Kapitel 14
Die restliche Woche verging wie im Flug. Ich lernte ein wenig für die anstehenden Klausuren, traf mich abends im Gemeinschaftsraum oder nachmittags mit meinen Freunden und verbrachte den Rest der Zeit vor meinem Laptop. Manu hatte mich nur einmal angerufen, als uns beiden langweilig gewesen war. Er hatte kaum etwas von sich oder seinem Vater erzählt, sondern hauptsächlich mich reden lassen, aber es war doch sehr schön gewesen, zumindest kurz etwas von ihm zu hören.
Jetzt war Samstag und ich stand seit einer halben Stunde hoffnungsvoll wartend an der Bushaltestelle unserer Schule, an der Manu demnächst ankommen würde. Sein Zug hatte eine Verspätung gehabt, weswegen er den Bus, mit dem die meisten Schüler gefahren waren nicht mehr hatte erwischen können, doch ich wartete trotzdem auf ihn, weil ich nichts wirklich Besseres zu tun hatte und ihn außerdem sofort begrüßen wollte, wenn er hier ankam.
Als der Bus etwas später hinter den Büschen, die an der Straße wuchsen, auftauchte, sprang ich sofort auf und lief die paar Schritte bis zum Bordstein nach vorne. Ich konnte Manu, der in der ersten Reihe saß und Musik hörte schon sehen, während der Bus immer langsamer wurde. Schließlich hielt er direkt neben mir und ich lief zur vorderen Tür, aus der Manu kurz darauf ausstieg. Der Größere war ganz überrascht, weil er nicht erwartet hatte, dass ich auf ihn warten würde, doch ich grinste nur glücklich, nahm ihm seinen Koffer ab und lief mit ihm zusammen zu unserem Zimmer.
Dort angekommen packte Manu seine Sachen aus und wir machten uns auf den Weg zum Abendessen. Während wir gemeinsam in der Schlange warteten, erzählte ich davon, dass ich jetzt Minecraft – Profi war und sofort forderte Manu mich zu einem Duell heraus, das ich nur zu gerne annahm. Als wir unsere Tabletts in den Händen hielten, stupste Manu mich an und fragte: „Ähm Palle? Können wir vielleicht zusammen essen? Ich glaube ich will dir was erzählen..."
Ich nickte und folgte Manu zu seinem kleinen Tisch, an dem er normalerweise alleine saß. Ich wusste noch nicht ganz, warum er es so gerne mochte, ungestört zu essen und mich gebeten hatte, mich einfach weiterhin zu den anderen zu setzen, weswegen es mich jetzt umso mehr wunderte, dass er mir plötzlich beim Essen etwas erzählen wollte.
Ich setzte mich also Manu gegenüber an den Tisch und begann zu essen, während mein Gegenüber seine Spaghetti nur anstarrte und keine Anstalten machte, irgendetwas zu tun oder zu sagen. Nachdem wir uns eine Zeit lang angeschwiegen hatten, fragte ich schließlich: „Willst du nichts essen?" Manu murmelte nur: „Keine Ahnung, ich... ach egal..."
Dann griff er nach seiner Gabel und begann, sich in Höchstgeschwindigkeit die Nudeln in den Mund zu schaufeln. Da Manus Portion kleiner gewesen war und er sich beim Essen so beeilt hatte, war sein Teller schneller geleert als meiner und der Braunhaarige wollte schon sein Geschirr nehmen und aufstehen, als ich ihn fragte: „Was war das vorhin eigentlich? Was willst du mir erzählen?"
Er sah mich ein paar Sekunden lang einfach nur an, ließ sich dann wieder zurück auf seinen Stuhl sinken und stützte sein Gesicht auf die Hände. Zwischen seinen Fingern murmelte er hervor: „Naja es gibt einen Grund, warum ich keine Lust darauf hatte, heim zu fahren und... vorhin dachte ich noch, es wäre eine gute Idee, dir davon zu erzählen. Irgendwie will ich es dir nicht verschweigen, aber ich hab seit Jahren mit niemandem darüber geredet und weiß gar nicht, wie ich jetzt anfangen soll."
Ohne zu zögern antwortete ich: „Manu, ich bin nicht beleidigt oder so wenn du mir das nicht erzählst. Aber wenn doch dann mach dir keine Sorgen, fang einfach irgendwo an, das passt dann schon." Insgeheim wollte ich natürlich wissen, was mit Manu los war, doch für mich stand fest, dass ich ihn nicht dazu drängen würde, zu reden.
Der Braunhaarige nickte und sah mir dabei zu, wie ich den Rest meiner Nudeln aß, um dann mit mir zusammen aufzustehen und ins Zimmer zu gehen. Dort angekommen setzte ich mich auf mein Bett und Manu kuschelte sich sofort an mich, während er begann zu erzählen.
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