Der Absturz
Kapitel 8
Die Leute sprangen empört und zum Teil auch erschrocken zur Seite, als ich mich durch die Menge kämpfte. Vor dem Stand blieb ich stehen und sah mich hektisch um. Das Mädchen war spurlos verschwunden. Wo war sie hin?
„Was ist denn los?“ Erschrocken ruckte mein Kopf zu Sam nach hinten. Er hatte mir eine Hand auf die Schulter gelegt und sah mich verwirrt, gleichzeitig aber auch besorgt an. Ich wandte mich von ihm ab. Frustriert zog ich meine Augenbrauen zusammen. Warum lief sie vor mir weg? Und was wollte ich überhaupt von ihr? Sie konnte mir ganz bestimmt nicht erklären, wie sie in meine Träume kam oder überhaupt: Warum ich von diesem Ort geträumt hatte!
Ich ließ meine Schultern hängen und murmelte niedergeschlagen „Nichts." Zögerlich drehte ich mich um, ging an einem verwirrten Sam vorbei, und schwang mich vorsichtig auf Monas Rücken. Die Hände in ihrem langen Fell vergraben, sah ich wieder auf den Punkt zurück, auf dem das Mädchen gestanden hatte. Es verwirrte mich, dass ich plötzlich den Drang verspürte heraus zu finden wer sie war. Irgendwoher kam sie mir auch sehr bekannt vor. Jetzt mal abgesehen von meinem Traum! Nun ließ ich meinen Blick durch die Menge gleiten. Die Leute starrten mich verwirrt an. Peinlich berührt, bekam ich einen roten Kopf, schaute auf meine Hände und konzentrierte mich wieder auf Mona.
„Können wir weiter?“, fragte sie mich vorsichtig. Ein Nicken von mir und sie lief wieder los. „Auch jemand aus deinem Traum?" Wieder nickte ich und seufzte ergeben auf.
„Wo sind wir eigentlich?“, fragte ich sie in Gedanken.
„Wir sind in der Hauptstadt von Sora. Sie heißt Kanderi“, antwortete sie mir. Ich nickte verstehend. Leicht schaukelt ich nach rechts und links, wenn Mona einen Schritt nach dem anderen machte. Ich schaute nach rechts. Ein hoher, spitz zulaufender, weißer Turm ragte hinter dem weißen Gebäude vor uns in den Himmel. Er hatte sandfarbene Muster, die einem Zwiebeldach ähnelten, und in gewissen Abständen Fenster, die ein Band um das Gebäude bildeten. Sie wechselten sich immer wieder ab. Zuerst Muster, dann Fenster, Muster, Fenster und an der Spitze eine dreieckige Öffnung. Mit offenem Mund betrachtete ich die großen Gebäude daneben und die drei weißen Türme. Alle Dächer waren zwiebelförmig und sandfarbig.
„Wahnsinn“, hauchte ich und beobachtete das Sonnenlicht, welches sich in den Fensterbänden des Turmes reflektierten.
„Warte ab, bis du das Innere gesehen hast“, sagte Mona begeistert. Wir bogen um eine Ecke. Ich lächelte.
„Das werd ich“, grinste ich.
Nun blieben wir vor einem großen sandfarbigen Steintor stehen. Ein Rahmen von geringelten Mustern war in den Stein gemeißelt wurden. Hinzu kam, dass über den zwei Türen ein eckiges, kleines Regal angebracht war und ein Mädchen mit Flügeln und einem Stab in der Hand aus dem Gestein hervor trat. Ihre langen Haare wehten nach rechts, während sie stolz und anmutig ihre Flügel ausgebreitet hatte.
„Ich muss leider hier bleiben, weil ich nicht da durch passe. Ich wünsche dir viel Spaß Layla. Und wenn was ist, ruf mich einfach“, sagte Mona und setzte sich hin. Vorsichtig stieg ich von ihr hinunter.
„Und wie ruf ich dich?“, fragte ich und ging zu ihrem Kopf nach vorne. Aufmerksam betrachtete ich ihre grau, roten Augen.
„Bau einfach wieder eine Verbindung zu mir auf."
„Und wie mach ich das jetzt schon wieder?“, stemmte ich meine Hände in die Taille. Warum konnte sie es mir nicht einfach erklären?
„Wirst du schon sehen“, zwinkerte sie mir zu und drehte sich um.
„Hey! Warte mal! Mona“, rief ich empört, als sie schnell den Weg zurück lief und rechts in den Wald abbog. Verwirrt sah ich ihr nach. Was meinte sie denn jetzt damit? Seufzend schüttelte ich den Kopf und drehte mich zu dem Tor um. Rechts und links hang ein weißer Stoffstreifen, der unten spitz zu lief und mit goldenen Fäden die Frau, welche auch in den Stein gemeiselt war, eingestickt hatte. Echt faszinierend. Vor allem, weil der Stoff am Anfang des Gebäudes befestigt war.
„Kommst du?“, fragte Sam. Ich sah leicht blinzelnd zu ihm. Er stand neben mir und grinste mich breit an.
„Wohin?“, zog ich verwirrt meine Augenbrauen nach unten. Ich hatte vollkommen vergessen, warum wir nochmal hier waren! Er zeigte nach vorne. Ich folgte seinem Zeigefinger und sah, wie das Tor langsam aufschwang und mir somit einen Einblick in das Innere des großen Gebäudes ermöglichte. Über fünfzig Bedienstete liefen hektisch durch den großen Saal. Die Mädchen hatten schwarze Kleider mit weißen Schürzen und die Männer schwarze Hosen mit weißen Hemden an. Wie eine Maid, dachte ich grinsend.
Staunend betrat ich nun den großen Saal. Er war mit rotem Teppich ausgelegt und hatte einen großen Kronleuchter in der Mitte der Decke hängen. Jeweils rechts und links führte eine Treppe nach oben und nach unten. Mein Blick glitt wieder nach vorne. Viele Meter vor mir waren zwei drei Meter hohe Flügeltüren, die aus Stahl bestanden. Verwundert ging ich den anderen hinterher und sah zu den zwei Soldaten, die links und rechts daneben standen. Sie hatten Stahlrüstungen und Stahlhelme an, die ihre Stirn und ihre Wangen bedeckten, aber die spitzen Ohren frei ließen. Synchron zogen sie ihre gekreuzten Speere zu sich, als wir vor ihnen standen. Die Türen gingen nach außen geräuschlos auf.
„Guten Morgen Simus“, lächelte Moon den linken Soldaten an.
Der braunhaarige Junge lächelte zurück, nickte und sagte sanft „Guten Morgen Prinzessin Moon.“ Lächelnd betrachtete ich beide. Zwischen ihnen lief doch was! Das sah man doch eindeutig an den verliebten Blicken, die sie sich jetzt zu warfen!
„Layla! Moon“, rief Kay genervt. Er stand schon auf dem Mamorgang mit den anderen Beiden. Sam schmunzelte, während Alex weiter ging.
„Komme“, riefen wir beide gleichzeitig. Schnellen Schrittes lief ich auf die Jungs zu. Moon ging mir, nach einem kurzen Blick zu Simus, hinterher. Leise schlossen sich die Tore wieder. Warmer Wind streifte mein Gesicht, weshalb ich verwundert um mich sah. Ich stand unter einer Überdachung aus Sandsteinen, die mich vor den warmen Sonnenstrahlen über uns schützten. Hier hatte mich Sam gestern durch getragen, erinnerte ich mich.
Die drei Jungs gingen vor. Ich und Moon zwei Meter hinter ihnen her.
„Sag mal?“, flüsterte ich und lehnte mich zu Moon hinüber - die Jungs nicht aus den Augen gelassen. Ich schielte zu ihr hinüber und bemerkte ihren fragenden Blick. „Kann es sein, dass du in diesen Simus verliebt bist?“, grinste ich und drehte meinen Kopf zu ihr. Ihr kleines Lächeln wich einem geschockten Gesichtsausdruck.
„Wie kommst du denn darauf?“, lachte sie nervös. „Ich und er? Pff“, winkte sie ab. Skeptisch und gleichzeitig über ihre Reaktion verwirrt starrte ich sie an.
„Na und? Was ist so schlimm daran?“, zuckte ich mit den Schultern.
„Also- ich- ich lieb ihn nicht. Fertig. Aus. Ende“, sagte sie harsch.
„Ich glaub dir nicht! Dein Verhalten hat dich schon längst verraten!“, gab ich ernst von mir. Verunsichert schielte sie zu ihren Brüdern hinüber und ging langsamer. Ich passte mich ihrem Tempo an.
„Du hast ja recht, aber bitte verrat es keinem! Meine Eltern würden mir den Kontakt mit ihm verbieten und er würde wahrscheinlich in den Kerker geworfen werden!“, flüsterte sie traurig und sah mich flehend an. Irritiert zog ich meine Augenbrauen zusammen.
„Warum das?“, fragte ich ebenfalls leise.
„Weil ich eine Prinzessin bin und keinen normalen Bürger lieben geschweige denn mit ihm zusammen sein darf!“ Nachdenklich stellte ich mich wieder normal hin und nickte. Also durfte ich auch nicht mit Sam zusammen sein. Ach! Was dachte ich da? Er hatte doch überhaupt kein Interesse an mir! Ich war ein ganz normales Mädchen, das keine besonderen Eigenschaften hatte! Ein Prinz hatte da bestimmt kein Interesse!
Betrübt sah ich auf den Boden und spielte mit meinen Fingern.
Wir blieben stehen. Die Ebenholz Flügeltüren wurden von weiteren Soldaten aufgemacht. Erst jetzt konnte ich den riesigen Saal von innen richtig betrachten.
Ein roter Teppichstreifen lag auf den weißen Fliesen und führte zu einer breiten, weißen Treppe. Oben, am Ende der Stufen, standen in der Mitte zwei gleich große und jeweils neben dran zwei kleinere Sitze. Sie waren gänzlich aus Sandsteinen und hatten eine hohe Lehne, die oben Spitz war. Grüne Pflanzen schlängelten sich um die Armlehnen und Beinen der Stühle. An ihnen hingen große, bunte Blühten in den verschiedensten Farben.
Auf den zwei großen Thronen saßen, in goldenen Gewändern gekleidet, eine Frau und ein Mann.
Die Frau war dabei, wie ich meine Flügel bekommen hatte, erinnerte ich mich wage an ihr Aussehen. Sie ließ ihre haselnussbraunen Haare gewellt über ihre Schultern fallen und hatte ihre stechend grünen Augen dezent mit braunem Lidschatten geschminkt. Eine dünne Krone, die in der Mitte oben etwas spitz war, lag auf ihrem Kopf. In der Mitte des Silbers und somit unter der Kronenspitze war ein großer sowie runder Bernsteinbrauner Kristall angebracht. Jeweils vier immer kleiner werdende Silber schimmernde Diamanten waren daneben eingelassen. Kleine Goldkugeln steckten in dem oberen Rand und um die Steine herum.
Ihre vollen, rosa Lippen hatten sich zu einem sanften Lächeln verzogen, als sie uns rein kommen sah. Mit ihrer schlanken Figur versank sie praktisch in den weißen Kissen des Thrones, die unter ihrem Po und in die Rückenlehne eingearbeitet waren.
Meine Augen wanderten zu dem Mann, welcher hingegen eine goldene Rüstung trug und muskulös gebaut war. Leichte Lachfalten zierten seine blauen Augen und ließen ihn sympathisch wirken. Seine leicht gewellten, mittel langen, dunkelbraunen Haare wurden von einer silbernen Krone geschmückt. Federn umrandeten das goldene, in der Mitte angebrachte, umgedrehte Wappen. Ein Dreitagebart umrundete seine dünnen, rosa Lippen, die ein Lächeln bildeten.
Ich legte meinen Kopf in den Nacken. Das war also der hohe Turm, den ich von außen gesehen hatte. Sanftes Licht schien durch die bunten Fensterscheiben, die um das Gebäude ein Band bildeten, auf mein Gesicht.
Abrupt wurde ich aus meinem Betrachten gerissen, als jemand ruckartig an meinem rechten Arm zog.
„Aua“, rief ich wütend aus und riss meine Hand aus Kays festem Griff. Er und die anderen hatten sich leicht verbeugt. "Was soll das?", fragte ich und sah auf seinen blonden Hinterkopf. Sanft rieb ich mein schmerzendes Handgelenk. Was hatte Kay nur mit mir? Im Wald war er nett gewesen und jetzt war er wie ausgewechselt!
„Verbeugen“, zischte er, sodass ich es fasst nicht verstand.
„Warum sollte ich mich vor wildfremden Menschen verbeugen?“ gab ich schnippisch zurück. Ganz ehrlich! Ich wohne nicht hier und musste mich auch nicht an die Regeln dieser... Galaxie halten!
Ein dunkles und raues Lachen hallte durch den Saal. Verwirrt sah ich wieder nach vorne und direkt in die Augen eines amüsierten Königs.
„Was ist so lustig?“, zog ich fragend die Augenbrauen nach oben. Sein Lachen verstummte langsam. Er erhob sich von seinem Thron und kam auf mich zu marschiert. Beim Gehen schepperte seine Rüstung laut. Er blieb vor mir stehen und sah abschätzend an mir herunter. Automatisch verschränkte ich meine Arme vor der Brust und zog eine Augenbraue wütend nach oben.
„Wenn Sie weiter so machen, geh ich nochmal. Es ist sehr unhöflich jemanden so zu betrachten und sich dann nicht mal vorzustellen!“, sagte ich verärgert.
„Du bist also Layla?“, fragte er ernst.
„Ja. Und Sie sind?“
„Der König“, antwortete er leicht lächelnd.
„Das weiß ich auch. Ich meinte Vorname“, verdrehte ich die Augen. Grübelnd schaute er mich ein paar Sekunden an, bevor er bedacht sagte:„Ich erklär dir jetzt erst mal unsere Regeln.“ Über den plötzlichen Themenwechsel überrascht blinzelte ich zweimal und beobachtete, wie er sich lächelnd um drehte und auf seinen Thron zu ging. Schmunzelnd legte ich den Kopf leicht schief.
„Erstens", hob er einen Finger und setzte sich auf seinen Platz. "Man hat vor Leuten Respekt, die größere Flügel haben. Zweitens: verbeugte man sich dann vor ihnen. Drittens: Man verwendet seine Kraft nicht für Streitereien, Diebstähle oder sonst irgendetwas schlimmes. Verstanden?“ Abwartend schaute er mich mit hochgezogenen Augenbrauen an.
„Die dritte Regel kann ich gut befolgen, aber die ersten zwei nicht“, sagte ich zögerlich.
„Das ist aber das Gesetzt. Andernfalls wirst du eingesperrt“, meinte er sachlich.
„Die zwei Gesetzte sind doof! Flügel bekommt man so oder so und kann nicht bestimmen wie lang oder kräftig sie werden! Warum sollte ich mich also vor jemanden verbeugen, der nur Glück mit seinen Flügeln hatte?“, fragte ich verärgert und zuckte mit den Schultern.
„Weil das Gesetzt schon seit Generationen weitergeführt wird. Warum sollten wir es deiner Meinung also jetzt ändern?“, stellte die Frau die Gegenfrage. Sie hatte eine sehr angenehm hohe und auch ein wenig raue Stimme.
„Weil es für mich keine Logik ergibt! Das ist genauso, als würde ich Respekt vor einer Maus haben, nur weil sie einen großen Schwanz hat“, erklärte ich und zuckte mit den Schultern.
„Vergleichst du unsere Flügel gerade mit dem Schwanz einer Maus?“, rief der König verärgert und sah mich wütend an.
Nachdenklich schaute ich an ihm vorbei und sagte „Wenn Sie es so sagen. Ja.“
„Das ist unerhört“, haute er seine Hände auf die Armlehnen und lehnte sich leicht nach vorne. „Deine Eltern haben dir wohl keine Manieren und kein Respekt beigebracht“, brüllte er und stand ruckartig auf. Gleichzeitig entfalteten sich hinter seinem Rücken große, strahlend weiße Flügel, die nun leicht zitterten, da er sie anspannte. Erschrocken zuckte ich zusammen und trat einen Schritt zurück. Sie waren wirklich lang!
„Ist ja gut. Das war doch gar nicht so gemeint“, murmelte ich leicht verängstigt. „Außerdem! wer vor mir kein Respekt hat, vor dem hab ich auch keinen. Und sie gehören eindeutig zu denen, die keinen Respekt vor irgendwem haben“, sagte ich eingeschnappt und verschränkte meine Arme vor der Brust.
„Samuel! Was hast du mir da nur mitgebracht?“, wandte sich der Mann seinem Sohn zu. Seine Flügel klappte er wieder zusammen. Doch die Anspannung in seinem Körper blieb.
„Sonst ist sie eigentlich nicht so. Ehrlich!“, verteidigte er sich und schielte irritiert zu mir hinüber.
„Thieranon“, sagte die Frau sanft und lächelte ihn liebevoll an. Er sah, mit vor Wut verzerrtem Gesicht, zu ihr. „Versteh doch. Es ist alles neu für sie und unbekannt. Lass ihr etwas Zeit sich an alles zu gewöhnen, ja?“, meinte sie leise, aber bestimmt. Abwartend schaute sie ihn an.
Schnaubend ließ er sich wieder auf seinen Thron fallen, stützte seinen Kopf auf der Hand ab und sah beleidigt weg. Verwirrt betrachtete ich seinen Rücken. Es waren keine Flügel mehr zu sehen. Wo waren sie hin?
„Na gut“, brummte er nun. Die Frau nickte lächelnd und sah nun zu mir hinunter. Kay, Alex und Moon gingen an mir vorbei und setzten sich auf die kleineren Stühle. Sam blieb neben mir stehen. Abwartend schaute ich ihn an.
Er beugte sich zu meinem Ohr hinunter und flüsterte: „Eigentlich ist mein Papa nett. Nur bei diesem Thema ist er sehr empfindlich. Sei also nicht so böse auf ihn.“ Ich nickte und seufzte. Er entfernte sich lächelnd von mir und ging zu den anderen hinüber.
„Wie dem auch sei. Du fragst dich bestimmt, warum du hier bist“, sprach die Frau weiter. Ich zuckte mit den Schultern.
„Die anderen haben mir nur erzählt, dass sie mich ihren Eltern vorstellen wollen“, erklärte ich und lächelte etwas verunsichert. Ich fühlte mich wie auf einem Präsentierteller. Kein Wunder! Ich stand ja auch ganz alleine mitten im Saal!
„Ja das stimmt zur Hälfte. Der andere Grund ist, dass wir deine Flügel untersuchen müssen“, nickte sie.
Verwirrt zog ich leicht die Augenbrauen zusammen und fragte „Warum denn das?“
„Du musst wissen, dass deine Flügel nicht... wie soll ich sagen? Normal sind“, lächelte Moon leicht.
„Versteh ich nich“, schüttelte ich den Kopf.
„Wir müssen herausfinden, warum du braune Flügel hast... Weißt du, jeder normale Elf bekommt weiße Flügel. Durch die Länge der Flügel wird dann abgeschätzt, wie stark der Elf ist. Deswegen auch die Respekt-Regel“, erklärte die Frau.
„Ich hab übrigens die größten und längsten von meinem Volk“, lächelte Thieranon stolz. Er hatte sich aufrecht hingesetzt und schien nicht mehr zu schmollen. Verwundert sah ich zu ihm. Das ging aber mal schnell vorbei!
„Es kommt gleich ein Arzt oder wie man ihn bei uns auch nennt 'Forscher'. Er wird deine Flügel messen und dir Blut und so abnehmen“, riss mich die Stimme von Sams Mutter aus meinen Gedanken. Ich zog eine Augenbraue hoch und sah zu der Königin. Blut abnehmen? Nicht gerade das, was ich mochte!
„Ich bin übrigens Amaya“, lächelte sie mich lieb an. Ich nickte und lächelte zurück. Sie mochte ich jetzt schon!
Plötzlich wurde die Tür aufgerissen, sodass ich mich erschrocken umdrehte. Ein muskulöser Mann kam fröhlich herein spaziert. Seine Haut schimmerte braun golden im Licht der Sonne, während er über den roten Teppich lief und neben mir stehen blieb. Neugierig sah ich zu ihm auf. Er schenkte mir ein strahlendes Lächeln und zeigte mir somit seine Zahnpasta weißen Zähne. Kennt ihr die Leute, die ihr zum Ersten Mal seht und sie dich einfach nur anlächeln und sich automatisch ein Lächeln auf deinem Gesicht bildet? So ging es mir nämlich gerade. Ich zeigte ebenfalls meine Zähne.
„Ich bin Jaromir. Auch bekannt als Forscher“, stellte er sich vor. Angestrengt musste ich mir ein Lachen verkneifen, da ich seinen Namen so lustig fand. Ich presste meine Lippen zusammen und betrachtete ihn. Er besaß eine kleine Stupsnase, mit ein paar Sommersprossen, die auch seine oberen Wangenpartien zierten. Seine vollen Lippen waren zu einem kleinen Lächeln verzogen, als er mich aus seinen türkisenen Augen aufmerksam musterte. Richtig putzig der kleine, dachte ich mir und grinste. Obwohl! Er überragte mich fast um zwei Köpfe, also war er gar nicht so klein.
Grinsend gab ich dem schätzungsweise vierzig- jährigen Mann meine Hand und sagte „Ich bin Layla. Schön Sie kennen zu lernen.“ Strahlend schüttelte er sie heftig und brachte ein aufgeregtes quieken heraus. Belustigt kicherte ich.
„Sollen wir anfangen?“, fragte er und sah mich abwartend an. Seine Stimme war sehr sanft und angenehm dunkel. Ein leichtes Nicken von mir und er ging um mich herum, zu meinen Flügeln. „Könntest du sie mal ausstrecken?“
„Wenn Sie mir sagen, wie das geht“, grinste ich und sah über meine Schultern hinweg zu ihm.
„Deine Muskeln im Rücken anspannen“, lächelte er. Ich nickte und spannte meine Muskeln ruckartig an. Es gab einen leichten Windstoß und ein Geräusch, als würde man Stoff aneinander reiben, als sich meine Flügel blitzschnell ausbreiteten. Ein unangenehmes Zwicken machte sich in meinem Rücken breit.
Jaromir brummte überlegend. Peinlich berührt, da mich alle anstarrten, sah ich auf meine Füße. Erst da bemerkte ich, dass ich vergessen hatte meine Schuhe anzuziehen. Naja machte nichts. Die anderen hatten auch keine an!
Ich hörte etwas rollen und spürte danach etwas kaltes an meiner Flügelspitze. Erschrocken, wegen der Kälte, zuckte ich zusammen und schlug reflexartig mit meinen Flügeln einmal kräftig. Ruckartig flog ich in die Luft. Vor Schmerzen, da meine Haut immer noch um meine Flügel angeschwollen war, und Überraschung quiekte ich auf. Fast oben an der Turmspitze angekommen, die mindestens neunzig Meter hoch war, stoppte ich und viel bäuchlings wieder nach unten. Laut schrie ich auf und ruderte mit meinen Armen. Gleichzeitig schloss ich ängstlich meine Augen und wartete auf den Aufprall. Doch er kam nicht.
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