Mein Blick verlor sich in der kleinen Kerzenflamme. Ich wollte weinen, konnte aber nicht. Verkrampft sah ich auf das zerknitterte Foto in meinen Händen. Es war erst wenige Tage alt und trotzdem schon ziemlich abgenutzt. Wir waren an unserem Lieblingsplatz, einem tiefen Fluss mitten im Wald, gewesen. Wie immer hatten wir unsere Sachen einfach auf den Boden geschmissen und waren schnell ins kühle Nass gesprungen. Dann waren wir abgetaucht, um zu sehen, wer länger die Luft anhalten konnte. Wir tauchten gleichzeitig auf und warfen unsere Köpfe nach hinten. Das Foto in meiner Hand war das letzte von uns beiden. Der neugierige Nachbarsjunge war uns gefolgt, hatte das Bild genau im richtigen Moment geschossen und wir hatten es auf dem Rückweg ausgedruckt. Zögerlich hielt ich das Foto ins Feuer. Während ich beobachtete, wie das Papier langsam schwarz wurde, fühlte ich eine Leere, eine Einsamkeit in mir, wie nie zuvor. Jetzt erst realisierte ich, woran das lag. Meine Zwillingsschwester war fort. Sie war gegangen. Für immer. Ich zog das Bild aus der Flamme. Nur noch ich war zu sehen. Sie war abgebrannt und hatte mich alleine gelassen. Wie passend. Sie war verschwunden. Sie war tot. Und endlich löste sich die erste Träne.