Versuchen und Versprechen
P.o.V Manuel
In den Armen Palutens hatte ich mich wieder einigermassen beruhigt und er hatte mich neben ihn ins Bett gelegt. Jetzt lag ich hier und versuchte einzuschlafen, während Palle neben mir schon lange schlief. Ich versuchte nicht an damals zu denken, nicht an die schreckliche Zeit, nicht an meine Vergangenheit. Sie war geprägt von Schlägen, Verletzungen und Tränen.
Man Manu! Jetzt hör verdammt nochmal auf darüber nachzudenken! Das ist Vergangenheit und jetzt sind wir im hier und jetzt! Du bist glücklich verliebt, also sei doch auch glücklich!
Wie so oft redete ich mir ein, optimistisch zu sein, alles Gute zu sehen und das Schlechte gut zu reden... aber es wirkte nicht. Nicht diesmal.
Ein weiteres mal fing ich bitterlich an zu weinen. Die Bilder, die Erinnerungen schoben sich vor mein inneres Auge. Wild heulend presste ich meine Hände auf meine Ohren und krümmte mich zu einer Kugel. Die Bilder und Stimmen sollten aus meinem Kopf verschwinden! "Geht weg!", schrie ich sie an. Meine Stimme war schrill und kratzig, "verpisst euch!"
Etwas berührte mich an der Schulter und ich riss erschrocken meine Augen auf. Ich wollte schreien, aber mir blieb die Luft weg. Stattdessen schlug ich panisch um mich, während ich wild nach Luft schnappte.
Ich wusste nicht was mit mir passierte. Alles um mich herum war dunkel und die Geräusche gedämpft. Viele Hände schienen nach mir zu greifen, mich zu berühren oder festzuhalten, aber ich versuchte verzweifelt mich dagegen zu wehren. Zwei der Hände erwischten meine und hielten diese eisern fest.
Im nächsten Moment waren sie weg. Die Hände, die Stimmen, einfach weg und die Schwärze wurde durch ein klaren Bild ersetzt. Ich sah in Patricks geschlossene Augen und spürte seine warmen Lippen auf meinen. Auch ich schloss meine Augen und entspannte mich bei dem Kuss. Kurz darauf löste sich Palle wieder von mir. Er hatte meine Hände fest umklammert und sah mich erleichtert lächelnd an. Er sagte nichts, nahm mich stattdessen einfach in den Arm.
Ich schloss meine Augen und sog seinen Duft ein. "Bitte mach das nie wieder. Bitte liege nie wieder laut schreiend auf dem Boden und schlage um dich. Bitte mach mir nie wieder so eine Angst", flüsterte Patrick in die Stille.
Eine einzelne Träne rollte mir über die Wange, "Ich versuch's"
Er schob mich ein wenig von sich weg, bis er mich eindringlich ansah. "Nein. Versprich es mir. Mach mir nie wieder solche Angst. Bitte!" Ich senkte meinen Blick auf den Boden, "I-Ich kann nicht..."
Zwei Finger schoben sich unter mein Kinn, sodass ich wieder vom Boden aufsehen muss. Er war nur noch wenige Millimeter von meinem Gesicht entfernt und ich spürte seinen Lufthauch als er erneut "Bitte!", sagte.
Aber ich konnte nicht. So gern ich es auch getan hätte, ich konnte nicht. Ich wusste dass es nicht das letzte Mal war, dass ich eine Panikattacke bekommen hatte.
Ich bekam kaum mit, dass sich sein Gesicht langsam entfernte, er meine Hände los liess und sich erhob. Ich starrte nur irgendwelche Löcher in die Luft.
Ich kann nicht.
Ich kann nicht.
Ich kann nicht.
Erst als die Tür ins Schloss fiel, erwachte ich aus meiner Starre. Ich hockte alleine auf dem Schlafzimmerboden. Das Bett war verwüstet. Die Decke lag verwurstelt auf dem Boden und das Kissen hatte ebenfalls eine undefinierbare Form angenommen.
Anhand der Stehlampe konnte man erkennen, wie eilig es Patrick hatte aufzustehen. Er wollte mir helfen, hatte auf alles andere geschissen, nur um zu mir zu gelangen. Und jetzt war er weg. Wegen mir.
Mit wackligen Beinen taumelte ich zur Tür. Ich arbeitete mich Tür für Tür durch, bis ich beim Aufnahmezimmer ankam. Vorsichtig öffnete ich sie einen Spalt und lugte hinein. Ich war unschlüssig, ob das was ich sah süss oder traurig war.
Palle lag am Boden. In seinen Armen ruhten all seine Stofftiere und Kissen und er hatte sein Gesicht in einem Kissen vergraben. "Ich verspreche es", hauchte ich. Patrick streckte seinen Kopf aus den Berg von Stofftieren und sah mich fassungslos an. Ich gesellte mich zu ihm auf den Boden und begann meine Geschichte fortzuführen. Er musste es endlich erfahren. So schlimm sie auch war, ich kam nicht drum herum.
"Er hat mich erpresst. Es war kurz nach... nachdem ich gesagt hatte... dass ich mich n...nie zeigen werde. Er hat ge...gedroht ein Bild online zu...stellen. Zue...zuerst wollte er nur gep...pusht werden, aber seine Anfor...Anforderungen wurden immer grösser.",
Es war schwer die Geschichte zu erzählen. Immer wieder drohte ich erneut in einen Heulkrampf auszubrechen, aber ich versuchte es so gut wie möglich zu vermeiden. Patrick blickte mich schon besorgt an und versicherte mir, dass ich es nicht erzählen müsse, wenn ich nicht wollte. Aber ich wollte es.
"Also...", setzte ich an, "er wollte ... mehr... Aufmerksamkeit. Nicht n...nur von der Commu...nity sondern auch von ... mir. Erst nur... harmlos." "Was heisst 'harmlos'?", unterbrach mich Patrick. Ich sah ihn mit meinen verweinten Augen an: "nur so ... Aufgaben machen...." "also hat er dich sozusagen versklavt?" Ich war nicht fähig zu antworten. Denn es stimmte. Er hatte mich versklavt. Benutzt. Erpresst. Langsam nickte ich und sofort schlang Palle seine Arme fester um mich. "Es tut mir so Leid für dich", schluchzte Patrick in mein Haar und jetzt konnte auch ich meine Tränen nicht mehr zurückhalten. Den Rest werde ich wohl sonst wann erzählen müssen.
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