20. Türchen - jenosjaemin

"Haben Sie denn schon ein Date für die Weihnachtsfeier?" Neugierig unterbrechen Jaemins Schüler ihre Arbeit, und der Lehrer seufzt schwer. Heute sind sie außergewöhnlich schwer zum Arbeiten zu bekommen, aber das liegt wohl mehr an den nahenden Weihnachtsferien als allem anderen.

"Nein, habe ich nicht. Und ich habe auch nicht vor, mir noch eines zu suchen", erwidert er nachdrücklich, woraufhin einige vielsagende Blicke durch die Klasse wandern.

"Herr Lee hat auch noch keins", kommt es aus der letzten Reihe. Jaemin lehnt sich mit hochgezogenen Augenbrauen ans Pult.

"Und?"

"Warum gehen Sie nicht mit ihm?" Die halbe Klasse nickt zustimmend, und als er nicht sofort antwortet, bricht ein Chaos aus.

"Sie passen so gut zusammen!"

"Das ist Ihre Chance!"

"Er ist bestimmt nur zu schüchtern, Sie zu fragen!"

"Sie verstehen sich doch so gut!"

Ein erneutes Seufzen des Lehrers lässt sie verstummen. "Habt ihr nichts Besseres zu tun, als eure Lehrer zu verkuppeln? Wer von uns schreibt nächstes Jahr Abi, hm?" Von mehreren Seiten kommt Protest, aber Jaemin lässt sich davon nicht beeindrucken und verteilt das Material für die nächste Aufgabe, sodass sie letztendlich enttäuscht Ruhe geben.

Jaemin will es nicht zugeben, aber seine Schüler haben jedes Recht, ihn und ihren Mathelehrer miteinander zu "shippen", wie sie es immer nennen. Jaemin ist kaum vier Monate jünger und sie sind zu einer ähnlichen Zeit an die Schule gekommen. Außerdem verstehen sie sich gut, gerade in ihren ersten Monaten haben sie sich viel unterhalten und sich heimlich gegen die älteren Kollegen verschworen. Da hilft es auch nicht, dass sie diesen Sommer gemeinsam Vertrauenslehrer der Schülervertretung geworden sind und dadurch noch mehr von ihren Schülern zusammen gesehen werden.

Und Jeno ist einfach genau sein Typ, das kann Jaemin auch gar nicht anders sagen. Nicht nur ist er so dermaßen attraktiv, dass zur diesjährigen Valentinstags-Aktion ein ganzer Strauß Rosen auf seinem Tisch lag, dazu kommt noch seine Art, von der Jaemin einfach nicht genug bekommen kann. Er ist immer ein wenig unbeholfen, aber sobald es um Themen geht, von denen er Ahnung hat, kann er kaum aufhören zu reden. Vor allem mag Jaemin, wie seine Augen dabei aufleuchten, denn wenn er ehrlich ist, versteht er absolut gar nichts vom Inhalt. Er ist außerdem sehr fürsorglich, sowohl mit seinen Schülern als auch den anderen Menschen um sich herum. Er hat trotz seiner Katzenhaarallergie drei süße Biester adoptiert, die er von Herzen liebt und von denen er tausende Fotos auf dem Handy hat.

Jaemin könnte noch stundenlang weitermachen, wenn es ihm nicht so gegen den Strich ginge, dass er damit seine Schüler nur noch weiter bestärkt. Ja, er hat einen mini-winzig-kleinen Crush auf Jeno, das ist aber keine große Sache, darüber kommt er wieder hinweg, denn wenn er eines nicht will, dann eine Romanze am Arbeitsplatz. Deshalb geht er darauf auch gar nicht ein und ignoriert einfach, wie heiß sein ganzer Körper in Jenos Nähe wird, in der Hoffnung, dass es einfach wieder aufhört.

Bis zum Ende der Stunde schafft sein Französischkurs es, das Thema noch mehrmals auf den Tisch zu bringen, aber er unterbricht es jedes Mal und droht ihnen letztendlich sogar mit Hausaufgaben, damit sie endlich still sind. Er kann nur hoffen, dass sie Jeno in der nachfolgenden Stunde nicht so sehr damit piesacken, wie sie ihm drohen.

Nachdem alle Schüler den Raum verlassen haben, fährt er das Whiteboard herunter und lehnt sich einen Moment mit geschlossenen Augen ans Pult. Der Raum liegt am Ende des Flurs, zur Mittagspause sind die meisten Schüler auf dem Pausenhof oder in der Mensa, wenn sie nicht schon alt genug sind, um in die Innenstadt zu gehen, somit ist es angenehm ruhig und Jaemin hat einen Augenblick Zeit für sich selbst, bevor er gleich mit seinen Kollegen Mittag essen muss. Vielleicht hat er Glück und es bleiben nur ein paar im Lehrerzimmer zurück, dann kann er ungestört bleiben...

Es klopft an der offenstehenden Tür, Jaemin erschrickt beinahe und dreht sich um.

"Hey", begrüßt ausgerechnet Jeno ihn, "ähm, hättest du gerade Zeit?"

"Für dich doch immer", rutscht es Jaemin heraus, er will sich am liebsten schlagen dafür. Damit er nicht noch rot wird, beschäftigt er sich stattdessen mit dem Einpacken seiner Sachen.

"Es ist merkwürdig und peinlich, das zu fragen, und sorry, wenn das jetzt total komisch ist, aber, ich... Weißt du, ähm... Gott. Okay." Jeno holt einmal tief Luft. "Ich mag dich, Jaemin. Ich dachte, wenn unsere Schüler schon versuchen, uns zu verkuppeln, haben sie irgendeinen Grund dafür, und deshalb dachte ich, vielleicht könnten wir ja zusammen zur Weihnachtsfeier gehen. Das ist dann irgendwie noch ungezwungen und in einem beruflichen Rahmen, dann ist es vielleicht... nicht ganz so peinlich. Und ich rede wieder Schwachsinn. Ähm, ja. Willst du mit mir zur Weihnachtsfeier gehen?"

Jaemin spielt mit der Hülle seines Tablets, als er auf- und sieht, dass Jenos Ohren rot leuchten. Er erwidert den Blick auch nicht länger als eine Millisekunde, bevor er ihn wieder auf den Tisch senkt. In Jaemins Bauch kribbelt es.

"Sehr gerne, Jeno."

Sofort schießt sein Kopf in die Höhe. "Ehrlich? Okay, äh– Soll ich dich abholen?"

"Kannst du." Jaemin beginnt zu lächeln. "Rote Krawatten?"

"Ich hab welche mit Weihnachtsmotiven, du könntest auch eine haben?"

"Au ja." Einen Augenblick teilen sie ihre Aufregung miteinander, ehe sie gleichzeitig rot anlaufen und wegsehen. Jaemin hüstelt künstlich und schiebt seine Unterlagen zusammen.

"Willst... du vielleicht auch jetzt gemeinsam essen?", fragt Jeno leise.

"Ja", antwortet Jaemin eventuell zu schnell, aber Jeno schiebt nur seine Brille höher und murmelt ein erleichtertes Okay.

Die verbleibende Woche schaffen sie es erfolgreich, die Information von ihren Schülern fernzuhalten, sodass sie bis zum Dienstag die Hoffnung aufgegeben haben. Sie wissen ja nicht, dass Jeno ihm Bilder der Krawatten geschickt hat, damit er sich eine aussuchen kann, und sie darüber in ein ewig langes Gespräch abgetaucht sind, bis Jaemin mit dem Handy in der Hand eingeschlafen ist. Sie wissen auch nicht, dass er sich wie elektrisch aufgeladen fühlt, wenn er in der Nähe von Jeno ist, und noch viel weniger wissen sie, dass er jetzt vielleicht doch einen wirklichen Crush hat und der auch nicht mehr einfach so weggehen wird.

Abends ist Jaemin dann so aufgeregt, dass er es kaum schafft, sich die Krawatte zu binden. Fünf Versuche dauert es, und selbst dann muss er noch ordentlich nachkorrigieren, damit sie vernünftig sitzt. Er ist auch viel zu früh fertig und tigert mehrere Minuten durch sein Wohnzimmer, bis er mit dem Kopf gegen die Wand sinkt und am liebsten schreien will.

Es ist nur eine Arbeitsveranstaltung, das muss er sich immer wieder einreden. Niemand wird es bemerken, und wenn doch, wird es ihn nicht interessieren, es ist ja nichts Ungewöhnliches, dass er und Jeno miteinander reden. Und es wird auch niemand wissen, dass er sich die Krawatte von ihm geliehen hat, oder dass es so etwas wie ihr erstes, inoffizielles Date ist. Niemand. Und doch dreht er fast durch, als es an der Wohnungstür klingelt.

"Hi", begrüßen Jeno und er sich gleichzeitig, als sie voreinander stehen, "bist du so weit?", schiebt der Ältere noch hinterher.

"Jap." Jaemin schnappt sich noch den Schlüssel von der Anrichte und zieht seinen Mantel über, ehe er vor die Tür tritt und Jeno die Treppe hinunter folgt.

Über die Fahrt entspannt sich die Atmosphäre zwischen ihnen und sie sich jeweils auch, sodass sie sich sogar recht locker unterhalten können, aber bis zur Schule ist es auch nicht weit. Jeno muss etwas weiter weg parken, immerhin findet er aber überhaupt einen Parkplatz.

"Also dann." Er schiebt seine Brille hoch, sie lächeln sich an und steigen aus.

Die Aula begrüßt sie mit Weihnachtsmusik, -deko und bunten Lichtern sowie einigen ihrer Kollegen, unter die sie sich mischen und Gespräche führen. Irgendwie finden sie dabei immer wieder zueinander, ob nur mit Blicken oder innerhalb einer Konversation, aber niemals allein, weshalb Jaemin irgendwann genug hat und sich von der Diskussion über Overhead-Projektoren entschuldigt, um zu Jeno hinüberzugehen.

"Kann ich dich kurz ausleihen?" Seine Hand streicht kurz über Jenos Schulter, der allein deshalb sofort nickt und ihm zu den Getränken folgt.

"Gute Idee", murmelt er, "ich hab das Gefühl, mehr zu reden als im Unterricht, und trotzdem nicht zu Wort zu kommen."

"Kenn ich", schmunzelt Jaemin. Sie füllen sich zwei Gläser mit Wein und halten sich mit ihnen am Rand, um nicht doch wieder gestört zu werden.

"Wir haben uns noch überhaupt nicht unterhalten", Jeno starrt intensiv in die rote Flüssigkeit, "obwohl das ja eigentlich Sinn der Sache war."

"Worüber möchtest du dich denn unterhalten?"

"Ähm." Jenos Wangen werden heiß, und Jaemin gluckst.

"Wie geht's deinen Katzen?", fragt er also selbst mit einem Lächeln, das sein Gegenüber etwas aus der Bahn wirft. Trotzdem beantwortet Jeno seine Frage, bis es irgendwann nicht einmal mehr um seine Katzen geht und sie trotzdem nicht aufhören zu reden. Auf magische Weise werden sie fast gänzlich in Ruhe gelassen, weshalb ihr Gespräch persönlicher und alkoholhaltiger wird.

"Meinst du, es wäre unangebracht, jetzt zu gehen?" Jaemin spielt an die Wand gelehnt mit seinem Weinglas, Jeno nicht aus den Augen lassend, was ihn leicht verunsichert – aber nicht unbedingt negativ.

"Merkt bestimmt keiner", gibt er zurück.

Jaemin seufzt. "Außer der Schulleitung, die gerade auf uns zusteuert."

Also unterhalten sie sich mit ihrer Direktorin, wobei es auch danach doch noch eine Weile dauert, bis sie gehen. Jaemin findet Gefallen am Essen und Jeno daran, wie er dabei niedliche Gesichter zieht. Überhaupt verhält er sich ziemlich verknallt und vermutlich nicht so erwachsen, wie er sollte, aber er kann sich nicht davon abhalten, an Jaemins Seite zu bleiben und sich jeden, der in ihre Nähe kommt, wegzuwünschen. Deshalb hat er auch gar nichts dagegen, als Jaemin ihr Gehen initiiert und sie sich nur von wenigen Kollegen verabschieden, bevor sie auch schon aus dem Schulgebäude verschwinden.

"Ich glaub, ich hab zu viel getrunken." Jaemin fächert sich Luft zu, und jetzt im Auto, wo das Licht noch brennt, sieht Jeno auch, wie hitzig seine Wangen sind. "Oder es war einfach nur extrem warm."

"Beides", lächelt Jeno, den Motor startend. Jaemin schnallt sich eilig an und richtet vorerst den Blick auf die Straße, sehr bald aber auf seinen hübschen Kollegen. Als sie an einer Ampel stehen und Jeno seinen Blick erwidert, gibt es bestimmt ein Paralleluniversum, in dem er sich nach vorne lehnt und ihn küsst – aber in diesem wendet er sich peinlich berührt wieder nach vorne und stottert stattdessen etwas über den ungewohnten Anblick der Sportlehrer in Anzügen, was Jeno zum Schmunzeln bringt.

Den Großteil der Fahrt sind sie still, aus dem Radio dudeln Weihnachtslieder und irgendwann stellt Jaemin den Sender mit einem genervten Seufzen um, weshalb sie beide lachen müssen.

"In einer Woche hast du's geschafft", schmunzelt Jeno.

"Weihnachten per se stört mich ja gar nicht, ich kann nur nicht dasselbe Lied fünf Mal am Tag hören."

"Dann hörst du zu viel Radio." Jeno parkt am Straßenrand und schaltet den Motor aus.

"Gar nicht wahr." Jaemin schnallt sich ab. "Bringst du mich noch hoch...?"

"Fällst du sonst die Treppe runter?"

"Ja?" Sie tauschen ein Grinsen aus. Als Jenos Anschnaller klickt, flattert es in Jaemins Bauch.

"Komm mir morgen aber nicht mit Kater an, hörst du?"

"So schlimm ist es gar nicht", schmollt Jaemin, bevor sie aussteigen. Er sucht nach seinem Schlüssel in der Manteltasche, während Jeno ums Auto zu ihm herumkommt und sie gemeinsam zur Haustür gehen. Nacheinander schieben sie sich auf den Flur, wo es zumindest nicht mehr so kalt ist wie auf der anderen Seite der Tür, aber dafür stockfinster. Jaemin findet den Lichtschalter zwar, aber beim Umlegen passiert nichts.

"Nee, oder." Klick. Klick. "Leck mich."

Jeno schnalzt tadelnd. "Nicht solche Ausdrücke hier."

"Doch", mault Jaemin, auch das nächste Klicken bleibt erfolglos, "weißt du, wie oft das schon passiert ist? Außerdem musst du hier die Stufen sehen, ich bin sie schon hundertmal im Dunkeln gelaufen."

"Ich hab ja dich."

Stille. Jaemin wird knallrot, während er nach Jenos Hand tastet.

"Wehe, du stolperst", flüstert er, ihre Finger miteinander verschränkend, weshalb der Ältere nicht einmal eine Antwort hervorbringen kann.

Nebeneinander nehmen sie die Treppen ins dritte Stockwerk, ihre Schritte hallen synchron von den Wänden wieder. Jaemin hat das Gefühl, dass er derjenige ist, der fallen wird, aber irgendwie kommen sie sicher an seiner Wohnungstür an, die er mit zitternden Fingern aufschließt.

"Also dann." Jenos Hand verlässt seine, die sich daraufhin kalt anfühlt, und er macht nur zögerlich einen Schritt in die Wohnung, bevor er sich auch schon wieder umdreht. Gerade ist er sehr dankbar für die Lichter um den Spiegel der Garderobe, denn so kann er noch einmal Jenos Gesichtszüge sehen.

"Es war so schön mit dir", flüstert er. "Danke auch fürs Fahren."

"Doch nicht dafür." Sie tauschen ein schüchternes Lächeln aus. "Ich fand es auch sehr schön."

"Oh, ähm, deine Krawatte." Jaemin löst schon den Knoten, aber Jeno hält ihn auf.

"Kannst du ruhig behalten, ich hab ja noch ausreichend."

"Okay." Er spielt mit den nun losen Enden. "Danke."

Wieder sind sie still. Auch Jeno sieht zu Boden.

"Hör mal–"

"Jeno–"

Sie müssen lachen. "Du zuerst", lächelt Jeno.

Aber Jaemin muss gar nichts sagen, denn ihre Augen sprechen für sich. Deshalb ist es auch eine Kurzschlussreaktion, als er wieder nach vorne tritt, nach Jenos Kopf greift und ihn küsst. Und Jeno erwidert den Kuss, nicht ohne ihn an sich zu ziehen und die Arme um ihn zu legen, weshalb Jaemin ihn noch länger hält und sich überhaupt nicht lösen will.

Als sie es dann aus Luftnot tun, werden seine Wangen ganz heiß, weil Jeno ihn nicht loslässt und stattdessen mit so sanften Augen ansieht, dass die Frage ganz von selbst kommt.

"Willst... du mit reinkommen?"

"Ja", erwidert Jeno hastig, als könnte er es sich sonst noch anders überlegen. Also lässt Jaemin ihn in die Wohnung und gibt ihm eine sehr kurze Führung, nach der sie mit zwei Gläsern Wasser in der Küche landen.

"Du hast es schön", bringt Jeno auch erst dort hervor, seine Finger tanzen am Glas, "wirklich. Fehlt nur ein Haustier."

Jaemin schmunzelt. "Dürfte ich eins haben, hätte ich das schon längst."

"Haustierverbote sind immer blöd."

"Definitiv." Ihre Blicke begegnen sich zögerlich, aber haken sich ineinander, Jeno muss das Glas abstellen. Dazu lehnt er sich nur minimal in Jaemins Richtung, kommt ihm kaum näher, aber doch ausreichend, dass sie sich wieder küssen. Sogar noch ein zweites und drittes Mal, bevor Jaemin das Gefühl hat, nur noch zu schweben.

"Okay", er schnappt nach Luft, "was– was hältst du davon, zu bleiben? Über Nacht?"

Jeno wird rot. "Morgen ist Schule."

"Der letzte Tag, also sind wir für höchstens vier Stunden da. Danach kannst du immer noch schlafen."

"Stimmt." Er schiebt seine Brille hoch. "Dann– Ähm. Dann gerne."

"Okay. Dann kannst du mich wieder küssen."

Das lässt Jeno sich nicht zweimal sagen.

Jaemins Wecker reißt sie aus einem viel zu kurzen Schlaf, und nach dem ersten Klingeln rollt er sich auch nur mit einem Stöhnen auf die andere Seite und kuschelt sich an Jenos Rücken.

"Wir rufen einfach im Sekretariat an und sagen, dass wir uns den Magen verdorben haben, okay?"

Mit einem verschlafenen Lachen dreht Jeno sich zu ihm um. "Meinst du wirklich, das kommt durch?"

"Nee." Jaemin rutscht noch weiter unter die Decke. "Soll es aber."

Jeno streicht ihm über die Haare. "Ich muss noch nach Hause, Jaemin. Außer natürlich, ich soll ohne meine Sachen und im sehr wahrscheinlich zerknitterten Anzug von gestern in der Schule auftauchen."

Beleidigt wühlt der Jüngere sich unter dem Stoff hervor. "Hast du wenigstens noch Zeit für Frühstück?"

"Ich glaube nicht. Entschuldige. Ich nehm dir einen Kaffee mit."

"Ja, bitte." Jaemin sieht traurig zu, wie Jeno aufsteht und sich anzieht, aber wenigstens kommt er danach nochmal zu ihm ans Bett.

"Musst du nicht auch hoch?" Jaemin will ihm das Schmunzeln von den Lippen küssen.

"Mhm." Stattdessen nimmt er Jeno die Brille ab und schlingt beide Arme um seine Schultern, um ihm einen Kuss auf die Lippen zu hauchen. "Guten Morgen."

"Guten Morgen." Lächelnd streicht Jeno ihm über die Wange und küsst ihn erneut. "Ich muss los, Jaemin."

"Ja ja", mault der, lässt ihn aber los und schlägt die Decke zurück, um Jeno auf den Flur zu folgen, wo er sich Schuhe und Mantel anzieht, während Jaemin sich mit einem Gähnen an die Wand lehnt.

"Sehen wir uns später?" Er streckt die Hand aus und richtet sich auf, weshalb Jeno sie nimmt und ihn zu sich zieht.

"Klar."

"Auch nach der Schule?"

Jeno beginnt zu lächeln. "Okay."

"Okay." Jaemin zieht ihn, wenn auch zögerlich, in einen Kuss, den Jeno aber noch verlängert, woraufhin sie beide etwas verlegen sind.

"Was ich mich noch gefragt hab, Jaemin, ähm... Sind wir jetzt, also... Gehen wir jetzt miteinander aus?"

"Ja!" Jaemin schlägt sich die Hand vor den Mund, so enthusiastisch ist er damit herausgeplatzt. "Ja."

"Okay." Jeno traut sich kaum, ihm in die Augen zu sehen. "Dann– Bis nachher."

"Bis nachher." Jaemin folgt ihm noch zur Wohnungstür und winkt, bis Jeno die Treppen hinunter verschwunden ist, ehe er sie schließt und auf dem Weg ins Badezimmer in Quietschen ausbricht.

Er ist dann knapp zehn Minuten vor Unterrichtsbeginn in der Schule, wo im Lehrerzimmer Jeno auf ihn wartet. Sogar mit dem versprochenen Kaffee in der Hand, den er auch gleich mit einem erwartungsvollen Blick vom Tisch nimmt und Jaemin entgegenhält, als er neben ihm ankommt.

"Guten Morgen", begrüßen sie sich, als hätten sie das heute nicht schon einmal getan, wobei Jeno sich an genau das auch zu erinnern scheint, denn er wird rot und nippt an seinem eigenen Kaffee, als Jaemin ihm seinen abgenommen hat.

Sie reden noch ein wenig über die bevorstehenden Ferien, bevor sie in den Unterricht müssen, zu dem Jaemin seinen Becher mitnimmt, da er noch zu heiß war, um ihn auszutrinken. Auf dem Weg zu seiner Klasse kann er das Lächeln nicht aufhalten, weshalb er es auch noch auf den Lippen hat, als er den Raum betritt, und als die Schüler es bemerken, sind sie auf einmal aufmerksam.

"Hatten Sie einen schönen Abend gestern, Herr Na?", kommt die Frage, bevor er überhaupt am Pult angekommen ist.

Seufzend lässt er sich ans Pult fallen und trinkt von seinem Kaffee, bevor er ihn abstellt. "Bestimmt."

"Bestimmt?", echot es mehrmals aus den Reihen, Jaemin empfindet es beinahe als amüsant.

"Sie haben uns nie gesagt, ob Sie mit Herrn Lee hingegangen sind oder nicht!"

"Richtig." Jaemin benötigt jede Faser seines Körpers, um das Lächeln nicht doch noch auf seinem Gesicht erscheinen zu lassen, während er seine Unterlagen ausräumt.

"Das ist kein Nein. Das ist kein Nein!" Und da ist es, das Chaos.

"Kein Nein!"

"Also sind Sie zusammen hingegangen?"

"Sind Sie auch zusammen gegangen?"

"Haben Sie schon ein nächstes Date?"

"Bitte, Herr Na, sagen Sie uns, was passiert ist!"

"Nichts ist passiert." Aber genau in dem Moment bricht seine Fassade für einen Moment und das Lächeln huscht über seine Lippen, so kurz und doch kommt daraufhin ein Aufschrei der Klasse.

"Es ist wohl was passiert!"

"Bon, je veux commencer avec le cours maintenant." Jaemin schickt noch einen warnenden Blick hinterher, also ist sein Kurs tatsächlich still, straft ihn aber die ganze Stunde mit durchbohrenden Blicken, die er allerdings kaum bemerkt, weil er so sehr damit beschäftigt ist, nicht zu viel an Jeno zu denken.

jenosjaemin

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