Durch die Nacht
P.o.V Manuel
Schnell sprintete ich in mein Zimmer. Da raffte ich mich einmal in meinem Leben auf und wühlte in meiner schrecklichen Vergangenheit, und er 'kann mich nicht leiden sehen'. Aber er musste die Geschichte erfahren. Ob er wollte oder nicht. Ob ich wollte oder nicht.
Ich hatte mir geschworen, kein Geheimnis vor Palle zu haben und das musste sich jetzt ändern.
Es klopfte an meiner Tür, "Manu?"
Palles Kopf lugte hinter der Tür hervor, "darf ich reinkommen?"
Ich schüttelte stark meinen Kopf. "Nein!"
Ok. Das war vielleicht etwas zu hart... aber Palle verschwand schon aus meinem Zimmer und schloss die Tür hinter sich.
Endlich. Ich war alleine.
Ich kramte von irgendwo ein Blatt Papier und einen halbwegs funktionierenden Stift hervor und machte es mir auf meinem Stuhl bequem.
Liebe Palette,
Ich weiss du willst es nicht hören, aber ich muss es sagen. Ich will keinerlei Geheimnisse mehr vor dir haben. Also bitte lass es mich wenigstens so erzählen. Und bitte, tu mir den Gefallen und lese den Brief bis zum Ende. Danke.
Alles begann mit meinem ersten Abonnent. Ich war dumm und glücklich. Hatte mich gefreut, dass jemand meinen Kanal gefunden hatte, meinen Content feierte.
Er schrieb mich an und so kamen wir schnell in Kontakt miteinander. Dieser jemand war, wie du bereits weisst, Tim.
Ich mochte ihn. Auch während mein Kanal wuchs und wuchs, war er immer einer der treusten Zuschauer gewesen. Er kommentierte, likte, das ganz Programm.
Dann trafen wir uns, damals wusste ich noch nicht, dass ich mein Gesicht niemandem zeigen würde.
Auch in Reallife verstanden wir uns sehr gut, also trafen wir uns immer öfters, als Freunde, versteht sich.
Er schlug vor, wir könnten in eine WG ziehen. Wir waren beide nicht sehr gut bei Kasse und verdienten noch nicht mal annähernd genug um davon in irgendeiner Weise leben zu können.
Erst in der WG lernte ich auch die schlechte Seite von Tim kennen.
Er war asozial. Liess seinen Dreck überall liegen und mich wieder sauber machen.
Er begann mich aufzufordern Dinge für ihn zu tun, die ich nicht wollte.
Das war etwa zu dem Zeitpunkt, als ich beschloss mich niemals zu zeigen.
Seine Anforderungen wurden immer grösser, da er ja jetzt ein Druckmittel gegen mich hatte und ich folgte ihm bedingungslos. Ich konnte mich ja nicht wehren. Ich war sein Sklave.
Aber es ging immer weiter bergab. Er fand, aus welchem Grund auch immer, Interesse an mir. Er zwang mich, ihn zu befriedigen. Erst nur seine Begierde und dann auch körperlich. Er hat mich benutzt. Hat eine Beziehung mit mir eingehen wolle. Er zwang mich, so zu tun als wärs eine gesunde Beziehung. Aber das war es nicht im geringsten.
Jahrelang nutzte er mich aus. Wie ein kleiner Roboter dirigierte er mich umher, spielte er mit mir.
Dann traf ich dich. Ein kleiner süsses YouTuber, der mich schüchtern fragte, ob ich ein Gast seiner Bedwarswoche sein wollte.
Es war mehr als nur eine kleine Frage. Es war eine Frage nach MEINER Meinung. Es war DIE Frage. ICH konnte endlich mal entscheiden.
Schon von Anfang an habe ich dich in mein Herz geschlossen. Von Anfang an habe ich dich gemocht.
Erst hatte ich Angst, da du einer der besten Freunde Tims warst, aber schnell habe ich gemerkt, wie sehr ich dir vertrauen kann.
Durch dich habe ich gelernt was wahre Liebe ist.
Als ich gemerkt hatte, wie viel du mit mir und wie wenig mit Tim aufgenommen hattest, fasste ich Mut.
Du, Patrick, du bist der Grund weshalb ich ich bin.
Ich drohte Tim, alles zu verraten wenn er mich nicht in Frieden liesse. Ich wusste viel über ihn. Zu viel.
Also ging er den Deal ein und ich konnte endlich umziehen.
Du.
Du hast mir das Lachen erneut beigebracht.
Du hast mir das Lieben erneut beigebracht.
Du hast mir das Leben erneut beigebracht.
Das ist meine Geschichte. Das ist alles was ich dir sagen wollte.
Ich hoffe du hast es gelesen. Ich hoffe du hast es verstanden.
Danke, Patrick, dass du so bist, wie du bist.
Ich liebe dich ♥️
Ich liess meine Tränen einfach laufen. Nacheinander tropften sie aufs Blatt und verschmierten die Tinte ein wenig.
Mit zittrigen Händen faltete ich den Brief säuberlich zusammen und schrieb "Palle" darauf.
Inzwischen war es schon 3:40 in der Nacht. Palle würde wahrscheinlich schon schlafen.
Leise schlich ich mich in sein Zimmer und legte den Brief auf die leere Seite seines Bettes. Die letzten Tage hatte ich bei ihm geschlafen und offenbar hoffte er, dass ich dies auch diese Nacht tat.
Aber ich konnte nicht.
Meine Lippen drückten ihm noch einen kurzen Kuss auf die Stirn.
"Schlaf schön", murmelte ich und liess Palle allein im dunklen Raum.
Ich musste raus. Also schnappte ich mir mein Handy und meine Jacke und machte mich auf den Weg nach draussen.
Schlafen würde ich eh nicht mehr können und die kühle Nachtluft war gerade mehr als perfekt.
Ich atmete tief ein und aus. Liess die Kälte der Luft durch meine Lungen strömen.
Vorsichtig fischte ich meine Kopfhörer aus meiner Jackentasche und begann Musik zu hören. Im Takt lief ich. Einfach los. Ohne Ziel.
Ich liess mich von der Musik leiten, welche laut in meinen Kopf dröhnte. Die meinen Kopf für einen Moment leerte. Die alle Gedanken vertrieb.
Ich lief.
Schritt für Schritt. Immer weiter. Durch die Nacht.
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