Kapitel 4 (Teil 2)

Leider bekam Killian über den Morgen keine Ruhe. Seine „Unordnung" hatte sich nun endgültig herumgesprochen und immer wieder ließen die Anderen einen Kommentar dazu fallen. Es schien allen unheimlich zu gefallen, dass er eine Schwachstelle, auch wenn es nur eine sehr kleine war und dazu noch nicht einmal gravierend, gezeigt hatte. Er selber war davon inzwischen nur noch genervt.

Es war nicht so, dass er sich besonders anstrengte keine Fehler zu machen. Auch er machte welche, genauso wie die Anderen, nur schien er vermehrt das Glück zu haben, damit selten aufzufallen oder er reagierte selbst kaum darauf. Warum auch? Rückgängig konnte er es eh nicht machen, höchstens beim nächsten Mal besser. Fanden sie dann aber doch mal einen Fehler und er reagierte nicht gelassen, so schien dies gleich eine Sensation zu sein und wurde entsprechend aufgebauscht.

Irgendwann am späten Vormittag reichte es dann sogar ihrer Lehrkraft, welcher Killian darum bat doch mehr auf sein Zimmer zu achten, damit er in Ruhe lehren konnte und nicht ständig von den Anwärtern unterbrochen wurde. Grummelnd nickte er daraufhin nur und versuchte alle weiteren Kommentare schlicht und einfach nur noch zu ignorieren.

Noch während er seinen Gedanken nachhing, fiel ihm plötzlich etwas auf. Er war fast schon fassungslos!

„Sagt mal, kann es nicht sein, dass ich hier der Einzige bin, der selber Ordnung hält?", fragte er schließlich, als der Lehrer eine kurze Pause machte um etwas zu trinken. Nicht verstehend was er meinte, sahen die Anderen ihn leicht verwirrt an.

„Wenn ich mich recht entsinne, dann räumt doch Liam euch allen hinterher!"

Nun verstanden sie, was er damit sagen wollte. Während Aidan und Toran nur leicht schmunzelten und es somit dabei beließen, schien Luan sich wohl beschweren zu wollen und holte bereits tief Luft, Peer kam ihm jedoch zuvor.

„Verdammt, erwischt." Breit grinsend wurde dem älteren Anwärter nur kurz zugezwinkert.

Killian hob skeptisch eine Augenbraue. Da hatte ihr Jüngster dies offensichtlich die ganze Zeit im Hinterkopf gehabt, ihn aber nur ärgern wollen, ohne auf die eigenen Schwachstellen zu achten. Langsam verzogen sich Killians Lippen nun auch zu einem frechen Grinsen.

„Da hat wohl jemand in Strategie nicht ausreichend aufgepasst, wenn er angreift ohne auf seine Verteidigung zu achten."

Dies nutze auch gleich ihr Lehrer und sprang darauf an und machte einen kleinen Exkurs in Verteidigung. Killian würde nun zumindest wieder seine Ruhe haben, auch wenn er erneut den Musterschüler spielen durfte. Wenn dafür die Kommentare ausblieben und er somit seine Ruhe bekam, sollte ihm dies aber recht sein.

Noch bevor der kleine Vortrag geendet hatte, hörten sie Geräusche vom Innenhof her. Ihr Lehrer warf einen Blick aus dem Fenster und meinte leise, dass sie wohl Besuch bekämen. Sie sollten sich aber nicht ablenken lassen, sondern sich wieder konzentrieren. Damit kehrte er zu seinem Ursprungsthema zurück.

Es dauerte auch nicht lange und draußen wurde es wieder ruhiger. Dafür wurde es jedoch alsbald unruhig auf dem Flur vor der Bibliothek. Nach kurzer Zeit öffnete sich die Tür und ihr Ausbildungsleiter betrat den Raum. Er war sichtlich angespannt und durch die offene Tür konnte man noch mehr Personen davor stehen sehen.

Mit großen Schritten ging der Leiter zum unterrichtenden Lehrer und nahm ohne zögern seinen Platz vor den Versammelten ein.

„Der Unterricht ist für heute beendet. Ihr werdet sofort und ohne Zwischenstopp in eure Räumlichkeiten gehen. Begleiten wird euch jeweils eine Wache."

„Was soll das heißen? Was ist passiert?", fragte Peer gleich verwundert ohne zum Sprechen aufgefordert worden zu sein. Dafür wurde er mit einem strengen Blick bedacht, welcher den jungen Anwärter jedoch nur wenig beeindruckte.

Bevor noch weitere Fragen gestellt werden konnten, ging der Ausbildungsleiter zurück zur Tür und bat fünf bewaffnete Männer in den Raum. Schnell teilte er jedem Anwärter eine der Wachen zu und verschwand wieder aus der Tür.

„Was soll das?", machten nun auch Luan seiner Verwirrtheit Luft. Die Wache von Aidan hingegen verbeugte sich respektvoll vor seinem Prinzen und bat ihn darum, ihn zu seinem Zimmer geleiten zu dürfen.

„Kann uns ...", setzte nun auch Toran an, wurde jedoch von der Wache die Killian zugeteilt wurde unterbrochen.

„Wir sind nicht befugt irgendwelche Fragen zu beantworten. Unsere Aufgabe ist es darauf zu achten, dass jeder sicher in sein Zimmer gelangt und dort verbleibt bis es neue Anweisungen gibt. Bis dahin ist es untersagt dieses zu verlassen oder Kontakt zu jemand, außer der euch zugeteilten Wache, aufzunehmen."

Jetzt herrschte eine noch größere Verwirrung. Was musste passiert sein, wenn so strenge Maßnahmen ergriffen wurden.

Um das Ganze zu beschleunigen rief ihr Lehrer sie dazu auf, dem Ganzen nun wie selbstverständlich nachzukommen. Trotz der angespannten Stimmung wurde den Anweisungen jetzt langsam Folge geleistet. Gemeinsam verließen sie den Raum und konnten sehen, dass auch ihr Lehrer vor der Tür von einer Wache begrüßt wurde und in die entgegengesetzte Richtung als der ihren begleitet wurde. Verwirrte Blicke wurden ausgetauscht und Fragen gestellt, die jedoch keiner beantworten konnte.

„Bis nachher", verabschiedeten Aidan und Killian sich von den Anderen, als sie bei ihren Zimmern angekommen waren. Damit waren sie die Zweiten. Am Anfang des Flures hatte sich Toran bereits verabschiedet und kurz nachdem Killian seine Räumlichkeiten betreten hatte, war auch Aidan an seinem Zimmer angekommen. Peer und Luan mussten noch ein Stück weiter, auf einen anderen Flur.

Kaum war Killian in seinem Raum, da drängte seine Wache sich an ihm vorbei und überprüfte scheinbar, ob hier noch jemand anderes wäre. Anschließend wurden die Fenster kontrolliert. Damit offensichtlich zufrieden ging er auch schon wieder raus auf den Flur und schloss die Tür von außen.

Ein wenig ratlos blieb Killian eine Weile lang stehen, bis er beschloss, über liegen gebliebenen Papieren zu brüten. Wenn er hier schon festsaß ohne den Grund dafür zu kennen, so konnte er die Zeit auch sinnvoll nutzen.

Bis kurz nach dem Mittag passierte nicht viel. Ab und zu kam die Wache herein, um den Raum nochmals zu überprüfen und den Anwärter zu befragen, ob er etwas Verdächtiges gesehen oder gehört hatte. Zufrieden ging der Mann immer wieder hinaus auf den Flur, wo er scheinbar die Zeit über Posten bezogen hatte. Schließlich meinte er, dass Killian ihm bitte folgen möchte und dieser wurde zügig zum Speisesaal gebracht. Hier wartete bereits Toran mit seiner Wache.

„Hast du inzwischen etwas herausgefunden?", fragte der Älteste auch gleich, aber Killian konnte nur ratlos den Kopf schütteln und mit den Schultern zucken.

Nach kurzer Zeit trafen auch die anderen Anwärter nacheinander ein und bevor sie in Spekulationen verfallen konnten, teilte man ihnen mit, dass sie nun etwas zum Mittag essen konnten. Währenddessen wurde dem Küchenpersonal aufgetragen, dass Essen hereinzubringen. Auch Liam half dabei und wurde sogleich von den Anwärtern über seinen Wissensstand ausgefragt. Doch auch er wusste nichts.

„Wir sind wahrscheinlich genauso überfallen worden wie ihr. Unsere Räumlichkeiten wurden durchsucht, Nahrungsmittel kontrolliert und aussortiert, obwohl wir unsere eigenen Leute dafür haben, wie ihr ja wisst. Wir erhielten nur die Anweisung für das Mittagessen zu sorgen und durften die Küche dabei nicht verlassen. Was mit den Anderen hier in der Burg ist wissen wir nicht. Informationen gibt man uns auch keine", sagte Liam scheinbar extra laut und zeigte wie unzufrieden er mit der Situation war. Die Wachen beeindruckte dies jedoch nicht und sie behielten lediglich ihre Umgebung genau im Auge und schoben den Bediensteten weiter, als er ihnen wohl zu lange brauchte.

Noch immer verwirrt, widmeten sie sich erst einmal dem Essen. Mehr konnten sie eh nicht tun. Viel gesprochen wurde nicht. Die gesamte Situation war unangenehm und angespannt. Daher waren sie schnell fertig und das Küchenpersonal wurde erneut hereingelassen, um den Tisch wieder abzuräumen.

Noch während dies geschah, kam der Stellvertreter des Königs in den Speisesaal. Gespannt wurde er genau beobachtet, in der Hoffnung nun endlich über die Situation aufgeklärt zu werden. Er stellte sich an den Kopf des langen Tisches und sah einmal in die Runde der Anwärter.

„Die Unannehmlichkeiten tun mir leid, jedoch gebietet die aktuelle Situation keine andere Vorgehensweise", sprach er und blickte erneut in die fragenden Gesichter. Sein Blick blieb schließlich bei Aidan hängen, bevor er fortfuhr. „Es hat einen Angriff auf den König gegeben."

Ende Kapitel 4

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