Kapitel 4
Kapitel 4
Das Rätsel der mächtigen Städte
Zeit...
Zeit war etwas Kostbares. Sie war nicht wie Geld, welches man gab und welches man bekam. Sie war wie etwas, das ablief, das aufhörte zu existieren, sobald man zu verschwenderisch damit umging. Wir alle hatten nur eine Hand voll Zeit. Eine Hand voll Momente, Erinnerungen und Gefühle. Die Zeit die ich noch hatte, fühlte sich auf einmal wie Sand in meiner Hand an. Wie kleine Körnchen, die immer schneller auf den blanken Marmorboden prasselten und ehe ich mich versah, war sie um.
„Ich möchte, dass du mir dieses Buch bringst."
Der König hatte diesen Satz bestimmt schon fünf Mal laut ausgesprochen und doch starrte ich immer noch geistesabwesend auf den Boden. Als ob sich dort die kleinen Sandkörnchen befinden würden. Nur da war nichts. Da war keine Zeit, kein Ablaufdatum, kein Loch, in welchem ich verschwinden konnte.
„Buch...", brachte ich irgendwann hervor. „Ich soll das Buch beschaffen?"
„Du bist eine Diebin. Du verstehst dich auf das Stehlen. Wenn nicht du dieses Buch beschaffen kann, wer dann? Wer sonst schleicht so lautlos durch Menschenmengen, wer sonst liest die Menschen wie ein...Buch?"
Er schien ziemlich stolz auf seinen Buchvergleich. Für einen kurzen Moment huschte ein Lächeln über seine Lippen. Jedoch wirklich nur für einen Moment, dann war er wieder der alte.
Ich schüttelte den Kopf, zuerst zaghaft, dann immer bestimmter. „Das ist eine Legende, wie Ihr ja bereits sagtet. Das Buch ist nur ein Märchen."
„Ist es nicht. Ich habe glaubhafte Beweise. Das Buch ist versteckt, an einem sicheren Ort."
„Und wo genau, befindet sich dieses Buch?", hakte ich nach. Irgendwie war ich froh gewesen, dass er mich nicht gleich in den Brunnen warf oder bei lebendigem Leibe ertränkte. Ja, für einen kurzen Moment war ich erleichtert gewesen und doch stieg genau jetzt wieder die blanke Angst meinen Hals hoch. Wie sollte ich etwas beschaffen, von dem niemand sicher sein konnte, dass es existierte?
„Das weiß ich nicht", antwortete er.
„Ich muss also ein Buch beschaffen, von dem Ihr nicht wisst, wo es sich befindet?"
Er schnalzte mit der Zunge. „So einfach ist das nicht. Um den genauen Ort des magischen Objektes zu finden, muss man fünf Hinweise suchen und diesen folgen. Die Hinweise sind aber versteckt."
„Und wo?" Ich war mir bewusst, dass ich die letzten Minuten nur Fragen stellte. Das lag wahrscheinlich daran, dass ich verwirrt war.
„Die Legende besagt, dass es eine unbekannte Stadt gegeben hat. Eine Stadt, in welcher Magie und Zauber der Hauptbestandteil war. Nur stritten sich die Herrscher genau wie jetzt um Macht und Ruhm. Was sie brauchten, war eine Lösung. Ein mächtiger Mann entwarf ein Buch, ein Buch in welchem er die Zukunft sah. Dieses Buch sollte dabei helfen, Schlimmes zu verhindern. Leider brachte dieses Buch genau das Gegenteil." Er lachte und hielt für einen Moment inne, ehe er fort fuhr: „Jeder wollte dieses Buch für sich. Also beschloss der mächtige Mann, dass er diesen Gegenstand vor den anderen verbarg. Er versteckte ihn an einem sicheren Ort. Jedoch schreib er auf einen Zettel, wo sich dieser Ort befand. Den Zettel zerriss er in fünf Teile und schickte diese zu den stärksten Städten. Er erhoffte sich, dass die Herrscher zusammen arbeiten würden, um gemeinsam eine Lösung zu finden."
Der König lief zurück zu dem Thron. Setzte sich langsam hin und wartete.
„Und dann? Was geschah dann?", fragte ich nach einer Weile. Die Spannung im Raum konnte man beinahe greifen.
„Der mächtige Mann starb. Die Herrscher beschützten ihre Zettel und die verschlüsselten Worte dort drauf. Jeder machte sich auf die Suche nach dem Buch, nur half ihnen dieser eine Hinweis nicht. Nach Jahren gaben sie es auf. Die Geschichte geriet in Vergessenheit und nun, einige Jahrhunderte später, startet die Suche von neuem."
Ich schwieg. Die Luft um mich herum war auf einmal trocken. Selbst das Atmen fiel mir schwer. „Aber das Ziel dieses Mannes war es doch, für Frieden zu sorgen." Es dauerte eine ganze Weile, bis ich diese Worte hervor gebracht hatte.
„Ich bin nicht König geworden, um für Frieden zu sorgen." Er schnaubte.
„Du wirst mir dieses Buch beschaffen. Jedoch stelle ich dir keine Hilfe zur Verfügung. Du darfst nicht auffallen."
„Und wie soll ich das anstellen?", fragte ich.
„Finde die mächtigsten fünf Städte, suche die Hinweise und bringe mir das Buch. In wenigen Stunden sticht ein Schiff in die See. Die Besatzung besteht aus einigen meiner Männern. Ab da an bist du auf dich alleine gestellt."
„Die fünf mächtigsten Städte?" Ich kannte die Städte bei ihren Namen, bei ihrer Eigenschaft, aber ich wusste ja nicht einmal, ob sie wirklich existierten.
„Du wirst sie finden. Nur solltet du schneller sein, als die anderen."
Irgendwie hatte ich immer gedacht, alle Städte wären gleich mächtig. Darum dieser ständige Kampf ohne Sieg. Wer waren also diese fünf?
„Sie lassen mir keine Wahl oder?" Es war im Grunde eine sinnlose Frage. Ich kannte die Antwort bereits.
„Dein Seemannsfreund ist hier. Nur bin ich immer noch nicht sicher, was man mit Verrätern anstellt. Kerker oder Brunnen?" Ein spöttisches Grinsen zeigte sich auf dem Gesicht des Königs. Ich kniff die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. Wütend ballten sich meine Fäuste. Dan war nicht wirklich einer meiner engsten Freunde. Er tauchte oftmals nur auf, wenn er etwas brauchte und doch war diese Situation anders. Dan hatte mir Essen angeboten, als ich nichts hatte. Er hatte mir eine Waffe geschenkt, hatte mich ermutigt. Er war es, der mir das Leben gerettet hatte und nun musste ich seines retten.
„Abgemacht. Dan wird leben und ich bringe Ihnen da Buch."
„Über ein Leben entscheiden wir, sobald du wieder da bist. Das Schiff das du suchen musst, trägt keinen Namen."
Er schloss für einen kurzen Moment seine Augen. „Und nun geh."
jgcn��;k17U
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top