Kapitel 11

Wir saßen zusammen im Gras neben dem Sportplatz. Ich lehnte mich gegen einen Baumstamm und Manu lehnte sich gegen mich. Leise begann der größere zu sprechen: „Als ich klein war, ist meine Mum gegangen. Ich hab damals nicht verstanden warum, inzwischen weiß ich, dass mein Dad sexsüchtig und teilweise sadistisch war und das an ihr ausgelebt hat. Sie wollte mich mitnehmen, aber sie konnte nicht, mein Vater hat das nicht zugelassen.

Ich bin also mit einem Verrückten aufgewachsen, hatte jeden Tag Angst, er könnte so auf mich losgehen, wie er es bei meiner Mutter getan hat. Ich war kaum zu Hause, eigentlich nur nachts, um so lange wie möglich in Sicherheit zu sein. Ich hatte immer Angst, wenn ich im selben Haus war wie mein Vater.

Und als ich zwölf war, hat plötzlich jemand vor unserer Türe gestanden. Ein älterer Herr, der gesagt hat, er wäre mein Opa. Ich hab ihm zuerst nicht geglaubt, ich kannte nur meine Großeltern väterlicherseits, aber als er mir gezeigt hat, dass auf seinem Ausweis Büttinger steht, der Mädchenname meiner Mutter, hab ich ihm geglaubt.

Er hat mich mit zu sich genommen. Jeden Tag war ich bei ihm, immer seltener zu Hause, aber das hat meinen Vater nicht im Geringsten gestört. Der war eher froh, dass er die Nutten, die jeden Tag bei uns zu Hause waren, nicht vor mir verstecken musste.

Bei meinem Opa war ich zum ersten Mal wirklich glücklich. Alles was ich heute kann, hat er mir beigebracht. Auch das Besondere. Naja, irgendwann habe ich dann auch meine Mutter wieder getroffen. Sie hat sich bei mir entschuldigt und ich hab ihr verziehen. Ich konnte sie verstehen, immerhin hatte ich auch mit diesem Mann zusammen leben müssen.

Ich bin zu ihr gezogen, wir haben beide wieder den Namen Büttinger angenommen und ich war nach wie vor oft bei meinem Opa. Meine Mum hielt nicht viel von ihm, sie fand, dass er ein alter Spinner war, aber ich mochte ihn und sie akzeptierte das.

Und jetzt ist er in diesem Altenheim. Er hat mir so viel über das Gedächtnis, über Erinnerungen beigebracht...", bei diesen Worten konnte ich hören, dass Manu schon wieder mit den Tränen zu kämpfen hatte, „und jetzt erinnert er sich nicht mal mehr an meinen Namen. Ich muss ihm jeden Tag wieder sagen wer ich bin, damit er mich erkennt. Aber ich habe Angst, dass er das irgendwann nicht mehr tut. Dass er nicht mehr weiß, wer ich bin, mich nicht erkennt und Angst vor mir hat, weil ich, ein Fremder, einfach in seinem Zimmer aufgetaucht bin."

Ich drehte mich leicht zur Seite und nahm Manu in den Arm. Drückte ihn an mich und wollte ihn spüren lassen, dass er nicht alleine war. Wollte auf ihn aufpassen.

Wir blieben noch lange sitzen, dort unter dem Baum, und redeten. Die Schule hatten wir beide vergessen. Ich erzählte etwas über mich und Manu noch mehr über sich. Wir lernten uns kennen. Ich vertraute mich zum ersten Mal jemandem an und war mir sicher, dass meine Geschichte bei ihm in guten Händen war.

Ich vertraute Manu so gut wie meiner Schwester oder meinen Eltern. Ich wusste nicht warum, aber ich hatte das Gefühl, dass wir uns zu ähnlich waren, um uns gegenseitig zu verraten. Beide Außenseiter, irgendwie...

Als wir uns dann schließlich doch auf den Weg zurück zur Schule machten, hatte bereits die vierte Stunde angefangen und ich war mir nicht sicher, ob Manu es schaffen würde, uns Beide aus diesem Schlamassel heraus zu reden, doch das musste er nicht einmal, denn wir hatten Frau Sirski, die gutgläubigste Lehrerin überhaupt.

Er brauchte nur erzählen, wie schlecht es ihm gegangen war und die Frau glaubte ihm sofort. Sie riet ihm, sich hin zu setzen und das Fenster zu kippen, was er schließlich auch machte. Dann ließen wir uns beide auf unsere Plätze fallen und sofort wurde ich von Freddie mit Fragen bombardiert, auf die ich entweder sehr ungenaue oder überhaupt keine Antworten gab.

Ich würde keine Geheimnisse ausplaudern und dazu gehörte auch, dass niemand erfahren würde, wo Manu und ich gewesen waren. Ich sah zu dem Grünäugigen neben mir, der mich auch gerade ansah und so trafen sich unsere Blicke. Erst starrten wir uns nur an, dieser Bann, der mich auch im Schulbus schon dazu gebracht hatte, ihn anzuglotzen, sorgte auch jetzt dafür, dass ich meine Augen nicht abwenden konnte.

Irgendwann machte Manu allerdings eine Handbewegung und schielte dann auf die leere Fläche zwischen unseren Tischen. Kurz sah ich ihn verwirrt an, dann verstand ich und nickte. Sofort schob Manu seinen Tisch zu mir und zog dabei die Schultasche hinter sich her.

Das Ganze machte er so leise, dass nicht einmal Freddie etwas davon mit bekam. Grinsend saßen wir also nebeneinander, hörten uns an, was Frau Sirski zu sagen hatte und langweilten uns. Naja, ich langweilte mich, zumindest bis zu dem Zeitpunkt, an dem Manu unter dem Tisch nach meiner Hand griff und sie fest hielt.

Unsere Finger verschränkten sich miteinander und jede Bewegung seinerseits, die ich spüren konnte, jagte mir ein glückliches Kribbeln durch den Bauch. Als Manu anfing, mit seinem Daumen über meinen Handrücken zu streicheln, legte sich automatisch ein Lächeln auf mein Gesicht und am liebsten hätte ich meine Augen geschlossen, um die Berührung noch besser spüren zu können.

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Ja heyyyyyy

Liegt bei euch eigentlich Schnee?

Bei uns is nur überall Schneematsch :c

Hoffentlich wird das bis Weihnachten wieder ^^

Bye!

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