Tee?
„Möchtest du etwas trinken?", frage ich lächelnd. „Hast du Tee?" Ich nicke: „Kamille oder Limette-Hibiskus?" Sie hört mir gar nicht zu. Interessiert schaut sie um sich und scheint mit ihren Blicken alles aufzusaugen, was sie sieht. Sie tut ja fast so, als wäre sie zum ersten Mal hier.
„Elena?" Sie sieht mich an. „Oh, entschuldige. Hibiskus, bitte." Ein etwas verlegenes Lächeln stiehlt sich auf ihre Lippen.
Sie hat wie ich braune Haare, vielleicht etwas heller und auf jeden Fall deutlich länger. Ich mag eigentlich lieber Kleider, oder Mäntel, aber Elena stehen die Jeans und die blaue Bluse sehr gut. Sie ist etwas größer als ich und relativ schlank, worauf ich ein kleines bisschen neidisch bin.
Nach einigen Sekunden merke ich, dass ich immer noch im Türrahmen stehe und sie anstarre. Sofort wende ich mich peinlich berührt um und gehe in die Küche, um den Tee aufzubrühen.
Limette-Hibiskus ist mein Lieblingstee. Außerdem hängen an den Teebeuteln immer irgendwelche Sprüche und Weisheiten. Heute ist es: „Wähle deine Worte mit Bedacht." Wie wahr. Hätte ich das schon immer getan, wäre das letzte Jahr nicht so ein Alptraum gewesen.
Das Wasser hat fertig gekocht und ich gieße es über den Teebeutel. Sofort verfärbt sich das Wasser leicht rosa und der Hibiskus-Duft steigt mir entgegen.
Ich wollte eigentlich keinen Tee, aber jetzt mache ich mir doch einen. „Gebe, vergebe und sei mitfühlend", steht darauf. Ich schnaube. Dann gehe mit den beiden Tassen zurück zu Elena.
Nach einem kurzen Schweigen entschließe ich mich, endlich mal etwas zu sagen. „Ich- ", beginnen wir gleichzeitig, und schauen uns dann kurz verblüfft in die Augen. „Fang du an", sage ich. Elena schüttelt den Kopf: „Mach du nur."
Ich atme tief ein. Es mag leicht sein, zu vergeben, aber es ist eine andere Sache, eine zerbrochene Freundschaft wieder aufzubauen. Ich zögere.
„Mel?" Elena schaut mich fragend an. „Soll ich doch anfangen?"
Kurz bin ich überrumpelt. Sie hat mich bei meinem Spitznamen genannt. Das hat sie seit Ewigkeiten nicht getan. Ich schüttle den Kopf. „Nein, es geht schon", entgegne ich. Ich rühre noch etwas Honig in meinen Tee und beginne dann zu reden: „Wir haben beide Fehler gemacht. Wir beide haben Dinge gesagt, die wir niemals hätten sagen sollen. Und ich glaube wir beide haben ein grauenhaftes Jahr hinter uns, aber ich denke wir könnten wieder Freunde sein. Wie früher, weißt du?"
Ich warte auf Elenas Antwort. Es fühlt sich wie eine Ewigkeit an. Dann nickt sie. „Du hast recht. Ich möchte mich wirklich bei dir entschuldigen." Sie sieht mir in die Augen und ich lächle. „Dann sind wir wieder Freunde?" Sie lacht kurz. „Ja, Mel. Freunde."
Endlich ein neues Kapitel! :3 Kritik ist immer erwünscht! ^^
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