988 Jahre... Wirklich?!

Kapitel 20

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, spürte ich jemanden hinter mir liegen. Verwundert drehte ich mich um und erblickte Kandor, der eingerollt neben meinem Rücken lag. Vorsichtig schlüpfte ich aus meinem Bett, um ihn nicht zu wecken, und schlich zu meinem Schrank. Leise machte ich die Tür auf und trat in den Raum hinein. „Hm, was soll ich anziehen?", nuschelte ich überlegend und durchstöberte die Regale. Es war schwer etwas passendes zu finden, da in den verschiedenen Gebieten komischerweise andere Wetterbedingungen herrschten. Da ich aber in die Schule ging und es dort immer kühl war, suchte ich mir einen Pulli und eine dicke Jeans aus. In Windeseile fertig gemacht, öffnete ich die Badezimmertür und schlich auf Zehenspitzen zu Kandor hin. Langsam ließ ich mich auf die Bettkante sinken, streichelte ihm sanft durchs Fell und sagte leise „Kandor. Es ist Zeit zum aufstehen!"

Grummelnd drehte er sich auf die andere Seite und versteckte sein Gesicht unter seinen flauschigen, schwarzen Pfoten. Lachend platzierte ich meine Hände auf seinen Bauch und zog ihn auf meinen Schoß. Schlapp lag er in meinen Armen. „Entweder du stehst jetzt auf, oder ich kippe kaltes Wasser über dich", drohte ich ihm flüsternd. Langsam schlug er seine Augen auf, krabbelte von meinem Schoß und wankte Schlaf getrunken durch mein Zimmer. Zufrieden stand ich auf und machte meine Zimmertür auf. Kandor ging voran und schüttelte während dem Gehen sein länger gewordenes Fell durch. In letzter Zeit war er sehr groß geworden und ging mir nun schon fast bis zu den Knien. Aber auch nur fast. Anschließend schloss ich die Tür von meinem Zimmer ab und joggte zu meinem kleinen Hund. Nebeneinander gingen wir die Treppen hinunter und kamen vor der Ausgangstür an. Schließlich drückte ich die Tür auf und ließ Kandor vor laufen. Ein eiskalter Wind streifte mich und ließ mich frieren. Vor mir erstreckte sich eine weiße, hügellose Landschaft, die im Licht der Sonne leicht glitzerte. Schnell schlang ich meine Arme um mich und verfluchte mich im Stillen, dass ich keine Jacke angezogen hatte. Warum war es denn auch auf einmal Winter? Verwirrt zog ich meine Augenbrauen zusammen und ging vorsichtig über die glatten Pflastersteine. Mir schwebte die Frage, wie die Jahreszeiten sich einfach vermischen konnten, schon seit dem Treffen von Kandor und mir in meinem Kopf herum. Es war meiner Meinung nach einfach der Natur zuwider. Aber was wusste ich schon von dieser Welt und ihrer Natur? Genau! Rein gar nichts!

Während ich versuchte nicht auf meinen Po zu fallen, spielte das schwarze Fellbündel bellend im Schnee herum und schnappte nach unsichtbaren Punkten. Schmunzelnd beobachtete ich ihn dabei. Da kam mir eine Idee. Fies grinsend bückte mich, nahm ein wenig Schnee in die Hand und formte diesen zu einem kleinen Ball. Mit Schwung warf ich diesen auf den Wolf. Überrascht schaute er zu mir und kam dann bellend auf mich zu gerannt. Lachend rannte ich vor ihm weg und sammelte im Rennen ein wenig Schnee ein. Immer wieder warf ich einen Schneeball auf ihn drauf und rannte weg. Plötzlich bäumte sich der riesige Haufen Schnee vor mir auf. Erschrocken sprang ich zurück. Der weiße Haufen schüttelte sich und enthüllte somit das Gesicht von Mona. Erleichtert lachte ich auf und rief „Mensch Mona erschrecke mich doch nicht so." Müde drehte sie ihren Kopf zu mir und blinzelte ein paar mal.

„Tschuldigung Layla. Ich bin gerade erst aufgewacht. Wusste nicht, dass du vor mir stehst", gähnte sie herzhaft und ließ sich wieder in den Schnee fallen. Dadurch spritze der Schnee zu allen Seiten hin und begrub uns unter einem Schneehaufen.

„HILFE", rief ich lachend und versuchte das gefrorene Wasser von mir weg zu schaufeln. Über uns raschelte es. Alex, Sam, Kay und Moons Gesichter erschienen über uns.

„Was macht ihr denn da?", schaute uns Moon verwundert an.

Lächelnd nahm ich Kandor zu mir und sagte „Ach, wir chillen nur ein bisschen hier im Schnee!" Zusammen mit Kandor, der in meinen Armen lag, halfen mir die anderen aus dem Haufen heraus. Zitternd sagte ich danke und ließ Kandor wieder auf den Boden. Sam kam zu mir, zog seine Jacke aus und legte sie mir über meine Schultern.

„Warum bist du so dünn an", fragte Moon verständnislos.

"Hätte ich gewusst, dass es Winter draußen ist, hätte ich mich auch so angezogen. Ich war darauf einfach nicht vorbereitet!", sprach ich mit zitternder Stimme.

„Komm, wir bringen dich erst mal in die warme Schule und dann erklären wir das alles", nickte Sam und hob mich im Brautstile hoch.

"I-Ich ka-ann auch selb-ber flieg-gen", widersprach ich leise. Skeptisch zog er eine Augenbraue hoch.

"So wie du zitterst, bekommst du ja noch nicht mal einen Flügelschlag hin", lachte er leicht. Beleidigt schlang ich die Jacke von ihm mehr um meinen Körper und drückte mich an seine Brust. Meine Flügelspitzen schauten am Ende der Jacke heraus, wodurch ein kalter Zug meinen Rücken hoch zog, als Sam in die Luft flog und auf das große Gebäude zu steuerte. Kandor glitt sachte neben uns her und schien keine Kälte zu spüren.

„Hast du Glück, dass du warmes und dichtes Fell hast", murmelte ich zu dem Hund schauend. Sams Arme, die in einem dicken Pulli eingehüllt waren, drückten mich schützend an seinen warmen Brustkorb, weshalb ich zu ihm hoch sah.

„Sam, hast du nicht kalt?", rief ich besorgt über den pfeifenden Wind hinweg. Keine Reaktion von ihm. Anscheinend verstand er mich nicht, weil er weiße Ohrwärmer an hatte. Ich hörte auf mit ihm zu reden und betrachtete sein Gesicht ein wenig genauer. Seine waldgrünen Augen leuchteten durch den weißen Schnee, der seine Haut etwas blasser aussehen ließ, mehr als sonst und stachen dadurch hervor. Seine vorher langen Haare, waren anscheinend geschnitten wurden. Schade, dachte ich. Ich konnte viel besser durch seine Haare fahren, als er noch längere hatte. Naja, auch nicht schlimm. Vielleicht sind sie ja auch so gut.

Neugierig geworden, hob ich meine Hand und fuhr durch seine Haare. Sein Blick huschte verwirrt zu mir.

„Was machst du da?", lächelte er mich an.

Grinsend antwortete ich „Ich gucke ob deine Haare immer noch so weich sind, bevor du sie schneiden gelassen hast."

Lachend meinte er „Okay. Und? Sind sie immer noch so weich?" Ich fuhr mit meiner Hand wieder durch seine Haare.

„Immer noch schön weich", sagte ich etwas verträumt. Zufrieden grinste er mich an.

Sanft landete er nun vor dem Eingang der Schule und ließ mich langsam auf den Boden ab. Hastig zog ich mir die Jacke enger um meinen Körper und flüchtete in die warme Schule. Während ich schon drinnen war und fluchend von einem Fuß auf den anderen Sprang, da mir so kalt war, gingen die Anderen gelassen zum Eingang. Bei mir angekommen zogen sie ihre Mäntel und Jacken aus, um sie dann auf ihre Arme zu hängen.

„So Ly. Ich besorg dir jetzt erst mal Kakao und-."

„Mhm Sam? Kannst du mir auch Tee bringen?", unterbrach ich ihn und schaute zögerlich zu ihm hoch.

„Klar. Welche Sorte denn?" Überlegend sah ich auf meine Hände.

„Am besten Apfel. Aber wenn sie das nicht haben, dann bring mir einfach einen Fruchttee mit", lächelte ich ihn an.

„Also einen Apfeltee und eine warme Decke", murmelte Sam und machte sich auf den Weg ins Sekretariat. Erst jetzt fielen mir seine Worte am Anfang auf.

„Ly?", murmelte ich verwirrt.

„Ja. Sam gibt jedem gerne Spitznamen und deiner heißt jetzt anscheinend Ly", lächelte mich Moon an und nahm mir die Jacke ab. „Oh deine Sachen sind ja ganz feucht", stellte sie erschrocken fest. "Na warte." Sie drehte sich um und rief Alex zu sich. „Könntest du mal?", flüsterte sie ihm zu. Alex nickte und kam zögerlich auf mich zu.

„Nicht erschrecken. Ja?", legte er seine Hände auf meine Schultern. Auf einmal leuchteten seine Handflächen leicht rot. Verwirrt schaute ich auf diese und merkte, wie meine Kleidung trocken wurde. Lächelnd nahm er seine Hände wieder weg und trat einen Schritt zurück. Dankend lächelte ich ihn an und strich über meinen warmen Pulli. Echt bewundernd diese Magie!

Sam kam mit einer Decke in der rechten Hand und einer grünen Tasse in der Linken zu mir. Ich nahm die Tasse und schlürfte ein wenig daran.

„Lecker", nuschelte ich überrascht. "Was für eine Sorte ist das denn?", fragte ich daraufhin neugierig.

„Apfel mit Honig", grinste er. Ich nickte und trank den Tee schnell aus. In der Zwischenzeit hatte mir Sam die Decke über die Schulter gelegt und mich in den Arm genommen, um über meine Arme zu rubbeln. Langsam wurde mir wieder warm.

„Danke Sam. Kannst aufhören. Mir ist warm." Ich legte eine Hand auf seine Brust und drückte mich leicht von ihm weg. Er nickte und hörte auf mit der Hand über meinen Arm zu reiben. „Also. Warum ist es denn jetzt auf einmal Winter vor dem Schloss?", sagte ich den Satz, der mir schon die ganze Zeit auf der Zunge lag.

"Es ist so", fing Sam zu erklären. "Bei uns sind die Himmelsrichtungen in verschiedene Jahreszeiten aufgeteilt. Norden in Winter, Osten in Frühling, Süden in Sommer und Westen in Herbst. Aber innerhalb der Mauern wechseln sich jeden Monat die Jahreszeiten ab."

"Okay... und warum ist das so? Ich meine... ist das überhaupt für die Natur gut?", fragte ich skeptisch.

"Das wissen wir selber nicht. Die Forscher untersuchen das schon seit Jahrhunderten, doch haben bis jetzt nichts wertvolles gefunden, außer dass das Schloss direkt in der Mitte von Sora steht", erläuterte Alex.

"Und unserer Natur schadet es nicht... bis jetzt ist auf jeden Fall mal noch nichts passiert", zuckte Sam mit den Schultern. Grübelnd nickte ich.

"Das ist ganz schön mysteriös, wenn ihr mich fragt", murmelte ich. Alle nickten still.

"Naja, wie auch immer. Was haben wir denn jetzt eigentlich?", sah ich fragend in die Runde.

„Nichts. Wir haben die vier Stunden frei, dafür aber danach noch fünf Stunden", meinte Kay Schulter zuckend.

„Na toll! Dann hätte ich ja auch noch weiter schlafen können", sagte ich entrüstet und schaute grimmig auf die Wand mir gegenüber.

„Naja, wir können ja auch noch was zusammen machen", schlug Sam vor. Zustimmend nickte ich und schaute die drei vor mir fragend an.

„Hm... ich muss noch zu meiner Mutter", sagte Moon schnell und düste ab.

„Ja, ich muss auch noch... in die Bibliothek", ging nun auch Kay weg. Kay und Bibliothek? Was war denn hier auf einmal los? Verunsichert stand Alex da und schaute verzweifelt auf den Boden.

„Also ähm... muss auch noch wohin", marschierte er auch schon zum Ausgang.

„Und wohin?", rief ich ihm misstrauisch hinterher.

„Ähm zu Ally!?", antwortete er mir, was sich aber eher wie eine Frage anhörte. Verwirrt schaute ich ihm hinterher, wie er aus der Tür hinaus sprintete.

„Okay... das war merkwürdig", kratzte ich mich an meinem Kopf.

„Ja schon", sagte Sam. Misstrauisch drehte ich mich in seinen Armen um.

"Kann es sein, dass du was damit zu tun hast?" Aufmerksam beobachtete ich seine Mimik. Kurz sah er ertappt an mir vorbei, bevor er wieder seinen neutralen Gesichtsausdruck aufsetzte.

„Ne. Warum?", fragte er scheinheilig.

"Nur so", lächelte ich wissend.

"Achso... Ist jetzt aber auch egal. So haben wir wenigstens mal Zeit für uns", lächelte er mich glücklich an. Ich nickte.

„Und was machen wir jetzt?", sah ich ihn mit hoch gezogenen Augenbrauen an. Geheimnisvoll grinste er und bedeutete mir, hier zu warten.

Nach ein paar Minuten, die ich mit Pfeifen verbrachte, kam er mit meinem Mantel, meinen Winterstiefeln, Mütze, Schal und Handschuhen wieder. Verwundernd fragte ich „Woher hast du die denn?"

Er zuckte mit den Schultern und meinte „Von der Erde. Zieh an."

"Wie von der Erde?", fragte ich und streifte mir die Sachen über.

"Is egal", winkte er ab und ging mit mir raus.

„Das is ganz und gar nicht egal! Warst du etwa in meinem Zimmer und hast in meinem Schrank herum gewühlt?", fragte ich verärgert.

"Njein", druckste er herum.

"Sam?", sprach ich warnend und fixierte ihn mit meinen Augen.

"Na gut. Ich war in deinem Zimmer-", gab er zu.

Empört rief ich "Spinnst du? Was soll das? Nicht mal was von Privatsphäre gehört?", fauchte ich ihn an.

"Ich war aber nicht an deinem Schrank. Die Sachen haben schon ordentlich auf deinem Bett gelegen", verteidigte er sich schnell.

"Hä? Echt? Aber ich hab doch...", wandte ich verwundert ein und schaute überlegend in die Ferne. Ich hatte doch mein Zimmer völlig verwüstet, wie immer es halt war, zurück gelassen. Hatte meine Mutter die Sachen da etwa hingelegt?

"Layla? Hallo?", holte mich Sam aus meinen Gedanken zurück, in dem er mit seinen Händen wild vor meinem Gesicht herum fuchtelte.

"Ähm ja", räusperte ich mich. "Is jetzt auch egal. Komm. Lass uns gehen", griff ich nach seinem Handgelenk und zog ihn hinter mir her.

"Ah warte", machte er halt, als wir vor den Türen waren. "Ich muss ja noch was an deiner Jacke machen." Verwundert beobachtete ich, wie er hinter mich ging und nach Sekunden wieder neben mich trat.

"Was hast du gemacht?", fragte ich neugierig.

"Ich hab die Faser Struktur verändert und mit Mana getränkt, sodass du jetzt auch Fliegen kannst." Verstehend nickte ich.

„Und jetzt lass uns los", lächelte er mich an. Zustimmend schlug ich meine Flügel auseinander und flog nach oben, durch die Wolken. Sam kam direkt hinter mir her und glitt neben mich. Ich schielte unauffällig zur Seite. Mit einem frechen Lächeln im Gesicht kam er näher geflogen, drehte sich zur Seite und flog nun unter mir. Lachend machte ich ihn nach. Schließlich umkreisten wir uns immer wieder und flogen immer mehr nach unten. Dieses Spiel wiederholten wir so lange, bis wir die Baumkronen fast erreichten. Nun hielten wir inne und schauten uns gegenseitig lachend an. „Komm mit Ly. Ich will dir was zeigen", sagte er plötzlich und schnappte meine Hand. Überrumpelt schlug ich kraftvoller und schneller mit meinen Flügeln, um mit ihm mit zu kommen.

Minuten später sah ich von weitem Metall in der Sonne glänzen. Sam stoppte ruckartig, weshalb ich an ihm vorbei flog und verwirrt zurück sah. Geschmeidig ging ich in einen Gleitflug über und steuerte auf ihn zu.

„Sind wir etwa schon da?", fragte ich bei ihm angekommen.

„So kann man es sagen", antwortete er zögerlich. „Warte. Ich muss nur mal kurz überlegen", murmelte er und schaute suchend um sich, woraufhin ich nickte. Neugierig betrachtete ich meine Umgebung. Wir waren immer noch im Wintergebiet, was ich an dem vielen Schnee und den kahlen Bäumen unter mir erkannte. In weiter Ferne konnte ich ein hohes, eckiges Gebäude sehen, dass einen Würfel drin stecken hatte und dieser wiederum ein riesiges Zahnrad. Belustigt lächelte ich. Der Architekt musste ja wirklich verrückt sein.

„Wir müssen da unten rein", zeigte Sam auf eine Stelle zwischen den Bäumen.

„Wie rein?", fragte ich verwirrt, da ich keine Tür oder etwas ähnliches sah, und flog ihm hinter.

„Wir gehen zum Gnomschloss. Und da in einem Umkreis von einem halben Kilometer die Anziehungskraft viel Stärker ist, müssen wir zu fuß gehen", erklärte er. Erstaunt nickte ich und landete stolpernd neben ihm.

„Landungen sind wohl immer noch ein Problem für dich", schmunzelte er und landete elegant neben mir.

„Na und! Ich hab meine Flügel ja auch noch nicht so lange, wie du", erwiderte ich eingeschnappt.

„Jetzt sei nicht beleidigt. Ich find es sehr süß, dass du ein wenig tollpatschig bist", grinste er mich an und zog mich an meiner Taille zu sich. Ich verschränkte meine Arme vor der Brust. „Ach komm schon Ly. Sei jetzt nicht böse. Ich bin mir sicher, dass du in ein paar Wochen genauso gut fliegen kannst, wie jeder hier. Das liegt einfach in deinen Genen."

„Das bezweifle ich. Ich bekomm es ja noch nicht mal hin, ohne Anlauf los zu fliegen", brummte ich. Deprimiert ließ ich meine Schultern hängen. Daraufhin drückte mir Sam einen sanften Kuss auf die Wange.

„Das wird schon", lächelte er zuversichtlich. Mild lächelte ich zurück. „Und jetzt komm. Wir müssen uns beeilen." Seufzend ging ich neben ihm den dünnen Waldweg entlang. Seine warmen Finger umschlossen meine kalten. Überrascht schaute ich in sein zufriedenes Gesicht. In diesem Moment dachte ich an den Abend, als er mir die Glühwürmchen gezeigt hatte. Ob er das mit seiner Magie erzeugt hatte?

„Woran denkst du?", fragte er, sodass ich aus meinen Träumereien gerissen wurde. Ich blinzelte ein paar mal, bevor ich antwortete.

„An unser Picknick", lächelte ich verlegen. Kurz sah er mich verwundert an, lächelte dann aber sanft.

„Wenn wir mal Zeit haben, zeig ich dir einen schönen Ort hier in Kanderi", sprach er nach Sekunden der angenehmen Stille. Voller Vorfreude wandte er seinen Blick mir zu. Ich nickte zustimmend.

Plötzlich fühlte sich mein Körper viel schwerer an, wodurch ich einmal kurz schnaufte.

„Das ist die Anziehungskraft", erklärte Sam mir und verzog angeekelt das Gesicht.

„Ich hätte nicht gedacht, dass sie so stark ist", gab ich zu und hob leicht meinen Arm an. Es fühlte sich an, als hätte ich einen großes Stein in meiner Hand. „Warum ist das denn eigentlich so?", fragte ich neugierig.

„Die Gnome mögen uns und generell fliegende Wesen nicht so sehr, weshalb sie die Magnetischen Felder verstärkt haben. Außerdem sind ihre Mauern nicht so hoch, wodurch wir eigentlich leicht drüber fliegen könnten. Naja... Wäre da halt eben nicht die Schwerkraft", zuckte er mit den Schultern. Verblüfft nickte ich.

„Und warum gehen wir zu den Gnomen, wenn sie uns nicht mögen", zog ich verwirrt eine Augenbraue nach oben. Sam seufzte und fuhr sich mit einer Hand durch die Haare.

„Als Prinz muss man die Beziehungen der anderen Wesen pflegen. Und leider hat keiner von meinen Geschwistern dazu Lust." Verärgert schnaubte er und nuschelte etwas vor sich hin. Verstehend nickte ich.

„Naja. Etwas positives hat es ja", grinste ich ihn aufmunternd an. Fragend schaute er zu mir. „Wir haben endlich mal Zeit für uns alleine." Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen.

„Da hast du recht", murmelte er und zog mich zu sich heran.

„Sam, lass los. Ich Stolper sonst noch über meine eigenen Füße", lachte ich. Zu meinem Pech grinste er einfach nur dumm und schliff mich hinter sich her. „Sam", jammerte ich, als ich über mein Fuß fiel, von starken Armen aber wieder hoch gezogen wurde. Ehe ich mich versah, hatte ich von ihm gleichdarauf einen Kuss auf den Mund bekommen. Schmunzelnd blickte ich in sein grinsendes Gesicht.

„Du bist blöd", murmelte ich mit roten Wangen und gab ihn einen kurzen Kuss zurück. Er lachte leise auf.

„Danke für das Kompliment", flüsterte er und legte seine Hand an meine Wange. „Du wirst immer rot, wenn ich dich küsse", bemerkte er schmunzelnd. Beschämt schlug ich meine Augen nieder. Musste er das gerade jetzt sagen?!

„Ich hatte halt eben noch nie einen Freund", nuschelte ich und zuckte mit den Schultern. Daraufhin hob ich zögerlich meinen Blick und sah in Sams Gesicht, der mich still musterte. Verunsichert huschten meine Augen an ihm vorbei und sahen in den Wald.

„Das ist dir peinlich", stellte er ruhig fest und entfernte sich von mir. Ich nickte. „Muss es aber nicht", bestimmte er. „Das ist ganz normal Layla. Da musst du dir gar keine Sorgen machen. Nach einer Zeit wirst du immer lockerer." Ich seufzte. Er hatte recht, doch meine Unsicherheit nervte mich.

„Das ist unfair", klagte ich leise und schaute ihn an. Seine Hände schlangen sich sanft um meine Taille.

„Was?"

„Das du so viel Erfahrung in Sachen Beziehung hast und ich gar keine!"

„Layla", lachte er leicht. „Ich bin ja auch schon 988 Jahre alt." Fassungslos sah ich ihn an.

„Das ist ganz schön lange", nickte ich, als ich nach Sekunden aus meiner Starre erwacht.

„In Menschenjahren ja."

„Und alt", fügte ich hinzu.

„Naja. Kommt drauf an, wie man es betrachtet."

„Ich bin mit einem alten Knacker zusammen", verzog ich mein Gesicht gespielt angeekelt. Gleichzeitig lachte ich mir heimlich ins Fäustchen, als ich sein beleidigtes Gesicht sah.

„Hey", rief mein Freund empört. „In Menschenjahren bin ich neunzehn! Daran musst du dich halten!" Schief grinste ich ihn an.

„Und du alter Knacker? Schon Hüftprobleme?", wackelte ich mit meinen Hintern.

„Na warte", knurrte er und hob mich über seine Schulter. Lachend strampelte ich mit meinen Beinen und klopfte auf seinen Rücken. Auf einmal fing er an sich um seine eigene Achse zu drehen.

„Okay. Okay. Ich nehm alles zurück", rief ich lachend. Daraufhin stoppte er und setzte mich vorsichtig auf den Boden ab. Leicht schwankte ich hin und her, als sich alles um mich herum drehte. Laut hörte ich meinen Freund schnaufen.

„Diese scheiß Schwerkraft", fluchte er und wischte sich mit seinem Ärmel über seine Stirn. Nachdem mein Schwindelgefühl aufhörte, gingen wir leise redend und ich immer wieder über sein Alter witzelnd den Waldweg entlang.

Eine viertel Stunde später kamen wir am Waldrand an. Eine riesige Mauer aus Metall bäumte sich vor mir auf und glänzte im Licht der Sonne. Bewundert betrachtete ich die dicken Stahlplatten, die neben einander in einem gewissen Abstand auf die hintere Metallwand montiert waren, und der quere Spalt in fünf Metern höhe. Dicke Ketten von mindestens vier Metern spannten sich von den unteren Teilen der Stahlplatten waagerecht zur Seite.

„Und wie kommen wir da jetzt rein?", fragte ich, als ich keinen Eingang fand. Spitzbübisch grinste er mich an, ging die paar Meter zu den Mauern und klopfte zwei mal an das Metall. Laut hallte ein hoher Klang durch die Gegend. Schnell lief mein Freund wieder zu mir. Ein wenig verängstigt, durch die knackenden und scheppernden Geräusche, trat ich zwei Schritte zurück. Laut raschelnd spannte sich die Kette langsam zwischen den zwei Stahlplatten vor uns und schoben den unteren Teil zur Seite. Es machte einen wahnsinnigen Lärm, als die untere Platte über den Schnee schliff und mit Kraft gegen die obere stieß, weshalb ich mir meine Ohren zuhielt. Anschließend bewegte sich nichts mehr. Noch nicht einmal Wind ging. Zögerlich nahm ich meine Hände von meinem Gehör und schaute zu meinem Freund hoch. Ernst und auch ein wenig grimmig sah er zu dem Eingang, der nun frei lag.

„Was verschafft uns die Ehre von so einem hohen Besuch?", spottete ein klein gewachsener, muskelgepackter Mann, der im Eingang breitbeinig stand. Er hatte Polange, braune Zum Dreadlocks, durch die Metallperlen gezogen wurden. Seine kalten, grauen Augen musterten mich und Sam abfällig, als wir langsam auf ihn zu gingen.

„Auch sehr erfreut Euch wieder zu sehen König Hibiko", lächelte Sam falsch und streckte ihm seine Hand entgegen. Die Augen des Königs wanderten zu mir.

„Wer ist das?", nickte er misstrauisch in meine Richtung.

„Das ist-"

„Ich bin Layla Smar", unterbrach ich Sam lächelnd.

„Noch nie gehört", brummte er und starrte mich an. Frech grinste ich. Einer von der harten Sorte also. Ob alle Gnome so waren? „Was wollt ihr hier?", fragte er nun ernst.

„Dürften wir Euer Schloss besuchen?", fragte ich höflich. Perplex blinzelte er mich an. Plötzlich brach er in schallendes Gelächter aus, weshalb ich Sam verwirrt ansah. Dieser fixierte den Mann düster mit seinen Augen.

„Ihr glaubt doch nicht wirklich, dass ich Euch gaggernden Hühnern in mein Reich lasse", schüttelte König Hibiko entschieden den Kopf.

„Wie bitte?", knurrte Sam.

„Hm...", brummte ich überlegend und ignorierte meinen wütenden Freund. „Lust auf ein Spiel?", fragte ich den König unschuldig. Neugierig sah er mich an. „Wir spielen Schere, Stein, Papier. Wenn ich nach drei Setzen gewinne, führen Sie uns beide durch das Schloss und durch ihre Stadt. Und wenn ich verliere, sehen sie mich nie mehr wieder hier", erklärte ich ihm und sah ihn herausfordernd an.

„Und wo ist der Harken?", fragte er misstrauisch.

„Es gibt keinen", zuckte ich lässig mit meinen Schultern. Nach kurzem Grübeln nickte er.

„Gut", hielt ich ihm meine Faust hin. „Schere, Stein, Papier", schwangen wir unsere Fäuste. Ich öffnete sie zu Papier, er zu Stein. Lächelnd umfasste ich seine Faust und schaute in sein kurz verblüftes Gesicht. Die nächste Runde ging an ihn, da er meine Schere mit dem Stein kaputt schlug.

„Die alles entscheidende Runde Majestät", grinste ich provozierend. Ein Mundwinkel von ihm hob sich, wodurch seine weißen Zähne zum Vorschein kamen.

„Schere, Stein, Papier", sagten wir beide ruhig. Überrascht starrten wir daraufhin auf unsere...

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