* 20. Verabschiedung *


Wenn ich ihn das jetzt gleich erzählen oder fragen würde, dann würde Mik nicht mitmachen. Er würde nicht zulassen, dass ich mein Herz aus Licht, einfach an ihn 'verschwenden' würde. Genau das würde er nämlich sagen. Er würde das alles nicht wollen. Würde ablehnen.

Celina drückte mich eng an sich, als Lana, Mik, Ivy und ich an der Türschwelle der Wolfshöhle standen. "Wann kommst du wieder? Ich hab dich doch gerade erst wieder zurück", fragte die Werwöfin leise, wobei mir schon zuvor ihre kleinen Fangzähne aufgefallen waren.

"Bald. Als o-" Ich zögerte und versuchte mit einem tiefen Schlucken, meine Tränen aufzuhalten.
Ich konnte es ihr hier nicht sagen. Weder ihr, noch Lana oder Anna. Egal, wie schwach man mich dafür halten würde, ich könnte es einfach nicht übers Herz bringen.
Auch nicht als Unterweltler. Nicht als Liebender.

"Bald. Sehr bald", murmelte ich und hauchte meiner kleinen Schwester einen Kuss aufs Haar, während ich ihr über den Rücken strich.
Ich musste an diese kleinen Momente denken, wie ich mit ihr gespielt hatte und sie mich einmal total mit Tomatensauce vollgesaut hatte.
Ich musste an die Abende denken, wo wir gemeinsam im Bett lagen und ich ihr Geschichten über ein Mädchen erzählte, die in die Zeit reisen konnte.
Oder wo wir zum Zehnten mal 'Die Schöne und das Biest' sahen, obwohl mir der Film bis zum Hals heraushing.
All diese kleinen Momente, bis wir getrennt wurden.
Momente, die ich nie wieder zu Gesicht bekommen werde und Momente, die nach diesem Tag in die ewige Vergessenheit geraden werden.

Vorsichtig lösten wir zwei uns voneinander und zögerlich ging ich zu Mik, welcher schon die Stufen der Haustür hinuntergegangen war und neben einer Hölzernen Bank stand.
Für eine Höhle, die sonst niemand zu Gesicht bekommt, war es hier viel zu schön.

"Kostas." Fragend wand ich meinen Blick von Mik ab und sah zu dem neuen Alpha des Rudels. Die Schwarzhaarige nickte mir zu. Auf ihrem Gesicht stand etwas, was ich im Leben nicht hätte deuten können. Es war eine Mischung aus vielen Gefühlen und Gedanken. Genauso sah Lana diesen Morgen aus. Das Gespenstermädchen wollte bei dem Frühstücken, mit Celina unbedingt neben mir sitzen, weshalb Mik sich wohl oder übel einen anderen Platz suchen musste.

"Bis im nächsten Leben", verabschiedete sie sich und nickte sowohl mir, als auch meinem Freund zu. Ich hielt inne, als ein kalter Schauer meinen Körper, wie ein Sprung ins Wasser traf.

Geschockt sah ich sie an und traute nicht mal, meinen Blick zu Mik zu wenden. Wusste sie es? Woher?

"Im nächsten Leben?", "Das sag ich immer zur Verabschiedung. Man weiß nie, was in einer Nacht geschehen kann", beantwortete sie Celinas Frage und mein Körper war wie Eis gefroren, was erst durch Miks Hand, die meine striff, aufgehoben werden konnte.
Das war nicht ihre gewöhnliche Verabschiedung.
Nie und nimmer.

Sie weiß es. Sie wusste es zu Hundert Prozent. Woher? Hatte sie Celina was davon erzählt? Lana?
Sofort sah ich zum Geistermädchen, die Mik misstrauisch musterte.
Verdammt. Nein- wie?!

"Wir sollten gehen. Mik und ich müssen noch wo hin", gab ich von mir und drehte mich um. Ich war mir nicht sicher, aber fast glaubte ich alleine aus der Höhle zu stürzen, wenn ich nicht die Trippelschritte meiner Hündin gehört hätte.
Was war ich nur für ein verdammter Feigling. Lana wusste es, Anna wusste es. Nur Celina nicht. Ich habe ihr versprochen für immer da zu sein, wenn sie mich braucht. Wir hatten viel zu wenig Zeit zusammen und jetzt?
Es war eine Lüge, mit der ich unser Ende besiegelte.
Erneut vom Tod geschlagen. Erneut ein Geschwisterpärchen auseinandergerissen. Wie ein Faden zerschnitten. Aus, vorbei. Die Licher sind erloschen, die Kerzen ausgebrannt.

Die Sonne und der Blaue Himmel blendeten mich, sobald ich aus der magischen Höhle verschwand. Eine Hand zog mich zurück und im nächsten Augenblick lag ich in Miks Armen.
"Es ist Okay. Ich glaube Lana hatte uns im Schlafzimmer beobachtet", hauchte er und strich mir gleichzeitig eine Strähne aus den Haaren. Er berührte meine Wange und ich konnte in seinen Augen das Funkeln sehen, was er schon beim ersten mal hatte, als ich vor ihm meine Maske abgezogen hatte.
Das plötzliche Vogelgezwitscher und die warmen Sonnenstrahlen, die auf unsere Haut fielen, ließen den Moment ja fast schon Magisch wirken. Eine Gänsehaut bildete sich und ein kalter Schauer fuhr mir den Rücken erneut hinab.
Versucht entspannt schmiegte ich meine Wange gegen Miks Hand.

Im nächsten Augenblick wurde der Feuerdämon von mir weggerissen und verwirrt sah ich mich um.
Das Geistermädchen hatte dicke Tränen in den Augen, als sie Mik gegen den Baumstamm drückte und ihre Hand um seinen Hals gelegt hatte.

"Du hast ihn geküsst. Wegen hab ich nicht nur meinen Bruder verloren, sondern werde auch Kostas verlieren! Bist du zufrieden?!", fragte sie mit kreischender Stimme, als die Blätter der Bäume anfingen sich immer stürmischer zu bewegen. Ivy sprang auf und bellte Lana mehr, als nur aggresiv an, während sie sich zwischen die Beiden drängen wollte. Die Haut von Lana war ganz Schneeweiß angelaufen und ihr Hellblaues Kleid bildeten immer größer werdene Bluttropfen am Bauch.
Ihre Schicksalswunde..

Erschrocken keuchte Mik über diese verdammt Surreale Situation auf.
Seit wann war Lana so aggresiv?! Hatte ich sie in der letzten Zeit wirklich so vernachlässigt?

Mit schnellen Schritten ging ich auf die beiden Wesen zu und zog meine Mitbewohnerin grob von Mik weg. Das Geistermädchen werrte sich und drückte sich von mir weg, ehe sie einige Schritte auf Abstand ging.
Die Weißhaarige Strich sich ihre losen Strähnen zurück hinter das Ohr und wischte sich mit dem Arm die Tränen weg.

"Du wirst verschinden. Wie Liam", wiederholte sie ihre Feststellung auf andere Art und Weise.
"Mik hat dich geküsst. So ist es doch, oder nicht?! Du hast mir versprochen immer bei mir zu bleiben und er hat es zerstört!"
Mit ihrem Zeigefinger zeigte Lana auf Mik, welcher sich mit der Hand über den Hals fuhr und die kleinere entschuldigend ansah.
Wie viele Versprechen würden heute denn noch gebrochen werden?!

"Lana. Mik ist da nicht alleine daran Schuld. Wir haben uns ineinander verliebt und wir haben uns geküsst, weil wir uns lieben. Mik wollte mich dir nicht wegnehmen."
Der Blondhaarige kam langsam auf uns zu und legte eine Hand auf meinen Rücken.
Ivy beobachtete währenddessen das Geschehen aufmerksam, doch merkte ich noch immer ihre angespannte Miene. Sie war komplett ausgewechselt, wenn es auf einmal um Lana ging. Sie hätte sofort Mik mit allem beschützt was sie hat, obwohl sie Mik nichtmal wirklich kannte.

War es eine zweite Seelenverbundheit? Ein zweites Herrchen? War es, weil unsere Kerze gezündet wurde?
Mik streichelte vorsichtig Ivys Kopf, während er den Blick noch immer auf die Jüngere fokussiert hatte.

"Du hast uns beobachtet, oder?", fragte er vorsichtig und Lana nickte langsam, während sie ihre Arme ineinander verschränkte. Sie sah auf den Boden und starrte auf den Rasen. "Mir kam das zwischen euch total komisch vor. Ich hätte auf Kostas hören sollen, als er meinte, dass er nicht zu dem Fest wollte. Ihr Zwei habt euch ständig irgendwie, wenn auch unterbewusst, berührt. Ihr habt euch mit so einem Funkeln in den Augen angeguckt", erklärte sie und sah mir mit einem mal in die Augen.

"Als du auf Celina zu gerannt bist und Mik deine Maske aufgehoben hat. Ihr habt euch so angeguckt, als würdet ihr euch schon ewig suchen und als wenn ihr euch da gefunden habt", "So haben wir geguckt?", fragte Mik und sah mir in die Augen. Seine Hand, die zuvor auf meinem Rücken lag wanderte zu meiner Seite, wo er mich näher an sich drückte.
Lächelnd wollte er mich küssen, doch mit meiner Hand drückte ich sein Gesicht von mir weg.

"Ich glaube das ist gerade nicht so angebracht, Mik", murmelte ich und sah zu Lana, welche ihren Blick auf Ivy gerichtet hatte, anstatt auf uns.
Das konnte ich ihr jetzt nicht auch noch antun. Sie musste schon die Küsse von ihrem Bruder und Jasmin aushalten, da wollte ich ihr den Tag nicht noch mehr versauen.
Der kleinere biss sich auf die Lippe und nickte, zog mich aber enger an sich.

"Ich glaube.. ich sollte besser gehen. Kommt ihr klar?", fragte sie vorsichtig und packte sich mit der Hand in den Nacken. Sah dabei betrübt auf den Boden. Mik und ich nickten, doch konnte ich es nicht sein lassen sie in den Arm zu nehmen.

"Danke das du in den letzten Jahren so für mich da warst", flüsterte ich ihr ins Ohr und drückte die kleinere fest an mich.
Geschockt krallte die etwas dickere ihre Fingernägel in den Stoff an meinem Rücken und sie lehnte ihren Kopf in meine Halsbeuge.
"Ich will nicht das du gehst. Ich will nicht alleine sein", "Wenn Ivy nicht mitkommen sollte, dann bleibt sie bei dir. Ich weiß nicht ob das möglich ist, aber ich will das sie dann dein Seelenhund wird", erwiderte ich und strich ihr durch die dicken Haare.

"Wenn du uns auf der Erde erkennen solltest. Mach dich bemerkbar. Irgendwie. Auch, wenn wir uns nicht erinnern können. Bitte versuch Mik und Mich irgendwie zusammen zu bringen", meinte ich leise, so, dass Mik es nicht hören konnte und sie nickte.
Mik wäre einfach nur Misstrauisch geworden, wenn ich von uns reden würde, was das Leben betraf.
"Wie wäre es mit einem Poltergeist?", fragte sie mich leise, was ich nur mit einem Lachen und einem Nicken erwiderte.
Ich würde sie so vermissen...

"Gletscher", sprach ich niedergeschlagener, als ich zuerst zugeben wollte und öffnete das Portal zu unserem Zuhause, was jetzt wohl alleine Lana gehören würde. Die Kälte, die aus diesem kam, ließ Mik die Arme um seinen Körper schlingen, was mich dann doch leicht lachen ließ.
Und er meinte noch, es wäre nicht zu kalt für ihn.

Schneeflocken flogen um uns und der Rasen unter unseren Füßen knirschten mit jedem Schritt den wir taten. Frühling und Winter in einer Mischung. Die glühend Heiße Sonne, die uns ummantelte mit den Blühenden Knospen und dem Eis aus dem Portal. Eine eigensinnige Mischung.
"Bis im nächsten Leben", sprach das Gespenst, Annas Worte nach, die mich stark ausatmen ließen. Ich konnte nicht weinen. Dafür war das hier ein zu... Friedlicher Abschied.

Mik stellte sich direkt neben mich und verschränkte seine Hand mit meiner.
"Bis im nächsten Leben", erwiderten wir, wie aus einem Mund, was uns zueinander schauen ließ. Mik lächelte schwach, was auch ich erwiderte. Vorsichtig und nur ganz kurz, stahl ich mir einen Kuss von seinen Lippen und war einfach froh, dass er hier bei mir war. Ivys Fell kitzelte an meinen Knöcheln und ich spürte im Hintergrund, wie sich das Portal schloss.

"Jetzt sind es nur noch wir zwei", meinte ich leise, als ich meine Hände an Miks Hüfte legte.
"Ja.. Ich will nur noch bei dir sein, die letzten Stunden. Ich will nicht zu Annika, nicht zu Becci... Zu keinem. Ich will einfach nur bei dir bleiben", sprach er und lehnte seine Wange an meine, was mich lächeln ließ.
Eine warme Frühlingsbrise striff unsere Körper und auch, wenn dieser Moment alle meine Sinne teilhaben ließ und mein Herz vor Gefühlen überhäuft wurde.
Ich musste mit Mik in die Grotte der Urhexen und seine Seele holen, bevor es zu spät war.

"Mik. Ich muss dir was sagen. Wir müssen noch einmal eine kleine Reise machen. Die letzte, Versprochen..."

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