht gerade unwahrscheinlich war, dass ich dort am Ende des Tages nicht den ein oder anderen Cent in der Gitarrentasche hatte.
Ich packte meinen Gitarrenrucksack aus, ließ diesen vor mir geöffnet, damit die Leute mir eventuell etwas Geld hineinschmeißen konnten, schnappte mir mein Plektrum, machte den Gurt um und sah mich in der Gegend um.
Einige Menschen, musterten mich neugierig und ich merkte, wie die Nervosität in mir hoch stieg und ich ein klein wenig Angst in mir aufloderte. Ich wusste ja gar nicht mehr, wie aufregend das Ganze eigentlich für mich gewesen war, wenn mich so viele Menschen ansahen und ich die Aufmerksamkeit komplett auf mich gelenkt war.

Für den Bruchteil einer Sekunde war ich sogar am Überlegen, ob ich nicht doch wieder alles einpackte, die nächste Bahn nahm, zurück nach Hause fuhr und dann im Internet nach einen Job suchte, bei dem ich irgendwelche Chancen hatte.
Doch dann sagte die vernünftige Stimme meines Kopfes, dass ich es ruhig probieren sollte, ich doch sowieso keinen anderen Job annehmen wollte und ich es eventuell noch bereuen würde, wenn ich es doch nicht machte. Natürlich musste ich der Kopfstimme Recht geben, denn sie hatte so gut wie immer Recht und wusste, was richtig und gut für mich war.
Also schloss ich einmal die Augen, atmete tief durch, ging nochmal etwas in mich, sah mich noch einmal in der Gegend um und nahm dann allen Mut zusammen und begann einfach mit den Spielen.

Ich spielte Lieder, die man von der Melodie her einfach kannte, Lieder, die ich selber geschrieben hatte und alles mögliche, was mir in den Kopf kam, um die Aufmerksamkeit der Leute auf mich zu lenken und etwas Geld zu verdienen.
Ich tat einfach alles, damit die Menschen, die an mir vorbeigingen, kurz stehenblieben, ihr Portmonee zückten und mir etwas Geld in die Gitarrentasche warfen, damit ich mir heute Abend wenigstens etwas zu essen kaufen konnte und nicht verhungern müsste.
Also schlug ich lächelnd in die Saiten, spielte mir die Finger blutig und hoffte einfach darauf, den ein oder anderen Cent zu verdienen, um mich wenigstens etwas reich und nicht komplett verloren in dieser Welt zu fühlen.

[...]

Als ich mich, nach vier Stunden des Finger blutig spielen, dazu entschlossen hatte, alles zusammenzupacken, nahm ich all das gesammelte Geld zusammen und begann es zu zählen.
Ich konnte es selbst nicht glauben, als ich realisierte, dass ich tatsächlich einfach mal hundert Euro in innerhalb von vier Stunden verdient hatte.
Ich lächelte, doch wusste, dass das auf Dauer nicht für immer so halten könnte. Es war doch wie bei dem Dealen von Drogen, heute war einfach nur ein guter Tag gewesen und an einem anderen Tag könnte ich nur schlappe fünf Euro in vier Stunden verdienen.
Außerdem müsste ich tagtäglich hierhergehen, um meine Miete und die ganzen Schulden bezahlen zu können und auf Dauer würde das echt nicht gut gehen und mich wahrscheinlich mehr als kaputt machen.

Ich brauchte einfach einen vernünftigen Job mit einem festen Einkommen und zwar mehr als dringend. Doch ich wusste absolut nicht, was ich eigentlich tun sollte, denn ich sah mich einfach in keinem anderen Beruf.
Ich wollte so unbedingt Musiker werden, doch ich konnte nicht tagtäglich auf der Straße spielen und auf Dauer könnte ich mir damit auch nicht wirklich meine Brötchen verdienen, das ging einfach nicht.

Ich seufzte einmal, versuchte diese negativen Gedanken in den Hintergrund zu rücken und schulterte mir die Gitarrentasche über.
Ich wollte mir diesen Erfolg von hundert Euro und ein paar zerquetschten Cent jetzt echt nicht vermiesen, denn wenigstens hatte ich etwas Gutes an diesem grauen Tag erlebt.
Ich sollte mich einfach über diesen kleinen Höhenflug freuen, mir im REWE um die Ecke noch schnell etwas Vernünftiges zu essen kaufen, den Abend gut ausklingen lassen und diese Sorgen viel eher auf morgen verschieben, denn jetzt war erst einmal für den Bruchteil einer Sekunde alles in Ordnung.

Ich zündete mir nach Stunden endlich mal wieder eine Kippe an, zog stark an dieser und ging daraufhin in die Richtung des U-Bahnhofes, um zu meiner Noch-Wohnung zu fahren und den Abend ordentlich ausklingen zu lassen.
Ich überlegte mir schon einmal, was genau ich mir eigentlich zu essen kaufen würde, doch außer einer Tiefkühlpizza und irgendwelchen Fertigfraß, den ich nur warm machen musste, fiel mir nicht viel mehr ein.
Ich konnte so oder so nicht kochen, das würde nur in einer Katastrophe enden und deswegen probierte ich es auch erst gar nicht, sondern machte mir viel lieber etwas in meinem kleinen Mini-Backofen warm. Ich war wirklich ein verdammt unselbstständiger Mensch für meine 27 Jahren.

,,Ey, warte mal!'', rief mir plötzlich eine dunkle Männerstimme zu und ich drehte mich leicht zögerlich um.

Vom Weitem sah ich einen glatzköpfigen Mann, vielleicht gute vier Jahre jünger als ich, der mit schnellen Schritten auf mich zu kam und nicht gerade wirklich friedlich aussah.
Ein wenig Anspannung machte sich nun in meinem Körper breit und ich hatte Angst davor, dass mir dieser Kerl gleich jeden Moment, wegen was auch immer, in die Fresse hauen würde, da er wie ein zwielichtiger Rüppel wirkte.

,,Ähm...ja?'', machte ich nur sichtlich unsicher und ging automatisch einige Schritte zurück.
,,Wie heißt du?'', fragte mich dieser Kerl, der einen Kopf kleiner als ich war und ich legte den Kopf schief.
Warum wollte dieser Typ denn bitte meinen Namen wissen? Hatte es irgendwas mit meinen Drogengeschäften zutun? Suchte die Polizei etwa nach mir und er war Undercover unterwegs, um mich daraufhin zu schnappen und in Handschellen zu legen? Und wer hatte mich bitte verpetzt?

,,T-Tim.'', antwortete ich stotternd und fuhr mir einmal durch die Haare.
,,Ah.'', machte dieser nur und grinste mich daraufhin an.
,,Klingt nicht schlecht was du da machst, Tim.'', sagte dieser Typ dann, grinste noch viel breiter und mir fiel ein Stein vom Herzen. Oh Gott, es ging ein Glück nur um die Musik.

,,Vielen Dank.'', bedankte ich mich lächelnd bei ihm und ging nun wieder einen Schritt auf ihn zu, da ich wusste, dass er mir doch keine in die Fresse hauen wollte.

,,Spielst du schon länger?'', fragte er mich interessiert und zündete sich nun ebenfalls eine Kippe an.
,,Seitdem ich vierzehn bin circa.'', erklärte ich ihm grob und er nickte verstehend.

,,Spielst du nur Gitarre, oder machst du auch noch andere Dinge?'', fragte mich dieser Kerl, dessen Name ich nicht wusste, weiterhin aus und zog einmal an seiner Kippe.
,,Manchmal rappe ich auch.'', antwortete ich ihm fast schon schüchtern und nun spitzte er die Ohren.
,,Ach, was...'', machte er nur und musterte mich einmal von oben bis unten, ehe er lächelte, was mich ein wenig unsicher machte.

,,Ähm...ja. Ich hatte auch schon mal in 'ner Bar ein paar CDs verkauft - ganze zwei. Joa...'', erklärte ich diesem Kerl und kratzte mich unsicher am Hinterkopf, weil ich mir nun wie der letzte Depp vorkam. Warum erzählte ich ihm von meinen Misserfolgen?
,,War das in der Minimal- Bar in Friedrichshain? Ich habe da mal sowas gehört...'', fragte er nach und legte dabei den Kopf schief.
,,Ja, genau in der. Meine Tracks wurden da auch ab und zu mal gespielt.'', erzählte ich ihm weiterhin und er lachte einmal.
,,Ach, dann weiß ich, wer du bist.'', erwiderte er darauf grinsend und ich biss mir auf die Unterlippe. Na super...

,,Ich bin ehrlich zu dir, ich fand das damals zwar schon extrem nervig, dass du andauernd nur davon gerappt hast, wie scheiße dein Leben eigentlich ist, aber du hast Talent.'', sagte dieser Typ nun vollkommen ernst zu mir und legte seine Hand auf meine Schulter.
,,Äh....Dankeschön?!'', bedankte ich mich unsicher bei ihm und lief einmal signalrot an, was er Dank der Dunkelheit ein Glück nicht mitbekommen konnte, weil ich mit der Situation einfach nicht umzugehen wusste.
Ein wenig peinlich war es mir ja schon, so auf meine Musik angesprochen zu werden. Es war mir auch schon damals extrem unangenehm gewesen, Johnny meine fertige Platte vorzuspielen, aber ihn kannte ich ja im Gegenzug zu diesem Typen.

,,Machst du Musik eigentlich hauptberuflich?'', fragte er mich dann, als wir für eine kurze Zeit miteinander geschwiegen und ich in dieser Zeit meine Kippe aufgeraucht hatte.
,,Ne, nur so zwischendurch. Aber keine Ahnung, wohin mich mein Weg nun leitet, denn ich habe heute meinen Job gekündigt bekommen...'', erzählte ich ihm und seufzte einmal.
,,Oh, das tut mir leid.'', pustete er geräuschvoll die Luft aus und sah mich einmal mitleidig an. Wow, es gab tatsächlich noch Leute da draußen, die Mitleid mit mir hatten.

,,Allgemein 'n richtiger scheiß Tag. Erst wird mir der Job gekündigt, dann die Wohnung, neue Rechnungen und Mahnungen im Briefkasten und ich weiß einfach gar nicht, wie ich das Alles ohne einen Cent auf der Bank machen soll.'', schüttete ich diesem Kerl, den ich gerade mal geschlagene fünfzehn Minuten kannte, mein Herz aus und fuhr mir aufgebraucht durch die Haare.
Ich wusste überhaupt nicht, wieso ich ihm das eigentlich erzählte, denn eigentlich ging es ihn doch gar nichts an und vielleicht interessierte es ihn auch gar nicht, was ich da eigentlich laberte und was für Probleme ich so hatte.
Bestimmt wollte dieser Typ nur mit mir zusammen etwas über die Musik reden, weil er auch welche machte oder es ihn eben interessierte. Aber ganz bestimmt wollte dieser Kerl nicht wissen, wie mein heutiger Tag und mein ganzes, schreckliches Leben eigentlich so verlaufen war und wie schlimm ich es doch eigentlich hatte. Der hatte doch schließlich auch seine Lasten zu tragen...

,,Oh, echt? Son Dreck aber auch, dass dich das Leben so bestraft.'', erwiderte dieser Typ, schüttelte einmal mit dem Kopf und musterte mich einmal vollkommen mitleidig von oben bis unten.
,,Warum hast'n deinen Job verloren? Hast du irgendwas so schlimmes angestellt, sodass du da nie wieder Fuß fassen kannst, oder was?'', fragte dieser Kerl nun und verschränkte die Arme vor der Brust.
,,Na ja, weil ich halt auf Arbeit meinem Chef Geld geklaut habe, immer zu spät gekommen bin, die Kunden auch nicht gerade super behandelt habe und na ja, weil man mich auch beim Verticken von Drogen erwischt hat und das bei meinen anderen Kollegen nicht gerade einen guten Blick auf mich geworfen hat.'', erklärte ich diesem Typen und wusste überhaupt nicht, wieso ich ihm das Alles eigentlich anvertraute.
Doch dieser Mann hatte so eine Art an sich, bei der ich wusste, dass ich ihm diese Probleme ruhig anvertrauen konnte. Außerdem wirkte er auch so, als würde ihn meine Probleme tatsächlich interessieren und vielleicht hatte er ja auch eine Lösung für diese parat, was ich aber auch eher zu bezweifeln schien.

,,Und warum verlierst du jetzt deine Wohnung? Deinen Job hast du doch heute erst verloren. Da kannst du doch jetzt nicht auch sonst was für Schulden haben.'', fragte dieser Kerl mich weiter aus und ich seufzte.
,,Doch, ich hab' meine Miete nämlich zwei Monate lang nicht bezahlt. Weißt du, mein Job war auch nur son Aushilfsjob und da hab' ich auch nicht wirklich viel verdient - gerade mal so viel, um über die Runden zu kommen.'', erklärte ich ihm und musste mir die Tränen zurückhalten, als ich das Alles einmal aussprach und es mir richtig vor Augen führte.
So scheiße, wie sich mein Leben auch gerade anhörte, so scheiße war es halt leider auch wirklich und es tat einfach nur weh, dass ich nicht so einfach etwas daran ändern und mich, wie andere eben, einfach so aufrappeln und einen Neuanfang beginnen konnte.

,,Pass' mal auf, ich kann dir irgendwie, mehr oder weniger, aus deiner Situation helfen.'', fing dieser Typ an und nun spitzen sich meine Ohren.
,,Wie denn?'', fragte ich neugierig nach und sah ihn erwartungsvoll an.
,,Ich bin gerade dabei, mir ein eigenes Standbein mit einem Label zu machen und ich bin mir ziemlich sicher, dass du dort ziemlich gut reinpasst.'', erzählte mir dieser Kerl und meine Kinnlade klappte mit einem Mal herunter.

,,Warte, du willst mich in deinem Label haben?! Ernsthaft?'', fragte ich fassungslos nach und er nickte augenblicklich.
,,Aber denkst du denn wirklich, dass das etwas Ernsthaftes werden könnte?'', harkte ich leicht skeptisch nach, da ich echt nicht so recht wusste, ob sowas tatsächlich so einfach ging.
Nicht, dass das nur ein paar Monate gut ging, ich etwas Kohle verdiente und dann am Ende in genau derselben Scheiße wie jetzt auch steckte und dann kein Kerl mehr vorbei kam, um mich in sein Label zu holen.

,,Na ja, der Eine von uns hat schon einige Gigs an Land gezogen, sich einen Namen in der Rapszene gemacht und wer weiß, vielleicht wird es bei dir ja auch soweit kommen.'', erwiderte er darauf beruhigend und lächelte mich ehrlich an.
,,Wirklich, ich erzähle dir da keine Scheiße und du kannst mir ruhig vertrauen. Ich will nicht nur irgendein krummes Ding mit dir drehen, sondern ich will nur etwas mit dir zusammen starten, wenn du das denn eben auch möchtest.'', fügte dieser Typ, dessen Namen ich immer noch nicht wusste, hinzu und sah mich genau wie sein Lächeln an.
,,Ich kann es mir ja mal überlegen. Es ist schon immer mein Traum gewesen, Musiker zu werden und es wäre echt ziemlich krass, wenn sich das verwirklichen und ich auch noch damit Geld verdienen würde.'', meinte ich noch nicht ganz so schlüssig und grinste ihn einmal schief an.
,,Du kannst es dir ja noch überlegen, muss ja nicht auf die Schnelle gehen. Die anderen Jungs und ich würden uns sehr darüber freuen, wenn du bei uns mitmachen würdest. Ich denke, du würdest dich auch ziemlich gut mit ihnen verstehen.'', erwiderte er lächelnd und klopfte mir einmal freundschaftlich auf die Schulter. Ich schenkte diesem Typen ein Lächeln zurück und dann musterte er mich noch einmal haargenau von oben bis unten.

,,Aber jetzt gehen wir erst einmal auf meine Kosten was essen, an dir ist ja kaum was dran, Junge.'', sagte dieser Kerl dann und deutete auf meinen ziemlich dünnen Körper.
,,Du brauchst mir das doch nicht bezahlen, ich hab' doch mein eigenes Geld.'', erwiderte ich direkt und schüttelte einmal mit dem Kopf, weil ich echt nicht wollte, dass mir, vor allem ein wildfremder Mann, mein Essen bezahlte.
,,Hör' auf jetzt mit mir darüber zu diskutieren. Ich bezahl' dir das, denn irgendwann wirst du mir eh genug Kohle bringen.'', lachte er nur und legte den Arm um meine Schulter, um mich daraufhin Richtung U-Bahn-Station zu ziehen.

,,Und um deine Wohnung und deinen Job musst du dir auch keine Sorgen machen. Zur Not kannst du einfach erstmal bei mir leben und wenn es mit der Musik erstmal läuft, dann ist das alles überhaupt keine Sorge mehr.'', versicherte er mir grinsend und ließ mich dann los, als wir die Rolltreppe passierten.
,,Du brauchst mir doch nicht so helfen. Das wird schon alles irgendwie und wenn, dann schlafe ich erst einmal auf der Straße, alles gut.'', stritt ich seine Hilfe direkt ab, weil ich mich nicht in irgendeine Scheiße reiten wollte, wenn das mit der Musik doch nicht klappen und ich diesem Typen doch keine Kohle bringen sollte.
,,Ey, ich bin zwar son reicher Penner, aber ich helfe, wo ich nur kann. Außerdem scheinst du ziemlich nett zu sein und irgendwann, wenn wir mit der Musik erfolgreich sind, werden wir über diese ganze Situation lachen.'', beruhigte mich dieser Kerl lachend, lächelte mich an und ich schenkte ihm dieses zurück.

,,Schon krass, wie du daran glaubst.'', erwiderte ich seufzend und wäre liebend gerne auch so optimistisch.
,,Man soll an seine Träume glauben und an diese festhalten, denn erst dann erreicht man sie auch.'', sprach er mir gut zu und wir warteten daraufhin auf die Bahn.
Als wir auf diese warteten, verriert mir dieser Typ, der auf den Namen Benni hörte, dann endlich mal auch seinen Namen und wir redeten darüber, wer die zwei anderen Jungs waren, die ebenfalls bei dem Label unter Vertrag waren.

Natürlich sagte mir der eine Name der beiden schon etwas und ich hätte nicht gedacht, dass ich ernsthaft ausgerechnet mit dem Manager von diesem großartigen Künstler sprach und dieser einen Hauch von Potenzial und Talent in mir sah.
Da ich wusste, dass er es tatsächlich ernst mit mir meinte und nicht nur wirklich auf das Geld aus war, sagte ich dann doch, nach kurzem Zögern, der ganzen Sache zu und hoffte, dass das alles auch genauso klappen würde, so wie sich Benni das auch vorstellte und ich mir erhoffte.
Aber erst einmal stiegen wir in die Bahn, suchten uns einen Platz und fuhren dann Richtung Charlottenburg, wo wir uns daraufhin in ein Restaurant setzten, uns etwas zu essen bestellten und ein wenig über die Musik, meine Probleme und alles mögliche quatschten.

-Vier Jahre später-

,,Alter, guckt euch mal diese Menge an.'', sagte Stefan und deutete hinter den Vorhang.
Ich lugte hinter diesem hervor und war ziemlich geflasht von der Anzahl der Menschen, die alle heute ganz allein' nur wegen uns hierhergekommen waren, um uns live und in Farbe zu sehen.
,,Krass, alter...'', bekam ich nur heraus und wollte mir gar nicht vorstellen, wie viele Menschen dort insgesamt standen. Fünfhunderttausend? Zehntausend? Auf jeden Fall waren es wirklich verdammt viele auf einem einzigen Fleck.

Ich drehte mich breit grinsend um und vor mir stand nun Benni, der mich einmal lächelnd von oben bis unten musterte.
,,Na, Wolbers.'', begrüßte er mich durch seine Kippe nuschelnd und trat näher auf mich zu.
,,Benni, hast du schon die Masse an Menschen gesehen, die ganz alleine wegen uns gekommen sind?'', fragte ich ihn fassungslos und deutete durch die kleine Lücke beim Vorhang.
,,Ja, schon heftig...'', gab er zu und zog einmal an seiner Zigarette.

,,Hätte uns das mal einer vor vier Jahren gesagt, dass wir eh vor so einer versammelten Mannschaft spielen würden, hätten wir dieser Person höchstwahrscheinlich den Vogel gezeigt.'', sagte ich lachend und schüttelte einmal mit dem Kopf, als ich an mein naives Ich zurückdachte.
Ich stand dieser ganzen Band-Sache noch Monate danach ziemlich skeptisch und pessimistisch gegenüber, weil ich mir einfach nicht so ganz vorstellen konnte, dass das wirklich etwas werden konnte und überhaupt irgendeiner unsere Musik hören wollte.
Doch jetzt stand ich dieser ganzen Sache mit der Band ziemlich begeistert und optimistisch gegenüber, weil ich wusste, dass es Leute da draußen gab, die unsere Musik wirklich mochten, hörten und auch extra ihr gut verdientes Geld dafür ausgaben, um uns live sehen zu können.

,,Was dein verzweifeltes, fast obdachloses und jobloses Ich wohl jetzt dazu sagen würde, wenn es das sehen würde.'', erwiderte Benni grinsend und sah mich vielsagend an.
,,Es würde auf jeden Fall tot umkippen, wenn es erfahren würde, wohin ich es eigentlich mit deiner Hilfe geschafft habe.'', lachte ich und lächelte meinen Freund glücklich an.
,,Dankeschön.'', bedankte ich mich lächelnd bei ihm und er verdrehte einmal die Augen.

,,Hör' auf dich ständig deswegen zu bedanken. Du weißt doch, dass ich dich liebend gerne aus der ganzen Scheiße gerettet habe.'', erwiderte er darauf nur genervt, doch ich sah, dass er sich ein Lächeln trotzdem nicht verkneifen konnte.
Als ich Ende des Monats, weil ich die Miete eben nicht bezahlen konnte, von meinem Vermieter aus der Wohnung geschmissen wurde, stand Benni keine halbe Stunde später mit einem riesigen Transporter vor meinem Block und hatte mit mir zusammen die gesamte Wohnung ausgeräumt.
Ich war noch am selben Tag direkt in seine riesige Wohnung eingezogen und Benni hatte sich in dieser Zeit mehr als fürsorglich um mich gekümmert. Auch wenn mich die Gewissensbisse bis heute noch plagten, hatte er mich immer wieder beruhigt und mir immer weiß gemacht, dass das überhaupt nicht schlimm wäre.

Noch im selben Jahr hatten wir mit unserem allerersten Bandalbum begonnen, Lukas hatte sein nächstest Soloalbum herausgebracht und von da an ging es nur noch bergauf mit uns und auch ich wurde zu einem immer besseren Menschen, desto mehr Platten und Konzertkarten wir verkauften.
Ich hatte mich mit meiner Familie wieder vertragen, von den Drogen, bis auf Weed und Alkohol, war ich auch halbwegs weg gekommen und meine Depressionen hatte ich mittlerweile auch ziemlich gut im Griff und es gab kaum noch Tage, an denen sie mich überwiegten.
Mittlerweile hatte ich keine Schulden mehr, sondern konnte sie über die Jahre begleichen, ich hatte meine eigene Wohnung, die ich auch selber bezahlen konnte und alleine bekommen hatte, und vor allem hatte ich auch ständig einen vollen Kühlschrank musste mir kaum noch Sorgen um Geld oder sonstiges machen.
Und dann gab es da noch einen sehr wichtigen Nebeneffekt, der mir zu meinem vollständigen Glück verholfen, dem ich so viel zu verdanken und, was mich endgültig wieder zum Lächeln und Lachen gebracht hatte. Dieses glück stand nur einige Meter von mir entfernt und kam geradewegs breit lächelnd auf mich zu.

,,Lukas, hast du schon gesehen, was da für eine krasse Masse an Menschen steht?'', fragte ich meinen festen Freund und deutete, ähnlich wie bei Benni, durch den kleinen Schlitz beim Vorhang.

Lukas sah durch diesen, seine Augen weiteten sich augenblicklich und er staunt ebenfalls nicht schlecht, als er die Masse an Menschen sah, die sich heute ganz alleine nur wegen uns heute hier versammelt hatten.
,,Wow, das ist wirklich krass...'', hauchte er nur und wendete sich dann wieder an mich.

,,Hätte uns das mal einer vor vier Jahren gesagt, dem hätten wir doch den Vogel gezeigt und für verrückt erklärt.'', seufzte ich grinsend und sah meinen Freund einmal vielsagend an.

,,Hätte mir mal einer vor vier Jahren gesagt, dass ich meinen Seelenverwandte durch ein Meeting von Benni kennen lerne.'', erwiderte er darauf nur lachend und ich verdrehte die Augen.
,,Idiot.''

Dann packte mich Lukas an der Hüfte, lächelte mich vollkommen breit und verliebt zugleich an, ehe er seinen Kopf zu mir herunter bewegte und daraufhin unsere Lippen miteinander vereinte.
Ich legte währenddessen meine Hände in seinen Nacken, zog ihn dabei noch viel dichter zu mir und konnte es einfach immer noch nicht fassen, dass sich so ein wundervoller Mann wie Lukas in mich verliebt hatte.
Noch viel breiter musste ich in den Kuss hineinlächeln, als unsere Fans den Namen unserer Band in regelmäßigen Abständen riefen und nur noch heiß darauf brannten, dass wir endlich auf die Bühne traten.

,,Hallo Welt, ich bin nun endgültig glücklich.'', sagte ich leise und versuche ein Lachen.

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