Kapitel 19 (Teil 2)

Wenige Sekunden nach seiner Antwort spürte auch Killian das Gewicht der Krone auf seinem Kopf und sah ein Zeichen von Travis, dass Amalia und er aufstehen konnten. Sofort erhob der junge König sich und wie selbstverständlich reichte er seiner Frau die Hand, um diese dabei zu unterstützen, sich ebenfalls hinzustellen. Als sie sich gemeinsam zum Volk umdrehten, konnten sie die Stimme eines Sprechers hören, wie er sie als neuen König und Königin den Menschen vorstellte. Ein Großteil des Volkes jubelte ihnen zu, während alle Augen auf sie gerichtet waren. Augen, die verschiedene Botschaften sendeten. Am meisten jedoch machte Killian die Hoffnung, die er darin lesen konnte Sorgen. Er wollte diese nicht enttäuschen.

Als der junge König seinen Blick weiter über die Menge schweifen ließ, erkannte er in der Nähe der rechten Seite der Bühne eine kleine Gruppe von Menschen, die regungslos dastanden. Vielmehr sahen sie wütend zu ihnen auf. Sich aber nicht aus der Ruhe bringen lassen wollend, ließ er seinen Blick weiter schweifen und erblickte ein weiteres Stück nach rechts Aidan und auch Luan, welche dort warteten, ebenfalls zu ihrer Vorstellung auf die Bühne gerufen zu werden. Sein Liebster sah nun jedoch zu ihm auf und lächelte. Stolz sprach aus seinen Augen und er nickte ihm kurz zu.

Killian erwiderte die Bewegung ganz eben, ließ sich sonst aber nichts anmerken und blickte langsam wieder zurück zu dem Volk. Als dieses sich langsam wieder beruhigte traten Amalia und Killian zurück auf eine kleine Erhöhung. Nun war die Zeit gekommen, dass die neuen Berater vorgestellt werden sollten.

Um die ehemaligen Anwärter in ihrem Amt willkommen zu heißen, trat zunächst der alte Berater vor, welcher diese Position in der Vergangenheit bekleidet hatte. Dieser bedankte sich für die letzten Jahre und gab seinen Platz hoffnungsvoll an die nächste Generation weiter. Der Sprecher, der auch schon das Königspaar verkündet hatte, rief den jeweiligen neuen Berater auf, damit diese die Bühne betrat. Sie versprachen dem Volk ebenfalls nach bestem Wissen zu handeln und auch sie wurden von dem Volk mit Jubel begrüßt, wenn auch nicht ganz so euphorisch wie das Königspaar. Anschließend nahmen sie schräg vor Amalia und Killian ihren Platz ein, ohne die Sicht auf sie zu versperren.

Die alten Berater, die keinen Nachfolger hatten, würden zunächst in ihrem Amt bleiben und wurden auch als solche erneut vorgestellt.

Als der letzte der Berater sich soeben auf seinen Platz gestellt hatte, wollte Killian bereits durchatmen, weil sie den zeremoniellen Teil hinter sich gebracht hatten, als plötzlich eine wütende Männerstimme aus dem Publikum etwas rief. „Das königliche Blut ist gefährlich!"

Kurz wurden die Leute ruhiger, schienen nach dem Ursprung der Stimme zu suchen, ebenso wie Killian. Er blickte wie automatisch zu der Gruppe, die ihm eben schon aufgefallen war, als einer der Männer sich auch schon aus dieser löste und die Wachen vor sich anrempelte. „Es muss eliminiert werden!", rief er wütend aus, wurde jedoch bei seinem weiteren vorankommen unterbrochen und von den Wachen zu Boden gerungen. Noch während er sich gegen die Hände die ihn fixierten erzürnt wehrte, brach langsam Unruhe unter den Leuten aus. Als Amalia einen Fuß zurücksetzte trat Killian näher an sie heran und stellte sich schützend vor sie.

Nun traten auch die Wachen auf die Bühne und führten Amalia, Killian und ihre Berater hinter diese und durch eine schmale Gasse zwischen den Häusern entlang. Dieser Weg führte sie auf einen der breiteren Wege, zu welchem nun ihre Kutschen beordert wurden.

Als sie dort standen und warteten, legte Killian schützend einen Arm um Amalia, während er Aidans Blick suchte. Doch zum ersten Mal, seit sie ein Paar waren, konnte er diesen nicht richtig deuten. Er konnte zwar seine Nervosität erkennen, so wie bei jedem anderen hier auch, welche zunahm, um so unruhiger und lauter das Volk auf dem Platz wurde, doch mehr erkannte er nicht. Toran hingegen war wütend und schien es zu unterdrücken hin und her zu laufen. „Das hätte nicht passieren dürfen", zischte er, wofür er aber kaum Beachtung fand.

Am ruhigsten schien tatsächlich Luan zu sein. Er überblickte die Gegend scheinbar auf der Suche nach Auffälligkeiten. Die alten Berater hingegen zeigten eine seltsame Mischung aus Unruhe und einer Art Akzeptanz. Killian würde das hinterfragen, sobald sich die Gelegenheit ergab. Er hatte ohnehin das Gefühl, dass er bisher kaum in Erfahrung gebracht hatte, was all die Jahre hinter der Fassade des Schlosses passiert war.

Es dauerte nicht allzu lange, da hörten sie das Geräusch von Hufen und Kutschenräder auf den Steinen des Weges näher kommen. Es waren nicht die, die sie hierher gebracht hatten, doch trotzdem wurden sie von ihren Wachen in die Wagen gedrängt, bevor noch jemand von dem Platz auf sie aufmerksam wurde. Schließlich fanden Amalia und Killian sich mit Luan und einem der alten Berater in einer der Kutschen wieder, welche mit einem Ruck losfuhr und sie in hohem Tempo zurück zum Schloss bringen sollte.

„Das verlief ja gut", meinte Luan sarkastisch und erntete dafür einen erschrockenen Blick des anderen Beraters, was ihn jedoch nicht weiter zu stören schien. Killian hingegen hätte ihm zur Abwechslung nur zu gerne zugestimmt, ebenso wie Toran zuvor. Das hätte so wirklich nicht passieren sollen. Wenn die Krönung schon solch eine Reaktion hervorrief, was würde ihn dann in den nächsten Monaten und Jahren erwarten?

Doch anstatt diesen Gedanken weiter zu spinnen richtete er seine Aufmerksamkeit lieber auf Amalia. Diese saß angespannt neben ihm und blickte aus dem Fenster, die Zähne fest aufeinander beißend. Es war offensichtlich, dass auch ihr die Situation nicht gefiel, doch trotzdem wüsste der junge König nur zu gerne, was genau in ihrem Kopf vor sich geht. Vorsichtig griff er nach ihrer Hand, welche vor Anspannung, Nervosität und vielleicht auch Angst leicht zitterte und strich beruhigend über ihren Handrücken. Dies bewegte sie dazu ihn anzusehen, was ihren Gesichtsausdruck jedoch nicht veränderte.

Schließlich führen sie vor dem Schloss vor ohne irgendwelche Zwischenfälle. Als die Kutschen zum Stehen kamen, wurden sie sofort gebeten diese zu verlassen und sich innerhalb der schützenden Mauern des Schlosses zu begeben. Noch während die letzten Personen die große Eingangshalle betraten verkündete Killian, dass er alle seine Berater sofort in der großen Bibliothek sprechen wolle und nach Beendigung seiner Aufforderung ging er bereits selbst los, um dorthin zu gelangen.

Zunächst ging Amalia noch mit ihm, doch als Ada zu ihnen eilte und sie respektvoll zurückbegrüßte entschied sie, lieber bei ihr zu bleiben. Die Berater würden ihre Anwesenheit ohnehin nicht willkommen heißen.

Stattdessen schloss Toran zu Killian auf und setzte mit ihm seinen Weg fort.

„War Melissa auf dem Festplatz?", wollte der junge König wissen, als er langsam darüber nachdachte, wer alles womöglich dort gewesen war und was für Konsequenzen das haben könnte, sollten die Wachen dort nicht möglichst schnell wieder Ruhe in die Situation bringen.

„Nein, zum Glück nicht", gab Toran zur Antwort. „Ich habe schon im Voraus gesagt, dass ich kein gutes Gefühl hätte, wenn sie dort wäre."

„Das ist gut", murmelte Killian nachdenklich, während er im Kopf durchging, ob er irgendwo bekannte Gesichter gesehen hatte.

„Waren deine Eltern dort?", fragte Toran ihn hingegen.

„Ich habe sie nicht gesehen, aber sie halten sich meist sowieso bei solchen Versammlungen am Rand. Ich hoffe, dass sie das auch dieses Mal getan haben." Killian würde es nachher wohl feststellen, wenn sie auf das Fest gehen würden, das zu Ehren der Krönung gefeiert werden wird.

Schließlich waren sie in der entsprechenden Bibliothek angekommen und ungeduldig warteten sie darauf, dass alle Berater zu ihnen stoßen würden, denn anders als die neuen, die Killian sofort gefolgt waren, hatten die alten es wenig mit Eile versucht.

Jedoch konnte Killian die Zeit nutzen ein wenig über Aidans Gefühlslage herauszufinden. Diese konnte er nun auch wieder besser deuten, so lächelte sein Liebster ihn beruhigend an, wenn er auch nicht glücklich war. Doch wer konnte das nach dieser Krönung schon sein?

Letztendlich war Killian es müde, auf die Nachzügler zu warten und als Travis den Raum betrat, wandte er sich direkt an diesen. „Hat es bereits beim alten König diese Art von Unruhen gegeben?"

„Hin und wieder ja. Dabei ging es den Leuten immer um das königliche Blut", antwortete Travis zwar noch immer nervös von ihrem fluchtartigen Rückzug, jedoch zugleich auch irgendwie gleichgültig.

Killian unterdrückte den Wunsch sich seine Nasenwurzel genervt zu massieren. Er nahm an, dass Travis es nicht gefiel, dass er dieses Mal dabei war, als die Unruhe langsam ausbrach. Der Grund war ihm wahrscheinlich egal. „Weiß man, was genau dahinter steckt?", fragte er stattdessen.

„Nein, bisher nicht. Wir waren immer davon ausgegangen, dass es dabei um den alten König ging", erklärte dessen alter Stellvertreter.

„Könnte mit königlichem Blut nicht auch gemeint sein, dass es ebenso die Königin und ihre Kinder betraf? Vielleicht auch nahe Verwandte, wie den Bruder des Königs?", fragte Killian langsam immer wütender werdend und deutete dabei auf Travis, welcher ihn erschrocken ansah. „Oder vielleicht auch die nachfolgende Generation?"

Allgemeines schweigt war die Antwort auf seine Fragen, weshalb Killian sich gezwungen sah, weiter zu sprechen. „Wer hat sich bisher darum gekümmert?"

„Das war ich, mein König", sagte Travis kleinlaut, da er nun zu begreifen schien, dass die Situation vielleicht doch ernster war, als er es eingeschätzt hatte, trotz des Todes des alten Königs.

„Und inwieweit habt Ihr Euch bisher darum gekümmert?", wollte der junge König wissen.

„Ich habe nie die Gelder für weitreichende Ermittlungen gehabt", versuchte der Ältere sich herauszureden, ohne eine richtige Antwort auf die Frage zu geben.

Nun konnte Killian es doch nicht mehr unterdrücken und griff sich an die Nasenwurzel. Er war wütend und besorgt. Immerhin gehörten zum königlichen Blut sowohl sein Liebster, als auch seine Frau. Ganz davon abgesehen befand sich die ehemalige Königin an einem abgeschiedenen Ort und der Bruder des alten Königs nahm die Dinge offensichtlich nicht ernst genug.

„Ihr solltet Euch langsam mal Gedanken machen, in welche Richtung noch nicht ermittelt worden ist", wandte er sich sauer an Travis. „Ich erwarte von Euch, genauestens über ehemalige Vorkommnisse in Kenntnis gesetzt zu werden. Ihr bekommt Zeit bis morgen und dann werden wir besprechen, wie wir mit dieser Situation weiter umgehen werden, denn so wie bisher wird es in Zukunft nicht mehr gehen", entschied Killian erzürnt. „Nun wünsche ich euch allen viel Vergnügen auf dem Fest." Mit einer Handbewegung deutete er seinen Beratern, dass sie gehen konnten, was die meisten der Anwesenden auch direkt wahrnahmen und fast schon fluchtartig den Raum verließen. Letztendlich blieben nur Aidan, Toran und Killian zurück.

„Ich wusste, dass dir die Position des Königs liegen würde", sagte Aidan und lächelte seinen Liebsten dabei an.

„Ja, ich muss zugeben, dass dich die Krönung ein wenig in deinem Auftreten verändert hat", sagte Toran und klopfte Killian auf die Schulter. Dieser rieb sich nur seufzend über die Stirn.

„Ich mache mir doch nur Sorgen", sagte er und auch seine Mundwinkel hoben sich ein wenig, als ihm bewusst wurde, dass er zumindest in diesem Moment von Menschen umgeben war, in dessen Gegenwart er sich wohlfühlte, auch wenn es nicht viele waren. „Aidan, du bist auch Teil des königlichen Blutes, genau wie deine Schwester."

Sofort kam der Jüngere auf ihn zu, blieb direkt vor ihm stehen. „Mach dir keine Sorgen. Ich bin verstoßen worden und meine Schwester genießt einen guten Schutz durch die Wachen", mit den Worten gab er Killian einen kleinen Kuss auf die Lippen, bevor er wieder einen Schritt zurücktrat, falls ein Bediensteter den Raum betreten sollte.

„Ich hoffe, dass die Rebellen das auch so sehen", seufzte Killian. „Aber der alte König hatte auch Wachen und dein Blut bleibt dasselbe wie zuvor, auch wenn man dich deines Standes enthoben hat."

Ende Kapitel 19

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