I NEED U [BTS || V x OC]

Mit gesenktem Kopf saß Taehyung neben der Tür seiner Wohnung. Drei leere Bierflaschen standen rechts von ihm. Normalerweise trank er nicht. Doch seit er sie kennen gelernt hatte, tat er vieles, was er früher nicht gemacht hätte.

Wegen ihr hatte er sich selbst ruiniert. Taehyung gab ihr nicht die Schuld, immerhin hatte seine Freundin ihn zu nichts gezwungen. Es war seine eigene Entscheidung gewesen, die er nun bereute.

Leise seufzte er auf, strich sich durch die braunen Haare. Der junge Mann wollte es stoppen, wollte ihr sagen, dass er sie nicht mehr wollte. Doch konnte er das nicht tun. Zu sehr hang er noch an der jungen Frau.

Sie alleine zu lassen wäre scheiße.



Die Beine gekreuzt, den Kopf auf die Knie gebettet, saß Haeyong auf ihrem Bett. Ihre schwarzen Haare fielen ihr ins Gesicht. Der weiße Pullover und der schwarze Rock hielten sie nicht warm. Es wäre egal gewesen, ob sie Kleidung tragen würde oder nicht. In der Wohnung ihres Vaters war es immer kalt.

Er konnte die Rechnungen nicht mehr bezahlen.

Wie auch ohne einen Job?

Ihr Vater ging viel lieber in eine Bar nach der anderen und riss dort Frauen auf. Er hatte sich verändert nach dem Tod ihrer Mutter. Früher war er liebevoll zu seiner kleinen Tochter gewesen. Haeyong war seine kleine Prinzessin gewesen.

Doch das war Vergangenheit.

Heute interessierte ihn es nicht mehr. Er schrie die junge Frau an, ließ seine Aggressionen an ihr aus und kam jeden Tag sturzbetrunken heim.

Ein Vater konnte seiner Tochter so etwas nicht antun.

Waren die Worte früher, die er zu ihr gesagt hatte, eine Maske gewesen, die sein wahres Wesen verbarg?

Haeyong hatte sich durch die neue Art ihres Vaters verändert.

Negativ.

Sie war nur noch ein Schatten ihrer selbst. Die einzigen Gefühle die sie noch kannte, waren Schmerz, Trauer, Angst und Verzweiflung.



Der Braunhaarige stemmte sich an der Wand hoch. Die Kapuze seiner Stoffjacke, welche er unter seiner Lederjacke trug, rutschte ihm vom Kopf. Ein kalter Wind schlug ihm ins Gesicht. Leicht fröstelte der junge Mann.

Taehyung fühlte sich hin und her gerissen. Vor einer Woche hatte er sich mit Haeyong gestritten. Es war eigentlich keine große Sache gewesen, doch da beide im Moment mit sich selbst nicht klar kamen, hatte es sich zu einem großen Streit entwickelt.

Bei Haeyong lag das Problem im Moment eher mit ihrem Vater zusammen. Wie Taehyung diesen Mann hasste. Er verstand nicht wie ein Elternteil sein Kind so behandeln konnte. Deswegen war das schlechte Gewissen noch größer und drückender. Der Braunhaarige bereute die Sachen, die er zu der Schwarzhaarigen gesagt hatte.

Er hatte mit seinen Worten die Wahrheit erfolgreich versteckt. Mit der Lüge hatte er das Herz seiner Freundin ein weiteres Mal auseinander gerissen.

Der junge Mann hatte damit nicht nur ihr weh getan, sonder auch sich selbst.

Mit einem Dolch hatte er sein Herz durchbohrt.

Es machte ihn verrückt, dass alles so kompliziert war. Wieso konnten sie nicht einfach ein normales Leben führen? Weit weg von den ganzen Problemen?

Er hasste sie.



Kraftlos ließ sich Haeyong zurück in die Kissen fallen. Mit der rechten Hand raufte sie sich die Haare, mit der linken hielt sie sich die Augen zu.

So sehr wünschte sie sich, dass Taehyung jetzt bei ihr wäre. Er war alles für sie.

Auch wenn er sie gebeten hatte zu gehen. Sie wusste, dass ihm die Worte, die er eine Woche zuvor gesagt hatte, leid taten.

Der Braunhaarige liebte sie, das hatte er ihr gestern noch geschrieben. Er wollte, dass sie ihm vergab.

Leise lachte die Schwarzhaarige auf. Es war ein geplagtes Lachen, kein bisschen Fröhlichkeit lag darin.

Sie war doch nie sauer auf ihn gewesen.

Seine Situation war im Moment auch alles andere als leicht.

Seine Eltern gaben seiner Freundin die Schuld, dass er sich so verändert hatte. Taehyung wollte doch selber nicht so sein wie er jetzt war. Ihm belastete es, dass auch noch seine Freunde die junge Frau nicht akzeptieren konnten. Sie sahen einfach nicht, wie gut Haeyong ihm tat.

Haeyong wusste, dass der Braunhaarige sie brauchte.

Sie war sein Mädchen.



Mit zitternden Fingern zog Taehyun sich die Kapuze wieder über den Kopf. Noch einmal sah er nach rechts, dann drehte er sich nach links und lief zu den Stufen, die nach unten führten. Schnell hatte er diese erreicht und ebenso schnell war er sie runter gesprintet.

Mit starrem Blick ging er durch die leere Straße.

Er machte sich so viele Gedanken um seine momentane Situation.

Die Schwarzhaarige hatte sich bei ihm bis jetzt noch nicht gemeldet.

Und wieder einmal fragte er sich, wieso er in der Liebe so alleine war? Wieso war er mit seinem momentanen Schmerz alleine?

Es setzte ihm zu. Er brauchte sie gerade jetzt.

Zischend entwich die Luft aus seinen Lungen. Ihre Beziehung war die reinste Ironie. Sie beiden wussten, dass sie einander brauchten. Sie wollten zusammen sein, obwohl sie wussten, dass sie einander verletzen würden.

Leicht lächelte der junge Mann bei dem Gedanken, wie seine Freundin vor ein paar Monaten mit ihm im Schnee getollt hatte.

Auch wenn sie ganz durchgefroren war und ihre Wangen sich schon rot gefärbt hatten, hatte er sie wunderschön gefunden. Ein leichtes Kribbeln machte sich bei diesen Erinnerungen bemerkbar. Der Braunhaarige lächelte leicht, vergrub die Hände in den Taschen seiner Lederjacke.

Auch wenn Haeyong zu dieser Zeit sich ziemlich kalt gegeben hatte. Sie war wunderschön, etwas Besonderes in seinen Augen.



Ein lauter Knall ließ die junge Frau erschrocken hochfahren. Sofort spannte sich ihr ganzer Körper an. Ihre Augen weiteten sich und ihre Hände begangen leicht zu zittern.

Ihr Vater war wieder da.

Haeyong biss sich auf die Unterlippe, versuchte so ein Wimmern zu unterdrücken. Sie hatte sogar Erfolg.

In ihrem Inneren machte sich die Angst bemerkbar. Sie wollte heute ihren Frieden. Nur eine einzige Nacht wollte sie ohne Tränen und Schmerzen einschlafen.

Ohne das Haeyong etwas dagegen tun konnte, rann eine Träne ihre Wange hinab. Sofort wischte sie sie weg.

Ihr Vater würde nur wütend werden, wenn er sah, dass sie weinte.

Schritte kamen näher. Das Knarren des Bodens verriet es der Schwarzhaarigen. Auch heute würde er sie nicht verschonen.

So sehr wünschte sich die junge Frau Taehyung hier her. Doch wusste sie, dass er nicht kommen würde. Sie war sich sogar sicher. Immerhin hatte sie ihn ignoriert, ihm nicht zurückgeschrieben. Wahrscheinlich dachte er, dass sie nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte.

Langsam, dafür aber mit einem fürchterlichen Quietschen, ging die Zimmertür auf. Schwer schluckend strich Haeyong sich die Haare zurück. Sie versuchte ihre Angst zu verstecken. Ein Fehler und er würde komplett austicken.

„Komm mit in die Küche!"



Mittlerweile lief Taehyung über eine Brücke. Viele Autos fuhren über diese. Nachdenklich spielte er mit dem Stock in seiner Hand herum, schlug ihn ein paar Mal gegen das Geländer.

Sollte er nicht einfach zu Haeyong gehen?

Er war sich sicher, dass sie nicht sauer sein würde, wenn er unangemeldet auftauchte. Allerdings hatte auch der junge Mann wahnsinnigen Respekt vor ihrem Vater. Dieser war nämlich unberechenbar.

Einmal hatte er es schon am eigenen Leib erfahren dürfen.

Seine Freundin war in einem Teufelskreis gefangen. Immer wieder ging es von vorne los. Ihr Vater kam heim, rastete komplett aus und ließ Haeyong dann auf dem Boden liegen. Die Schwarzhaarige hatte am nächsten Tag Schmerzen, versuchte sie zu lindern, ehe es wieder von vorne los ging.

Immer wieder fiel sie auf den Boden, raffte sich mühsam auf und versuchte stark zu bleiben. Es tat Taehyung weh, sie so leiden zu sehen. Er verstand, dass sie ihren Vater nicht alleine lassen wollte.

Immerhin war er das Einzige, was ihr an Familie geblieben war.

Der junge Mann fand, dass er ein Dummkopf war. Immerhin benachrichtigte er nicht die Polizei und erzählte ihnen, was bei seiner Freundin los war. Er konnte ihr nicht helfen, solange es sie nicht wollte. Es machte ihn fertig, ließ ihn verzweifeln.

Der Braunhaarige hatte eine furchtbare Angst um Haeyong.

Die Angst bestimmte sein Herz, seine Gefühle.

Was wäre, wenn der Vater seine Tochter einmal ernsthaft verletzen würde?

Wieso hörte sie ihm nicht zu, wenn er ihre Entscheidungen in Frage stellte?

Redete er immer wieder nur mit sich selbst? Hörte sie ihm nicht zu?



Haeyong versuchte das Zittern zu unterdrücken. Stumm stand sie da, geplagt von Angst. Ihr Vater, ein älterer Mann mit schwarzen Haaren, saß am Küchentisch. Ein paar Bierflaschen standen herum. Sie standen im ganzen Haus herum.

Die junge Frau dachte an ihr letztes Gespräch mit ihrem Freund. Wieder einmal wollte er sie dazu überreden, mit ihm zur Polizei zu gehen. Sie hatte nichts gesagt und das bereute sie immer wieder aufs Neue.

Sie befand sich in einem Zwiespalt. Ihr Vater war doch noch das Einzige, was ihr geblieben war. Würde die Schwarzhaarige zur Polizei gehen, würde er hinter Gittern landen. Dann hätte sie niemanden mehr.

Auch die Freunde der jungen Frau wollten sie immer wieder dazu bringen, sich Hilfe zu suchen. Zudem machten sie Taehyung Vorwürfe, dass dieser nichts tat. Sie wussten nicht, dass er dieses Thema oft ansprach.

Der Braunhaarige wusste mehr über sie, als jeder andere. Er behandelte sie gut, besser als es jemand anderes je getan hatte.



Der Braunhaarige stand gegenüber dem Haus, in welchem seine Freundin wohnte. Mehrere Wohnungen waren darin. Die Nachbarn bekamen mit, was Haeyong angetan wurde. Es machte ihn wütend, dass niemand etwas dagegen unternahm.

Sie wurde alleine gelassen mit ihrem Schmerz.

Ein verzweifeltes Seufzen verließ die Lippen des jungen Mannes. Er warf den Kopf in den Nacken.

Heute war einer der wenigen Tage, an welchen der Himmel blau war. Keine Wolken waren zu sehen, nur die scheinende Sonne.

Trotzdem war es kalt.

Warum ist es sie? Warum musste es Haeyong sein, der so ein Schmerz zugefügt wurde? Taehyung war sich sicher, dass seine Freundin irgendwann daran zerbrechen würde.

Wie oft hatte sie schon geweint?

Wie oft hatte er sie in seinen Armen gehalten, um sie zu trösten?

Eine genaue Antwort konnte der Braunhaarige darauf nicht geben. Es war schon viel zu oft passiert.



„Wo warst du gestern?"

Seine Stimme ließ Haeyong erzittern, steigerte ihre Angst. Ihr Vater sah sie mit kalten Augen an. Seine Fahne roch sie viel zu intensiv. Er hatte wieder getrunken.

Sein weißes lockeres T-Shirt war ausgebeult und dreckig. Es war widerlich.

„In der Schule ..."

Haeyongs Stimme war leise, klang verunsichert. Ruckartig stand der Mann vor ihr auf und knallte seine Hände auf die Tischplatte. Sein Gesicht war vor Zorn verzerrt. Sein Atem wurde lauter.

Mit einem lauten Klirren fiel eine der Bierflaschen zu Boden, zersprang in tausend Teile. Unweigerlich zuckte die junge Frau zusammen. Ihre Augen weiteten sich erschrocken.

„Lüg mich nicht an!", schrie er sie an.

Sein ganzer Körper spannte sich an. Er strahlte eine Aggressivität aus, die die Schwarzhaarige nur selten bei ihm gesehen hatte.

Heute würde es schlimmer als sonst werden.

Als dieser Gedanke Haeyong durch den Kopf schoss, wich sie automatisch ein paar Schritte zurück.

Ein Fehler.

Der Schwarzhaarige hechtete ihr hinter her. Kräftig drückte er sie gegen die Wand, packte sie am Hals und drückte ihr die Luft ab.

Ein schrecklicher Schmerz schoss durch den Körper der jungen Frau. Tränen bildeten sich in ihren Augen. Die Angst verstärkte sich, ließ sie fast durchdrehen.

Ein leiser Schrei entwich ihr. Ein Schrei, mit dem sie ihren Vater nur noch wütender machte. „Du warst bei ihm! Du unnützes Balg warst wieder bei diesem Straßenjungen! Sag mir, dass ich Recht habe!"

Sein Griff verstärkte sich. Hektisch schnappte die Schwarzhaarige nach Luft. Ihre Hände schossen nach oben, versuchten die Hand ihres Vaters wegzudrücken. Doch vergeblich, er war stärker.

„Nein... ich war nicht bei ihm..."

Nur leise röchelte sie diese Worte.

Vor ihren Augen flimmerte es. Sie bekam keine Luft mehr. Panisch zerrte sie an den Händen ihres Vaters. Tränen flossen aus ihren Augen und der Schmerz in ihrem Herz nahm zu. Urplötzlich packte der Mann Haeyong an den Haaren, riss sie von der Wand weg.

Im nächsten Moment knallte es laut. Er hatte sie geohrfeigt.

Mit viel Wucht flog Haeyongs Kopf zur Seite. Sie schmeckte Blut im Mund.

Leise wimmerte sie auf.

Er sollte aufhören.

Wieso konnte er nicht so wie früher sein?



Taehyungs Herzschlag beschleunigte sich, als er die Treppen des Hauses hinaufging. Ein ungutes Gefühl machte sich in ihm breit, weswegen er noch schneller lief.

Irgendetwas stimmte nicht. Einer der Bewohner des Hauses hatte ihn zuvor aufgehalten.

Der Braunhaarige war gerade dabei gewesen, über die Straße zu gehen, als ein Auto neben ihm hielt.

Es war die ältere Frau gewesen, bei welcher Haeyong oft war. Sie hatte panisch ausgesehen, gemeint, dass der Vater seiner Freundin heute anders gewesen sei.

Die Angst um die Schwarzhaarige schnürte dem jungen Mann den Hals zu.

Dann kam er im richtigen Stock an. Schnell lief er auf die richtige Tür zu und erstarrte im nächsten Augenblick.

Die Tür stand einen Spalt offen.

Taehyung zuckte zusammen, als er plötzlich die wütende Stimme von Haeyongs Vater hörte. Vorsichtig machte er die Tür auf, lief langsam den Flur entlang. Seine Muskeln waren angespannt, er machte sich auf alles gefasst.

Innerlich betete er, dass seiner Freundin noch nichts passiert war.

Die Tür am Ende des Ganges war nur halboffen. Doch als Taehyung sah, was gerade vor seinen Augen geschah, schaltete sich plötzlich alles ab.

Seine Augen weiteten sich, ein rotes Tuch legte sich vor sie. Wie ein Feuer breitete sich die Wut in ihm aus, verbrannte ihn innerlich.

Ohne wirklich zu wissen, was er tat, schnappte er sich die leere Bierflasche, welche auf dem Tisch neben der Tür stand.

Adrenalin strömte durch seinen Körper, ließ ihn nur noch wütender werden.

Sein Verstand schaltete sich gänzlich aus, als er in den Raum stürzte. Nur am Rande bekam er den erschrockenen Schrei seiner Freundin mit, als er den schwarzhaarigen Mann zurückstieß.

Taehyung holte aus, schlug so kräftig wie er konnte zu. Hart traf die Glasflasche den Kopf des Schwarzhaarigen.



Erschrocken schrie Haeyong auf, als Taehyung plötzlich in den Raum stürmte. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er auf einmal auftauchte.

Erleichterung machte sich in ihr breit, jedoch noch mehr Furcht. Die junge Frau sah die Glasflasche in seiner Hand, sah, dass er wütend war.

Dann ging alles ganz schnell.

Ihr Freund schubste ihren Vater von ihr weg und schlug ihn mit der Flasche gegen den Kopf. Haeyong zuckte zusammen, als die Glasflasche klirrend zerbrach und ihr Vater gegen die Wand krachte. Ihre Augen hatten sich geweitet, die Tränen flossen nicht mehr.

Entsetzt sah sie auf die Szene, die sich ihr bot.

Scherben flogen durch den Raum. Der Braunhaarige hielt nur noch einen Teil der Flasche in der Hand. Tief schnitt ihm die Scherbe in die Hand. Blut tropfte an seiner Hand hinunter.

Die Schwarzhaarige konnte nicht glauben, was gerade passiert war.

Taehyung hatte sie beschützt vor ihrem Vater, hatte dafür gesorgt, dass er ihr nicht noch mehr weh tat.

Wieder einmal befand sich die junge Frau in einem Zwiespalt. Sie wollte nicht, dass ihr Freund ihrem Vater ihretwegen weh tat. Doch sie wollte auch nicht, dass ihr Vater sie weiter misshandelte.



Taehyung wich ein Stück zurück. Schwer atmend starrte er den Vater seiner Freundin an. Immer noch befand er sich in einer Art Trance, bekam nur am Rande mit, dass seine Freundin entsetzt hinter ihm stand.

Der alte Mann sah auf. Mit einem irren Blick funkelte er Taehyung an. Leise Worte verließen seine Lippen. Worte, die Taehyung dazu brachten, sich wieder auf ihn zu stürzen. Der Braunhaarige fühlte sich wie in einem Rausch.

Wütend ging er auf ihn zu, packte ihn an der Schulter. Wieder schubste er ihn zurück. Hart knallte der Vater seiner Freundin gegen die Wand. Vor Schmerz stöhnte er auf, doch der junge Mann bekam dies schon gar nicht mehr mit.

Die Wut beherrschte ihn in diesem Moment. Er sah Rot, wollte nur noch, dass dieser Mann verschwand. Auf welche Art und Weise war ihm gerade egal. Für Taehyung zählte nur Haeyong. Sie musste in Sicherheit sein.

Fest umschloss der Braunhaarige die Scherbe in seiner Hand. Dass ein fürchterlicher Schmerz seine Hand durchzog und eine warme Flüssigkeit über seine Finger floss, bekam er gar nicht mit.

Dann holte er wieder aus. Tief stach der Braunhaarige dem verhassten Mann vor ihm die Scherbe in die Seite. Nicht nur einmal. Nein. Immer und immer wieder.

Taehyung bekam nichts mehr mit. Er war wie gefangen in seinem eigenen Kopf. Die Wut rauschte in seinen Ohren, hörte nicht die entsetzten Schreie seiner Freundin. Er registrierte sie nicht mehr.

Nur noch der Mann vor ihm war von Bedeutung.

Der Braunhaarige wollte ihm die Schmerzen zufügen, die er seiner eigenen Tochter zugefügt hatte. Er genoss die Schreie des Alten. Sie verschafften ihm Genugtuung.

Für Taehyung zählte im Moment nichts mehr. Er wollte nur noch den Vater seiner Freundin leiden sehen. Haeyong musste in Sicherheit sein.



Fassungslos sah die Schwarzhaarige auf die Szene, die sich ihr bot. Furcht überkam sie. So hatte sie Taehyung noch nie erlebt, nie eingeschätzt. Die ganze Wut in seinem Blick machte ihr Angst.

Regungslos wie erstarrt, starrte sie weiterhin die beiden Männer an. Grauen erfüllte sie, als sie das viele Blut sah. Es tropfte auf den Boden, durchtränkte die Kleidung der Beiden.

Wie in Trance beobachtete sie, wie Taehyungs Hand mit der Scherbe immer wieder hervor schnellte. Skrupellos bohrte sich das Glas in den Bauch ihres Vaters.

Sie nahm seine Schmerzensschreie nicht richtig wahr. Viel zu sehr war sie darauf fixiert zu realisieren, was gerade passierte.

Die junge Frau drückte sich die zitternden Hände gegen die Brust. Eine einzelne Träne lief ihre Wange hinab. Sie verspürte keinen Schmerz. Die Angst war komischerweise verschwunden. Doch die Furcht blieb.

Erst als der Braunhaarige den alten Mann gegen das Fenster drückte und die Fensterscheiben schepperten, erwachte die Schwarzhaarige aus ihrer Trance.

Panik überkam sie.

„Taehyung, du bringst ihn um! HÖR AUF!"

Laut schrie sie diese Worte durch den Raum, schnellte zu ihrem Freund. Adrenalin schoss urplötzlich durch ihre Adern, als sie auf ihren Freund zustürmte.

Fest zerrte sie an seiner Jacke und zog ihn mit mehr Kraft, als sie sich zugetraut hatte, zurück.

Ein paar Schritte taumelte der junge Mann zurück, ehe er wohl wieder zu Sinnen kam.



Die Schreie Haeyongs nach ihm holten in langsam wieder zurück. Als sie ihn packte, hatte sich sein Geist fast schon vollständig geklärt. Erst als sie ihn zurückzog und er sein Gleichgewicht wieder finden musste, realisierte er, was er getan hatte.

Sein Körper begann zu zittern.

Hektisch schnappte er nach Luft, riss die Augen weit auf.

Haeyongs Vater sackte vor seinen Augen keuchend zusammen. Blut lief aus den Wunden. Entsetzt starrte der junge Mann auf seine Hände. Sie waren blutverschmiert, genauso wie seine Kleidung.

Keuchend wich der Braunhaarige zurück, die Hände zu Krallen geformt. Einen Moment empfand er Abscheu vor sich selbst. Wie hatte er nur so etwas tun können?

Seine Augen wanderten zu seiner Freundin. Diese saß auf dem Boden, hatte die Hände auf den Mund geschlagen. Ein seltsamer Ausdruck lag in ihren Augen. Taehyung konnte ein wenig Angst in ihnen erkennen, den Rest konnte er nicht zuordnen.

Mit dem Rücken berührte der Braunhaarige die Wand. Im nächsten Moment gaben seine Beine nach und er sackte zu Boden. Er hatte keine Kraft mehr. Das Zittern verstärkte sich. Tränen flossen plötzlich seine Wangen hinab.

Seine Brust wurde zusammengedrückt. Keuchend schnappte er nach Luft. Es kam ihm so vor, als würde jemand seine Luftröhre zudrücken.

Leise wimmerte der junge Mann auf. Auf einmal hatte Taehyung Angst.

Heftig blinzelte er, krallte sich mit den Händen an seinen Haaren fest. Immer mehr Tränen flossen seine Wangen hinab.

Der Geruch des Blutes stieg ihm in die Nase. Übelkeit breitete sich in ihm aus, sowie ein komischer Geschmack in seinem Mund.

Vor seinen Augen fing es an zu flimmern. Laut schluchzte der junge Mann auf. Er konnte es nicht mehr zurückhalten.

Wie hatte er es zulassen können, dass er so die Kontrolle verlor?



Ein paar Tränen liefen über die Wangen der jungen Frau. Starr sah sie auf den regungslosen Körper ihres Vaters. Ihr Kopf war leer. Ihr Körper eiskalt.

Es machte sie fertig, dass sie so was wie Erleichterung verspürte. Sie widerte sich damit selbst an. Ihr Vater war tot, der Mann, der sie gezeugt hatte. Er war tot und das einzige, was sie verspürte war Erleichterung.

Ein lautes Schluchzen ließ sie aufschrecken. Ihre Augen schossen zu Taehyung. Ihr Herzschlag stockte, als sie ihn sah. Die Augen aufgerissen und am ganzen Körper zitternd. Sein Atem war schnell und stockend. Er keuchte.

Auch seine Tränen bemerkte sie.

Einen Augenblick wunderte es Haeyong, dass sie Mitleid mit ihm hatte. Er hatte ihren Vater getötet. Doch komischerweise hasste sie ihren Freund nicht. Nein. Sie war ihm komischerweise ein wenig dankbar, so verrückt das auch klingen mochte.

Vorsichtig robbte sie zu dem Braunhaarigen, stellte mit Erschrecken fest, dass er sie gar nicht wahrnahm.

Seine braunen Augen starrten den toten Körper vor ihnen an.

Langsam hob die Schwarzhaarige die Hände, umgriff damit seine Handgelenke und zog ihm die Hände aus den Haaren.

Ihre Berührungen ließen ihn wieder zurück aus seinen Gedanken kommen.

Taehyung zuckte zusammen, wäre wohl vor seiner Freundin zurückgewichen, wenn er es gekonnt hätte.

Ein weiteres Wimmern sowie ein Schluchzen war zu hören.

„Sag mir, dass du Schluss machst ... dass du mich nicht mehr liebst ... bitte..."

Seine Worte waren stockend und klangen schwach.

Haeyong war verwirrt. Was redete er da?

„Was meinst du?"

„Bitte... ich habe nicht den Mut dazu..."

Erneut schluchzte er. Er entriss der Schwarzhaarigen seine Hand und verdeckte mit ihr seine Augen. Immer mehr Tränen flossen über seine Wangen und tropften auf den Boden.

Still sah Haeyong den Braunhaarigen an. Sie konnte seine Worte nicht entziffern, verstand nicht, was er damit meinte.

In diesem Moment wirkte der sonst so starke Mann schwach auf sie. Beinahe schon zerbrechlich. Sein Körper bebte unter den Schluchzern, die er zurückhielt.

Nun schlug er auch ihre andere Hand weg, griff mit ihr wieder in seine Haare.

Dann schlug es bei der jungen Frau ein wie ein Blitz. Plötzlich verstand sie. Sie wusste, was der Braunhaarige ihr damit sagen wollte.

Ihre Augen wurden wässrig, beeinträchtigte ihre Sicht. Die Hände fingen an zu zittern und sie biss sich auf die Unterlippe.

Vorsichtig hob sie wieder eine Hand, legte sie auf den Schopf ihres Freundes. Dieser rührte sich nicht, weinte nur still weiter.

„Ich werde dich nicht verlassen..."



Taehyung sah auf, als er diese Worte aus ihrem Mund hörte. Seine Augen weiteten sich leicht. Dieses Mal ließ er es zu, dass sie die Hand auf seinen Haaren hatte.

„Ich liebe dich und werde dich nicht alleine lassen."

Ihre Stimme klang bei diesem Satz stärker. Ihre glänzenden Augen strahlten ihn voller Wärme an.

Etwas in Taehyung zerbrach und überflutete ihn mit den unterschiedlichsten Gefühlen. Das Zittern, welches zuvor fast verschwunden war, kam wieder zurück und das mit so einer Intensivität, dass es für den Braunhaarigen unmöglich gewesen wäre, es zu kontrollieren. Nun ließ er auch die Schluchzer wieder zu.

Den jungen Mann überforderten die ganzen Gefühle gerade. Er wusste nicht, wie er damit umgehen sollte. Es erleichterte ihn, dass Haeyong dies zu merken schien.

Sanft lächelte sie ihn an, strich ihm über die nassen Wangen.

„Wir kriegen das hin. Alles wird gut."

Sofort schenkte der Braunhaarigen ihren Worten glauben. Seine Antwort darauf war ein einfaches Nicken.

Es würde alles gut werden. Sie würden zusammen bleiben und keine Probleme mehr haben. Seine Freundin nahm die Hand von seiner Wange, breitete stattdessen beide Arme aus und nahm ihren Freund in den Arm.

Beide umklammerten sich wie Ertrinkende. Sie würden sich gegenseitig stützen und aufeinander aufpassen.

Ihre Liebe zueinander würde sie noch stärker als je zuvor machen.


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