Kapitel 22 (Teil 1)

Kapitel 22

Während Killian langsam die letzten Treppenstufen auf dem Weg zu seinem und Amalias Gemächern erklomm, fuhr er sich mit der Hand durch seine Haare und strich so ein paar der Strähnen, die sich im Laufe der letzten Stunden immer wieder auf seine Stirn verirrt hatten, zurück.

Der Tag war anstrengend gewesen, denn viele Menschen hatten den Wunsch mit ihren Problemen vorstellig zu werden. Dazu kam, dass er nicht so agieren konnte, wie er es persönlich gerne wollte, sei es nun, weil insbesondere die alten Berater ihm zu etwas anderem rieten oder weil er aus finanziellen Gründen anders handeln musste.

Nachdem niemand mehr vor ihn und seine Berater getreten war, hätte Killian gerne das Gespräch mit Aidan gesucht und einfach nur mit ihm Zeit verbracht, doch dieser war wieder einmal schneller aus dem Raum geeilt, als alle anderen Anwesenden. Zu Killians Glück war sein diplomatischer Berater aber inzwischen in seine angedachten Räumlichkeiten umgezogen, weil sein Vorgänger ihm diese überlassen hatte. Daher befand er sich nun auf dem gleichen Geschoss mit seinem König, um diesem bei Bedarf schnellstmöglich beratend zur Seite stehen zu können.

Aus diesem Grund blieb dieser nun auch auf dem Flur vor der Eingangstür zu seinen privaten Gemächern stehen und wartete einfach ab, bis Aidan an ihm vorbeikommen würde. Schließlich müsste er irgendwann auf dem Flur auftauchen.

Killian vermisste ihn von Tag zu Tag mehr und dass, obwohl er ihn stets sah. Einerseits wollte er akzeptieren, wenn der Jüngere zurzeit ein wenig Abstand brauchte, doch wollte er zumindest wissen, was der Grund dafür war. Schließlich hatte er angenommen, dass sie sich ausgesprochen hatten und das noch nicht einmal vor allzu langer Zeit. Was ließ ihn also erneut auf Abstand gehen? Hatte Killian womöglich etwas Falsches gesagt oder getan?

Noch ein wenig in Gedanken versunken bemerkte der junge König schließlich eine Bewegung am Treppenabsatz, was ihn dazu bewegte seine Aufmerksamkeit darauf zu lenken. Tatsächlich war es die erwartetet Person und er konnte ihm sofort ansehen, dass er unterdrückte sich sofort umzudrehen, um einen anderen Weg einzuschlagen.

Als Aidan fast auf Killians Höhe war, wollte dieser bereits mit einem höflichen Nicken an ihm vorbeigehen, was der König jedoch nicht ohne weiteres zulassen wollte.

„Hast du einen Moment Zeit für mich?", fragte der Ältere also und ließ sein Gegenüber doch in der Bewegung innehalten.

„Entschuldige, ich habe noch etwas zu erledigen. Können wir...", setzte Aidan an und schien ihm mehr als deutlich aus dem Weg gehen zu wollen. Wieder einmal. Aus diesem Grund unterbrach Killian ihn auch und griff kurzerhand nach seinem Arm, um ihn an diesem durch die Tür zu dem Vorflur seiner Räumlichkeiten zu ziehen. „Ich möchte nur kurz mit dir sprechen", sprach er noch murmelnd, in der Hoffnung, dass Aidan ihn deswegen nicht erneut versuchen würde abzuwimmeln.

Noch bevor Aidan wirklich etwas erwidern konnte hatte Killian die Tür bereits wieder verschlossen und sich so hingestellt, dass Aidan hinter der Tür stand und somit weder vor und noch zurückkonnte.

„Killian, was soll das?", fragte der Jüngere und schien nicht besonders glücklich über die Situation zu sein.

„Warum gehst du mir aus dem Weg?", fragte Killian daher direkt und sah ihn unverwandt an.

„Ich gehe dir nicht aus dem Weg. Wie auch? Wir sehen uns jeden Tag und auch jetzt kann ich dir wohl kaum aus dem Weg gehen", antwortete Aidan und klang zum Ende hin immer vorwurfsvoller.

Kurz schwieg Killian und schnalzte unzufrieden mit der Zunge. „Du weißt, was ich meine."

Aidans Schweigen darauf bestätigte die Annahme des Älteren.„Ist etwas bei der Krönungszeremonie vorgefallen?", wollte Killian schließlich direkt wissen. Immerhin hatte der Jüngere sich ab diesem Zeitpunkt wieder mehr zurückgezogen. „Hast du womöglich mit jemanden gesprochen, so, dass du nun vorsichtiger sein möchtest?"

„Nein, es ist nichts vorgefallen", beantwortete Aidan die Frage und wirkte dabei fast schon ein wenig genervt, während er jedoch den Blick senkte.

„Aidan, bitte! Hilf mir doch die Situation zu verstehen."

„Du und Amalia... ihr habt euch doch gut verstanden", erklärte er schließlich ruhig, hob seinen Blick jedoch noch immer nicht.

Killian dachte über die Krönungsfeier nach und nickte unbewusst, als er an die guten Gespräche, die er mit Amalia geführt hatte, zurückdachte. „Ja, das haben wir. Ist es das vielleicht?"

Doch anstelle einer Antwort erhielt der junge König erneut nur wieder ein Schweigen. Auch wenn die Distanz zwischen ihnen die ganze Zeit über nicht besonders groß war, so trat er nun einen kleinen Schritt auf den anderen zu und packte ihn behutsam am Oberarm, in der Hoffnung so nun endlich die Aufmerksamkeit zu bekommen, die er sich wünschte. Tatsächlich hob Aidan nun wieder seinen Kopf und sah ihm in das Gesicht.„Was soll das, Aidan? Geh mir bitte nicht aus dem Weg", sprach Killian nun ruhiger zu Aidan, doch trotzdem schwieg dieser noch weiter.

Nun bildeten sich Falten auf der Stirn des jungen Königs. „Bist du etwa eifersüchtig?"

Kurz weiteten sich die Augen seines Beraters, doch als dieser seinen Blick über Killians Schulter streifen ließ straffte er seine Haltung und sah bewusster hinter ihn.

„Guten Abend, Ada", sagte er mit neutraler Stimme.

Auch Killian warf nun einen Blick über seine Schulter und sah die junge Frau dort stehen. Sofort trat er einen Schritt von Aidan zurück und ließ dabei seinen Arm los. Ada hingegen sah sie eine kurze Weile schweigsam an, bevor sie einen Knicks machte und den beiden Männern höflich einen guten Abend wünschte. „Entschuldigt die Störung, mein König", wandte sie sich direkt an den Angesprochenen und drehte sich letztendlich zu der Person um, die hinter ihr im Schatten stand, wodurch das Paar sie erst nicht bemerkt hatten. Es war die junge Frau aus der Audienz, derer sich Amalia angenommen hatte.

„Komm, Claudette", forderte Ada sie leise auf, ihr zu folgen und ein wenig hektisch machte auch sie einen kleinen Knicks vor dem König und seinem Berater, bevor sie der anderen Frau folgte.

Den beiden hinterher blickend, als sie durch eine der Türen verschwanden, bemerkte Killian erst spät, dass Aidan sich aus der Ecke, in die er ihn gedrängt hatte, heraus geschlichen hatte. „Ich sollte nun gehen, bevor uns noch jemand in einer Situation sieht, die man falsch interpretieren könnte", erklärte er und wollte bereits auf die Tür, die auf den anderen Flur führte, zugehen, doch der junge König ergriff sofort dessen Handgelenk und zog ihn an diesem in sein Schlafgemach, in dem er sich ein wenig mehr Abgeschiedenheit erhoffte.

In dem Raum angekommen löste Aidan vorsichtig sein Handgelenk aus dem Griff.

„Killian, was soll das? Adas Blick kam mir schon skeptisch genug vor", wollte der Jüngere wissen.

„Sie weiß ohnehin, dass ich im Geheimen noch jemanden habe", sagte Killian geradeheraus und war nicht verwundert, als sich der Gesichtsausdruck seines Liebsten zu einem schockierten wandelte.

„Wie bitte? Woher weiß sie das?", wollte dieser, nun langsam doch sauer werdend, wissen.

„Amalia hat es ihr gesagt, wenn auch ohne deinen Namen", erklärte der junge König möglichst neutral. Immerhin war auch er über diese Tatsache nicht besonders begeistert, doch das musste er dem Jüngeren nicht unbedingt zeigen und somit seine Gefühle noch mehr aufwühlen. „Ich denke jedoch, dass Ada auch ohne den Namen zu wissen, womöglich etwas ahnen könnte."

„Doch warum hat sie es ihr gesagt?", wollte Aidan weiter wissen, um wohl die Situation besser zu verstehen.

„Sie wollte verhindern, dass Ada etwas ahnt und dann zu spekulieren anfängt."„Ich verstehe es trotzdem nicht", sagte der Jüngere nun kopfschüttelnd. Trotzdem fuhr er mit etwas milderer Stimme fort. „Das zwischen uns hat nun mal keine Zukunft. Du und Amalia, ihr beide habt eine und das sollten wir alle akzeptieren. Umso mehr Leute davon erfahren, desto schwieriger wird die Situation letztendlich."

Killian tat es weh, dies zu hören und jedes Mal, wenn Aidan ihre Beziehung aufs Neue aufgab, wurde es schlimmer. Er wünschte sich so sehr, dass sein Liebster nur ein klein wenig mehr um sie kämpfen würde.

„Warum hast du dich dann erneut darauf eingelassen?", wollte er daher wissen. Immerhin hatte Aidan bereits vor ihrem Umzug in den Palast einen Schlussstrich gezogen. Zwar war Killian in der Hochzeitsnacht sehr entschlossen gewesen und hatte seinem Liebsten nur wenig Entscheidungsfreiraum gelassen, doch hätte er weiterhin eine klare Grenze gezogen, dann hätte er ihn wohl kaum gezwungen mit ihm die Nacht zu verbringen. „Ich bin schwach geworden! Auch ich kann meine Gefühle für dich nicht immer leugnen, Killian!", erklärte sich Aidan und ein Hauch Verzweiflung ließ sich aus seiner Stimme heraushören.

„Doch du bist derjenige mit der grenzenlosen Selbstbeherrschung! Das warst immer du!" Killian ließ sich von Aidans Gefühlen anstecken. Er hatte sich immer danach gerichtet, was Aidan zugelassen hatte. Dieser sah ihn nun kopfschüttelnd an. „Killian, du solltest bemerkt haben, dass du meine Selbstbeherrschung mit Leichtigkeit bezwingst. Außerdem trage nicht nur ich Verantwortung bei dieser Sache."

Der Ältere ließ sich kurz die gehörten Worte durch den Kopf gehen. Natürlich trug nicht nur Aidan die Verantwortung, aber er war immer der Vernünftigere von ihnen beiden gewesen. „Wie kannst du uns einfach immer wieder aufgeben? Ich kann es nicht und ich will es auch nicht!"

Während sich die Liebenden in die Augen sahen, ging plötzlich die Tür auf. Amalia betrat den Raum, ohne auf eine Erlaubnis zu warten und während Killian seinen Blick nicht von Aidan abwandte, huschten dessen Augen kurz zu der Königin und wieder zurück zu seinem Liebsten. Der junge König konnte nicht deuten, was er in den Augen seines Gegenübers sah, doch letztlich wandte dieser seinen Blick dann doch vollends ab, um seine Schwester mit einem bösen Blick zu bedenken.

„Schließ' die Tür", unterstrich er letztendlich mit Worten seinen Blick.

Während Amalia tat, wozu er sie aufgefordert hatte, gab er ihr nicht die Chance etwas zu entgegnen, nachdem die Tür geschlossen war, stattdessen fuhr er sogleich fort. „Du könntest beginnen die Privatsphäre anderer zu respektieren. Dazu gehört, an Türen zu klopfen, bevor man sie öffnet und Geheimnisse nicht einfach weiterzutragen, ohne zuvor um Erlaubnis zu fragen."

Wäre Killian nicht gerade selbst mit seinen Gefühlen derart beschäftigt, dann würde es ihn wohl erstaunen, wie sein Liebster mit der Königin sprach. Auch wenn sie Geschwister waren, so wahrte Aidan für gewöhnlich trotzdem gewisse Regeln, die ihm vorgegeben wurden. Dazu gehörte auch der respektvolle Umgang der Königin, auch wenn sie nun unter sich waren und er die Regeln nur in abgeschwächter Form anwandte.

Amalia jedoch ließ sich von der Reaktion ihres Bruders nicht aus der Ruhe bringen. Sie lächelte, wie sie es auch schon getan hatte, als sie den Raum betrat und schien somit das Verhalten einfach ignorieren zu wollen. „Ich freue mich dich zu sehen, kleiner Bruder. Es ist schon eine Weile her, dass wir uns in einem privaten Rahmen sahen."

Killian konnte sofort an ihrer Stimme erkennen, dass sie die Worte ernst meinte. Sie freute sich wirklich und das war sicherlich auch der Grund, warum sie über die gereizte Stimmung hinwegsah. Er hatte es bereits bemerkt, als die Anwärterinnen bei den Anwärtern zu Besuch gewesen waren. Sie liebte ihren Bruder und sah wahrscheinlich deswegen über so manches hinweg.

„Ich habe über eure Beziehung nur deswegen gesprochen, um Gerüchten vorzubeugen", erklärte sie sich zusätzlich.

„Und warum entscheidest du das einfach für dich? Warum fragst du nicht zumindest alle beteiligten oder warnst sie vor?", wollte Aidan weiter wissen.

„Weil ich eine Ehe zu führen habe, mit einem Mann der mich nicht will", brachte sie ihr Argument vor und es verfehlte seine Wirkung nicht. Es war nicht das erste Mal, dass sie diese Tatsache nutzte und doch machte sich sofort ein schlechtes Gewissen in den jungen Männern breit. Killian wurde ein weiteres Mal bewusst, wie unzufrieden auch sie mit der Situation war, wusste aber auch nichts darauf zu erwidern. Ähnlich erging es scheinbar Aidan, denn auch er schwieg.

Mit etwas ernsterer Stimme sprach die junge Königin weiter. „Ich würde mich freuen, wenn du zum Abendessen bleiben und uns Gesellschaft leisten würdest", sagte sie direkt an Aidan gerichtet. Es war weniger eine Einladung, als vielmehr eine Aufforderung, die keine Widerworte zuließ, das wussten alle Anwesenden.

„Ich freue mich mal wieder ein wenig Zeit mit dir verbringen zu können." Ihre Worte klangen aufrichtig und auch das fröhliche Lächeln, das kurzzeitig zu einem erzwungenen geworden war, war in ihr Gesicht zurückgekehrt.

Sie wartete keine Antwort ab, sondern wandte sich bereits wieder zum Gehen. „Das Essen wird gerade aufgetischt. Lasst euch bitte nicht zu viel Zeit mit dem Kommen." Damit beendete sie das Gespräch und verschwand wieder aus dem Raum.

Schweigend blieben die beiden Männer zurück und hingen zunächst ihren eigenen Gedanken nach und versuchten diese, ebenso wie ihre Gefühle zu sortieren. Das gesamte Gespräch hatte wohl einen Verlauf angenommen, mit dem sie beide nicht gerechnet hatten.

„Können wir nach dem Essen noch einmal in Ruhe über die ganze Sache sprechen?", fragte Killian schließlich vorsichtig und hoffte inständig, dass Aidan dem zustimmen würde. Zögerlich tat dieser das auch und fürs Erste folgten sie nun Amalia.

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Nach einer viel zu langen Pause, hier nun endlich ein neues Kapitel!Ich hoffe es hat euch gefallen und ich darf euch im nächsten Kapitelteil erneut begrüßen.

Wer Interesse hat, kann mich nun auch auf Twitter finden, wo ich unter @_Cheytuna_ über sämtlichen kreativen Aktivitäten twitter. Meine Schreibaktivitäten gehören natürlich auch dazu!

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