Die Feenstadt

Kapitel 26

„Sam?", fragte ich mich selber und schob den Stoff weg. Kurz konnte ich einen Blick auf ihn erhaschen, wie er blutend auf dem Bett lag, bevor Phobe abrupt die Abdeckung wieder zuschlug. „Sam? Sam! SAM!", schrie ich und drückte mich an ihr vorbei.
Nur am Rande bekam ich mit, wie Phobe "Nein Layla", rief.
Doch zu spät. Ich rannte zu ihm und schubste achtlos Frau Grandi weg, welche am Bett kniete und eine Salbe auf seine Wunden auftrug. Entsetzt sah ich auf eine große Fleischwunde die sich von seinem Rücken bis hin zu seinem rechten Bein zog. Tränen rollten mir die Wange hinunter. Schluchzend hielt ich mir eine Hand vor den Mund, da mir plötzlich spei übel wurde, und sah in Sams Gesicht. Er hatte die Augen geschlossen und atmete regelmäßig.
„Was macht sie denn hier? Holt sie dort weg, SOFORT!" Frau Grandi sah wütend in die Runde.
„Was ist passiert?", wisperte ich mit belegter Stimme. Alle wurden still, als ich in die Runde sah. „ANTWORTET MIR VERDAMMT NOCH MAL", brüllte ich hysterisch. Zwei Ärzte, Frau Grandi und Phobe standen neben mir im Saal und zuckten erschrocken zusammen.
„Er wurde von Zinsors angegriffen", antwortete Phobe leise und wandte beschämt ihren Blick zu Boden.
"Zinsors?", fragte ich atemlos und wich mir meine Tränen von den Wangen.
"Das sind Dämonen, schwarze Wesen", nickte meine Lehrerin. Schockiert stockte mir mein Atem. Hier gab es Dämonen?
"Aber-. Ich hab gedacht hier ist man sicher", schniefte ich irritiert.
"Dachten wir auch", flüsterte Phobe, während sie auf den Boden starrte. Langsam wanderte mein Blick wieder zu Sams Gesicht. Verunsicherung machte sich in mir breit. Waren wir hinter den Schlossmauern immer noch sicher oder könnte uns ein Dämon wieder jeder Zeit angreifen? Daraufhin schwieg ich und strich Sam eine verirrte Strähne aus dem Gesicht. Er lag so friedlich da. Als würde er nur schlafen.
"Wird- wird er wieder?", fragte ich besorgt in die Runde. Meine Lehrerin nickte zuversichtlich lächelnd, woraufhin ich beruhigt ausatmete. Meine Hand blieb auf seiner heißen Wange liegen. Er hatte Fieber. Mit wackeligen Beinen, wegen dem Adrenalin, was noch vor ein paar Minuten in Mengen durch meine Adern floss, stand ich auf und holte kaltes Wasser sowie einen Lappen. Meine Lehrerin und die Ärzte machten sich wieder an die Wunden und schmierten die grüne Paste darauf. Ich tunkte derweile den Waschlappen in das kalte Wasser und legte es ihm auf die Stirn.

~ ¤ ~

„Layla?" Ich war beim Ausringen meines Lappens in Gedanken vertieft, weshalb ich nun erschrocken auf sah. Sam schaute verwirrt um sich und setzte sich leicht auf. Tränen der Erleichterung liefen meine Wangen hinunter, als ich den Lappen achtlos fallen ließ und lächelnd Sams Gesicht in meine Hände nahm.
"Was ist passiert?", fragte er und fasste sanft nach meinem Handgelenk. Vorsichtig drückte ich ihn wieder auf das Bett. Die Wunden hatten zwar schon eine dünne Kruste gebildet, aber reißen oder aufplatzen konnten sie trotzdem.
„Du wurdest von Dämonen angegriffen", wisperte ich, räusperte mich gleichdarauf, um nach Fassung zu ringen. Ungläubig starrte er in meine Augen. "Erinnerst du dich denn an gar nichts?", fragte ich besorgt. Langsam löste ich meine Hände von seinen Wangen und legte den kühlen Lappen auf seine mittlerweile etwas kältere Stirn.
„Nur an sehr wenig!", antwortete er. Ein nicken von mir.
„Kannst du es mir erzählen?", fragte einer der Ärzte, welcher hinter mir stand und schaute Sam abwartend an.
„Ich war gerade auf dem Weg zum Gewächshaus, als auf einmal jemand von hinten kam und mir heftig auf den Kopf schlug. Ich kippte nach vorne und merkte nur noch ein brennender Schmerz an meinem Rücken, bevor ich in Ohnmacht fiel. An mehr kann ich mich nicht erinnern!"
Schwer schluckend hörte ich zu und versuchte meine Übelkeit zu ignorieren. Die Vorstellung, dass noch etwas schlimmeres passiert hätte können, ließ mein Herz und Bauch verkrampfen.
„Hast du Schmerzen?", analysierte der Arzt weiter Samuels Zustand.
Er schüttelte den Kopf.
„Na wenigstens etwas gutes", rutschte es mir heraus. Seufzend sah ich Phobe an, die sich neben mich setzte. „Warum bist DU denn eigentlich hier?"
Phobe starrte auf die Wunden und antwortete „Ich habe ihn auf dem Flur gefunden." Ein verstehendes Nicken von mir.
„Tut mir leid, dass ich euch unterbreche, aber ich muss mal kurz Fieber messen", sprach uns Frau Grandi an. Wir nickten und machten ihr Platz.
Nachdem sie alles kontrolliert hatte, gab sie uns zwei nasse, kalte Lappen in die Hand und meinte „Ihr wascht jetzt die Paste ab. Aber seid vorsichtig!"
Wir nickten brav und machten, was sie sagte. Verwundert aber auch erleichtert, stellte ich fest, dass die Wunden schon fast verheilt waren.

Plötzlich kam Ally in den Raum spaziert und setzte sich vor meinen Freund auf die Knie.
Verwirrt sah ich sie an und fragte „Was machst du denn jetzt hier?" Lächelnd sah sie mich an, ignorierte meine Frage und hob ihre Hände über die Wunden. Daraufhin murmelte sie etwas leise vor sich hin. Langsam fingen ihre Hände an weiß zu leuchten. Staunend sah ich zu, wie die roten Ritze und die aufgeschürfte Haut in Sekunden schnelle verheilten und keine Narben hinterließen. Nach einer Minute war Ally fertig und sah zufrieden auf ihre Arbeit.
„Danke", sagte Sam zu ihr und setzte sich auf.
„Geht's dir besser?" Sam nickte lächelnd, zog sich ein neues T-Shirt über und winkte mich zu sich. Sofort lief ich auf ihn zu und schmiss mich in seine Arme. „Das dir das nie wieder passiert, klar?", nuschelte ich warnend gegen seine Brust. Grinsend stimmte mir mein Freund zu und drückte mich feste an sich. „Luft", keuchte ich leise. Er ließ locker und sah mich entschuldigend an.
„Könnten wir wieder in den Unterricht gehen?", fragte Phobe genervt, mit vor der Brust verschränkten Armen. Schmunzelnd stand ich auf und ging mit den anderen aus dem Saal. Sie tat immer auf taff. Dabei wusste ich ganz genau, dass sie sich in unserer Nähe wohl fühlte und sie sie auch oft aber unauffällig aufsuchte.
„Hm... Layla? Warum hast du eigentlich so ein Arztklamotten an?", machte mich Ally auf meine Kleidung aufmerksam. Grinsend erzählte ich allen, wie ich in den Raum gekommen war.

Meine Freunde schmunzelten vor sich hin, wo hingegen Sam mich aus lachte und sagte „Das hätte man Filmen müssen! Detektivin Layla im Einsatz." Schmunzelnd sah ich ihm beim Zitieren und Fantasieren zu. Das er nach so einem Vorfall so locker sein konnte, war komisch... beruhigte mich jedoch gleichzeitig, da ich so wusste, dass es ihm gut ging.
Am Ausgang des Krankenhauses blieben wir stehen und warteten auf die anderen Schüler. Meine Mitschüler kamen genervt und maulend aus dem Warteraum spaziert und beschwerten sich lauthals bei Frau Grandi, warum es so lange gedauert hätte.

Die Lehrerin stand eingeschüchtert da und wusste nicht wie sie das erklären sollte. Aus den Augenwinkeln erkannte ich Eisenflügel. Ich drehte mich um und erblickte Frau Elria, welche auf uns zu marschierte. Unauffällig stieß ich mein Ellbogen in Sams Seite und machte ihn auf die Schulleiterin aufmerksam.
„Oh je. Das gibt Ärger", flüsterte er mehr zu sich, als zu mir. Trotzdem stimmte ich ihm zu und ging mit ihm ein paar Schritte zurück, um nicht in Reichweite des Zornes der Halbgöttin zu kommen. Diese kam hinter Frau Grandi hervor und sah die Schüler wütend an. Die aufprausende Menge wurde still und sah die Lehrerin erwartungsvoll an.
„Was ist hier los?", fragte sie und sah fragend in die Runde.
„Ach herje Elria. Ein Glück das du da bist. Die Schüler wollten einfach nicht still werden und- und-"
„Ist gut Mathilde. Es ist ja nicht deine Schuld, oder?" Die Heilkunde Lehrerin schüttelte wild den Kopf. „Gut... jetzt würde ich aber gerne wissen, was hier los ist!"
Hunter trat durch die Schülermenge und sagte wütend „Wir sind schon zum dritten Mal dieses Jahr durch das Krankenhaus gegangen und mussten danach ganze drei Stunden auf Frau Grandi warten! Wo waren sie?" Hunter wandte sie aufgebracht der Lehrerin zu.
„Das kann ich erklären", sprach Sam. Abwartend sahen ihn alle. „Ich wurde von einem Dämonen angegriffen und Frau Grandi ist halt eben gekommen, um meine Wunden zu verarzten." Die Schulleiterin nickte überlegend.
"Ihr habt es gehört. Ab in den Unterricht", kommandierte sie. Unzufrieden beklagten sich die Schüler weiterhin bei der Lehrerin. Jedoch lag meine Aufmerksamkeit auf ein braunhaariges Mädchen, das auf Sam zugerannt kam und besorgt fragte "Ist alles in Ordnung mit dir?" Beruhigend lächelte er sie daraufhin an.
"Keine Sorge Lira. Mir geht es gut." Erleichtert nickte sie und strahlte ihn an. Mit zusammen gezogenen Augenbrauen sah ich zwischen den Beiden hin und her. Sie wirkten so vertraut und standen so nah beieinander. Eifersucht stieg in mir auf und ließ mich meine Zähne knirschen. Eigentlich sollte ich so gar nicht fühlen, da ich ganz sicher wusste, dass Sam mich nie betrügen würde. Doch meine Zweifel konnte ich nicht ignorieren.
„OH SCHEIßE! Layla! Deine Krone brennt", schrie mich Phobe an.
In Panik geraten, hörte ich auf meinen Instinkt und ließ Magie durch meine Finger gleiten. Aus Wasserhähnen zog ich Wasser, sammelte es über meinem Kopf und ließ es meine Hörner umhüllen. Komisch, dachte ich. Ich spürte gar keine Wärme auf meinem Kopf und hatte meine Krone gar nicht aufgehabt. Plötzlich funktionierten meine Kräfte nicht mehr, weshalb die Kugel Wasser auf meinen Kopf klatschte und über meinen ganzen Körper lief.
„FUCK", schrie ich erschrocken und hüpfte auf.
„Das Feuer ist weg", reichte mir Ally ein Handtuch. Missgelaunt sagte ich nichts dazu und sah zu Sam, welcher immer noch mit dem Mädchen redete. Wütend schnaubte ich. Das er nicht bemerkte, dass sie ihn anschmachtete?!
„Sag mal! Was ist denn mit deiner Krone los? Die brennt ja schon wieder!"
Ally wollte wieder Wasser auf mich kippen, als ich einfach „Lass gut sein. Das Feuer schadet mir nicht", sagte. Ich vermutete, dass das Feuer wegen der Eifersucht kam. „Ich setz die Krone jetzt sowieso mal ab." Gesagt, getan. Leise flüsterte ich: "Kalsmarik mora sinstora lossske."

Vorsicht nahm ich die Krone von meinem Kopf und betrachtete die Flammen sowie die schwarz geschuppten Hörner. Das Feuer flammte langsam ab und die Krone verwandelte sich in ihre ursprüngliche Form zurück. "War das Eifersucht?", fragte ich mich gedanklich. Daraufhin zuckte ich ratlos mit den Schultern und ließ die Hörner los. Das Geweih mit den kleinen Wurzeln schwebte vor mir, wurde immer heller und verschwand, nachdem ich den zweiten Spruch flüsterte.
„Wo ist sie denn hin?", fragte Ally und ging mit ihrer Hand durch die Luft.
Belustigt antwortete ich ihr „Sie ist an einem sicheren Ort, wo sie keiner sehen oder berühren kann. Mehr weiß ich auch nicht. Meine Oma wollte mir nämlich nicht mehr verraten!" Ally nickte und hörte auf den Ort abzusuchen. Seufzend sah ich wieder zu Sam. Schnell marschiert ich zu ihm hin und blieb mit verschränkten Armen provozierend neben ihm stehen. Augenblicklich verstummten beide und sahen mich fragend an.
„Gibt es ein Problem?", fragte mich das Mädchen verunsichert.
"Nein", winkte ich mit einem Ironischen Unterton in der Stimme ab. Verwirrt schaute sie zu Sam, der mich verwundert von der Seite musterte.
"Sag mal. Bist du etwa-?"
"Nein bin ich nicht", widersprach ich ihm laut, bevor er meine Gefühlslage aussprechen konnte.
"Ähm... okay?" Das Mädchen zog ihn in eine Umarmung, die er erwiderte. "Wir sehen uns dann die Woche noch", lächelte sie, drückte ihm einen Kuss auf die Wange und ging mit meinen anderen Mitschülern, die mit der Schuldirektorin ausdiskutiert hatten, davon. Fassungslos klappte mein Mund auf. Das war doch jetzt nicht ihr Ernst, oder?
"Bis dann", rief Sam ihr hinterher. Ungezähmte Wut flammte in mir auf.
"Sag mal, geht es dir noch ganz gut?", zischte ich zornig und trat vor ihn, als die anderen außer Hörweite waren.
"Was meinst du?", fragte er unschuldig.
"Der Kuss auf die Wange", fauchte ich.
"Du bist ja wirklich eifersüchtig", kicherte er verblüfft. Sauer biss ich meine Zähne zusammen und ballte meine Hände zu Fäusten. Unangenehm zog es anschließend in meinem Kiefer und Fingerkuppen, während ungewollt ein tiefes Knurren aus meinem Mund kam. Hitze wallte in meinem Körper auf, als ich mit meinem Fuß wie ein trotziges Kind auf den Boden stampfte und mit mir fremder zischte: "Das ist nicht witzig!" Erst leise, dann laut hörte ich das Knacksen der Fliesen, die wie in Zeitlupe in tausend Einzelteile zerbrachen.
Misstrauisch verzog Sam seine Augen zu Schlitzen und ging einen Schritt zurück. Verwirrt über mein Verhalten stellte ich mich gerade hin, schloss meinen leicht geöffneten Mund wieder und blickte fassungslos sowie entgeistert auf meine spitz gewordenen Nägel. Was war das?
„Layla?"
Erschrocken zuckte ich zusammen. Vergessen war das Mädchen und mein Ärger gegenüber Sam. Nur der große Schaden unter mir und mein komisches Verhalten zählte. Verängstigt schaute ich mich um. Alle starrten in unsere Richtung. Eingeschüchtert zog ich meine Schultern hoch und versuchte mein Gesicht mit meinen Haaren zu verdecken.
„Geht es dir gut?", sah mich Sam besorgt an. Verunsichert nickte ich und ging still an ihm vorbei, aus dem Krankenhaus hinaus.

Die schwüle Luft ein geatmet, stand ich still vor der Tür und versuchte wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Die Situation gerade eben war für mich verwirrend aber auch beängstigend zu gleich.

Seufzend öffnete ich meine Weste und versuchte dem unangenehmen heißen Sommerwind aus dem Weg zu gehen. Irgendwann müsste ich mir mal notieren, wo welches Klima, in welcher Gegend herrschte.
Von der Seite hörte ich meine Mitschüler angeregt mit der Lehrerin reden. Alle außer meine Freunde und Hunter machten einen großen Bogen um mich.

Frau Elria kam auf mich zu und blieb hinter mir stehen. Fürsorglich legte sie mir eine Hand auf die rechte Schulter und gab mir den Rat: „Am besten ruhst du dich aus und gehst nach Hause. Ally oder Phobe werden dir bestimmt die Hausaufgaben bringen und dir den neuen Unterrichtsstoff erklären." Niedergeschlagen nickte ich. "Und rede mit deiner Oma über diesen Vorfall. Sie wird dir glaub ich besser erklären können, was dort gerade los war." Kurz sah ich hoch - in Frau Elrias zuversichtliches Gesicht - und ging den anderen schweigend hinterher. Durch das Portal geschritten und auf dem Weg nach Hause versuchte Sam mit mir immer wieder zu reden, doch ich blockte ab. Ich wollte nur alleine sein und meine Gedanken ordnen. Klar tat es mir Leid für ihn und ich wusste auch, dass das sehr egoistisch von mir war, aber so etwas durfte man sich mal erlauben!

In meinem Zimmer angekommen, schmiss ich mich auf mein Bett und rollte mich zur Seite, um nun starr auf die weiße Decke über mir zu starren.
Zwar war die Welt, die man kannte nicht immer schön und blumig, doch es gab immer kleine Momente, wo man wusste, dass man hier gut aufgehoben war und man dankbar für alles sein konnte. Ich weiß, dass es sehr schnulzig klang - und vielleicht war ich das auch - aber hey! Wer war das schon nicht irgendwann mal in seinem Leben?
Grinsend schüttelte ich über meine Gedanken den Kopf. In so stillen Momenten dachte ich des öfteren über die Welt und meine Existenz nach...
Verwundert bekam ich große Augen, als ich mich an etwas erinnerte. Zuhause auf der Erde hatte ich immer davon geträumt in so einer anderen Welt zu leben. Es war wohl die Ironie des Schicksals, dass ich hier gelandet war. Obwohl das hier in Wirklichkeit zu sehen eine ganz andere Sache war. Hier erschien nicht alles so Magisch oder perfekt, wie man es sich vielleicht in seinen Träumen vorstellte, und hier konnte man auch nicht alles machen, was man wollte. NEIN!... Hier gab es Regeln, Ranglisten und noch viele andere Dinge.
Grübelnd zog ich meine Augenbrauen zusammen.
Um ehrlich zu sein hatte mich diese Situation am Anfang sehr eingeschüchtert und auch auf das übelste verwirrt. Klar lief alles in letzter Zeit super und ich war auch glücklich, doch ich hatte viele Fragen und keine Antworten darauf. "Vielleicht bekomme ich sie ja irgendwann von einem Fremden beantwortet! Wer weiß", dachte ich überlegend.

Breit lächelte ich in mich hinein. Es herrschte angenehme Stille. Die Stille, welche ich in den letzten Tagen und Monaten kaum hatte. Was wohl Mona und Kandor gerade machten? Sie besuchte ich auch zu selten! Tief atmete ich ein und wieder aus. Manchmal fragte ich mich echt, wie ich diese ganzen Geschehnisse verkraftet und ausgehalten hatte. Ich meine, es war nicht so, dass das hier alle Tage passierte!

Schwungvoll setzte ich mich auf und zog mir eine dicke Jacke an. Pfeifend und die Hände in meinen Manteltaschen versteckt, schlenderte ich nach draußen. Vor der Tür blieb ich stehen und überlegte, wo ich jetzt hin sollte. "Am besten gehe ich zu Mona und Kandor", dachte ich.

Gesagt, getan. Langsam spazierte ich zu der Scheune, die beide extra neben dem Wohnheim angebaut bekommen hatten, und lehnte mich mit aller Kraft gegen die schweren, großen Türen.
„Mensch, geh schon du blödes Teil", beschimpfte ich es. Ganz plötzlich ließ es sich leicht auf schieben, weshalb ich verdutzt auf das massive, dunkel braune Holz sah. Da ich mir aber nicht weiter den Kopf darüber zerbrechen wollte, beließ ich es bei einem schulter zucken und ging in die Scheune hinein.

Mona und Kandor lagen eingerollt im Stroh und schliefen. Leise zog ich meine Jacke aus, weil es hier so warm war, und schlich zu ihnen hinüber. Ein großes, magisches Licht über mir erhellte den Raum und tunkte Monas weißes Fell in eine warme, weiß, rote Farbe. Leicht berührte ich die Schnauze der Hündin und strich zart über das feuchte Leder-artige weiß. Müde öffnete sie ihre Augen und blickte in mein Gesicht. Sanft lächelte ich sie an und ließ mich neben ihr nieder. Viel redeten wir nicht. Ich wusste fast immer was sie dachte oder fühlte, auch ohne Gedankenkontakt, und fand deshalb reden überflüssig.

Den Kopf auf die Pfoten gelegt, betrachtete sie mich besorgt und atmete tief ein. Durch ihr ausatmen, flogen meine Haare nach hinten und zerzausten sie ein wenig. Schmunzelnd richtete ich sie mir wieder und sah nun auf Kandor hoch, welcher auf ihrem Rücken lag. Der kleine Bengel schlummerte unbesorgt weiter und schien mich gar nicht zu bemerken. Er ging mir jetzt schon bis zur Hüfte. Wie groß er wohl noch werden würde?
„Layla? Was ist los? Du siehst so nachdenklich aus!" Ich zuckte mit den Schultern und drehte meinen Kopf weg.
„Ich will nicht darüber reden!" Mona brummte verständnisvoll und schloss ihre Augen.
„Du weiß, dass du mir alles sagen kannst, egal was es ist!" Lächelnd nickte ich und kuschelte mich in ihr weiches Fell. Ihr Atem ging regelmäßig und beruhigte mich. Die Müdigkeit von den letzten Tagen übermannte mich und ließ mich einnicken.

~ ¤ ~

Etwas raues, nasses strich über mein Gesicht und weckte mich somit. Langsam, mit der Vermutung, dass das Kandor war, öffnete ich meine Augen und blickte in ein grün, gelbe Iris. Lächelnd setzte ich mich auf und zog Kandor auf meinen Schoß.
„Mein großer schwarzer Wollknäuel", grinste ich ihn an und kitzelte seinen Bauch. Strampelnd befreite er sich aus meinem Griff und lief freudig bellend weg. Lachend wischte ich mir seinen Speichel vom Gesicht. „Sollen wir einen Spaziergang machen?", fragte ich in die Runde und stand auf. Kandor reagierte mit einem lauten Bellen und sprintete zu den Toren. Mona nickte daraufhin ruhig und ließ mich auf ihren Rücken steigen. Zusammen gingen wir raus und überlegten, an welchen Ort wir gehen sollten. „Mona? Hast du nicht ne Idee?"
Die Angesprochene nickte und meinte „Wir könnten ja zu den kleinen Feen in den Wald gehen. Ich habe sie schon lange nicht mehr besucht!" Zustimmend lächelte ich und sah Kandor fragend an. Der Wolf hechelte und flog los. Ich und Mona hinterher.

An den Östlichen Toren Kanderis angekommen, betrachtete ich die zwei Staturen über den Toren intensiver, da nicht viel los auf der Straße war. Im Gegensatz zu gestern! Da war es hier rammel voll gewesen!
"Was sind das eigentlich für Wesen?", fragte ich Mona und zeigte über die Tore auf das Gestein. Sie folgte meiner Hand.
"Das sind Normaden des Luftvolkes Shorghas (Sh=Sch)."
"Und warum gerade sie?"
"Hmm... weil in jeder Himmelsrichtung Wesen über den Toren sind, die ihr Element verkörpern. Da wir im Osten sind und somit im Gebiet des Windes, stehen sie nun mal da", erklärte Mona sachlich. Fasziniert nickte ich.
"Und deswegen auch die grauen Säulen mit den weißen Mustern", stellte ich verstehend fest, als ich die runden Säulen inmitten des breiten Durchganges betrachtete. Mona nickte.

Als wir an der Weggabelung vorbei liefen, stieg ich nach ein paar Metern von der Hündin ab und spazierte gemütlich hinter ihr her. Der schwarze Wolf landete elegant neben mir und sah mich aus großen Augen an. „Was ist denn Kandor?", fragte ich neugierig.
„Du hast irgendein Problem, das du uns aber nicht erzählen willst! Warum machst das nicht?" Erstaunt, dass er schon so gut unsere Sprache konnte, fand ich keine Worte. „Antwortest du mir noch?"
Seufzend blieb ich stehen und sah ihn traurig an. „Im Moment möchte ich darüber nicht reden. Irgendwann, wenn ich es selber verdaut hab, erzähl ich es euch. Versprochen!" Kandor drehte seinen Kopf weg und brummte zustimmend.

Nach einer halbe Stunde blieb Mona vor einer hohen sowie dichten Blätterwand stehen und nickte zu einem Glasflaschen großen Holz Tor.
„Dort geht es zu den Feen. Sie sind wirklich nett und auch hilfsbereit... nur guck, dass du keinen umrennst, ja?" Ich lächelte Mona zu und beugte mich zu dem kleinen Tor hinunter. Leicht klopfte ich an und wartete.
„Ja? Wer ist da?", hörte ich jemanden leise sagen.
„Hier ist Layla. Ich wurde von Thistlewit eingeladen sie und ihre Familie mal zu besuchen. Ich hab meine Koria und ein Wolf dabei. Ist das ein Problem?" Schnell ging das Tor auf und eine kleine Gestalt stand, in einer Lederrüstung, vor mir.
„Klar könnt ihr rein kommen. Aber vorher müsst ihr noch das hier trinken. Das macht euch kleiner und ermöglicht euch, hier rein zu kommen." Er gab uns drei Fingerhut große Flaschen und lächelte uns an.
„Jetzt einfach trinken oder wie?" Zögerlich sah ich auf die Mixtur.
Er nickte und meinte „Keine Sorge. Nach einer gewissen Zeit erlangt ihr eure ursprüngliche Größe zurück. Es ist auch nicht so, dass ihr so klein, wie wir werdet nur halte eben so, dass ihr uns nicht umrennt und in unsere Häuser passt!"
Ich murmelte ein "Okay", zog den kleinen Korken von der Flasche und schüttete mir die grüne Flüssigkeit in den Hals. Ein paar Sekunden passierte nichts, bis ich auf einmal ein angenehmes Kribbeln in meinem Körper fühlte. Beeindruckt sah ich zu, wie der Boden immer näher kam und mein Körper schrumpfte. Neugierig wanderte mein Blick nach hinten. Mona und Kandor waren in dieser Position genau so groß, wie ich in meiner normalen Größe! Kandor ging mir bis zur Hüfte und Mona war wie immer drei Meter größer als ich!
„Ihr seht witzig aus", kicherte der Feensoldat. Seine Stimme klang nun nicht mehr so piepsig, sondern sehr männlich rau. Lächelnd gab ich den Kommentar zurück und ließ mich von ihm, durch einen langen Tunnel, in die Stadt hinein führen. Dort angekommen, blieb mir die Luft weg.
Magische Lichter in allen Farben schwebten über uns und erhellten die Stände aus Stein sowie Blätter, welche ungeordnet überall standen. Viele Feen liefen mal gehetzt, mal lässig und manchmal auch grimmig durch die Gegend und mussten anscheinend noch viel erledigen.
„Es tut mir Leid das hier so viel los ist, doch Morgen steht unser Feen fest an und es müssen noch viele Vorbereitungen getroffen werden." Verstehend nickte ich und machte eine wegwerfende Handbewegung.
„Nicht schlimm! Worum geht es denn bei dem Feen fest!" Neugierig beugte ich mich ein wenig zu dem Soldaten hinüber. Er war einen Kopf kleiner als ich, weshalb ich immer zu ihm nach unten schauen musste.
„Da ist aber jemand neugierig", grinste er mich an. Verlegen zuckte ich mit meinen Schultern. „Wir werden durch diese Feier unsere Königin und die Göttin Blum ehren. Beide sind sehr beliebte Leute in unserem Volk und wir verdanken ihnen viel!" In seinen Gedanken vertieft schaute er ins Leere.
Lächelnd nickte ich und fragte „Du hast gesagt das Fest findet Morgen statt?! Könnte ich dann vielleicht mal vorbei schauen? Mich würde es nämlich sehr interessieren!" Der Blick des Soldaten wanderte lächelnd zu mir. Schweigend nickte er. Grinsend freute ich mich innerlich total, konnte es aber nach außen hin nicht zeigen, weil es sonst zu peinlich wäre. Doof durch die Gegend schauend, sah ich zu, wie Feen in ihre Häuser flogen, welche in den Bäumen angebracht wurden. Vor einem großen Baum, der bestimmt total klein aussehen würde, wenn wir unsere normal Größe hätten, blieben wir stehen. Der Soldat breitete seine fast unsichtbaren Flügeln aus, durch welche braune Adern gingen und flog nach oben. Ich flitzte ihm hinterher und kam Sekunden später auf einem kleinen Podest an. Suchend blickte ich mich nach Kandor und Mona um. Ups! Ich hatte vollkommen vergessen, dass Mona nicht fliegen konnte!
„Wir bleiben unten und sehen uns ein wenig um. Keine Sorge!", hörte ich Kandor in meinem Kopf sagen. Dankend nickte ich ihnen zu und trat durch die offene Tür.

Die holzigen Möbel wuchsen aus dem Baum heraus und ließen den Raum irgendwie... komisch aussehen. Es sah aus, als würde die Natur im Einklang mit den Bewohnern dieses Hauses sein. Generell strahlten die Regale und Schränke eine angenehme 'Aura' aus. Meine Aufregung, weil ich Thistle wieder sehen würde und die Fröhlichkeit, verschwanden dadurch und machten einer innigen, wohltuenden Ruhe Platz. Langsam ging ich durch die Gänge, dem Soldat hinterher und sah mich überall in Seelenruhe um. Sie hatten es hier wirklich schön! Die ganze Natur um sie herum, der Geruch nach frischem Gras und das warme Sonnenlicht. Auch standen in jedem Zimmer ein Strauß verschiedener Blumen und ließen den Raum ein wenig süßer riechen.
„Ich würde auch gerne mal so wohnen", nuschelte ich lächelnd und starrte verträumt in die Luft.
„Naja... du kannst ja ein paar Tage hier bleiben!" Überrascht drehte ich mich um und lief lächelnd auf Thistle zu. Wir umarmten uns und grinsten um die Wette. Ein Stück weit entfernte ich mich von ihr und sah an ihr herunter. Sie trug wie immer die selbe Kleidung und hatte die Haare schön gelockt. „Du siehst so... groß aus!"
„Und du siehst so... klein aus!" Intensiv musterten wir uns gegenseitig.
„Gut. Ich würde mal sagen, dass ich dir meine Familie vorstelle", unterbrach sie die Stille. Milde lächelnd nickte ich und spazierte ihr hinter her. Irgendwann, nach vielen Gängen und reden, kamen wir in einen hohen Raum an.
„OHA. Das ist aber groß!", wanderte mein Blick beeindruckt durch den runden sowie zwei Stöckigen Raum.

Helles Licht schien von oben durch die bunten Glasscheiben, weshalb ich mich fast wie in einer Kirche fühlte, und erhellte den runden Tisch, der mitten im Raum stand. Mit bedachten Schritten ging ich auf ihn zu und somit an einer Treppe vorbei. Sie führte zu einem Plato, welches um den ganzen Raum ging. Überall in der obersten Etage waren in gewissen Abständen Durchgänge angebracht, aus denen helles Licht schien. Fasziniert von der Architektur blieb ich stehen. Die Wände, Möbel, Treppen, das Geländer und alle anderen Möbelstücke waren, wie immer, Holzig und verwachsen mit dem Raum.
Ich hörte ein amüsiertes Kichern hinter mir. Schmunzelnd drehte ich mich zu Thistlewit um. „LEUTE! WIR HABEN BESUCH!", rief sie anschließend laut, mit vor dem Mund zu einem Tunnel gehaltenen Händen. Stille.
Leise vernahm ich viele kleine tapsende Geräusche und Gemurmel, weshalb ich fragend um mich sah. Mir klappte der Mund auf. Aus allen Richtungen kamen Feen und stürmten lächelnd auf uns zu. Lachend und quatschend umarmten sie mich und schüttelten mir die Hand, weshalb ich überfordert lächelte.

Nach fünf Minuten hörte alles abrupt auf.
„Wow, also das..." Tief atmete ich durch. „... War sehr überraschend!" Alle lachten und setzten sich an den Tisch.

Es waren nicht nur Erwachsene Feen dabei. Hier und da saßen auch Kinder auf den Stühlen oder die Mütter wiegten ihre Babys in den Schlaf. Milde lächelnd beobachtete ich, wie alle leise wurden und einen etwas älteren Mann erwartungsvoll anschauten.
„Wir freuen uns sehr über deinen Besuch Layla. Thistle hat schon viel über dich, Mona und Kandor erzählt", sprach er zu mir. Alle nickten zustimmend. Grinsend sah ich meine Feen-Freundin an.
„Dann hoffe ich mal nur gutes!" Verlegen lächelte Thistle, während der Mann amüsiert lachte.
„Natürlich nur gutes. Ich würde mal sagen, das wir uns alle vorstellen, oder?", sah er fragend in die Runde. Ein Nicken von allen. „Wer will anfangen?"
Thistle stand schnell auf und hob den Arm schwungvoll nach oben. „Ich will! Ich will!"
„Wie immer ist Thistle am schnellsten", schmunzelte er leise und zeigte auf die Angesprochene. Hibbelig sprang sie kurz auf und räusperte sich.

„Ich bin Thistlewhit, sechzehn Jahre jung und eine Pflanzenfee." Kichernd setzte sie sich hin. Wie ich am Anfang schon bemerkte, hatte sie grasgrüne Flügeladern, die ihren Feentyp zeigte.

~ ¤ ~

„Na gut. Dann würde ich mal sagen, dass wir eine kleine Erkundungstour durch das Dorf machen, oder?", sah mich der Stammesältere fragend an, nachdem mir alle ihren Namen genannt hatten. Ich nickte grinsend.

Die Erwachsenen und ihre kleinen Kinder blieben Zuhause, während Thistle, ihre große sowie schwangere Schwester Flora - eine Knospenfee mit bunten Adern -, ihr Cousin Ruby - eine Feuerfee mit roten Adern - , ihm seine schüchterne Schwester Amy - eine Baumfee mit braunen Adern - und der Mann von Flora Ash - eine Eisfee mit silber glänzenden Adern - mich durch ihre ganze Wohnung führten. Sie alle hatten verschiedene Musterungen am Körper. Obwohl man bei Ash nicht so viel sehen konnte, da er eine Rüstung trug.

Es war alles sehr schön eingerichtet, mit Blumen und grünen Vorhängen. Die Wände bestanden bei jedem Zimmer aus Holz und waren hier und da mal etwas hubbelig.

Fertig mit besichtigen, flogen wir vom Podest hinunter. Auf dem Boden angekommen, sah ich Mona mit vielen kleinen Kinder spielen, welche ihren Rücken hinunter rutschten und sanft auf dem Gras landeten. Kandor tollte derweile freudig auf der Weide herum und jagte etwas in der Luft hinterher.

„Monaaa", rief auf einmal Amy und rannte glücklich auf sie zu. Die Wölfin sah suchend um sich. Als sie uns entdeckte, lief sie langsam der rennenden Fee entgegen. Freundenstrahlend schmiss sich Amy in ihr weiches Fell und redete aufgeregt auf sie ein.

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