Thema 3: Farbtraum
Nach laaaanger Zeit Mal wieder ein OS zu dieser Aktion. Zeitlich hat es bei mir leider in letzter Zeit nicht so wirklich gepasst, aber -großes aber- ich hab das hier nicht vergessen und auch ein paar Ideen für diesen OS.
~~~ TN: In diesem OS werden sensible Themen wie Depressionen und Suizid behandelt ~~~
Gelb, dachte sie, gelb wie die Sonne, die den Menschen auf der Erde Fröhlichkeit und Hoffnung schenkte.
Grün, wie die Natur, die den Menschen inneren Frieden und Stabilität brachte.
Hellblau, machten ihre Gedanken einfach weiter, ignorierend wo sie gerade war, wie der Himmel eine unendliche Freiheit ausstrahlte und einem Ruhe brachte.
Dunkelblau, wie der tiefe Ozean, der einem die Unendlichkeit der Welt aufzeigte. Ein Dunkelblau, das auch für all die Tränen auf dieser Welt stand.
Violet, ging es weiter, violett, wie die Energie und Leidenschaft einer blühenden Blume im Frühling.
Und pink. Pink, für die Romantik in dieser Welt.
All diese Farben vereint auf einer einzigen Leinwand. Ayla strich vorsichtig über den unbemalten Rand.
Nicht nur einer Leinwand, kam es ihr in den Sinn, der Leinwand des Lebens; eine Leinwand für jeden.
Sie selbst hatte so eine Leinwand; sie selbst hatte sie angemalt.
Aylas Augen sahen weiter fasziniert auf das Gemälde vor ihr. Dann seufzte sie. Sie hatte sie selbst farblos gelassen. Sie selbst hatte bunteste Farben grau werden lassen.
Ihr Blick wanderte ein wenig links neben das Gemälde, als sie Schritte hörte; blieb an einem kleinen Schild hängen. "Farbtraum", war als einzige Inschrift auf diesem zu lesen.
Sie sah zurück.
Farb-traum, wie passend das war. So viele Farben, die das Leben beschrieben. Farben, die nicht auf jeder Leinwand in gleichen Mengen vorhanden waren. Farben, die viel gleichmäßiger verteilt werden sollten. Farben, die einen träumen ließen; die einen hoffen ließen. Die sie hoffen ließen, ihre Leinwand wieder mit Farben zu schmücken.
~~~
„Wer hat das gemalt?" Ayla hatte den Krankenpfleger, der gerade in ihr Zimmer gekommen war, nicht mal begrüßt. Sie wollte wissen, wem sie zu verdanken hatte, dass sie das erste Mal seit über einem Jahr das Gefühl hatte, dass sie das alles schaffen konnte.
Mark, so hieß der junge Mann, wenn sie sich recht entsinnte war sichtlich überrascht. Ayla hatte in der Zeit in der sie hier war, erst wenig gesprochen. Und auch dann nur das nötigste. Nicht Mal, die ihr zugewiesene Psychologin hatte bisher viel mit ihr sprechen können, geschweigedenn dass sie das Gefühl gehabt hatte, sie wären den vergangenen 3 Monaten auch nur einen Schritt vorwärts gekommen.
„Ähm... Warte einen Moment, ja?" Mark stellte das kleine Becherchen mit ihren Medikamenten ab und kam dann auf sie zu. Er fuhr sich seufzend mit der Hand einmal durch die dunkelblonden Haare, als er neben ihr zum stehen kam, bevor er von Ayla weg, ebenfalls zu dem Bild sah.
Er erinnerte sich noch gut daran, wie sie an es gekommen waren, doch war er sich nicht sicher was er der gerade mal sechzehnjährigen neben sich davon erzählen konnte.
„Ayla? Willst du dich nicht schon Mal setzten? Ich kom' gleich wieder, ja? Warte aber bitte mit dem Nehmen der Medikamente - Du kennst das ja." Der Pfleger zeigte auf ihr Bett und Ayla nickte schnell. Wenn sie so mehr von diesem Farbtraum erfahren konnte, würde sie das tun. Dann würde sie sich hinsetzen und warten.
Und genau das tat sie in den nächsten Minuten. Sie sah von ihrem Bett aus auf all die Farben; lächelte. Ihr erstes Lächeln in diesem Jahr.
Als Mark zurück kam, hatte er die Worte von Aylas Psychologin noch genau im Kopf. Sie hatte etwas gesagt, dass ihn nachdenklich gemacht hatte. „Das Mädchen hat nicht mehr viel Zeit. Wir müssen sie in ein paar Wochen gehen lassen - Ob es ihr besser geht oder nicht und wenn das Bild in ihrem Zimmer uns ein Zugang in ihre Welt sein kann, sollten Sie ehrlich mit ihr sein. Es ist vielleicht unsere einzige und letzte Chance." Also setzte er sich zu ihr und tat das was er für richtig hielt.
„Also was ist jetzt?" Das junge Mädchen wirkte wie ausgewechselt. Da war ein Strahlen in ihren Augen und Vorfreude in ihrer Stimme. Da war keine Leere. In diesem Moment konnte er sie, dass erste Mal sehen ohne, dass er gleichzeitig das Mädchen sah, dass hier vor wenigen Monaten hergekommen war. Die Wunden, die sie sich zugefügt hatte waren mittlerweile zwangsläufig geheilt. Nach außen hin sah sie besser aus, doch bisher war ihm bewusst gewesen, dass sobald sie gehen würde, sie das was sie zuletzt nicht geschafft hatte, zu Ende bringen würde. Und dieses Mal wäre ihre Mutter vielleicht nicht rechtzeitig da, um das Blut zu stoppen, dass unaufhaltsam aus den Aterien von ihrer Hand geflossen waren.
Heute sah er dieses Mädchen nicht.
„Ayla-" setzte er an und sah lächelnd wieder auf das Bild, während sie ihn gespannt ansah. „Der Junge, der vor dir hier, in diesem Zimmer war, Jona." Er blickte für wenige Sekunden zu ihr und lächelte. Er war ein guter Junge gewesen. Er hätte es schaffen können. „Er hat viel gemalt, in den Projektstunden. Das war das einzige, dass er zu Ende gemalt hat. Das Einzige und das letzte." Sie beobachtete wie er zurück zu ihr sah. Seine blauen Augen, blickten direkt in ihre und auch wenn ihr das ein wenig Angst machte, nickte sie leicht.
„Was ist aus ihm geworden?" wollte sie dann wissen.
Mit einem Mal war er wieder unsicher. Genau diese Frage wusste er nicht zu beantworten. Er wollte ihr nicht die Luft aus den Segeln nehmen und gleichzeitig hatte er eine Aufgabe. Er sollte ihr die Wahrheit sagen. Also tat er das. „Er hat's nicht geschafft."
Es waren nur vier Worte, doch Ayla wusste gut was ihr Pfleger ihr damit sagen wollte und schluckte. Sie war dabei erneut auf die verschiedenen Farben zu sehen und er beobachtete sie dabei; wartete auf den Moment weiter zu sprechen, während ihre Gedanken sich überschlugen. Wie alt war dieser Junge gewesen? Was steckte hinter seinem Verhalten? Warum war er hier gewesen?
„Jona war etwa in deinem Alter, vielleicht ein Jahr älter. Er hat sich umgebracht, ein paar Tage nachdem er das hier fertig gemalt hatte." Er zeigte erneut auf Jona's Farbtraum und Ayla nickte nur. „Ich hab' am Abend davor noch mit ihm gesprochen und er meinte, dass er möchte, dass wir sein Gemälde aufhängen, wenn er nicht mehr hier ist, damit es anderen helfen kann. Er mochte es hier nie. Er sagte immer, dass alles so steril sei und dass ihm das nicht helfe. Ich denke ihr zwei hättet euch gut verstanden."
Als er fertig war legte er dem Mädchen neben sich, seine Hand auf die Schulter, woraufhin Ayla aufsah. Ihre Augen glänzten und Mark hoffte inständig, dass er nichts schlimmer gemacht hatte, als es war.
Mit Mühe schaffte sie es ein leises „Er hat Recht..." zu murmeln. Mark rutschte seufzend noch ein Stück näher an sie heran und schlang den Arm von vorher um ihre Schultern. So nah wie heute waren sie sich bisher nicht gekommen und er wollte diese Chance nutzen um eine Basis aufzubauen, die ihnen bei ihrer weiteren Behandlung helfen könnte, wenn er auch wusste, dass er sich in einer Grauzone bewegte. Er sollte für seine Patienten und Patientinnen da sein, aber er durfte kein zu emotionales Verhältnis zu ihnen aufbauen; er musste professionell bleiben, doch bei Ayla fiel ihm das zunehmen schwer.
Sie zögerte kurz, doch dann ließ sie ihren Kopf gegen seine Schulter fallen. Sie ließ sich fallen. Über ihre Wangen liefen Tränen, doch konnte sie wieder atmen. Sie hatte Hoffnung und nur einen Gedanken in ihrem Kopf.
Danke Jona!
~~~
Ende
~1100 Wörter
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Liebe geht raus!
EmmaPuppe schicke dir den OS gleich noch als PN
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