Das kleine Mädchen

Am Abend gehe ich zur Polizeiwache. Mein Dad hat noch Schicht und somit muss ich noch eine ganze Weile auf ihn warten.

Meistens muss ich immer auf meinen Vater warten und ich bin schon daran gewöhnt. Ich habe sowieso nichts Besseres zu tun, wenn ich Roy dabeihabe.

Nun mag das so klingen, als würde ich Roy nicht mögen, als wäre er nur ein Klotz am Bein, aber das ist er nicht.

Zwar war es schwierig mit Roy auf einer Party zu gehen oder besser gesagt unmöglich ist. Das grösste Problem ist, dass Roy auch nicht alleine bleiben will, denn er ist nie alleine.

Als er klein war, war er immer in der Polizeiwache und er hatte immer Leute um sich. Wenn mein Dad angefangen hatte Roy nach Hause mitzunehmen, war ich anfangs total begeistert. Ich habe vierundzwanzig Stunden mit ihm verbracht und manchmal Schlief er auch neben mir ein, als Dad Nachtschichten hatte. Ich mag Roy, aber er verhindert so ziemlich alles in meinem Teenager leben.

,,Kleo, dein Vater hat noch etwas zu erledigen, doch wenn du willst, kannst du drinnen warten, ist ein wenig angenehmer, als draussen in der Kälte zu warten.''

Dads Arbeitskollege liess mich auch hinein und er schaltet die meisten Lichter aus. ,,Dein Vater muss jeden Moment kommen. Die anderen haben schon ihre Schicht begonnen, aber deinem Vater ist noch etwas dazwischengekommen. Du kennst ihn ja, er kann nie etwas auf halbe Sachen lassen.''

Ich nicke leicht.

Er hat recht. Mein Vater muss immer alles beenden, was er angefangen hat.

Ich setze mich auf seinem Bürostuhl und der Arbeitskollege verlässt den Raum. Roy bellt kurz auf und ich bin genervt von dem Bellen den ganzen Tag.

Das Bellen lässt mich aber an den Jungen denken und ich fange an, mich daran zu erinnern, wie er aussieht.

Was hat er nochmal gesagt?

Wie dein Vater...

Ist es schlimm, wenn ich wie mein Vater werden will?

,,Dylan O'Brien'', murmle ich und tippe das Passwort des Computers meines Vaters ein. Natürlich hat er mir nicht sein Passwort verraten, aber ich wurde selbst fündig, als ich einmal aus Versehen seine Notizen durchgeblättert habe.

Mein Vater hat mir so ziemlich alles über Datenschutz beigebracht, denn ihm war es wichtig, dass ich nicht alles von mir im Internet preisegebe und ich nie einen Stalker haben werde.

Mein Vater denkt eben gerne voraus, bevor es überhaupt passiert...

Ich weiss auch, wie man seine Spuren verwischt, denn das hat er mir nicht beigebracht. Das war meine Mutter, denn sie wollte nicht, dass jemand es mir antun kann und ich ihnen nicht.

Dylan O'Brien

Das etwas auf der Seite auftaucht, als ich seinen Namen eingebe, ist kein gutes Zeichen. Er hat eine Akte hier und ich bin ein wenig enttäuscht.

Leichte Körperverletzung, Marijuanabesitz...

Dann sehe ich auch schon Roy aufgeregt und schliesse schnell das Fenster. Schnell liess ich meine Spuren verschwinden und lösche somit alles. Danach stehe ich auf und tue so, als wenn ich nichts nachgesehen hätte.

,,Lassen Sie mich los!'', ruft eine bekannte Stimme und mein Vater hat wohl einen hierhergebracht.

,,Wie oft muss ich es Ihnen noch sagen, dass du Sie ins Gefängnis wanderst, wenn Sie sich nicht ändern!''

,,Ich habe nichts!''

Roy fängt an zu bellen.

Er kommt in sein Büro und der Junge fängt an zu lachen. ,,Sie wollen mich einsperren?''

Nun sehe ich ihn.

Die braunen Augen und die verstrubelten Haare.

Es ist Dylan.

Er versucht sich mit aller Kraft gegen meinen Vater zu wehren und ich weiss nicht, ob es ihm nicht gelingt, weil mein Vater viel stärker ist oder weil er vielleicht etwas genommen hat und ihm deswegen die Kraft fehlt. Denn es gelingt ihm nicht meinen Vater keinen Zentimeter zu bewegen.

Als Roy Dylan auch sieht, fängt er auf Kommando an zu bellen und Dylan zuckt kurz zusammen. Er erkannt Roy und dann wandert sein Blick auf mich.

,,Auch hier? Tätest wie eine Polizistin, aber vielleicht bist du hier, da du auch etwas verbrochen hast.''

Er grinst und ich seufze. Das sieht mich aber nun so an, als sei ich ihm nun eine Erklärung schuldig. Er bringt Dylan hinter Gitter und ich sehe ihm nur zu.

,,Ihr kennt euch?'', fragt er und ich schüttle den Kopf.

Zum Glück können Hunde nicht sprechen, denn ich bin mir sicher, dass Roy mit dieser Antwort nicht zufrieden wäre. Natürlich nicht, denn er ist ein Polizeihund und die Polizisten sind immer auf der guten Seite und müssen ehrlich sein.

,,Die Kleine vom Park. Natürlich kennen wir uns.''

Ich runzle die Stirn.

,,Kennen ist ein mächtiges Wort. Er muss mich wohl verwechseln. Hast du noch lange?'', frage ich und drehe mich zu meinem Vater. Ich will meine Aufmerksamkeit nicht auf Dylan richten und deswegen kehre ich ihm auch den Rücken zu.

Er schüttelt den Kopf und gibt etwas in seinem Computer ein.

,,O'Brien, Sie müssen über Nacht hier bleiben und vielleicht kommst du dann endlich bei Sinnen. Denke über meine Worte nach, dass du bald im Gefängnis landest, wenn du so weiter machst.''

Dylan seufzt. ,,Lassen Sie mich raus!'', fordert er und mein Vater schüttelt den Kopf. ,,Gute Nacht, Mr. O'Brien.''

Roy bellt und mein Vater packt dann meinen Arm. Ich sehe noch einmal nach hinten, um Dylan zu sehen.

Ich weiss nicht wieso...

Dylan O'Brien..

Irgendetwas in mir lässt mich sagen, dass es nicht unser letztes Treffen ist. Vor allem wenn er sowieso immer mit der Polizei zu tun hat.

,,Hast du den Jungen oft ermahnt?'', frage ich, als wir auf dem Weg nach Hause sind. Dad sieht mich an und ist wohl überrascht, wieso ich diese Frage stelle.

,,Dylan? Ja, wieso?'', fragt er nun nach und ich zucke mit den Schultern.

Ich will nicht mit noch einer Frage über Dylan neugierig wirken oder andeuten, dass Dylan mich vom Park kennt. Mein Vater würde ausrasten, wenn er merkt, dass ich Dylan nicht an der Polizei ausgeliefert habe, als Roy wie ein Wahnsinniger gebellt hat. Denn diesen Fehler habe ich schon einmal gemacht und wie man so schön sagt, man lernt aus seinen Fehler.

Ausserdem kenne ich Dylan wirklich nicht und nur sein Aussehen hat ein wenig mein Interesse geweckt, doch vom Charakter ist er ein Haufen Abschaum.

,,Weil du gesagt hast, wie oft muss ich es dir noch sagen. Ich war nur neugierig, wie oft du es wirklich gesagt hast.''

Dad nickt leicht und gibt sich mit dieser Aussage zufrieden, doch nun fängt er an von sich selbst zu erzählen. Ich weiss nicht wieso, aber ich höre aufmerksam zu und will wissen, was Dylan alles schon in seinem Leben gemacht hat.

Vielleicht liegt es daran, dass ich der Engel unter den hunderttausend Teenagern bin, der noch nichts im Leben gemacht hat, was verboten ist.

Ausser einem One-Night-Stand habe ich noch nichts Aufregendes in meinem Leben gemacht und ich war damals betrunken, also weiss ich auch nicht, wie es überhaupt passiert war.

Doch ich verschwand gleich nach dem ich aufgewacht bin und blieb nicht in dem Zimmer. Ich wartete nicht, bis er aufgewacht ist.

Es war mir zu peinlich.

,,Zu schnell unterwegs. Schwarzfahren. Leichte Körperverletzung. Bei Dylan ist alles dabei. Der Junge hat sein gewünschtes College nicht bekommen und verfällt in eine Art Trauer. Auf irgendeiner Weise tut er mir leid, aber er kann nun nicht so weitermachen, wie er will. Er schadet den Aussenstehenden."

Ich frage nichts und hoffe, dass er mehr über Dylan erzählt, obwohl er ein Fremder für mich ist.

,,Lass uns doch nicht weiter über meine Arbeit sprechen, wenn ich nicht im Dienst bin. Wenn du willst, kannst du wieder einmal mitkommen und mich beim Dienst begleiten.''

Ich schüttle leicht den Kopf und lächle.

,,Ich bin nicht mehr das kleine Mädchen, welches aufgeregt neben deinem Sitz sitzt, wenn du die Sirenen anlässt.''

Nachdenklich sehe ich aus dem Fenster und siehe die Strassenlampen an.

Sie haben etwas Faszinierendes an sich und ich bin völlig gebannt.

,,Willst du in einem Restaurant essen gehen?'', fragt mein Vater und reisst mich somit aus meinem Bann.

Er wirkt nervös und ich kann sehen, wie er das Lenkrad hält, dass seine Hände angefangen haben zu schwitzen. Mein Dad ist selten nervös, aber wenn er es ist, dann. Geht es um etwas sehr wichtiges.

Was ist mit ihm los?

,,Ehm, ja wieso nicht? Gibt es einen besonderen Anlass?", frage ich und er nickt.

Er lässt nun mit der einen Hand das Lenkrad los und kratzt sich an seinem Bart. Normalerweise macht er das nie, denn er sagt immer, wie wichtig es ist, immer beide Hände am Lenkrad zu haben.

,,Ich habe eine Frau kennengelernt. Sie wollte mit mir in einem Restaurant essen gehen. Auf jeden Fall möchte sie, dass ich dich mitnehme."

Zuerst finde ich die ganze Situation merkwürdig und finde keine Worte für seine Aussage. Grundsätzlich habe ich keine Probleme damit, wenn mein Vater neue Bekanntschaften hat.

Meine Mutter tut dasselbe.

,,Heute lieber nicht, aber du kannst gehen. Morgen oder das nächste Mal komme ich mit aber heute bin ich echt müde."

Ich weiss nicht, wieso ich genau das sage. Müde bin ich nicht, aber vielleicht habe ich Angst vor dieser Herausforderung. Denn wenn mein Vater will, dass sie mich kennenlernt, dann muss es wohl etwas Ernstes sein.

,,Du kannst aber gehen, für mich ist das kein Problem'', sage ich erneut und gebe ein Lächeln von mir.

,,Es macht dir wirklich nichts aus, wenn ich gehe?" Ich schüttle den Kopf.

,,Nein, wirklich nicht. Ich mache mir was zu essen und morgen muss ich sowieso lernen, also können wir auch morgen etwas zusammen essen. Du weisst ja, es ist mein Abschlussjahr."

Er nickt leicht und gibt mir recht.

,,Dann werden wir morgen zusammen essen. Tu mir aber einen Gefallen und mach dir nicht einen zu grossen Stress. Es ist zwar dein Abschlussjahr und du solltest bestehen, aber es ist kein Weltuntergang, wenn du dein letztes Jahr wiederholen solltest."

,,Trotzdem will ich es nicht wiederholen."

Mein Vater hat mir nie einen Druck aufgesetzt, das tue ich immer selber. Denn er puscht mich nicht, was ich manchmal gerne gehabt hätte. Ich muss meine Motivation immer selber suchen, denn ich bekomme keine von meinen Eltern. Für sie wäre es nicht schlimm, wenn ich weiterhin abhängig bin von ihnen, doch für mich ist es das.

Endlich sind wir angekommen und ich steige aus. ,,Ja, ich weiss, aber du solltest dir keinen zu grossen Druck machen."

Ich verdrehe die Augen, aber will nicht weiter mit meinem Vater diskutieren.

,,Wir sehen uns morgen", verabschiede ich mich und mache die Autotür zu.

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