Kapitel 2 (Teil 1)
Kapitel 2
Braun.
Vielmehr ein warmer Braunton mit einer Holzmaserung. Kirschholz, wenn Killian sich nicht irrte.
Es war ihm nie zuvor aufgefallen, dass ein solches Holz für die Türen ihrer Räumlichkeiten verbaut wurde. Wieso hätte er sich auch dafür interessieren sollen? Immerhin hat er noch nie so lange vor einer der Türen gestanden. Schon gar nicht, um sie sich einfach nur anzusehen. Doch auch jetzt war das eigentlich nicht sein Ziel gewesen.
Seit geraumer Zeit stand er nun vor Aidans Zimmer und schaffte es nicht seine Hand zu heben und seine Fingerknöchel auf das Holz treffen zu lassen.
Zuvor hatte er Peer im Speisesaal zurückgelassen, alleine mit der Flasche Rum. Natürlich sagte er ihm, dass er nicht zu viel trinken sollte, doch wer konnte es ihm verübeln, wenn er es an diesem Tag doch tut. Ähnlich hatte der letzte verbliebene Anwärter es wohl auch gesehen, denn er erwiderte nur, dass er kein König wäre, welcher auf seinen Ruf achten müsste.
Killian ließ ihn trotzdem alleine. Er hoffte einfach, der Peer nicht übertreiben würde. Später wird sein Weg ihn wohl nochmal zu ihm führen.
Plötzlich konnte der König etwas hinter der Tür hören. Es war Aidans Stimme. Er sprach laut über etwas, doch konnte er nicht verstehen worüber. Vielleicht war der Gedanke gerade unpassend, doch war Killian froh festzustellen, dass man draußen auf den Fluren wirklich nur sehr schlecht hören konnte, was in den Räumen vor sich ging.
Nach einer kurzen Weile kehrte wieder Ruhe ein, was der junge Mann nutze, um endlich an die Tür zu klopfen. Obwohl er dies nur sehr zaghaft tat, weshalb das Geräusch sehr leise war, wurde die Tür kurz darauf aufgemacht und Liam sah ihm entgegen. Dieser zögerte auch nicht lange, sondern drängte sich gleich durch die Tür nach draußen und lehnte diese hinter sich an.
„Killian... mein König", fing er an, stockend hervorzubringen. „Aidan ist... als er... es geht ihm... die Verkündungen haben ihn getroffen." Es fiel ihm offensichtlich schwer die richtigen Worte zu finden, um die Situation hinter der Tür zu beschreiben, doch eines war klar: Aidan schien es nicht gut zu gehen.
Besorgt legte Killian seine Stirn in Falten. Ihm war klar, dass sein Liebster mehr darunter litt, als er. Er hatte in der letzten Zeit bereits so vieles verloren, während das Schicksal ihm selbst kaum Streiche spielte, bis auf die Entscheidung von heute. Dem ehemaligen Prinzen und Anwärter hingegen wurde heute erneut der Boden unter den Füßen weggerissen und Killian blieb nichts anderes übrig, als hilflos dabei zuzusehen und ihm beizustehen. Doch ändern konnte er die Situation und Ereignisse leider nicht.
„Ich werde zu ihm hineingehen", verkündete der junge Mann und sah Liam dankend an. „Danke, dass du bei ihm geblieben bist. Vielleicht magst du ja zu Peer in den Speisesaal gehen, sein Tag war nicht sehr von Erfolg gekrönt."
„Ist er mit seiner Position nicht zufrieden?", fragte Liam auch gleich.
„Nein, nicht wirklich. Er wird dir sicherlich berichten, was noch verkündet wurde. Außerdem hat er eine Flasche Rum, die könnt ihr euch teilen", grinste Killian ein wenig unbeholfen, doch die Sorge und den eigenen Kummer konnte er nach wie vor nicht verbergen, ebenso wenig wie er den Blick nicht dauerhaft von der Tür trennen konnte.
Gleich darauf nickte sein Freund entschlossen. „Ich wünsche dir viel Glück da drin." Damit drehte er sich kurz zu der Tür, um seine Worte zu verdeutlichen. Danach griff er nach seiner Hand. „Außerdem gratuliere ich dir zu deiner Wahl. Vielleicht bist du eines Tages glücklich darüber." Mit einer leichten Verbeugung trat er dann einen Schritt zur Seite und machte somit den Weg zur Tür frei. Nachdem Killian ihm kurz zunickte, machte der Bedienstete sich auf den Weg in Richtung des Speisesaals. Seine Schritte waren dabei nicht besonders langsam. Er schien wohl froh darüber zu sein, aus seiner Pflicht, dem ehemaligen Prinzen beizustehen, entlassen worden zu sein und dies nun der Person zu überlassen, die vielleicht wirklich etwas bewirken konnte.
Bevor Killian nach der Türklinke griff, atmete er nochmal tief durch und betrat dann den Raum. In dem Moment, in dem Aidan ihn sah, drehte dieser sich von ihm weg. Da er vor dem Fenster stand, konnte der Ältere sein Gesicht wegen des Gegenlichtes nicht richtig erkennen, doch die grobe Handbewegung über seine Wangen verrieten, warum er nicht wollte, dass Killian ihn sah. Mit einem tiefen durchatmen drehte er sich dann aber doch zurück, den Blick gen Boden gerichtet.
„Mein Verhalten von eben tut mir sehr leid. Selbstverständlich gratuliere ich mit vollstem Respekt zu der Wahl des neuen Königs", sagte er laut und deutlich, mit fester Stimme. Zusätzlich verbeugte er sich respektvoll und tiefer, als Liam es kurz zuvor getan hatte.
Killian trat langsam auf den jungen Mann zu, welcher nach wie vor in der Verbeugung verharrte und nachdem der Ältere die ausgesprochenen Worte verarbeitet hatte, traten ihm Tränen in die Augen. Er wollte das nicht hören, nicht von Aidan! Es war bereits schlimm genug, dass alle anderen ihn nun zumindest oberflächlich gesehen, anders behandelten, doch das wollte er nicht von der Liebe seines Lebens. Er wollte das einfach nicht.
„Aidan, tu das nicht", sprach er leise aus und hoffte so den Anderen zu stoppen, doch schien dieser seine Worte zu ignorieren, oder einfach nur seinem guten und anerzogenen Verhalten folgen zu wollen. „Ich bin zuversichtlich, dass die Wahl zur vollsten Zufriedenheit aller getroffen wurde."
Froh, endlich die Distanz zwischen ihnen überbrückt zu haben, griff Killian nach dem Arm des Jüngeren und zog ihn so wieder in eine aufrechte Position. Wie aus einem Reflex heraus, aber auch, um ihn zum Schweigen zu bringen, küsste er den Jüngeren einfach. Zwar spürte er, wie Aidan sich bei der Berührung versteifte, doch war es ihm in dem Moment egal, zu sehr genoss er die Nähe des Anderen, sowie seine Lippen auf den seinen.
Kaum hatte Aidan sich von seinem Schock erholt, da schubste er Killian auch schon an den Schultern zurück, weg von sich. „Was soll das?", fährt er ihn sauer an und hebt eine Hand an seine Lippen.
„Ich liebe dich", waren die einzigen Worte, die dem König in diesem Moment einfielen und verzweifelt sah er ihn dabei an.
„Das geht jetzt nicht mehr!", fährt der Jüngere ihn an und schüttelte dazu wütend den Kopf, doch auch ein Ausdruck von Schmerz trat in seine Augen.
Wieder griff Killian nach dem Anderen, nur um dieses Mal seine Arme um ihn zu legen. „Das lässt sich nicht so einfach ändern."
Erneut legte er seine Lippen auf die warmen und weichen seines Gegenübers. Soweit es die feste Umarmung zuließ, hob Aidan seine Hände, um diese an die Brust des Anderen zu legen. Wütend versuchte er ihn abermals von sich zu stoßen, doch wollte ihm dies nicht gelingen. Aggressive erwiderte er also den Kuss und biss auf die Unterlippe des vor ihm Stehenden, bis er einen leicht kupferigen Geschmack auf der Zunge schmecken konnte.
Erschrocken lockerte Killian seinen Griff, was Aidan sofort ausnutzte, um so, ein wenig von ihm abzurücken, was wiederum der Ältere nicht zulassen wollte. Auf diese Art und Weise miteinander rangelnd geraten sie ins Schwanken, weshalb der Jüngere zurücktrat und von einem Möbelstück gestoppt wurde. Weiter um das Gleichgewicht kämpfend kippte das Hindernis jedoch um und stellte sich als ein Stuhl heraus, welcher jede Menge Krach beim Aufprall auf dem Boden machte. Aidan welcher nun ebenfalls keinen Halt mehr fand, drohte auf eben dieses Möbelstück zu fallen, doch konnte Killian ihn gerade noch so zur Seite ziehen, dass er stattdessen auf dem Teppich gleich daneben aufkam. Auch der König konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten, doch fiel er lediglich auf die Knie neben den Beinen des Jüngeren.
Mit einem lauten Geräusch würde die Türklinke heruntergedrückt und die Tür aufgerissen. „Eurer Majestät, was...", rief die hereinstürmende Wache auch sogleich aus und sah sich währenddessen in dem Raum, nach einer möglichen Gefahrenquelle suchend, um.
„Raus! Sofort!", schrie Killian den Mann regelrecht an und hörte zufrieden, wie sich die Tür zügig wieder schloss.
Aidan hatte sich inzwischen wieder auf die Ellenbogen hochgerappelt, doch brachte ihm das nicht viel. Sofort drückte der Ältere ihn zurück auf den Boden und nach nur kurzer Zeit hatte er den Jüngeren unter sich fixiert. Killian hatte nie gedacht, dass er das in dem Kampfunterricht gelernte auf diese Art und Weise verwenden würde und war gleichzeitig zum ersten Mal an diesem Tag froh, dass er in einem der Unterrichtsinhalte besser war, als sein Gegenüber.
„Nun werde doch endlich vernünftig!", begehrte Aidan nochmals auf, hielt aber in den Bemühungen sich zu befreien inne, als er einen Tropfen auf die Stirn bekam. Fragend sah er zu Killian auf und sah die Tränen in seinen Augen, welche diese immer mehr verließen. „Bitte stoße mich nicht von dir", flüsterte der Kniende. Wie von alleine wurde Aidans Blick milder und der Ältere löste den Griff um die Handgelenke des unter ihm liegenden, nur um sich langsam auf dessen Körper zu legen. Schluchzend versteckte er sein Gesicht an der Halsbeuge des Jüngeren. Dieser seufzte leise, legte aber seine Arme um die bebenden Schultern und strich bald beruhigend über den Rücken des Anderen.
Seine Gefühle hatten ihn einfach überrollt. Eigentlich war Killian hierhergekommen, um Aidan zu beruhigen, trösten oder was auch immer er hätte tun können, doch war alles anders gekommen. Er hätte ihm schon nicht so nahe kommen sollen, war auch ihm immerhin klar, dass sie keine gemeinsame Zukunft mehr hatten, doch konnte er ihm einfach nicht fern bleiben. Er musste ihn unbedingt in seinen Armen spüren und so war alles anders gekommen. Dabei wollte er der Starke sein und nicht der, der getröstet werden musste.
Schließlich hatte Killian sich wieder beruhigt und Aidan ließ langsam seine Arme wieder sinken, ohne jedoch aufzuhören ihn anzufassen. „Wie geht es nun weiter? Politisch meine ich", flüsterte er leise.
„Wir haben noch eine Woche, bis wir ins Schloss gehen werden", begann der Ältere zu erzählen und musste dem Drang widerstehen, die Haut des Halses vor sich zu küssen. „Du sollst diplomatischer Berater werden."
Danach schwiegen sie wieder, Aidan schien das gehörte zu verarbeiten und darüber nachzudenken.
„Wirst du auf Abstand gehen können, wenn wir diese Woche noch für uns nutzen?", fragte er schließlich mit rauer Stimme.
Die gehörten Worte veranlassten Killian dazu nun doch den Kopf zu heben und den Jüngeren unter sich aus geröteten Augen anzusehen. Langsam und noch etwas zögerlich nickte er schließlich zustimmend.
„Dann lass uns diese Tage als Abschied nutzen."
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Vielen Dank nochmal an dieser Stelle, für die Rückmeldungen. Es freut mich, dass ich immer mehr Leser begrüßen darf, auch wenn sie zu den eher stilleren gehören ;)
Der heutige Teil ist mal ein wenig länger geworden, ich hoffe das ist nicht weiter schlimm. Teil 2 wird wieder ein wenig kürzer und kommt am Donnerstag ^^
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