Meine Augen verengten sich. „Ja? Du bist sicher auch beschäftigt." Er mag kein Krimineller sein, aber die Sabotage ging auf sein Konto.
„Gäbe nichts, was sich nicht verschieben ließe." Kennox Miene regte sich kein Stück. Der Fennek wuselte wie ein felliger Blitz um seine Beine, ganz das Gegenteil des Herrchens.
„Da hast du deine Begleitung", sagte Beja, „Seid mindestens um Halb Sieben zurück."
„Soll das eine Falle sein?", raunte ich Kennox zu.
Er stieß genervt einen Schwall Luft aus. „Und genau deswegen komme ich mit. Damit du in deinem irren Wahn nichts Dummes tust."
„Du meintest, du wolltest mich loswerden."
„Hast du Sand im Kopf? Ich wollte deinen Platz als Solo-Rolle. Nicht mehr, nicht weniger. Den bekomme ich eh, wenn du abhaust."
Ich war für einen Atemzug unfähig mich zu bewegen. „Woher weißt du- „
„Komm runter. Annabelle hat uns die neuen Trainingspläne gezeigt und dein Name stand nicht drin. Deswegen zählte ich Eins und Eins zusammen: Du wurdest gefeuert." Je länger die Unterhaltung ging, desto tiefer bogen sich Kennox Stirnnarben.
„Oh... Ja, so ist es."
„Vielleicht gehe ich doch lieber alleine." Er kehrte mir den Rücken zu und der Fennek folgte erhobenen Hauptes. Ich verachtete ihn, aber er und sein Fuchs boten besseren Schutz als alleine.
„Warte!", rief ich, "Hab's mir anders überlegt."
Kennox behielt sein Tempo bei und schüttelte mit dem Kopf. „Feigling."
Ich holte auf. „Manchmal habe ich das Gefühl, du tust das extra."
„Tu was extra?"
„Dieses Fiesling-sein. Immer genau dann, wenn man dich mögen könnte, haust du so einen Spruch raus."
Er zuckte mit den Schultern. „Höret, der Verrückte will mich belehren."
Meine Hand schoss hoch. Der Fennek sprang knurrend vor sein Herrchen und präsentierte mir eine Reihe scharfer Zähne. Für den Bruchteil einer Sekunde hielt ich den Atem an, selber gespannt, was ich tun würde.
Mein Arm sank kraftlos und das Knurren stoppte.
„Ich korrigiere mich", sagte Kennox, „Ein Verrückter mit Aggressionsproblemen"
Es zwickte mir in der Faust und auf seltsame Weise fühlte ich mich ertappt.
Wir sprachen kein Wort. Das Hecheln des Fenneks bewahrte uns vor der totalen Stille. Es endete, wie es begonnen hatte: Ich und Kennox auf dem Weg zur Stadt. Von allen Personen, die im Wanderzirkus arbeiteten, hatte ihn den mitgenommen. Wunderbar. Wahrscheinlich bereitete er sich innerlich schon vor, mich dem nächsten Heiler vor die Füße zu werfen.
Etwas Nasses berührte meine Hand und zwei treue Augen guckten zu mir rauf. Ich riss meinen Arm zurück. „Dein Fuchs schleckt mich ab!"
„Er will dich aufmuntern. Der hat ein besseres Herz als ich", brummte Kennox, ohne hinzusehen.
„Das Gefühl kenne ich." Wehmütig wanderten meine Gedanken zu Belle. Eine reine Seele mit dem kindlichen Wunsch nach Gerechtigkeit. Und sie hasste mich bestimmt dafür, dass ich diese Tugend nicht erfüllen konnte. Aber das Kristallauge-
Gleichmäßige Zungenstriche brachten mich abermals in die Wirklichkeit zurück. Schwarze Kulleraugen, flauschiges Fell und Ohren so lang wie der Kopf breit. Dieses Mal ließ ich die Hand hängen und kämpfte mir ein Lächeln ab, um seine Bemühung nicht umsonst sein zu lassen. Der Fuchs war zu lieb für jemanden wie Kennox.
„Er mag jeden. Bilde dir bloß nichts drauf ein."
Ich rollte mit den Augen und krauelte die riesigen Ohren des Fenneks. Er wedelte mit dem Schwanz und stieß einen hellen Laut aus. „Vielleicht sollte ich mir auch so einen zulegen, wenn ich Zuhause bin", sagte ich.
Kennox lachte verächtlich. „So zahm und flauschig findest du die nur in..." Er brach abrupt ab und das Lachen verschwand wie weggewischt.
„In?"
Kennox überspielte die Frage mit einem Lachen. „Ach, Als könntest du auf so ein Tier überhaupt richtig aufpassen."
Ich wollte zum Protest ansetzen, aber mir ging auf halbem Weg die Energie aus. Wozu das alles? Ab Morgen würde ich ihn nie wiedersehen.
Wir redeten erst beim Schneider. Die untere Front bestand aus Glas, in dem sich unsere Ebenbilder spiegelten. Das Haus quetschte sich zwischen zwei Villen mit hohen Zäunen, die in speerartigen Spitzen mündeten.
„Hast du Geld?", fragte Kennox.
Ich zückte die Goldmünzen, die ich im Anzug gefunden hatte. „Welches Skorpionhirn geht ohne einkaufen?"
Der Fennek wuselte um seine Füße und schubste Kennox voran, der amüsiert davon schien und den Kleinen streichelte. Wenn er nur Menschen wie seinen Fuchs behandeln würde...
Beim Eintreten ließ mich ein heller Ton zusammenfahren. Es kam vom Glöckchen an der Glastür. Mit erwärmten Wangen trat ich beiseite für Kennox und stieß dabei fast eine Puppe im pfirsichfarbenen Abendkleid um.
Die Schneiderin schnappte nach Luft, wobei ihre Halbmondbrille gefährlich auf der Hakennase schaukelte. „Passen sie doch auf, meine Herren!"
„Tut mir-" Aber sie hatte sich längst abgewendet und redete auf eine Gruppe Kuttengestalten ein. „Das ist eine hervorragende Wahl", sagte diese gerade und schob weinrote Stoffbalken über den Tisch. „Diese Farbe betont Silber märchenhaft gut. Eine traumhafte Kombination, das verspreche ich ihnen. Sei es mit dem Silberarmband der Gemahlin, Ketten oder edle Stiefelschnallen..." Ich hörte nicht weiter zu und ließ meinen Blick durch den Laden schwenken. Die Hemden und Hüte auf den Sockeln rochen nach Reichtum. Vielleicht verwechselte ich es auch mit dem künstlichen Rosengeruch, der den Raum einnebelte, obwohl ich keine einzige Blume sah. Das brachte mich zurück zur Annabelles liebevollem Gärtchen und verdunkelte meine Gedanken.
„Versuch wenigstens zu lächeln. Vielleicht kriegen wir dann Rabatt." Kennox knuffte mir in die Seite, wofür ich ihn am liebsten angeschrien hätte. Aber sein Fennek fixierte mich bereits aus zusammengekniffenen Augen. Er wirkte auch wütend, niedlich und harmlos, aber gefletschte Zähne logen nicht.
Einer der Männer stieß einen Hut herunter. Bevor er ein Wort sagen konnte, kicherte die Schneiderin mädchenhaft und winkte ab. „Ach, schon okay. Lassen sie liegen und ich räume es später auf."
„Ach nicht doch." Ganz der Gentleman bückte er sich, wobei sein Umhang verrutschte und etwas Glänzendes über die Fliesen segelte. Mit einem Klappern kam die Marke zum Stehen, geformt wie ein Federkranz mit einem eingravierten A in der Mitte. A für Argon.
Ich griff um mich, denn meine Beine hielten mein Gewicht nicht mehr stand. Ich leistete den Männern einen aufmerksameren Blick. Die Kutten tauchten ihre Körper abwärts des Kopfs in eine konturlose Schwärze, aber die grobe Form erinnerte an eine breitschultrige Wache. Ebenso passten die harten Gesichtszüge und Armeegrade Haltung mehr zu einem Soldaten, als einem gewöhnlichen Wohlhabenden.
Die Wache hob seine Marke auf, ohne uns auch nur einen Blick zu würdigen. Trotzdem durchlief mich ein Schauer.
Kennox räusperte sich. Mein Blick wanderte von seiner verkniffenen Miene runter, bis ich den Grund sah. Das Erstbeste, an das ich mich im Schock geklammert hatte, war seine Hand. Ich ließ los. Meine Wangen brannten nicht mehr warm, sondern höllenheiß.
„Ich muss weg", keuchte ich und kehrte auf der Ferse um.
„Wo willst du hin? Wir sind schon nach den Tölpeln dran."
„Zurück. Die Zeit wird knapp."
Kennox schaute zur Pendeluhr am Ende des Raums. „Rede keinen Kameldung. Es ist erst-"
Was er sagen wollte, ging im Scheppern der Tür unter, als ich auf die Straße stürmte.
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