Die Verwandlung

Kapitel 13

Verwirrt runzelte ich die Stirn und ließ meinen Blick über die überraschten Gesichter der anderen gleiten.
„Geht raus“, befahl Jaromir mit strenger Stimme. Gebannt starrten sie mich an, während sie langsam aus dem Raum hinaus stolperten. Irritiert schaute ich ihnen hinterher. Warum schickte er alle raus? Mein Blick wanderte misstrauisch zu Jaromir, als die Tür ins Schloss fiel. Er hantierte an seinem Koffer herum, wodurch es wie in einem Horrorfilm aussah. Es fehlte nur noch, dass er sich nun umdrehte, der Raum dunkel wurde und nur sein Gesicht angeleuchtet wurde.
Schnell schüttelte ich den Kopf, um das Bild vor meinem inneren Augen verschwinden zu lassen.
Plötzlich fühlte es sich an, als würde jemand dauernd mit einer Nadel in meine Ohren stechen, weshalb ich mein Gesicht verzog. Einen Wimpernschlag später hörte der unangenehme Schmerz auf und hinterließ eine angenehme Wärme. Erleichtert atmete ich aus. Gleichdarauf sah ich hoch, um zu schauen, was der Forscher machte und begegnete seinem verblüfften Gesicht.
„Was denn?“, fragte ich verunsichert. War irgendetwas nicht in Ordnung mit mir? Hatte ich drei Wochen geschlafen, weil ich eine ansteckende Krankheit hatte? Angst machte sich in mir breit.
Zögerlich zeigte er auf meine Ohren und sagte „Sie sind jetzt spitz.“ Genervt aber auch erleichtert setzte ich mich leicht auf.
"Sehr witzig!", erwiderte ich schlecht gelaunt und verdrehte die Augen. Als ob meine Ohren spitz wären! Schmunzelnd verschwand er kurz in einem Nebenraum und kam mit einem kleinen Spiegel wieder. Stumm reichte er ihn mir. Mürrisch nahm ich das runde Utensil entgegen und betrachtete meine Ohren darin. Vor Fassungslosigkeit fiel mein Mund auf.
„Spitz“, hauchte ich. Ruckartig sah ich nach oben. „Was hat das zu bedeuten?“, fragte ich hysterisch.
„Das weiß ich auch nicht ganz genau. Aber vermutlich hat es mit deinen Genen zu tun“, erklärte er ruhig und setzte sich neben mir auf die Matratze. Erneut legte er neue Lappen auf meinen Rücken. Nachdenklich biss ich mir auf meine Lippe. Hatte das etwas mit der Blockade zu tun, die mir Yuna die Nacht entfernt hatte?
„Wie geht es dir soweit?“, erkundete er sich. Sein Blick war konzentriert auf mein Rückgrat gerichtet, als ich zu ihm hoch sah.
Ich zuckte mit den Schultern. „Außer das mir mein Rücken weh tut, sehr gut.“
Er nickte. „Sonst keine Beschwerden?“, fragte er sachlich. Still schüttelte ich den Kopf. Vorsichtig ließ ich meinen Oberkörper auf die Matratze sinken und legte meinen Kopf auf die Arme - mit dem Gedanken, dass ich nun wieder einschlief.
Doch leider wurde mein Plan von Kandor zerstört. Wild hüpfte er auf meinen Rücken herum und kletterte anschließend auf meinen Schädel. Lächelnd hob ich meinen Kopf und sah hoch. Zwei schwarze, flauschig aussehende, große Pfoten, lagen auf meiner Stirn. Hinterlistig grinsend, schnappte ich mir diese und zog daran, sodass er nach vorne und auf das große Kissen fiel. Mit schief gelegenem Kopf schaute er zu mir hoch. Lächelnd streichelte ich über seinen Kopf. Freudig mit dem Schwanz wedelnd, tappte er auf mich zu und leckte mir über meine Wange. Lachend schob ich ihn sanft weg und setzte mich vorsichtig auf. Er war so verspielt! Nun steckte ich meine Arme zu ihm aus und hob ihn unter seinen Achseln hoch. Stolz stellte ich fest, dass er fast zwei Zentimeter gewachsen war. Entzückt darüber drückte ich ihn an meine Brust und knuddelte ihn durch, bis mich ein brennender Schmerz innen halten ließ. Reflexartig ließ ich Kandor los und fasste mir an das Handgelenk, an dem das Tattoo von Mona prangte. Es leuchtete blendend weiß auf. Durch das grelle Licht schloss ich meine Augen und drehte meinen Kopf weg. Nach zehn Sekunden, die ich mitgezählt hatte, verschwand der Schmerz so plötzlich wie er gekommen war und hinterließ ein kühlendes Gefühl. Vorsichtig drehte ich meinen Kopf zurück und stellte mit großen Augen fest, dass sich die Tattoowierung verändert hatte. Gekritzelte Linien, die fast aussahen wie Äste oder Risse, streckten sich von dem Yin-Yang Zeichen weg. Verwirrt runzelte ich die Stirn und schaute zu Kandor, der neben mir im Kissen lag. Eine Lederkette, mit einem weißen Yang Anhänger, hing an seinem Hals herunter. Vorsichtig nahm ich es in die Hand und strich sanft über die Glatte und warme Oberfläche. Woher hatte er es auf einmal? Verspielt fing er an an meiner Hand zu knabbern und legte seine Pfoten um mein Handgelenk. Nachdem ich ihn überrascht anstarrte, befreite ich meine Hand aus seinem Maul und umgriff seine Schnauze, um daran ein wenig zu rütteln. Knurrend versuchte er meine Finger mit den Pfoten weg zu schieben. Grinsend drehte ich ihn auf den Rücken und wuschelte durch sein weiches Fell.
„Du kleiner Rabauke“, sagte ich zu ihm, als er einmal laut bellte. Glücklich zog ich meine Hand zurück und beobachtete, wie er hastig aufstand und auf mich zu tippelte.
Schwerfällig stand ich nun vom Bett auf, da ich mich waschen wollte.
Die Lappen, welche um meine Flügel lagen, vielen dadurch mit einem 'Platsch' auf den Boden. Achtlos ließ ich sie liegen. Gleichdarauf sah ich zu Jaromir auf, der mich die ganze Zeit beobachtete hatte.
„Die Mondgöttin war in deinen Träumen gewesen, stimmts?“, fragte er. Kandors Pfoten an meinem Rücken rückten in den Hintergrund, als ich überrascht aber auch misstrauisch nickte. Woher wusste er das? „Dein Körper hat sich verändert“, berichtete er monoton, als wäre es nichts tragisches, und kam auf mich zu geschritten. Panisch schnappte ich nach Luft und sah prüfend an mir herunter. Doch ich konnte keine Veränderungen feststellen. Irritiert wanderte mein Blick wieder zu ihm hoch. „Deine Muskelstränge sind mehr und deine Haare in kurzer Zeit abnormal länger geworden. Hinzu kommt, dass durch deine Adern nun Mana fließt, weshalb auch deine Augen leuchten. Anscheinend bereitet sich dein Körper auf etwas vor“, murmelte er und untersuchte meine Augen mit seinem leuchtenden Finger.
„Auf etwas vorbereiten?“, fragte ich irritiert. „Meine Augen leuchten?“
Er brummte zustimmend. Hilfreiche Antwort, dachte ich schmunzelnd.

Ein paar Minuten untersuchte mich der Forscher weiter und schrieb alle Veränderungen auf sein Klemmbrett. Danach schickte er Ally hinein, die wie ein Wirbelwind auf mich zustürmte und meine Hand im Gehen ergriff, um mich in das Bad zu ziehen, das neben dem Bett lag. Geräuschvoll schloss sie die Tür hinter sich. Überrumpelt ließ ich zu, dass sie mir das weiße Top über den Kopf streifte und es achtlos in eine Ecke des Bades warf.
„So, während ich neue Sachen für dich hole, gehst du dich schnell duschen“, befahl sie mir und sprintete aus dem Bad hinaus. Perplex blieb ich noch kurz stehen und stieg dann kopfschüttelnd unter die Dusche. Gleichdarauf kletterte ich vorsichtig aus der großen Kabine. Langsam, um auf den Fliesen nicht auszurutschen, lief ich an dem Spiegel vorbei und wischte aus Gewohnheit über die glatte Oberfläche. Während ich mich abtrocknete, huschten meine Augen durch das Bad. Erschrocken taumelte ich zurück und stieß mit meinen größer und breiter gewordenen Flügel an die Wand. Grell leuchtende Augen starrten mich an. War ich das da in dem Spiegel? Ungläubig schritt ich langsam näher. Sachte strich ich über meine ebenmäßige Haut und über meine Po langen Haare, die nur noch blasse, schon fast schwarze Strähnen, aufwiesen.
„Wahnsinn“, hauchte ich bezaubert von dem Anblick der sich mir bot. Langsam schlich sich ein Lächeln auf meine Lippen. Das war wirklich ich!
Probehalber, ob es nicht meiner Fantasie entsprach, rubbelte ich über meine Haut. Echt! Es war alles echt! Überschäumend vor Glück und Enthusiasmus schrie ich auf und hüpfte in dem kleinen Zimmer umher. Lachtränen kullerten meine Wangen hinunter. Das, was ich mir die ganzen Jahre über gewünscht hatte, war nun passiert!
Durch ein hektisches Klopfen, hielt ich in meinem Freudetanz inne, wickelte ein Handtuch um meinen Körper, und öffnete außer Atem die Tür.
„Alles in Ordnung?“, fragte Ally besorgt. Sie hielt ein Kleid in der Hand. Schniefend grinste ich ihr breit entgegen und nickte.
„Alles klar. Sehr sogar!“ Irritiert nickte sie zögerlich und überreichte mir die Kleidung. Danach verschwand sie wieder.

Hastig zog ich das Kleid an und ging barfuß aus dem Bad. Bei jedem Schritt, den ich tat, wippte das weiß, grau, schwarze Kleid mit und schliff leicht über den Boden. Zufrieden lächelnd, schaute ich auf den seidigen sowie leichten Stoff, der zehn Zentimeter über dem Knie anfing auseinander zu laufen und dadurch meine schlank gebräunten und rasierten Beine gut zur Geltung brachte.
Verwirrt runzelte ich die Stirn. Ich konnte mich nicht daran erinnern, meine Beine rasiert zu haben. Schulter zuckend ging ich auf die gegenüberliegende Tür zu und öffnete sie zögerlich. War das die Tür, aus denen alle heraus gegangen waren, fragte ich mich.

Aus dem Zimmer raus tretend, sah ich die anderen schon laut redend im Kreis stehen. Laut räusperte ich mich und ging auf sie zu. Augenblicklich verstummten die Gespräche und hinterließen ein stilles, aufmerksames Schweigen. Mein Blick wanderte über die Gesichter der anderen. Alle sahen zu Sam. Ich folgte ihren Blicken und bemerkte mit Unbehagen, dass er mich gefesselt anstarrte. Unruhig trat ich von einem Fuß auf den anderen und brach den Blickkontakt ab. Warum sah er mich so an? Kamen meine Pickel etwa wieder zurück?
Sicherheitshalber fasste ich mir an die Stirn und fragte verunsichert „Hab ich irgendetwas im Gesicht?“ Alle zusammen grinsten wissend zu Sam hinüber, der aus seiner Starre erwachte und verlegen zur Seite sah. Erwartungsvoll wanderten meine Augen durch die Menge. Gab mir keiner eine Antwort?
Schmunzelnd kam Ally auf mich zu und flüsterte mir neckisch in mein Ohr „Da hat wohl einer bemerkt, was für ein hübsches Mädchen du bist.“ Mit großen Augen und wahrscheinlich roten Wangen ruckte mein Kopf zu ihr herum.
„Er steht ganz bestimmt nicht auf mich“, zweifelte ich an und starrte niedergeschlagen auf meine Füße. Er war ein Prinz! Was wollte er schon von mir? Er starrte mich bestimmt nur an, weil ich so ungewohnt leuchtende Augen hatte. Ja! Das musste es sein.
Während ich die Lösungen in meinem Kopf durch ging, marschierte ich auf die anderen zu.
„Ach Layla“, rief mir Ally entrüstet hinterher. Ich ignorierte ihr Rufen und sah abwartend zu Kay hoch.
„Und was jetzt?“, fragte ich.
„Wir müssen wieder in die Schule“, erklärte er knapp und ging, gefolgt von den anderen, den langen Flur entlang. Ungläubig starrte ich ihnen hinterher. Ich war nach drei Wochen endlich wieder wach und musste sofort in die Schule? Was war denn bitte das für eine Rücksicht?! Hastig tappte ich ihnen barfuß hinter her. Schwer seufzte ich. Diskutieren brachte sowieso nichts, weshalb ich die Klappe hielt.
„Ähm Leute, sagt mal... wann darf ich denn meine Eltern anrufen?“, fiel es mir auf einmal ein, als wir an einem Bild vorbei gingen, auf dem ein Mann und eine Frau abgebildet waren, die beide auf das kleine Baby in ihren Armen schauten.
„Du kannst sie nicht anrufen“, schüttelte Ally ihren Kopf. Neben ihr ging Alex, der mitleidig zu mir sah, als meine Mundwinkel rasant sanken.
„Warum denn nicht?“, stellte ich traurig meine Frage.
„Es ist so, dass wenn bei uns ein Jahr vergeht, bei ihnen erst ein Tag vergangen ist. Und eine ganz langsam sprechende Person ist sehr nervenaufreibend am Telefon“, lächelte Ally schief.
„Außerdem können wir keine Verbindung zu den anderen Welten aufbauen. Dafür müssten wir so etwas wie ein Kabel legen und das geht in den Zwischenräumen der Zeit nicht, da sie sich jede Sekunde verändern“, erklärte Sam weiter.
Ein erstauntes aber auch enttäuschtes „Oh“, verließ meinen Mund. „Und was ist, wenn-“, fing ich hoffnungsvoll an einen Vorschlag zu machen.
„Layla“, unterbrach mich Sam sanft. „Glaub mir. Wir haben schon etliche Sachen probiert. Und keine hat geklappt.“ Tränen bildeten sich in meine Augen, als mir schlagartig klar wurde, dass ich meine Familie für viele Monate nicht mehr sehen würde.
„Layla“, versuchte mich Sam zu trösten, indem er mir eine Hand auf die Schulter legte.
„Mona hat gesagt, dass ich sie anrufen darf!“, schrie ich ihn aufgebracht an und schüttelte seine Hand ab. „Sie hat gelogen! Nur damit ich mit ihr gehe!“
„Layla“, murmelte Sam mitleidig. Tränen liefen mir über die Wangen.
„Das ist unfair“, schluchzte ich und sah auf den Boden. Warme Arme zogen mich in eine Umarmung.
„Keine Sorge. Wenn du wirklich so viel Heimweh hast, können wir deine Familie auch mal besuchen gehen“, nuschelte Sam mit seiner rauen Stimme an mein Ohr. Der Gedanke meine Eltern zu besuchen war beruhigend, weshalb meine Tränen nach Sekunden wieder versigten. Sanft zog er mich daraufhin ein wenig zurück und lächelte mich aufmunternd an. Schwach lächelte ich zurück und wischte mit meinem Handrücken die Tränen weg. „Na komm“, nuschelte er und drückte mich leicht nach vorne.
„Danke“, flüsterte ich mit heiserer Stimme.

Draußen angekommen, betrachtete ich Mona wütend von weitem. Ihr werde ich noch was erzählen! Mich einfach an zu lügen, nur damit ich beruhigt mit ihr ging, ging gar nicht! Ich hasste Lügen! Überschäumend vor Wut marschierte ich auf die tief in ihren Träumen schlummerte Hündin zu und räusperte mich laut. Keine Reaktion.
„Hallo!“, rief ich in ihr Ohr. Ungläubig starrte ich sie an, als sie nicht  aufwachte. So tief konnte man doch nicht schlafen! Ergeben seufzte ich auf und schüttelte über sie den Kopf. Immer wenn ich sie traf, schlief sie! Und zwar immer auf dem selben Platz.
Sanft strich ich nun über ihr tropfenförmiges Zeichen auf der Stirn, um zu schauen, ob es ein Diamant war, da das Zeichen in der Sonne glitzerte. Zu meiner Verwunderung war es weiches Fell. Meine Augen huschten nach unten, als ich aus den Winkeln eine Bewegung wahrnahm. Blau, rote Augen starrten mich an. Langsam hob Mona ihren Kopf leicht und blinzelte verschlafen. Überrascht sah ich sie an. Dadurch wachte sie ernsthaft auf?! Mein Gesicht verdüsterte sich.
Kandor kam auf einmal laut bellend angerannt und ließ sich zwischen ihren Hörnern nieder. Mürrisch brummte sie auf und ließ ihren Kopf wieder auf die Pfoten fallen.
„Geh runter von mir“, brummte sie.
„Njaa“, kreischte er, als sie sich zur Seite rollte. Stumm fing ich ihn auf, als er von ihrem Kopf herunter rollte.
„Phuu“, schnaufte ich. „Du bist ganz schön schwer geworden!“
Dann tuen wir sie mal ein wenig ärgern, dachte ich hinterlistig grinsend und drehte mich zu Mona um. Schnell setzte ich Kandor auf ihrer Wange ab. Augenblicklich fing er an mit seiner Schnauze nach ihren Ohren zu schnappen. Genervt wischte sie ihn mit ihrer Pfote weg und ließ diese auf ihm liegen.
„Die ganzen drei Wochen hat er mich genervt“, stöhnte sie missmutig. „Ununterbrochen!“
„Geschieht dir recht!“, zuckte ich schadenfroh grinsend mit den Schultern. Verwirrt zog sie ihre nicht vorhandenen Augenbrauen zusammen.
Beide ignorierten wir Kandors wütendes Bellen, als sie fragte „Was meinst du?“
„Du hast mich angelogen“, verzog ich mein Gesicht verärgert. „Ich kann meine Eltern nicht anrufen!“ Wie in Zeitlupe wurden ihre Augen groß.
„Das wusste ich nicht! Ich habe gedacht, dass das mit euren Tepepon funktioniert!“, sagte sie bestürzt.
„Nein, das geht mit unserem Telefone nicht!“, murmelte ich depremiert.
„Das tut mir wirklich Leid, Layla. Hätte ich das gewusst, hätte ich dir das bestimmt nicht gesagt!“, sagte sie Schulbewusst. Die Rehohren unter ihren Hörnern sanken. Mitleid kam in mir hoch. Ich sollte nicht so böse auf sie sein. Sie wusste es ja nicht besser!
„Ist gut. Ich bin dir nicht wirklich böse“, seufzte ich niedergeschlagen.
Mein Blick glitt über ihren Körper, als ich auf den Boden sehen wollte, hielt aber an einem schwarzen Punkt auf ihrer Brust an. Verwundert trat ich näher an sie heran und betrachtete den schwarzen Anhänger, der an einer schwarzen Lederkette hing. Während Mona von dem bellenden Welpen abgelenkt wurde und ihn wieder unter ihren Pfoten vergrub, fasste ich mit gerunzelter Stirn nach dem Halsband. Es war ein Yang Anhänger, der nun hell aufleuchtete. Erschrocken stand die Mondhündin auf und fletschte gefährlich die Zähne. Beruhigend strich ich ihr über das Fell und zeigte ihr die Kette, die sie um hatte.
„Was ist das?“, fragte sie mich verwirrt.

„Ich weiß nicht“, ließ ich den lau warmen Anhänger los. „Den hast du wahrscheinlich gleichzeitig mit Kandor bekommen, als mein Tattoo sich verändert hat.“  Zum Beweis streckte ich ihr mein Handgelenk entgegen. Sie schnüffelte misstrauisch daran und zog dann ihren Kopf wieder zurück. Grob umfasste auf einmal jemand mein Handgelenk. „AUA. WAS SOLL DAS?“, rief ich erschrocken aus und drehte mich zu dem Schuldigen um. Vor mir stand Thieranon. Ungläubig starrte er auf mein Handgelenk. Schnell entzog ich ihm meinen Arm und fixierte ihn mit einem bösen Gesichtsausdruck. Irgendwie wurde er mir immer unsympathischer! Woher kam er überhaupt?

Entschuldigend lächelte er mich an und wollte Mona sowie Kandor, die in Angriffs Position hinter mir standen, beruhigend über das Fell streicheln. Beide fletschten gleichdarauf aber nur noch mehr mit den Zähnen und gingen ein Schritt auf mich zu, um mich beschützen zu können. Beruhigend legte ich Mona die Hand an die Wange und strich ein paar mal drüber.
„Wehe du fasst Layla auch nur noch einmal so grob an oder tust ihr in irgendeiner Weise weh. Auch wenn du der König von Sora bist, habe ich keine Angst dir weh zu tun. Verstanden?", zischte sie ihn an und kam mit ihren gefletschten Zähnen dem Gesicht des Königs immer näher. Er wich einen Schritt zurück und nickte. Danach entspannten sich die beiden wieder, ließen den König aber keine Sekunde aus den Augen. Gerührt von Monas Worten lächelte ich sie sanft an, bevor mein Blick wieder erwartungsvoll auf Thieranon fiel.
„Warum hast du mich so grob an dem Handgelenk genommen und es betrachtet?", fragte ich und zog beide Augenbrauen hoch.
„Es erinnert mich an Melodys Tattoo. Sie ist Göttin des Mondlichtes“, erklärte der König und starrte bewundernd auf meine rechte Hand. Überrascht sah ich auf mein Handgelenk, das immer noch ein wenig leuchtete und strich zart darüber.
Meine Mutter hatte das selbe Tattoo? Wie cool!
Nun ging Thieranon zögerlich auf mich zu und schaute dabei meine beiden Koria's verunsichert an. Sie verfolgten jeden Schritt den er tat und spannten ihr Muskeln an, zum Sprung bereit, doch taten ihm sonst nichts. Der König nahm nun sanft mein Handgelenk in seine Hände und drehte es so, dass das Tattoo nach oben zeigte. Gleichdarauf nahm er die Ketten in seine Hände. Argwöhnisch beobachtete ich, wie er diese vorsichtig zusammen setzte und auf mein Yin-Yang Tattoo legte. Entsetzt sah ich zu, wie es strahlend weiß auf glühte und in meiner Haut versank. Schmerzerfüllt schrie ich auf, da es höllisch brannte, und umgriff stark mein Handgelenk. Sekunden später wurde der neben mir stehende Mann auf einmal weg geschleudert und prallte beinahe gegen die Mauer des Schlosses, wenn er nicht Zentimeter davor seine Flügel ausgebreitet und sich somit abgebremst hätte. Ein Impuls ging durch mich hindurch und ließ mich kurz vibrieren. Laut hörte ich meinen Herzschlag, der sich mit dem, der anderen zwei verband und zu einem wurde. Automatisch schloss ich meine Augen und legte den Kopf  vor Schmerz in den Nacken.
Es fühlte sich an, als würde alle Kraft aus meinem Körper weichen und Schwerelosigkeit Platz machen. Verschwommen bekam ich noch mit, wie Mona und Kandor ein Schritt zurück traten und somit die Anhänger von ihren Ketten rissen, bevor es schwarz vor meinen Augen wurde.

Erzähler Sicht:

Ein markerschütternder Schrei fegte über die Landschaft, als Layla mit schmerzverzerrtem Gesicht ihr Handgelenk fest hielt. Erschrocken wichen alle von ihr zurück. Mit großen Augen beobachteten sie, wie sie aufleuchtete und langsam vom Boden ab hob.
„Vater? Was passiert mit ihr?“, rief Sam besorgt über den Wind, der nun von allen Himmelsrichtungen kam. Der heulende Wind zerrte an den Haaren und Kleidern der umstehenden Personen.
„Ich weiß es auch nicht mein Sohn “, hielt der König sich den Unterarm zum Schutz vor die Augen und schritt auf die anderen zu. Beschützerisch umarmte Alex Ally, als eine starke Windböe sie taumeln ließ. Gebannt starrten alle auf Layla, die sich nun im Kreis drehte, den Rücken durch streckte und ihre Arme ausbreitete. Ihr Kopf lag locker in ihrem Nacken. Es sah aus, als wäre sie eine Marionette, die nur an den Armen gehalten wurde. Abwesend starrte sie mit ihren, in allen erdenklichen Farben, leuchtenden Augen in den Himmel. Vor Schreck schrien alle auf, als um sie herum die Erde vom Boden abhob und auf Layla zu flog. Immer wieder schwirrten die unterschiedlich großen Brocken um sie herum.
„Layla? Kannst du mich hören?“, brüllte Sam über den pfeifenden Wind hinweg. Mona trug Kandor währenddessen im Maul zu den anderen und setzte sich schützend vor sie. Den kleinen Welpen übergab sie Ally, welche ihn fest an ihre Brust presste.
„Sie kann dich nicht hören!“, erklärte Mona.
„Warum das?“, fragte Sam beunruhigt und schaute zu ihr hoch.
„Sie ist Ohnmächtig und hat keine Kontrolle mehr über ihre Kräfte. Das spüre ich!“ Mona horchte zur Sicherheit wieder in sich hinein. Das warme Gefühl von Layla war nur noch sehr blass zu spüren.
„Und was machen wir jetzt?“, fragte Ally in Aufruhe.
„Nichts. Wir können nur abwarten und schauen, dass sie keinen verletzt“, antwortete der König ruhig. Vor Jahren hatte er dieses Ereignis schon mal gehabt, weshalb er stark davon ausging, dass sich eine Sperre bei ihr gelöst hatte. Zwar wusste er noch nicht, wer ihr diese Blockade in den Körper gesetzt hatte, doch das würde er noch heraus finden!

Ein warmes Licht tunkte die Umgebung in ein orange, rot und ließ alle verwundert an der Hündin vorbei schauen.
„Krasse Scheiße“, hauchte Kay fassungslos neben Sam, als er sah, wie aus Laylas Händen Feuer schoss. Wasser löste sich aus dem Fluss, ganz in der Nähe und flog zischend auf das schwebende Mädchen zu, nur um gleichdarauf wieder vor ihr zu stoppen und sich um sie herum zu einem Ring zu verbinden. Ally drückte Kandor fester an ihre Brust, als starke Luftwirbel an ihr vorbei rasten und Layla wie hungrige Tiere umkreisten. Dadurch drehte sich das braunhaarige Mädchen immer schneller in der Luft und immer schneller. Leise wisperte sie mysteriöse Worte, die nur die ältesten der ältesten Verstanden, und breitete ihre immer größer werdenden, braunen Flügel aus, bis sie plötzlich in der Luft stoppte und ihr Körper erschlaffte. Langsam zogen sich die Elemente wieder zurück und hinterließen aufgewühlte Erde sowie einen grünen, orangenen Laubteppich.
Hastig lief Sam an Mona vorbei. Auf Laylas Kopf bildete sich eine Krone, mit zwei Widder artigen Hörnern, die passend zu ihren Haaren dunkelbraun in der Sonne schimmerten. Grüne Pflanzenranken, die bunte Blüten trugen, schlangen sich um die Hörner. Ihre Haare wehten in ihr Gesicht und verdeckten somit die geschlossenen farbenfrohen Augen. Leblos schwebte sie langsam auf die kalte Erde zu und atmete dennoch regelmäßig in ihrer Ohnmacht, ein und aus, als Sam seine Arm nach ihr hob und sie vom Himmel auffangen wollte. Doch das letze Stück zu der kalten Erde wurde sie regelrecht von der Schwerkraft verlassen, wodurch ihr Körper unsanft auf  den Boden landete. Besorgt stürzte Sam sich direkt auf die Knie und hob behutsam den Oberkörper von Layla auf seine Oberschenkel hoch.
„Layla“, rüttelte Samuel sanft an den Schultern. Langsam öffnete sie die Augen und sah sich Orientierungslos um.
„Was ist passiert?“, stützte sie sich auf ihren Ellbogen ab und lehnte sich kraftlos an Sams Brust. Irritiert schaute sie in die waldgrünen Augen von Sam, die vor Emotionen strahlten. Erleichtert atmete dieser aus. Ein glückliches Lächeln umspielte seine Mundwinkel, da er froh war, dass sie aufgewacht war.

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