Kapitel 6 (Teil 2)
Ein lautes Klopfen ließ beide hochschrecken. Bevor es erneut zu einem unangenehmen Zwischenfall kommt, springt Killian auf und eilt zur Tür, um diese einen Spaltbreit zu öffnen. Vor ihm stand Aidans Wache und teilte ihm mit, dass der Prinz Besuch von der Königin hatte. Der Anwärter nickte als Zeichen des Verstehens und schloss die Tür wieder.
Neugierig schaute der Prinz vom Bett herüber und wartete auf eine Erklärung für die Störung.
„Deine Mutter möchte dich scheinbar sehen."
Der Jüngere befreite sich von der Decke und kam regelrecht stolpernd vor dem Bett zu stehen. Er warf einen kurzen Blick aus dem Fenster, um nach dem Sonnenstand zu sehen. „Du musst zum Unterricht", stellte er fest und verschwand schnell mit einem zuvor auf einem Stuhl zu Recht gelegten Stapel Kleidung im Bad.
Killian stimmte ihm zwar zu, folgte ihm aber trotzdem und schlang die Arme von hinten um Aidan als er ihn erreichte.
„Für einen kleinen Kuss muss aber noch Zeit sein", flüsterte er grinsend.
Den Kopf leicht schüttelnd, aber lächelnd, drehte der Jüngere sich etwas in der Umarmung und hauchte dem Anderen einen schnellen Kuss auf die Lippen. „Und nun geh. Du kommst zu spät."
Enttäuscht griff Killian nach dem Kinn des Jüngeren, um sein Gesicht erneut zu ihm zu drehen. Er hatte sich doch ein wenig mehr erhofft. Mit etwas mehr Druck legte er seine Lippen auf Aidans und bewegte sie sachte. Als dieser kurz darauf die Bewegung erwidert rückte er ein kleines Stück von ihm ab, so, dass sie sich nur noch ganz eben berührten.
„Wenn du keinen Besuch bekommen hättest, dann würdest auch du zu spät kommen", wisperte er und sein Mund verzog sich zu einem Grinsen.
Der Prinz seufzte, trat einen Schritt zurück und schob den Älteren aus dem Raum. „Ich habe aber Besuch und nun geh schon", lachte er, bevor er sich wieder umdrehte und zurück ins Bad ging.
„Ist es nicht langweilig selbst in solchen Momenten an die Regeln zu denken?", versuchte Killian den Anderen aufzuziehen.
„Du bist ja immer noch da!"
„Bin ja schon weg!", rief der Ältere grinsend zurück, als er schnellen Schrittes auf den Flur zu den Wachen trat.
Er beeilte sich zur Bibliothek zu kommen, in der Hoffnung, ihre Lehrkraft hätte heute ein klein wenig Verspätung, doch leider hatte der Unterricht bereits begonnen, als er den Raum betrat. Peer fing an zu lachen als er ihn erblickte und Luan besah ihn skeptisch von der Seite und zog eine Augenbraue hoch.
Leise sprach Killian eine Entschuldigung in Richtung des Lehrers aus und beeilte sich auf einen der leeren Sitzplätze zu kommen. Er gesellte sich zu Toran und ließ sich auf den Stuhl neben ihm fallen.
Kaum saß er, deutete dieser auch bereits auf seine Haare. „Die sind ziemlich wirr", machte er ihn leise darauf aufmerksam.
Der Jüngere griff auf seinen Kopf und musste feststellen, dass der Älteste recht hatte. Seine Haare standen gefühlt in alle Richtungen ab. Möglichst unauffällig kämmte er mit seinen Fingern durch die Strähnen und versuchte sie so dürftig zu glätten. Aidan hätte ihn ruhig darauf aufmerksam machen können, bevor er dessen Zimmer verlassen hatte.
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Nach dem Vormittagsunterricht hatte Killian sich erhofft Aidan beim Mittagessen anzutreffen, allerdings erfüllt sich dies leider nicht.
Nach dem Essen fragte er Liam, ob er genaueres wüsste, doch auch dieser konnte nur verneinen. Er wusste lediglich, dass die Königin zu Besuch war und sie noch nicht das Haus verlassen hatte. Grund und Dauer ihres Besuchs waren ihm nicht bekannt.
Der Nachmittagsunterricht war heute nicht allzu lang. Der halbe Nachmittag stand ihnen somit zur freien Gestaltung ihrer geringen Freizeit zur Verfügung. Dies nutze Peer auch gleich aus, um Killian um eine Kampfübung zu bitten. Da dieser nicht wusste, wie lange Aidan noch von seiner Mutter in Beschlag genommen wurde, stimmte er zu. Der Prinz würde schon von alleine Auftauchen und so viele Möglichkeiten wo er sein könnte, gab es ohnehin nicht.
Der Jüngste bat um eine Übung im Nahkampf. Er hatte zwar Kraft und wenn man seinen Schlägen nicht auswich, konnte sie starke Schmerzen mit sich bringen, jedoch fehlte ihm das Geschick und die Wendigkeit schnellen Angriffen entgegenzuwirken oder auszuweichen. Sie fingen mit kleineren Kampfabläufen an, um zunächst einmal warm zu werden. Währenddessen gesellte sich Toran zu ihnen. Er hatte von ihrem Vorhaben gehört und bot an, das Ganze zu beobachten und von außen zu beurteilen, sowie Tipps zu geben.
Nach einer Weile bat Peer schnaufend um eine kleine Pause. Er hielt sich die schmerzende Seite, in der er kurz zuvor einen Tritt von Killian bekommen hatte. Dem Älteren tat dies zwar schon ein wenig leid, doch war er dazu übergegangen, weniger Rücksicht zu nehmen, als er bemerkte, dass ihr Jüngster die Übungen zu sehr auf die leichte Schulter nahm. Aber quälen wollte er ihn natürlich nicht, weshalb er einer Pause zustimmt. Gemeinsam gingen sie zu Toran, um ein wenig zu trinken und Killian bemerkte, dass auch Luan sich zu ihnen begeben hatte.
Kaum hatte er einen Schluck des angenehm kühlen Wasser genommen, ergriff der Neuankömmling auch schon das Wort. „Sag mal Killian, wo ist eigentlich Aidan?"
„Das weiß ich nicht", antwortete er knapp.
„Du weißt doch sonst auch alles über ihn. Immerhin verbringt ihr so viel Zeit miteinander", versuchte Luan zu provozieren.
„Immerhin bin ich nicht so oberflächlich und leiste ihm Gesellschaft, wenn es Probleme, welcher Natur auch immer, in seiner Familien gibt", antwortet er ruhig. „Jetzt könntest du ja mal kurz mit Peer üben und ihm bei seinen Bewegungsabläufen helfen."
„Dann lernt er ja auch vielleicht mal etwas", bekam er noch die bissige Antwort, bevor Luan zur Mitte des Platzes ging und auf den Jüngsten wartete, welcher langsam hinterher trottete.
Killian verkniff es sich derweil zu sagen, dass er einen großen Lerneffekt für Peer bezweifelte, denn Luan hatte ähnliche Defizite wie der Jüngste. Außerdem wollte er die Spannung zwischen ihnen nicht noch verstärken.
Er stellte sich neben Toran, um mit diesem die Schläge der beiden Anwärter zu beurteilen. Aus dem Augenwinkel konnte er sehen, wie der Älteste ihn ansah und beobachtete. Als er auch nach einer Weile nicht darauf reagierte, sondern nur stur geradeaus sah, gab der Andere seine Beobachtung schließlich auf und konzentrierte sich wieder auf den Kampf.
Nachdem Peer sich endgültig für den Tag geschlagen gegeben hatte, beendeten sie die Übungseinheit und sie mussten feststellen, dass sie die Zeit nicht weiter beachtet hatten. Das Abendessen hatten sie wohl verpasst.
Hungrig vom Training gingen sie zur Küche, in der Hoffnung noch etwas nachträglich zu bekommen und sie hatten Glück. Liam hatte natürlich bemerkt, dass alle vier nicht da gewesen waren und hatte ihnen Essen zurückgestellt. Er bot an, das Ganze herzurichten und es ihnen dann auf die Zimmer zu bringen, damit sie sich umziehen konnten und nicht in der verschwitzen Kleidung im Speisesaal warten mussten. Dankend nahmen sie das Angebot an und gingen gemeinsam zu ihren Schlafräumen.
Als Killian bei seinem ankam, sah er Aidans Wache vor dessen Zimmer stehen. Er konnte sich nicht vorstellen, dass dessen Mutter noch zu so später Zeit bei ihnen in der Burg war und somit entschied er, bei dem Jüngeren zu klopfen. Als er hereingebeten wird, öffnete er die Tür, trat ein und schloss die Tür schnell wieder hinter sich um so die Wachen regelrecht auszusperren. Der Gedanke und auch das Gefühl, die ganze Zeit von ihnen verfolgt zu werden, gefiel ihm noch immer nicht.
Der Prinz saß an seinem Schreibtisch und schien über liegengebliebene Dokumente zu brüten. Er sah kurz auf und schien nervös zu werden. Killian konnte sehen, wie er sich kurz auf die Unterlippe biss und seine Handinnenflächen am Stoff seiner Hose ab rieb, bevor er sich von seinem Stuhl erhob.
„Ist alles in Ordnung? Ich habe dich den ganzen Tag nicht zu Gesicht bekommen", erklärte Killian seine Frage.
„Alles ist gut."
Der Ältere wollte gerade wieder zum Sprechen ansetzten, als Aidan auf ihn zukam. „Killian. So wie bisher kann es nicht weiter gehen. Ich denke, es wäre gut für uns beide, wenn wir ein wenig auf Abstand gehen würden."
Der Angesprochene war verwirrt über die Worte und ließ es zu, sich von dem Jüngeren zur Tür schieben zu lassen. Dieser hielt seinen Blick gesenkt, öffnete die Tür, schob den älteren aus dem Raum und schloss die Tür wieder. Sprachlos blieb Killian alleine und verwirrt auf dem Flur zurück.
Ende Kapitel 6
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