Das Gnomschloss

Kapitel 21

Überrascht starrten wir daraufhin auf unsere flachen Händen.

„Unentschieden", schmunzelte ich und zog meine Hand zurück. Plötzlich griff der König ruckartig nach meinem Unterarm, weshalb ich erschrocken zusammen zuckte und mit großen Augen in sein Gesicht sah.

„Layla, stimmts?" Ich nickte verwirrt. Ein Grinsen bildete sich auf seinen Lippen. „Willkommen hinter den Schlossmauern des Gnomschlosses." Positiv überrascht umfasste ich seinen kräftigen Unterarm, der von Metallringen geziert wurde, und drückte als Zeichen meiner Dankbarkeit kräftig zu. Der König ließ nickend mein Arm los und drehte sich auf dem Absatz um. „Ein Bediensteter wird euch herum führen", ging er davon. „Ach. Bevor ich es vergesse", blieb er wieder stehen und drehte sich zu uns um. „Eure Hauskatze wartet vor den Schlosstoren auf Euch Prinz Samuel", spuckte er den Namen meines Freundes aus und sah ihn provozierend grinsend an. „Er verseucht unsere reine Luft mit seinem dreckigen Fell. Wenn Ihr so freundlich wärt und Ihn dort weg holen würdet..." Mit diesen Worten ging der König von dannen.

„Es ist ein Luchs", zischte Sam überschäumend vor Wut. „Ein LUCHS!", brüllte er ihm mit erhobener Faust hinterher. Beruhigend legte ich ihm eine Hand auf die Schulter und lächelte ihn an.

„Reg dich nicht auf. Er provoziert dich doch extra." Tief holte er Luft und stieß sie wieder aus.

„Er ist so anstrengend", klagte er und ließ seine Schultern hängen.

„Kann ich mir vorstellen", lächelte ich mitleidig. Mein Blick wanderte nach vorne. Quadratische Häuser mit flachem Dach und Metallverkleidung stuften sich hoch zu dem riesigen Metallschloss, auf dem der Würfel saß, welchen ich von außen gesehen hatte. Zwischen verschieden großen Fenstern und Ketten, welche sich um das ganze Schloss zogen, stachen die vielen Eiszapfen hervor. Prunkvoll glänzten sie im Sonnenlicht und sahen aus wie Schlossschmuck.

„Das sieht voll idiotisch aus, stimmts?", grinste Sam spöttisch.

„Find ich nicht. Die Architektur ist wahnsinnig", hauchte ich fasziniert. Meine Augen huschten von dem großen Zahnrad des Würfels zu den Fenstern und Schornsteinen, woraus dunkler Rauch kam. „Alles verfließt in einem, aber irgendwie auch nicht", erklärte ich leise. Sam trat nahe an mich.

„Findest du? Für mich sieht es eher wie ein Bild einer drei jährigen aus", nuschelte er in mein Ohr. Ich schüttelte lächelnd den Kopf.

„Siehst du da die Zahnräder, wo die Ketten dazwischen sind", zeigte ich auf die Mitte der Schlossmauern. Er brummte zustimmend, weshalb ich fortfuhr „Wenn du sie verfolgst und sie mit deinen Augen fokussierst, entsteht ein gezacktes Muster aus Ketten. Was als Durcheinander am Anfang erschien-"

„Ergibt jetzt ein Bild", hauchte Sam beeindruckt. Stolz lächelnd sah ich zu ihm und beobachtete, wie er konzentriert das Gebäude musterte.

„Endlich mal ein Flugwesen, das die Kunst der Gnomarchitektur erkennt und wertschätzt." Kreischend sprang ich zur Seite und somit direkt in die Arme von Sam.

„Woher kommen Sie denn auf einmal?", fragte ich den Gnom neben mir mit piepsiger Stimme. Amüsiert lächelte er und spazierte an uns vorbei.

„Folgt mir bitte." Sanft drückte mich Sam von sich weg.

„So schreckhaft wie eh und jäh", grinste er und nahm mich an meinem Handgelenk. Benommen stolperte ich ihm hinterher – unter dem Metalltor hindurch. Machte er sich gerade über mich lustig? Hastig holte ich zu ihm auf und stolzierte beleidigt neben ihm her. Laut schloss sich das Tor hinter uns.

„Jetzt sei nicht so", flüsterte er in mein Ohr. „Du hast dich auch über mein Alter lustig gemacht." Vielsagend schaute er in meine Augen. Daraufhin seufzte ich tief auf und nahm seine Hand, die mein Gelenk fest hielt. Danach löste ich unsere verschlungene Hände wieder, da mir einfiel, dass wir in der Öffentlichkeit waren. So eine Scheiße aber auch! Immer musste man aufpassen! Verärgert stöhnte ich auf und strich mir meine Haare hinter die Ohren.

Meine Aufmerksamkeit lenkte sich auf die Treppe vor uns, welche rechts neben sechs Häusern angebracht war, und nach oben auf die nächste Ebene führte. Nach hinten versetzte, mit einer kleinen Überdachung, standen weitere Häuser. Davor gab es einen Schotterplatz, auf dem Kinder spielten. Alle hatten ähnliche Klamotten an. Graue Fellmäntel mit Perlenketten und Mokassins. Als sie uns jedoch sahen, verschwanden sie schnell in ihren Wohnungen, weshalb ich enttäuscht weg sah. Noch nicht einmal die Bälle ließen sie draußen liegen! Sie hatten wohl wirklich null vertrauen in mein Wesen.

Die Stufen bestiegen und über die glatten Metalldächer gegangen, begegneten mir giftige, ja schon fast hasserfüllte Blicke der Bewohner. Angespannt versuchte ich ihnen nicht in die Augen zu schauen. Doch auch, wenn ich mein Gesicht dem Boden zuwandte, spürte ich ihre Blick auf mir kleben. Unauffällig ging ich näher an Sam heran. Fragend wanderte sein Blick zu mir nach unten. Gezwungen lächelte ich und schüttelte den Kopf, um ihm zu verdeutlichen, dass alles okay war. Skeptisch zog er eine Augenbraue nach oben. Danach nickte er aber, weil er meinen ängstlichen Blick sah. Ich wusste selber nicht warum, doch ich fühlte mich nicht wohl. Ob uns nun an den vielen Blicken lag, oder eher an dem eisigen Wind, konnte ich nicht sagen.

Die dritte Treppe halb bestiegen, hörte ich Sam neben mir zischend einatmen. Verwirrt sah ich dem Ball hinterher, welcher nun zwischen meinen Beinen die Stufe hinunter hüpfte. Hastig hob ich ihn auf und blickte zu meinem Freund hoch. Mit schmerzverzogenem Gesicht hielt er sich den Hinterkopf und schaute sich nach dem Übeltäter um, der ihm den Ball an den Kopf geschossen hatte.

„Es tut mir leid. Ich wollte-"

„Du kleine Ratte-", bellte Sam den kleinen Jungen hinter uns aggressiv an und trat einen Schritt auf ihn zu.

Empört rief ich „Sam!", und stellte mich ihm in den Weg. Angstschlotternd stand der braunhaarige Junge vor uns. Seiner Schuld nicht bewusst drehte Sam seinen Kopf verärgert von mir weg und ging die restlichen Stufen hinauf. Entrüstet schüttelte ich über ihn den Kopf und kniete mich dann zu dem Jungen hinunter.

„War es mit Absicht?", fragte ich sicherheitshalber nach. Schnell schüttelte er den Kopf. Seine glas klaren blauen Augen tropften nur so vor Schuldgefühle, weshalb ich ihm lächelnd den Ball entgegen hielt.

„Es tut mir leid", flüsterte der Junge reumütig.

„Ich weiß", lächelte ich. „Passt das nächste mal besser auf, ja?" Der Junge nickte und nahm den Ball zu sich.

„Danke."

Ich nickte. Als er nach Sekunden immer noch vor mir stand, fragte ich „Willst du nicht wieder spielen gehen?"

„Dürfte ich Euch etwas fragen?" Aufmerksam sah ich ihn an und nickte.

„Warum hassen meine Eltern die Flugwesen so sehr?"

Überfordert blinzelte ich ihn an, bevor ich zögerlich antwortete „Das weiß ich nicht." Enttäuscht nickte der Junge. „Hasst du mich denn?", fragte ich nun mit einem Lächeln. Er wollte etwas sagen, als eine Frau ihn energisch von mir weg zog.

„Wir gehen", fauchte sie in meine Richtung und trippelte die Stufen schnell hinunter. Während der Junge jammernd hinter seiner Mutter hinterher stolperte, stampfte ich die letzten drei Stufen hinauf und zog, oben angekommen, Sam zu mir.

„Kein Wunder, dass sie euch nicht mögen. Sei mal ein wenig freundlicher", pöbelte ich ihn an und warf ihm einen genervten Blick zu.

„Er hat mich mit einem Ball abgeschossen!", verteidigte er sich leise.

„Ja. Aber nicht extra. Hast du denn nicht gesehen wie viel Angst er vor dir hatte?" Seine Gesichtszüge entglitten ihm.

„Doch", nuschelte er daraufhin und schaute schuldbewusst zur Seite. Ich nickte und ging die nächsten Stufen hinauf.

Nachdem wir auch die letzte Treppe bestiegen hatten, die ganz rechts neben den Häusern angebracht war, und ein paar Meter nach links liefen, standen wir vor zwei großen Glastüren. Staunend wanderte mein Blick zu dem großen Würfel auf der Gebäudespitze und den vielen herabhängenden Ketten hinauf. Ich fragte mich wirklich, wie sie das alles dort ganz weit oben angebracht hatten. Einen Krahn gab es wohl hier nicht.

Ein lautes Räuspern ließ mich an der Metallverkleidung vorbei schauen, in der man sich verschwommen betrachten konnte. Ein grauer Luchs mit blauen Augen saß ein Meter von mir entfernt. Erschrocken taumelte ich ein paar Schritte zurück.

„Ein Luchs", wisperte ich und atmete tief ein.

„Lensor", brummte eine tiefe Stimme in meinem Kopf.

„Was?", stieß ich daraufhin überfordert aus.

„Ich heiße Lensor. Und nicht Luchs!"

„Oh ja. Ähm entschuldigung?!" Verwirrt blinzelte ich ihn an. Das war ja mal eine komische und... genervte Vorstellung.

„Das ist mein, wie immer, genervter Koria", schmunzelte Sam neben mir.

„Achso", rief ich verstehend und lächelte erfreut. Ich hatte ihn vollkommen vergessen!

„Könnten wir endlich rein gehen?", fragte Lensor schlecht gelaunt. Ohne auf eine Antwort zu warten, tappte er durch die sich selber öffnenden Glastüren, welche überall Eiskristalle schmückten. Ergeben seufzte Sam auf.

„Tut mir leid. Er ist immer so, wenn er jemanden kennen lernt", brummte Sam und schaute seinem Koria frustriert hinterher. Ich winkte ab.

„Nicht so schlimm. Sollen wir rein gehen?" Er nickte. Daraufhin spazierten wir in das Gebäude hinein. Metalltreppen, massive Eisentüren, Staturen und Gemälde aus verrostetem Stahl. Das alles rückte in den Hintergrund, als ich den riesigen Metallbottich mit Lava darin sah. Er war in die Wand eingebaut wurden, die ganz am Endes der zehn Meter hohen Decke stand.

„Wow", flüsterte ich und zog meine Jacke aus. Es war mindestens zwanzig Grad hier drin.

„Viel zu warm", beschwerte sich mein Freund. Ich hörte ihm jedoch gar nicht zu, sondern ging über den Metallboden auf das Lava zu. Zähflüssig floss es von dem riesigen Bottich in eine Rinne, die dann links und rechts in der Metallwand verschwand.

„Ich würde mich nicht so weit nach vorne beugen." Überrascht wandte ich meinem Blick dem Gnomkönig zu. Mit einem breiten Grinsen drehte ich mich zu ihm.

„Ihr habt wirklich eine Meisterwerk vollbracht. Diese Architektur ist der Hammer", sprach ich bewundernd und schaute mich mit glänzenden Augen weiter um. Schmale Metallplatten hingen in verschiedenen Höhen an der Decke und funkelten, als sich das Licht darin brach.

„Danke. Das Schloss und die Stadt hat mein Uhrgroßvater entworfen. Er dreht sich jetzt wahrscheinlich in seinem Grab um. Ein Lob haben wir nämlich noch nie von einem Flugwesen bekommen." Schmunzelnd sah ich wieder zu ihm. Wenn die Elfen genauso unfreundlich waren, wie Sam vorhin, mussten sie sich nicht wundern, dass die Gnome sie nicht mochten.

„Dann freut es mich die erste zu sein", lächelte ich ihn offen an. „Wohin fließt das Lava und wofür wird es gebraucht?"

„Unter dem Schloss produzieren wir verschiedene Platten, Waffen und alles was man mit Metall herstellen kann. Das meiste verkaufen wir dann nach Westen."

„Beeindruckend... Dürfte ich die Fabrik mal sehen?" Entgeistert starrte er mich an.

„Nein", war darauf seine klare Antwort. Enttäuscht nickte ich.

„Nun denn. Das Schmuckstück des Schlosses habt Ihr ja noch gar nicht gesehen. So wie ich Euch einschätze, wird es Euch aus den Latschen hauen." Verschmitzt grinste er und lief an mir vorbei. Neugierig folgte ich ihm. Daraufhin trat ich mit meinem Freund und seinem Koria in einen Aufzug. Er bestand gänzlich aus glänzendem Stahl und erinnerte mich an die Krankenhaus Fahrstühle.

„Wie wird der Aufzug betrieben?"

„Durch Ketten und Zahnrädern", antwortete der König und starrte den Luchs zu seinen Füßen mit gerümpfter Nase an. Leise kicherte ich.

Nun setzte sich der Fahrstuhl stockend in Bewegung. Skeptisch, ob er halten würde, hielt ich die Stange an der Wand wie ein Schraubstock umgriffen und überprüfte die dicken Schrauben an den Wänden. Nach Minuten voller Kettengeklirre, stoppte der Fahrstuhl abrupt. Langsam öffnete sich die Tür. Vorwitzig streckte ich meinen Kopf durch den dünnen Spalt, der immer breiter wurde, bis die Tür ganz offen stand. Lächelnd ging ich mit zügigen Schritten hinaus. Durch eine riesige Fensterfront, die alle Wände des weiten Raumes bedeckten, konnte man Problemlos in alle Himmelsrichtungen sehen.

„Willkommen im Raum der Weiten." Hibbelig drehte ich mich zu dem König um und grinste breit.

„Krasse scheiße", stieß ich aus, als mir der Glasboden ins Auge fiel. „Wie konntet Ihr so etwas bauen? Das müsste doch alles einstürzen? Und wo sind wir überhaupt?" Wachsam schaute ich hoch an die Glasdecke. Eisenplatten liefen spitzt zu.

„Wir sind in dem Würfel, den Ihr von draußen gesehen habt", antwortete der König. Erstaunt schaute ich zu ihm.

„Und wo ist das Zahnrad?" Sam stand neben mir und schaute mit dem Kopf im Nacken nach oben.

„Gaaaannnzz weit oben. Von hier aus kann man ihn nicht sehen." Verstehendes Nicken von uns beiden.

„Ich geh. Mir wird schlecht bei der Höhe", brummte Lensor und tappte träge zum Fahrstuhl, der mitten im Raum stand.

„Ich schließe mich ihm an. Wenn Ihr runter wollt, drückt einfach den Hebel hinunter", zeigte der Gnom auf eine Metallstange vor der Tür und stellte sich neben den Luchs. Grimmig schauten sich beide an. Schmunzelnd schüttelte ich den Kopf und wandte mich von ihnen ab. Über uns ertönte plötzlich ein Ohrenbetäubendes Quietschen, weshalb ich zusammen zuckte. Fragend schaute ich zu Sam.

„Muss wohl das Zahnrad sein, dass den Fahrstuhl oder so hoch bringt", schrie er gegen den Lärm an und hatte seine Hände auf den Ohren. Zustimmend nickte ich. Langsam ebbte das grässliche Geräusch ab. Toten Stille.

„Das war ganz schön laut", murmelte ich und trat vorsichtig an die Scheiben. Gleichdarauf legten sich warme Hände auf meine Schultern und massierten meinen Nacken. Seufzend ließ ich mich gegen Sams Brust fallen.

„Eine wirklich atemberaubende Aussicht", flüsterte er neben meinem Ohr. Still nickte ich und überblickte die Schneelandschaft mit den kahlen Bäumen und den weißen Hügeln. In weiter Ferne konnte man sogar die Mauern des Schlosses erkennen.

„Wie lange sie wohl hierfür gebraucht haben?"

„Keine Ahnung", brummte er und legte seine Hände um meine Taille. „Hier eine Couch mit Decken hingestellt und es wäre perfekt." Deutlich hörte ich sein Grinsen heraus.

Lächelnd murmelte ich: „Und etwas zu essen." Als hätte mein Magen nur auf diesen Moment gewartet, knurrte er so laut, dass selbst ein Löwe geflüchtet wäre. Lachend hielt ich ihn mir.

~~

„Wie fandest du es?"

„Schön. Es war mal etwas anderes", lächelte ich ihn an und schwang unsere verschlungenen Hände wie ein Pendel hin und her. „Was machen wir jetzt?"

Nachdenklich sah er kurz nach oben. „Wir gehen zu meinem Zimmer und essen was." Erfreut sprang ich kurz auf. Ich hatte so Mordshunger, dass mir schon schlecht war. Gleichdarauf durchschritten wir schon die Stadtmauern, weshalb ich bedauernd unsere Hände voneinander löste. Es war verwunderlicher weise schon viel auf den Straßen los.

„Wo ist denn dein Zimmer?", fragte ich nun und sah nach rechts. Sam grinste und hob vom Boden ab.

„Komm einfach mit", rief er und flieg vor. Verwundert hastete ich ihm hinterher. Nach ein paar Metern, schnappte sich mein Freund meine Hand und zog mich unter sich. Er lag mit seiner Brust schon fast auf meinem Rücken, als wir eine scharfe Rechtskurve flogen und somit auf den Nordturm des Schlosses zusteuerten. Nun spürte ich seine Arme um meiner Taille und wie er mich an sich drückte.

„Zieh deine Flügel zurück", rief Sam gegen den pfeifenden Wind.

„Ganz verschwinden lassen?", fragte ich verwirrt. Er nickte. Nach kurzem Zögern materalisierte ich meine Flügel zu dem Tattoo. Abrupt setzte die Schwerkraft ein. Ängstlich klammerte ich mich an seinen Händen fest.

„Gut festhalten", rief er und drehte mit mir im Sturzflug schrauben. Schreiend presste ich meine Augen zusammen.

Einige unendliche Sekunden später ging ein Ruck durch uns hindurch. Wage merkte ich, wie ich wieder in die Senkrechte gebracht wurde und ein harter Untergrund unter meinen Füßen erschien.

„Du kannst deine Augen wieder öffnen", flüsterte mir Sam in mein Ohr und löste seine Hände von meiner Taille. Zögerlich glitt mein Blick um die Umgebung.

„Wie-?"

„Ich hab uns in mein Zimmer teleportiert", grinste er und schmiss sich auf die weiße Stoffcouch mir gegenüber. Meine Augen wanderten in dem Zimmer wahllos umher. Rechts eine Tür und zwei große, prall gefüllte Bücherregale. Links ein Flachbildfernseher mit Konsolen und eine Treppe die nach oben in die andere hälfte des Turmes führte.

„Komm." Er stand auf und ging die Holztreppen nach oben. Still lief ich ihm nach. Vor mir erstreckte sich ein rundes Bett mit angepassten Schlaftischen. „Was willst du essen?" Mein Kopf ruckte nach links. Sam stand in einer offenen Küche und schaute in sein Kühlschrank.

„Ähm... Was- was hast du denn?" Leicht schüttelte ich meinen Kopf.

„Naja ich hab Schinken, Käse und- sag mal ist alles okay?" Besorgt kam er auf mich zu.

„Ja ja. Ich bin nur... etwas erstaunt." Schief lächelte ich ihn an.

„Warum das?"

„Naja. Ich hab mit einem großen Haus... oder so gerechnet", gab ich leise zu. Nachdem er mich kurz verblüfft ansah, brach er in Gelächter aus.

„Das." Tief holte er Luft. „Ist wirklich lustig."

„Ich sehs", schmunzelte ich und ging in seine Küche, um den Kühlschrank zu öffnen. Nach kurzem Suchen holte ich mir Schinken und Butter heraus. Mir ein Brot geschmiert, drehte ich mich zu Sam um, der im Türbogen stand.

„Anscheinend kommst du gut ohne mich klar", grinste er. Während ich in mein Brot biss, nickte ich.

Plötzlich piepte etwas neben mir, weshalb ich erschrocken hoch hüpfte und dann in die Richtung schaute, aus der das schreckliche Geräusch kam. Eine weiße Uhr stand neben mir. Sie zeigte elf Uhr an.

„Oh, wir müssten mal los", sagte Sam, stellte den Wecker aus und räumte das Geschirr weg, das ich benutzt hatte.

In der Zeit stopfte ich mir das Brot in den Mund und wusch mir meine Finger am Waschbecken. Einen Moment später führte mich Sam aus der Tür und die vielen Wendeltreppen aus Stein hinunter. Anschließend flogen wir zur Schule und warteten am Eingang auf die anderen.

„Layla?"

Fragend schaute ich meinen Freund an und machte „Hm?"

„Warum hattest du eigentlich noch nie einen richtigen Freund? Ich meine, du bist siebzehn!", sagte er zu mir gewandt.

Ich zuckte mit den Schultern und antwortete „Keine Ahnung. Mich wollte irgendwie kein Junge. Ich war ihnen wahrscheinlich zu hässlich und merkwürdig, mit meinen grünen Strähnen", lächelte ich ihn traurig an.

„Ich fand, dass die grünen Strähnen dir standen. Außerdem muss man ja auf den Charakter und nicht auf das Aussehen achten", sagte er überzeugend. Lächelnd strahlte ich ihn an, beugte mich schnell zu ihm hinüber und gab ihm ein Kuss auf den Mund. Überrascht schaute er mich von der Seite an und grinste dann wie ein Honigkuchenpferd.

„Danke", murmelte ich knall rot im Gesicht.

„Sind sie nicht süß?", hörten wir einen Augenblick später Moon schreien. Unsere Köpfe schossten nach links. Das Blondhaarige Mädchen bog mit erhobenen Armen um die Ecke und rannte zu uns hinüber. Verwirrt runzelte ich die Stirn und schaute zu dem hibbeligen Mädchen, das vor uns stehen blieb. Sie quiekte auf und schlang ihre Arme um mich. „Ihr würdet so ein tolles Paar abgeben", kicherte sie mir leise ins Ohr. Schief grinsend drückte ich sie sanft von mir weg. Zum Glück wusste sie nicht, dass wir wirklich zusammen waren. Sie würde sonst vor Freude umkippen!

Nun ging sie auch auf Sam zu, kniff ihm in die Wange und meinte „Mach so weiter mein großer Bubibär." Kichernd beobachtete ich, wie Sam sein Gesicht schmerzhaft verzog und ihre Hand weg schlug.

„Du sollst mich doch nicht so in der Schule nennen", zischte er sie böse an. Moon zog einen Schmollmund und stampfte mit einem Fuß auf.

„Warum denn? Der ist doch voll schön der Spitzname. Und außerdem nenne ich dich ja zu hause auch so", verschränkte sie beleidigt ihre Arme vor der Brust.

„Ja. Wie oft hab ich dir schon erklärt, warum ich das nicht will?", fuhr er sich verzweifelt durch seine Haare. Überlegend schaute Moon nach oben und zählte an ihren Fingern etwas ab.

„So ungefähr zwanzig mal", sagte sie strahlend.

Sam klatschte sich mit der flachen Hand auf die Stirn, schüttelte seinen Kopf und murmelte „Ich gebe die Hoffnung auf."

Das schrille Klingeln der Schulglocke ließ mich daran erinnern, wo wir waren. Neben mir wurde plötzlich eine Tür aufgerissen, weshalb ich hastig zur Seite ging. Elfen kamen von allen Seiten geströmt. Ein lauter Lärmpegel trat dadurch in Kraft.

„Was hast du jetzt?", wandte Sam sich mir zu.

„Ich glaub Heilkunde. Du?", sah ich von der Elfenmenge weg.

„Auch", lächelte er. "Komm. Ich zeig dir wo wir hin müssen", griff er nach meinem Handgelenk und zog mich hinter sich her.

"Aber wir haben doch erst Pause", rief ich ihm über den Lärm irritiert zu.

"Ich weiß. Aber unsere Lehrerin will, dass wir schon früher da sind", erklärte er mir und trat durch eine Tür nach draußen. Na toll, dachte ich genervt. Schon wieder so eine, die mit dem Unterricht früher anfängt, weil es 'notwendig' ist.

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