Kapitel 6 (Teil 1)
Kapitel 6
Schnellen Schrittes ging Killian den Flur zu Liams Räumlichkeiten entlang. Er wollte keine Zeit verlieren und Aidan nicht dazu ermutigen nachzusehen, wo er denn bleiben würde. An seinem Ziel angekommen klopft er direkt an der Tür und wird auch gleich hereingebeten.
Der Bedienstete saß in einem Sessel, neben sich eine Lampe entzündet und ein Buch in den Händen. Offensichtlich genoss er bereits seinen verdienten Feierabend. Trotzdem lächelte er, als der junge König den Raum betrat. „Fertig?", fragte er einfach nur und war bereits im Begriff das Buch zuzuklappen und zur Seite zu legen.
Killian nickte. „Ja, vielen Dank nochmal für das Wasser."
„Das ist doch meine Aufgabe", lachte sein Freund leise auf. „Kann ich das Wasser gleich herausholen oder störe ich euch damit?"
„Nein, nur zu", meinte der junge König sofort und überlegte kurz, wie er seine nächsten Worte formulieren sollte. „Aidan und ich werden ohnehin gleich weg sein."
Liam legte seine Stirn fragend in Falten. „Wollt ihr rüber in das andere Zimmer?"
„Nein, wir werden gleich kurz das Anwesen verlassen", erklärte Killian schlicht.
Erstaunt weiten sich die Augen des Bediensteten. „Das Anwesen verlassen? Es ist bereits dunkel! Bist du sicher?"
Killian lächelte beruhigend. Ihm war die Tageszeit natürlich bewusst, doch genau darauf hatte er gewartete gehabt. Nun würden nicht mehr so viele Menschen draußen anzutreffen sein, die sie sehen könnten. „Wir wollen auch nicht lange weg und beeilen uns."
„Wie hast du Aidan zu so etwas überreden können?", fragte Liam noch immer skeptisch und hatte in der Zwischenzeit das Buch zur Seite gelegt und sich von dem Polstermöbel erhoben.
Nun war es auch Killians Aufgabe ein wenig skeptisch zu gucken und er griff sich, seiner Sache nicht völlig sicher, unbewusst in den Nacken, um diesen leicht zu massieren. „Aidan weiß noch nichts davon."
Sein Freund sah ihn nur noch skeptischer an. „Killian, erst am Mittag wurde verkündet, dass du der neue König werden wirst und dann möchtest du dich alleine mit Aidan nachts draußen herumtreiben? Bist du dir sicher, dass das eine gute Idee ist?" Natürlich wusste der Bedienstete, dass er sehr anmaßend war, seine Meinung einfach so kundzutun und das Handeln des künftigen Königs infrage zu stellen, doch konnte er es einfach nicht unterdrücken, seine Bedenken seinem Freund gegenüber zu äußern.
„Wir gehen natürlich nicht ganz alleine los", startete Killian einen Versuch sein Gegenüber zu beruhigen. „Unsere Wachen werden uns natürlich begleiten, außerdem werden wir versuchen Begegnungen aus dem Weg zu gehen."
Nachdem er darauf keine Reaktion erhielt, legte er seinen Kopf schief und ein Grinsen schlich sich auf seine Züge. „Möchtest du etwa die Entscheidung deines Königs infrage stellen?"
Der Bedienstete seufzte kurz und presste die Lippen aufeinander. „Scheinbar muss ich das ja tun. Aber seid bitte vorsichtig", erteilte er letztendlich seinen Segen, wenn auch offensichtlich noch immer nicht von seinen Bedenken befreit.
„Das werden wir. Wir sind nicht lange weg", versicherte der junge König und war bereits im Begriff sich schnell wieder auf den Weg zu Aidan zu machen, um nicht noch mehr Zeit zu verlieren, als er sich bei der Tür nochmal zu dem Anderen umdrehte.
„Liam?"
„Ja?"
„Der Zustand des Bades tut mir leid", gab Killian leise von sich und sah den Anderen vorsichtig an.
„Habt ihr es schon wieder unter Wasser gesetzt?", fragte der Angestellte mit einer hochgezogenen Augenbraue.
„Ein wenig?", versuchte der junge Mann eher dürftig zu erklären.
Liam seufzte erneut, aber ein Lächeln zeigte sich langsam auf seinem Gesicht. „Ich hoffe, ihr hattet zumindest euren Spaß dabei."
„Nein." Nervös lachend schüttet Killian seinen Kopf. „Nicht wirklich."
„Möchte ich es wissen? Nein, wahrscheinlich nicht", beantwortet sein Freund sich seine eigene Frage selbst und winkte zusätzlich noch ab. „Aber nun geh wieder zurück, damit ihr losgehen könnt. Sonst wird es noch später."
Dies ließ sich der junge König kein zweites Mal sagen und wenige Augenblicke später stand er schon wieder in seinem Zimmer, vor seinem Liebsten, der sich auf die Polster der Sitzecke gesetzt hatte und scheinbar auf ihn gewartet hatte. Kurzerhand beugte Killian sich zu ihm herunter und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen, dann zog er ihn auf die Beine.
„Zieh dir bitte etwas Warmes an. Wir machen noch einen kleinen Ausflug", bestimmte er einfach und schob den Jüngeren, welcher für den Moment völlig überrumpelt war, zu den Kleidertruhen, um dort die gewünschten warmen Kleidungsstücke herauszuholen.
Nicht verstehend, was der Ältere vorhatte, zog Aidan sich um und legte sich zum Schluss noch einen Umhang um die Schultern, nur, um dann bereits von Killian mitgezogen zu werden. Auf dem Weg die Treppe herunter, hatte sich seine Überraschung wohl doch so weit gelegt, dass er zum Sprechen ansetzte. „Killian, was hast du vor? Wo gehen wir hin?"
„Das ist eine Überraschung", beantwortete der Angesprochene die gestellten Fragen eher unbefriedigend. Trotzdem folgte der Jüngere seinem Liebsten ohne Zweifel bis zu den Stallungen.
Dort angekommen sprach nun auch Killians Wache seine Verwirrung aus. „Eure Majestät, möchtet Ihr das Grundstück verlassen?"
„Ja, das möchten wir", sagte der junge Mann schlicht und sah Aidan lächelnd an, um ihm das Gefühl zu geben, dass nichts passiert war, weshalb sie irgendwo hinmüssten.
„Seid ihr Euch sicher? Es ist Nacht", stellte die Wache seine Antwort infrage, griff aber zeitgleich nach der Tür der Box, in welcher eines der benötigten Pferde stand, um diesem sein Zaumzeug umzulegen.
„Das sehe ich selbst", konnte Killian sich die Bemerkung nicht verkneifen und sah seine Wache zweifelnd an. „Ich bin mir sicher. Immerhin haben wir doch zwei fähige Wachen bei uns, findet Ihr nicht auch?" Fügte er noch hinzu und wusste, dass er der Wache damit den Wind aus den Segeln nahm.
Natürlich wusste er, dass er viel von den Wachen verlangte. Sollte ihm etwas zustoßen, so würde man als Erstes die Wachen für ihre Inkompetenz zur Rechenschaft ziehen. Dazu kam, dass er nicht wusste, wie das Volk die Nachricht über seine bevorstehende Krönung aufgenommen hatte und konnte somit nicht einschätzen, wie man auf ihn reagieren würde, wenn man ihn nun sehen würde. Sollten die Anwesenden erfahren, was er vorhatte, dann würde man diese Entscheidung zumindest im geheimen infrage stellen, auch wenn man dann nachvollziehen konnte, warum er sich diese Tageszeit ausgesucht hatte. Doch Killian war zuversichtlich, dass es keine Komplikationen geben würde und dass sie auch tatsächlich nicht so viel Zeit brauchen würden.
Noch während die Wachen sich um die Pferde kümmerten und der König und sein Berater darauf warteten, dass diese fertig wurden, äußerte Aidan dann doch erste Zweifel und sprach ihn erneut darauf an, was sie hier in den Stallungen wollten. „Killian, was soll das?"
„Bitte vertraue mir einfach. Ich möchte dich mit etwas überraschen", erklärte Killian erneut und musste dem Drang widerstehen, dem Jüngeren nicht in Gesellschaft der Wachen über die Wange zu streichen.
„Müssen wir dafür wirklich in der Nacht das Gelände verlassen? Ist es das wirklich wert?", fragte Aidan und sah seinen Liebsten eindringlich an.
„Natürlich ist es das. Für dich ist es das immer." Warm lächelte er dabei den Jüngeren an und freute sich darüber, als dieser im Geheimen leicht über die Haut seine Hand strich.
Schließlich waren die Pferde fertig gesattelt und Killian führte zur Unzufriedenheit der Wachen die kleine Gruppe an, als sie das Grundstück verließen.
Nun, von fast völliger Dunkelheit umgeben, war der junge König doch froh, dass ihr Weg kein weiter sein würde. Bevor er zu den Anwärtern kam, schlich er sich öfters aus dem Haus seiner Eltern, vor allem als er bereits älter war. Ihm war nie in den Sinn gekommen, dass etwas passieren könnte, allerdings war er auch immer alleine gewesen und hat nicht jemanden an seiner Seite, von dem er nicht wollte, dass er nicht von irgendwelchen Räubern angegriffen würde. Dazu kam, dass zu dem Zeitpunkt das Volk auch wesentlich friedlicher gewesen war.
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