2016

Lächelnd lehnte der Mann sich an sein Gegenüber, entschloss sich, der Stimme weiterzulauschen.

"2016

Ich kenne Manu zwar noch nicht so wahnsinnig lange, aber wir sind so gute Freunde geworden. Bei Freedom unterstützt er mich so unglaublich, ich weiß nicht, was ich ohne ihn tun würde..."

Die Stimme verstummte, und ein Arm legte sich um den Mann.

"Ich bin froh, dass ich dabei sein durfte, Paddy. Weißt du noch, das eine Mal, wo du im vier Uhr nachts eine Idee hattest und sie mir unbedingt mitteilen wolltest?", er lachte.

Der Mann presste seine Augen zusammen, versuchte sich daran zu erinnern. Doch es war leer.

Er schüttelte traurig den Kopf.

"Ich war zufällig noch wach, am Schneiden", fügte die Stimme leiser hinzu.

"Da ist nichts", flüsterte der Mann mit Tränen in den Augen, fast schon verzweifelt, denn diese Erinnerung war für immer verschwunden.

Arme schlossen sich sanft um seinen Körper, zogen ihn sanft an die Brust des anderen, wo er dessen Herzschlag hören konnte, und beruhigende Worte drangen an sein Ohr.

Irgendwann entspannte er sich wieder ein wenig, und der andere fuhr fort.

"Du hast mir von deiner Idee erzählt, mit so einer Begeisterung, die mich auch sofort gepackt hat. Zusammen haben wir deine Idee ausgearbeitet, und am nächsten Tag Zombey und Maudado erklärt. Ich weiß noch ganz genau, wie Zombey sie anfangs überhaupt nicht gut fand, aber Dado ihn dann überzeugt hat. Tja, Zomdado war schon immer irgendwie real"

Leises Lachen.

"Genauso wie Kürbistumor"

Ein Streicheln über die Haare.

"Mit dem Unterschied, dass Zomdado nicht wirklich echt geworden ist. Wir schon."

Ein sanfter Kuss.

An Maudado konnte er sich noch gut erinnern. Dieses unverkennbare Kichern, diese Uploadzeiten. Der Student, der tagsüber schlief und vegetarisch lebte. Der selten einkaufen ging und manchmal Aufnahmetermine verschlief. Der wie ein verrückter Schneckchen auf Autogramkarten gemalt hatte, als er erstmals Kissen verkauft hatte.

Eine der liebenswertesten Personen, die er kannte.

Er hatte sich zwar nie privat mit ihm getroffen, doch das musste seiner Meinung nach auch nicht sein. Damals war es normal, mit gesichtslosen Leuten aufzunehmen und trotz der Anonymität Freundschaften einzugehen. Der Kontakt war über die Jahre sowieso eingeschlafen. Als er mit YouTube aufgehört hatte, hatten sie sich zwar geschworen, trotzdem noch privat zusammen zu zocken, doch mit den Jahren kamen die verschiedensten Interessen auf, ohne weitere Gemeinsamkeiten.

Und dann gab es da noch Zombey. Mit ihm hatte er noch regelmäßig Kontakt, doch die meisten Gespräche verliefen oberflächlich.

Seine Hunde waren inzwischen verstorben, seine Frau litt an irgendeiner Krankheit und brauchte seine ständige Aufmerksamkeit und Hilfe, weswegen er seine wenige Freizeit nicht mit zocken verbringen wollte. Wenn er Zeit hatte, telefonierte er ab und zu mit Patrick, erkundigte sich, wie es ihm und Manuel ging, und manchmal, wenn beide ganz viel Zeit hatten, schmissen sie ihre Computer an, trafen sich auf Skype und lachten gemeinsam über alte Minecraft Murder Folgen.

Und genau diese Momente waren die einzigen, die Patrick und Michael noch wirklich verbanden. Die ihre gemeinsame Vergangenheit wieder aufleben ließen und sie an ihre langjährige Freundschaft zurück erinnerte.

Doch diese Momente waren selten, sehr selten, und das stimmte Patrick traurig.

Früher hatte er geglaubt, der Freedomsquad würde für immer sein, doch das Leben entschied anders. Und auch zu all den anderen ehemaligen Kollegen, Sebastian, Freddie, Tim, Felix - die Liste war lang - war der Kontakt eingeschlafen. Ihre YouTube Karrieren waren alle schon seit Jahrzehnten vorbei.

Doch damals war der Freedomsquad irgendwie jeden Tag zusammen, sei es für Feedom der andere Projekte, die die Zuschauer eben am liebsten von allen vier gemeinsam sehen wollten.

Es war, als hätte das Leben einen Schlussstrich gezogen zwischen YouTube und seinem restlichen Leben. Das einzige, was ihm von damals blieb, waren alte Videos, inzwischen schon längst auf privat gestellt, und Manuel.

Und Manuel war das Kostbarste in seinem Leben, denn er war in fast jedem seiner wichtigen Lebensabschnitte vertreten. Und ohne ihn könnte er nicht mehr, da war sich Patrick sicher.

Und wie zur Bestätigung wurde ihm einmal sanft über den Kopf gestrichen und das Buch zugeschlagen.

"Und weißt du noch, wie du mich ganz am Anfang geklont hast?"

Er runzelte angestrengt die Stirn.

"Hallo, hier ist der Manuel". Da war sie wieder, die behinderte Stimme von früher, die ihn immer zum Lächeln gebracht hatte.

Leise seufzend lehnte er sich noch näher an seinen Freund.

"Nur noch verblasst."

"Wir beide haben jetzt ein Date. Minecraft Freedom, Folge 6", sagte die sanfte Stimme entschlossen und legte das Buch weg.

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