Kapitel 2
Es war Zeit, Abschied zu nehmen. Mit dem Korb in der Hand rennt sie hinaus, da sie es sonst nicht pünktlich schaffen wird. Wie sehr wünscht sie sich doch, sie hätte sich Zeit gelassen oder wäre schon vor allen anderen in das Gebäude geschlüpft.
Doch wie sie weiß, kann man die Vergangenheit nicht verändern. So durfte sie sich also nun erst in einen Knicks fallen lassen und dort tief versunken bleiben, bis der Mörder ihrer Eltern ihr erlabt, sich zu erheben. Als ihr Oberschenkel zu brennen anfängt, sind schon fast zehn Minuten verstrichen. Ihr Onkel genießt immer noch das Aufsehen und wird sie und alle anderen Außenstehenden wohl noch ein paar Minütchen demütig vor ihm niederbeugen lassen. Aber es ist ihr egal. Sie musste mit fünf Jahren über den Tod ihrer Eltern kommen, da wird sie es jetzt doch wohl noch zwei Minuten im Knicks aushalten. Zumindest ist das ihre Hoffnung. Der König geht nun langsam, um den Moment auszukosten, durch die Reihen und gestattet jedem nach eingehender Musterung, sich zu erheben. Als er vor Elaine stehen bleibt, versinkt sie noch tiefer in ihrer Ehrdarbietung, so tief, dass es sonst keiner der Normalbürger hinbekommen hat.
Dies bringt ihr ein Handzeichen des Verräters, der ihr gnädigster weise gestattet, sich von ihrer Position zu erheben. Sie erweist ihm den nötigen Respekt, dass sie ihm nicht ins Gesicht schaut, was manch anderer nicht aushielt vor Neugier. Deshalb bemerkt sie auch das anerkennende Lächeln vermutlich nicht, das sich in seine Mundwinkel stahl. Natürlich hätte sie ihn angesehen, wenn sie nicht schon wüsste, wie er aussieht. Das hat nichts mit ihrem Benehmen zu tun, sondern viel eher, dass es sonst eine Leiche mehr an diesem Tag gäbe. Niemand vergisst das Gesicht desjenigen, der die eigenen Eltern vor einem umbringt. Auch unsere kleine Prinzessin bildet da keine Ausnahme, obwohl sie schon seit Jahren versucht, dieses fiese Grinsen, das sich in ihren Kopf gebohrt hatte, als sich klein war, zu vertreiben. Aber nichts half dagegen und nun muss sie sich erneut ihrem größtem Albtraum stellen und all ihre Kräfte zusammennehmen, die sie über die Jahre erworben hat. Langsam folgt sie, wie jeder andere aus ihrer Klasse, dem König mit seiner Gefolgschaft in das Schulgebäude. Unsicher, was der heutige Tag wohl noch so bringt.
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