Kapitel 8 (Teil 2)

Völlig verspannt streckte Killian seine Arme über den Kopf, um seine Muskeln zu dehnen. Ihr Lehrer hatte soeben die letzte Unterrichtseinheit des Tages beendet und den Raum verlassen. Zurück blieben die fünf Anwärter, welche scheinbar alle mit leichten Verspannungen zu kämpfen hatten. Natürlich waren die Tage, an denen sie Ihre Kampfübungen hatten körperlich wesentlich anstrengender, doch sollte man dabei nicht die Tage unterschätzen, an denen sie theoretischen Unterricht hatten. Je nach Thematik waren auch diese sehr anstrengend, sei es nun, weil sie sehr viele Informationen vermittelt bekamen oder eben diese nicht aufnehmen wollten und konnten, weil sie sehr zäh zu sein schienen.

Dieses Mal gehört Killian nicht zu den letzten die den Raum verließen, nur Luan war schon vor ihm gegangen. Als er an Aidan vorbeiging, schaute dieser ihn von der Seite an. „Komm nachher zu mir, wenn es dunkel geworden ist", sprach dieser leise. Der Ältere nickte nur leicht und ging ohne sich etwas anmerken zu lassen weiter. Es freute ihn, dass der Jüngere ihn zu sich einlud, auch wenn er vermutete, dass eher das Gespräch mit Luan der Grund dafür war. Trotzdem ging der Prinz ihm nicht weiter aus dem Weg und er würde ihn alleine treffen können. Alleine diese Tatsache ließ sein Herz bereits jetzt schneller schlagen.

Da er nun aber die Zeit bis zur Dämmerung noch überbrücken musste, entschied er sich, aufgrund seiner noch leicht steifen Beine, einen Spaziergang im Garten zu machen. Außerdem würde die frische Luft ihm helfen den Kopf ein wenig frei zu bekommen.

Leider würde er zwar nicht die Ruhe bekommen, die er sich erhoffte, da ihm mit Sicherheit seine Wache folgen würde, aber dies war immerhin besser, als wenn er im Gebäude bleiben müsste.

Als er den Garten betrat, hielt er sich eher mittig. Es war ein wirklich schöner Ort. Er war sehr groß, so sehr, dass es sogar versteckte Ecken gab. Im Frühjahr und Sommer war er besonders schön, wenn die Pflanzen in ihrem saftigen Grün erstrahlten und Blumen in sämtlichen Farben erblühten. Egal welchem Weg man folgte, überall konnte man ihre Pracht bewundern. Hin und wieder stand eine Bank an der Seite des Weges und lud zum Verweilen ein. Auch der eine oder andere Pavillon war zu finden und bot besonders an den sonnigen Tagen Schutz vor den Strahlen der Sonne. Wollte man eher die Ruhe genießen, zog es einen mehr an die Ränder des Gartens und man konnte sich in den Schatten eines Baumes setzen oder seine Zeit auf dem saftigen Grün des Rasens verbringen.

Killian fand es schade, dass er bisher nur so wenig Zeit in dem Garten verbracht hatte. Er bot einem so viel, doch wenn er einmal die Zeit besaß, dann beschäftigte er sich meist mit etwas anderem. Aidan war da anders. Wenn er mal die Zeit verfügte, dann nahm dieser sich ein Buch, suchte sich ein ruhiges schattiges Plätzchen und blieb dort, bis ihm das noch vorhandene Licht des Abends nicht mehr ausreichte, um weiterzulesen.

Er selber ging nun einen Weg nach dem anderen ab und beobachtet hin und wieder einen Vogel auf der Suche nach Würmern oder auch ein Wildkaninchen, welches ihren Gärtner wohl ärgern dürfte, indem es die Pflanzen anknabberte und womöglich auch ein kleines Tunnelsystem innerhalb der Grünanlage gegraben hatte.

Als es dämmerte, beschloss er zurück in die Burg zu gehen und als er näher kam, ließ er seinen Blick über die Fassade gleiten und bemerkte in einem der Fenster plötzlich einen Schatten. Als er jedoch nahe genug war, um zu erkennen, wer sich dort womöglich in der Dunkelheit versteckte, verschwand dieser. Im Gebäude selber sah er sich etwas um. Er ging sogar zu dem Fenster, konnte jedoch keine Person entdecken, welche ihn wohl beobachtet haben könnte. Das Gefühl weiterhin beobachtet zu werden blieb jedoch.

Er ging zu seinem Zimmer und beschloss zunächst ein wenig darin zu warten, bevor er zu Aidan ging. Seine Wache wies er an, den Flur im Auge zu behalten und darauf zu achten, wer diesen betrat und ob die Person um diese Zeit hier etwas verloren hatte. Seine Wache nickte als Zeichen des Verstehens, doch wusste Killian nicht, ob er damit zufrieden war. Immerhin hatte er den Schatten am Fenster scheinbar nicht als Bedrohung eingeschätzt, wenn er ihn überhaupt wahrgenommen hatte.

In seinem Zimmer verschwand dann zwar auch bald das Gefühl des beobachtet Werdens, doch trotzdem war ihm nicht ganz wohl bei der Sache. Er hatte zwar nicht den Eindruck, dass es eine Gefahrensituation darstellte, doch seltsam war es trotzdem.

Die Sonne war nun schon seit einer Weile untergegangen und seine Wache hatte freiwillig keine Auffälligkeiten gemeldet. Als er sich bei dieser erkundigte bestätigte die Wache dies auch.

Im Moment konnte Killian nur auf diese Aussage vertrauen und sie so hinnehmen. Da es nun schon spät war, ging er zu Aidan und schlüpfte ohne zu klopfen durch seine Tür in den dahinterliegenden Raum. Er wollte keine unnötigen Geräusche verursachen, die Aufmerksamkeit auf sich ziehen würden. Erstaunt stellte er fest, wie einfach es doch war etwas paranoid zu werden und musste deswegen leicht schmunzeln. Die ganze Situation um den König und die dazugehörigen Gerüchte schienen ihn im Inneren doch mehr zu beschäftigen als er dachte.

Fragend sah Aidan Killian an. Dieser hatte bei einem leichten Licht auf seinem Bett gelegen und wohl gewartet. „Du bist spät."

„Entschuldige. Ich denke, dass ich beobachtet wurde. Allerdings weiß ich nicht von wem und deswegen habe ich noch ein wenig länger in meinem Zimmer gewartet", berichtete der Ältere kurz um seine Verspätung zu erklären.

„Vielleicht war es Luan", murmelte der Jüngere nach kurzem Schweigen. Killian konnte nur die Stirn runzeln, bevor der Andere weitersprach. „Er hat mich vor dir gewarnt. Du hättest zu viel Interesse an mir und das wiederum könnte ein schlechtes Bild auf mich werfen und meine Chancen auf den Thron vermindern."

„Das erklärt, warum er in letzter Zeit eine solch große Abneigung gegen mich hat", gab der Ältere zu bedenken.

„Killian, er sagt außerdem, ich sollte mich von dir abwenden und an mich denken. Gerade jetzt wo die Situation um meinen Vater so angespannt ist."

Der Ältere wusste nicht, was er darauf antworten sollte. Er konnte lediglich hoffen, dass der Prinz diesem Rat nicht folgte. Gleichzeitig fragte er sich aber auch, ob Luan recht haben könnte. Er war nicht der Erste mit dieser Meinung, auch Aidans Mutter hatte ihn bereits gewarnt. Immerhin wusste er ja nicht, was die Königin ihrem Sohn noch alles gesagt hatte, mit Ausnahme der Empfehlung ihn zu meiden.

„Ich weiß ja, dass gleichgeschlechtliche Beziehungen bei uns kein großes Problem darstellt, im Gegensatz zu anderen Ländern", fügte Aidan zögerlich hinzu. „ Aber Luan sagte außerdem, dass es pervers wäre. Dass du pervers bist."

Ende Kapitel 8

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