Der neue Hund
Unser Auto hält vor einem großen, sympathisch aussehenden Haus. An der Gartenpforte hängt ein Schild mit dem Foto eines Golden Retrievers und der Aufschrift Hundezucht.
Ich steige aus dem Wagen und kann vor Aufregung kaum still stehen. Ich wünsche mir schon einen Hund, seit ich denken kann. Und nachdem wir vor ein paar Monaten in ein größeres Haus gezogen sind, haben es meine Eltern endlich erlaubt.
"Nur dass das klar ist", ermahnt mich mein Vater zum gefühlt tausendsten Mal an diesem Tag, "Es ist dein Hund und du wirst dich um ihn kümmern. Also Füttern, Gassigehen, das volle Programm!" "Ja-ha, Papa", sage ich mit Nachdruck, "Das haben wir doch schon tausendmal durchgekaut!"
"Na gut", meine Mutter lächelt mich an und klingelt an der Tür.
Kurz darauf öffnet uns ein älteres Ehepaar. Sie stellen sich als Herr und Frau Černý vor und bitten uns freundlich herein.
Wir werden ins Wohnzimmer geführt. In der Tür klemmt ein Brett als Ansperrung, damit die Welpen nicht raus können. Wir steigen drüber und sehen uns im Raum um. In einer Ecke liegt eine Golden-Retriever-Hündin. Als wir hereinkommen, hebt sie kurz ein Augenlid, rührt sich aber nicht vom Fleck.
Hinter ihr beginnt jedoch etwas zu wuseln und gleich darauf kommt ein Dutzend winziger Welpen hinter ihrer Mutter hervorgekrabbelt.
Ich quietsche entzückt auf und schlage mir die Hände vor den Mund: Die kleinen sind die süßesten Wesen, die ich je gesehen habe! Auf ihren kurzen Beinen kommen sie auf uns zugetapst, hüpfen aufgeregt um uns herum und wedeln mit ihren Schwänzchen um die Wette.
Einer beginnt an meinen Sneakers zu knabbern. "He, du Frechdachs!", kichere ich, gehe in die Hocke und kraule das Hündchen vorsichtig hinter den Ohren. Es schleckt mir über die Hand und mein Herz schmilzt dahin.
"Mama, Papa, den nehmen wir!", rufe ich meinen Eltern zu, während ich den Welpen behutsam hochnehme. "Es ist eine Sie", verbessert Herr Černý mich freundlich, "unsere kleine Freche. Sie macht ziemlich gern Quatsch und wird wahrscheinlich schwer zu erziehen sein, also lassen Sie sich mit der
Entscheidung ruhig noch ein wenig Zeit." "Nein", ich schüttele nachdrücklich den Kopf, "Sie gehört zu mir, das spüre ich!"
Meine Mutter lacht: "Also, das nenn ich mal Liebe auf den ersten Blick! Na, dann lass dich mal ansehen, du angeblich so freches Hündchen!" Sie kniet sich neben mich und die kleine Hündin auf den Boden und freundet sich relativ schnell mit ihr an.
"Und, hast du schon eine Idee, wie sie heißen soll?", fragt mein Vater, der sich nun ebenfalls zu uns auf den Boden hockt. Ich gucke meinem zukünftigen Hund in die glänzenden dunkelbraunen Augen und antworte sofort: "Charli. Sie sieht doch aus wie eine Charli, oder?" Mein Vater zuckt mit den Schultern: "Wenn du meinst. Also dann, Charli, herzlich willkommen in unserer Familie!"
Leider dürfen wir Charli nicht sofort mit nach Hause nehmen, denn sie ist erstens noch zu klein und braucht ihre Mutter, und zweitens haben wir zu Hause noch nicht das benötigte Zeug. Wir müssen Hudekorb, Leine, Futter und so erst noch kaufen.
Schweren Herzens verabschiede ich mich also von meiner Hündin und ihren Geschwistern.
Zwei Wochen später ist der langersehnte Tag dann da. Heute werden wir Charli endlich zu uns nach Hause holen.
Ich stehe mit einer nagelneuen Transportbox in der Hand vor der Haustür der Černýs und warte darauf, dass uns jemand aufmacht.
Endlich öffnet sich die Tür und eine etwas gehetzt aussehende Frau Černý steht auf der Schwelle. "Ah, Hallo, Sie wollten ja heute die kleine Charli abholen", ihre Stimme klingt leicht genervt, "Tut mir leid, Sie müssen jetzt noch ein wenig Geduld haben. Uns sind die Welpen ausgebüxt und stellen jetzt das Haus auf den Kopf..."
"Oh!", macht meine Mutter. "Sollen wir ihnen helfen, sie wieder einzufangen? Dann geht's schneller", schlage ich vor. "Ach, das ist doch nicht nötig!", wehrt die Züchterin ab, fügt jedoch nach einer kurzen Pause hinzu: "Aber nett wäre es schon..."
Also kommen wir mit rein und packen mit an, alle Welpen wieder ins Wohnzimmer zu verfrachten. Das stellt sich als echte Schwerstarbeit heraus!
Die kleinen Racker rennen vor uns davon und verstecken sich an den abgefahrensten Orten - ich fische einen kleinen Rüden aus Frau Černýs Handtasche und meine Mutter entdeckt Charli in einer Schublade im Bad. Die Welpen scheinen großen Spaß an diesem Versteckspiel zu haben.
Aber dann ist es vollbracht. Alle Welpen sind wieder im Wohnzimmer und das Brett steht wieder im Türrahmen und verhindert dass sie wieder abhauen. Aber ich glaube, dazu sind sie jetzt viel zu erschöpft: aneinandergekuschelt dösen alle im Körbchen.
"Puh!", Herr Černý wischt sich über die Stirn, "Danke nochmals für Ihre Hilfe. Kommen wir jetzt dazu, weswegen Sie eigentlich hier sind."
Mama verschwindet mit dem Züchter in einem Nebenraum, um zu bezahlen und Papierkram zu regeln, während seine Frau und ich versuchen, Charli dazu zu motivieren in die Transportbox zu klettern. Mit viel gutem Zureden und einigen Leckerlis klappt es schließlich.
Meine Mutter, Charli und ich fahren nach Hause und ich trage die Transportbox ins Wohnzimmer. "Willkommen zuhause, Charli!", flüstere ich und öffne die Klappe.
Zunächst passiert nichts. Dann streckt sich vorsichtig ein helles Schnäuzchen ins Freie. Dem Schnäuzchen folgt der Kopf, eine Pfote, und schließlich tapst Charli zögerlich ins Freie. Sie scheint sich sofort wohlzufühlen und beginnt alles zu beschnuppern.
Und ich knie auf dem Boden und sehe stolz dabei zu, wie der kleine Hund das Wohnzimmer erkundet.
Mein Hund.
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