Kapitel 31 (Teil 2)

Am nächsten Morgen sah der Ausbildungsplan den Nahkampf mit dem Kurzschwert für die Anwärter vor. Eine der wenigen Unterrichtseinheiten, in denen auch Aidan gemeinsam mit den Anderen teilnehmen konnte.

Es würde nach dem üblichen Prinzip unterrichtet, Anwärter gegen Anwärter. Nur für den Ehemaligen gab es eine Extrabehandlung, indem er gegen den Lehrer kämpfte. Normal sah dieser zu, gab Anweisungen oder Verbesserungshinweise.

Wie bereits bei Aidans vergangenen Übungseinheiten, nahm die Härte und Schnelligkeit der Schläge ihres Lehrers mit der Zeit zu und bald gelang es dem jungen Mann nicht mehr alle Angriffe zu parieren oder ihnen auszuweichen. Als Killian sah, dass sein Liebster zunehmend um Atem rang und er auch scheinbar absichtlich das Übungsschwert zu spüren bekam, schritt er ohne weiter zu zögern ein.

„Könnte ich vielleicht auch gegen Euch kämpfen?", fragte er höflich an den Lehrer gewandt und erhielt so dessen Aufmerksamkeit.

„Warum sollte ich das tun?", fragte dieser nur skeptisch.

„Ich würde es als sehr lehrreich empfinden, wenn ich auch einmal mit jemandem üben könnte, dessen Bewegungsabläufe ich noch nicht kenne", sagte der Anwärter unschuldig, auch wenn es sein eigentliches Ziel war, seinen ehemaligen Kameraden eine Verschnaufpause zu verschaffen.

„Nun gut", meinte der Kampflehrer, wenn auch unzufrieden. „Aidan, du kämpft dann erst mal mit Peer weiter." Mit einer lässigen Handbewegung deutete er Killian, sich ihm gegenüber in Position zu bringen, während der ehemalige Anwärter mit besorgter Miene zu dem Jüngsten rüber ging.

Erwartungsvoll stand nun der Schüler seinem Lehrer gegenüber und wartete den ersten Angriff ab, welcher sich als eher schwach herausstellt. Auch die folgenden Schläge nahmen nicht wirklich an Stärke zu, wodurch die Vermutung der Anwärter nur bestätigt wurde. Diese Art von Unterricht, die Aidan durchleben musste in den vergangenen Wochen, richtet sich tatsächlich ausschließlich gegen ihn.

Killian hatte keinerlei Probleme sich zu verteidigen, auch die Geschwindigkeit der Schlagabfolge passte sich seinem Tempo an, sobald er dieses verringerte oder erhöhte.

Eine Weile ging es so weiter, bis Torans Stimme das geschäftige Treiben unterbrach. „Ihr kämpft bei Killian sehr sauber."

„So habt ihr es ja auch gelehrt bekommen", meinte der Lehrer schlicht und schien nicht weiter darauf eingehen zu wollen.

„Aber bei Aidan kämpft Ihr nicht sauber. Dort haltet Ihr euch nicht an die Regeln einer klaren Schlagabfolge", merkte der Älteste weiter an und wartete die nächste Reaktion ab.

„Aidan ist auch kein Anwärter mehr", gereizt erhob sich die Stimme des Lehrenden nun mehr und auch seinen Blick wandte er nun dem ältesten Anwärter zu.

„Ist das auch der Grund, warum unsere Übungen weniger der Realität entsprechen?", mischte sich nun auch Killian, mit unveränderter Unschuldsmiene, ein.

„Möchtest du dich über die herrschenden Bedingungen hier bescheren?" Nun wurde der Blick ihres Lehrers lauernd und herausfordernd beobachtet er den Anwärter vor sich.

„Ich frage mich lediglich, ob es nach einer gewissen Zeit noch Sinn ergibt, nicht nach realistischen Maßstäben unterrichtet zu werden oder ob es einfach nur eine Abneigung gegenüber Aidan ist, welche sie so handeln lässt."

Stumm sah der Lehrer ihn danach an und schien sich die gehörten Worte durch den Kopf gehen zu lassen. Plötzlich straffte er seine Schultern und ließ seinen Nacken durch eine Seitwärtsbewegung knacken. „Der Unterricht ist beendet." Mit diesen Worten verließ er mit großen Schritten den Platz. Zurück blieben die ratlosen Anwärter und sahen sich verwirrt an. Mit einer solchen Reaktion hatte dann wohl keiner gerechnet.

„Was sollte das denn eben?! Willst du für uns schwerere Übungen erwirken oder was ist dein Ziel?", fragte Luan aggressiv an Killian gewandt.

„Ich habe bloß seine Beweggründe hinterfragt", erklärte der Angesprochene schlicht.

Wütend schnaubte der Andere und sah ihn abwertend an. „Du wolltest doch nur deinen Liebsten beschützen."

Nun mischte auch Peer sich in das Gespräch ein und drehte sich zu dem erzürnten Anwärter um, zu dem er bis eben noch mit dem Rücken gestanden hatte. „Das ist Schikane, was er mit Aidan hier regelmäßig macht."

„Ja und? Er ist immerhin kein Anwärter mehr."

„Er war aber einer über viele Jahre hinweg, an unserer Seite", erwiderte Toran in scharfem Ton und trat einen Schritt auf den Anderen zu. „Außerdem unterstützt man Freunde."

„Es gibt Momente, in denen man als Erstes an sich selbst denken sollte", zischte Luan regelrecht, bevor auch er den Platz in Richtung des Anwesens verließ und so dem Lehrer folgte.

„Mit dieser Einstellung wirst du bestimmt kein guter König werden!", rief Peer ihm nach. „Wenn du so überhaupt einer wirst!"

Dabei war Luan wohl der Einzige von ihnen, der wirklich König werden wollte.


Ende Kapitel 31

Am Sonntag wird nun noch das letzte Kapitel kommen und sowie versprochen auch das erste Kapitel von Königsbürde.


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