Kapitel 7
„Nein!", will ich schreien, doch mir entweicht nur ein leises Keuchen. Mit einem Ruck setze ich mich auf. Mr. Kellner beobachtet mich amüsiert, ein spöttisches Lächeln auf den Lippen. „Was machst du hier, Mister Kellner?!", schnaube ich. „Mister Kellner?", lacht Mister Kellner. „Na na, Madame, ich habe auch einen Namen"
„Ich auch!", knurre ich. „Pippa!"
„Alfred.", sagt Mister Kellner. Moment mal.. ALFRED? Alfred?! Ich hätte ihm mindestens ein Jayden oder wenigstens Taylor zugetraut.
„Alfred!!", pruste ich. Mister Kellner alias Alfred scheint das nicht so witzig zu finden. Sein spöttisches Lächeln verschwindet. Jetzt mustert er mich arrogant. Moment mal...entdecke ich da nicht ein Hauch Röte auf seinen Wangen? Seine blauen Augen sind zu Schlitzen verengt, er fixiert mich wie ein Raubtier seine Beute. Er vergräbt seine Hände in seiner Hosentasche und springt plötzlich auf. Betont langsam schlendert er auf das Hotelgebäude zu. Ich starre ihm hinterher. Er sieht toll aus...habe ich das jetzt wirklich gedacht? Aber er hat schon so seinen Charme. Seine hellblaue Jeans passt perfekt zu dem lässigen, weißen Hemd und seinen Sneakern. Sein Haar ist so herrlich verwuschelt, dass ich es am liebsten berühren, fühlen würde.
Plötzlich dreht er sich um, erwischt mich beim Starren. Ich fühle mich ertappt, Recke jedoch trotzig das Kinn in die Luft und verschränke die Arme vor der Brust. Aber warum saß er überhaupt auf der Bank, auf meiner Bank?
„He, warum hast du dich überhaupt neben mich platziert?!", rufe ich ihm hinterher. Er öffnet gerade die Eingangstür zum Hotel, dreht sich aber nochmal um. „Man sieht nicht jeden Tag hübsche Mädchen auf einer Bank rumliegen!" Mit diesen Worten schlüpft er ins Hotel. Mit einem Knall fällt die Tür ins Schloss und lässt mich vollkommen verwirrt zurück.
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Ich hocke auf meinem Bett, immer noch voller unbeantworteter Fragen. Wie hat der das gemeint?!?!?! Hübsche Mädchen? Warum ist er überhaupt zur Bank gekommen?
Mein Kopf besteht nur noch aus großen, fetten Fragezeichen. Ich schnappe mir mein Handy. „14:02", leuchtet mir vom Display aus entgegen. WHAT?! Wie lange habe ich eigentlich gepennt?
Scheiße. Hatte ich mir nicht für 14 Uhr so eine Schifffahrt gebucht? Eilig schlüpfe ich in meine Sneaker, schnappe mir eine Jacke und den Schlüssel.
Schnell renne ich zur Rezeption. Keuchend sage ich:„Ich habe mir so ne Schifffahrt gebucht..."
Die Empfangsdame, die heute pinken Lippenstift trägt (der ihr aber ABSOLUT GAR NICHT steht), lächelt mich freundlich an und sagt:„Ich rufe nur noch Alfie!"
Alfie? Alfie wie ALFRED? Alfred wie Mr Kellner?! Neeeeein!! Entgeistert starre ich der Empfangsdame hinterher, die gerade zu einer Tür watschelt, wo "Privat" draufsteht. Sie öffnet die Tür friedlich und ruft ebenso friedlich „Alfie! Komm! Hier hat eine junge Dame eine Schifffahrt gebucht!". Bei mir ist aber nix mit Frieden. In meinem Inneren tobt irgendetwas. Irgendwie freue ich mich ein ganz kleines bisschen, Alfie wiederzusehen. Ein ganz kleines bisschen aber nur.
„So, hier ist er!", strahlt die Empfangsdame. Sie zieht einen nicht ganz so begeistert aussehenden Alfred hinter sich her. Leicht verärgert rempelt sie ihn an. Sofort versucht er, weniger genervt auszusehen, was ihm aber nicht ganz so gut gelingt. Ich höre, wie die Empfangsdame ihm zu zischt:„Das vertreibt die Kundschaft!" Alfie...ähm, natürlich Alfred, verdreht seine hübschen blauen Augen. Er vergräbt seine Hände in den Taschen seiner Jeans. Er seufzt ergeben und richtet den Blick auf mich. Er schaut mir direkt in die Augen.
Seine Mundwinkel heben sich zu einem leichten Lächeln. Ich lächele zurück. Es ist der erste innige Moment zwischen uns. Der erste Moment, wo wir uns nicht anzicken.
Doch die Empfangsdame bricht den Zauber dieses einmaligen Momentes. „Alfie wird dich jetzt zu unserem kleinen Schiffchen begleiten. Dort werdet ihr eine Rundfahrt von einer halben Stunde machen, auf dem Meer!" Sie schiebt Alfred entschlossen auf mich zu. Ergeben nickt er der Empfangsdame zu und geht voraus, zur Tür hinaus. Ich folge ihm wie ein treuer Hund. Alfred steuert einen sandigen Pfad an. „Hey Alfie! Warte mal!", rufe ich. Erschrocken dreht er sich um und stiert mich wütend an „Alfie?!"
Ich grinse ihn nur frech an. Ich bin sogar versucht, ihm die Zunge rauszustrecken. Ergeben bleibt er stehen.
Nach fünf Minuten erreichen wir einen winzigen, süßen Hafen mit kleinen, niedlichen Schiffen. Ich lese die Namen von den Schiffen ab. Hildegard heißt eins, ein anderes trägt den Namen Flower. Ich folge Alfred auf einen Steg. In meinem Bauch nistet sich ein mulmiges Gefühl ein. Der Steg schwankt leicht unter unseren Schritten. Zu beiden Seiten ist nur dunkles, beinahe schwarzes Wasser. In meinem Kopf dreht sich alles. Ich muss mich sitzen oder mich wenigstens irgendwo festhalten! Da, ein kleines Schiff namens Janine. Die Bugwand bietet einen idealen Halt. Ich lehne mich daran. Ich vergesse ganz, dass das Schiff nur mit einem Seil an so einem Pfahl am Steg angemacht ist. Das heißt, es kann sich noch bewegen. Das Schiffchen rutscht von meinem Gewicht nach hinten.
Von da an erlebe ich alles wie in Zeitlupe. Ich höre einen gellenden Schrei. Wahrscheinlich mein eigner. Ich registriere, dass mein Rücken immer noch fest an der metallenen Wand des Schiffes klebt. Nur dass das Schiff nach hinten wegrutscht. Ich verliere den Halt, meine Füße erfassen den Boden des Stegs nicht mehr. Einen Moment scheine ich in der Luft festzuhängen. Dann geht es blitzschnell nach unten. Ich falle ins Wasser!
PLATSCH!
Die Kälte des öligen Wassers lähmt mich fast. Meine Klamotten sind sofort mit Wasser vollgesaugt. Ich kann mich kaum rühren, geschweige denn mich über Wasser halten. „Hilfe!", schreie ich, doch das war ein Fehler. Denn dabei schlucke ich Wasser, ich will husten, aber ich kann nicht, weil ich schon unter Wasser bin. Wo ist Alfred, wenn man ihn braucht?!
Ich sinke weiter nach unten. Ich sehe über mir verschwommen den Bug der todbringenden Janine. Ich will schreien, aber ich kann nicht. Ich strampele, will schwimmen, aber meine Klamotten und meine Glieder sind zu schwer. Die eisige Kälte von aussen und meine eisige Angst von innen sind ein tödliches Paar. Ich will mich nur noch zusammenrollen und schlafen, schlafen bis in alle Ewigkeit.
Plötzlich muss ich an meine Mutter denken. Ja, meine Mutter, die nie Zeit hat. Jetzt wird mir klar, dass ich sie aber brauche. Und dass sie mich braucht. Ich will ihr sagen, dass es mir Leid tut, dass ich sie schon so früh verlassen muss. Ich denke an mein Bett zuhause, ich denke an den Spaß, den ich immer mit meinen Freundinnen hatte. Dann sehe ich kurz ein Bild von Alfred aufblitzen. Ich will ihn umarmen, nur ein einziges Mal. Und ihn, nur ein einziges Mal, bei einem Kuss schmecken. Ich sehe Alfreds blaue Augen, sein Lächeln, seine Grübchen. Dann stürze ich in tiefe Dunkelheit.
Endlich wieder mal ein Kapi. Sorry, dass so lange nix mehr kam, aber ich hatte irgendwie einfach keine Motivation zum Weiterschreiben. Ich werde versuchen, wieder einmal pro Woche ein Kapitel hoch zu laden. Nächsten Sonntag (also nicht morgen, aber eben nächste Woche) kommt wahrscheinlich das nächste Kapitel.
Noch eine wichtige Frage: Wollt ihr im nächsten Kapitel mal Alfred's Sicht? Pippa ist ja gerade in Ohnmacht gefallen....
LG 💖
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