Kapitel 23 (Teil 3)
Tatsächlich wurden die Beiden nicht weiter behelligt und sie konnten das Schloss auf dem schnellsten Wege wieder verlassen. Kaum, dass man sie sah, eilte der Stallbursche von eben los und holte ihre Pferde wieder aus dem Stall.
„Kannst du alleine reiten?", fragte Killian leise und erhielt ein stummes Nicken als Antwort. Fürsorglich zog der Ältere dem noch immer ein wenig neben sich Stehenden seine Kapuze über den Kopf und sah besorgt dabei zu, wie er sich auf sein Pferd setzte. Auch er selbst schwang sich in den Sattel und vor dem Tor wurden sie bereits von den Wachen in Empfang genommen, welche sie auch auf dem Rückweg begleiten würden.
Für den Rückweg brauchten sie nun mehr Zeit, da durch die vorangeschrittene Zeit mehr Leute auf den Wegen waren. Auch wenn die Anwärter aufgrund ihrer Umhänge nicht erkannt werden sollten, so wurden ihnen zum Teil Blicke voller Abneigung zugeworfen, weil sie in Begleitung von Wachen des Königs waren. Die Wappen auf ihren Rüstungen wiesen sie nur allzu leicht als solche aus. Ganz offensichtlich weitete sich die Abneigung gegen ihren Monarchen über diesen hinaus aus, was Killian zugegebener Maßen ein wenig beunruhigte, doch galten seine Gedanken zunächst einmal dem anderen Anwärter neben ihm.
Bei ihrem Anwesen wieder angekommen hatten sie zumindest ein wenig Glück. Die Bediensteten waren inzwischen anwesend und kaum, dass sie mit klappernden Hufen den Hof erreichten, kamen ihnen zwei Stallburschen entgegen.
Noch bevor Killians Pferd richtig zum Stehen kam, sprang er auch schon ab und gab seine Zügel weiter. Die kurze aber höfliche Begrüßung der Bediensteten erwiderte er nur nebenbei, zu groß war seine Sorge um den Prinzen, welcher während des Ritts immer mehr in sich zusammengesackt war, wenn auch nicht so stark, dass andere sich ernstzunehmend Sorgen gemacht hätte. Doch er wusste es besser. Immerhin hatte der Jüngere seine Selbstbeherrschung, welche sich auch durch eine gerade Haltung zeigte, noch nicht wiedererlangt.
Gerade als er sich zu ihm drehte, stieg auch Aidan ab, wenn auch nicht so schwungvoll wie gewöhnlich, aber mit festem Stand auf den Steinen unter sich. Der zweite Stallbursche ergriff die Zügel dieses Pferdes und sofort wurden die Tiere in den Stall gebracht, wo man sie ohne Zweifel gut versorgen würde.
Während Killian weiterhin den Zustand des anderen Anwärters abzuschätzen versuchte, stieg auch eine der Wachen von seinem Pferd und wandte sich an den Prinzen. „Wir sollten euch auch weiterhin begleiten, damit wir eure Sicherheit gewährleisten können."
Als Aidan bemerkte, dass er angesprochen worden war, hob er etwas den Kopf. Trotzdem lag sein Gesicht nach wie vor im Schatten seiner Kapuze und man konnte nur seine Mundpartie erkennen. „Vielen Dank für das Angebot, doch ich lehne es ab. Der König braucht diesen Schutz wohl mehr als ich und solange es keine offizielle Anweisung dazu gibt, möchte ich Eure Dienste nicht in Anspruch nehmen."
„Mein Prinz, ihr gehört ebenso der Königsfamilie an und es ist anzunehmen, dass alle Mitglieder Gefahr laufen, Opfer eines solchen Angriffs zu werden."
„Ich möchte keine Leibwachen haben", sagte Aidan ein wenig kraftlos und drehte den Kopf zu Killian, welcher sofort verstand, dass der Jüngere auf Unterstützung hoffte.
„Ich werde ein Auge auf ihn haben und heute nicht mehr von seiner Seite weichen. Hier in dem Anwesen ist bisher nie etwas passiert, daher denke ich, dass diese Maßnahmen noch nicht nötig sein werden. Aber vielen Dank."
Mit diesem Einwand schienen die Wachen zwar nicht vollends zufrieden zu sein, doch akzeptierten sie den Wunsch und traten letztendlich den Rückweg an.
Der ältere Anwärter hingegen bekam langsam Zweifel, ob dies wirklich die richtige Entscheidung gewesen war. Auch wenn sich die Angriffe größtenteils gegen den König richteten und Aidan nur einmal auf einem Hinterhof behelligt worden war, so hoffte er einfach, dass wirklich kein anderes Mitglied der Königsfamilie den Zorn des Volkes zu spüren bekommen würde.
Während Killian den Wachen hinterher blickte und eben diesen Gedanken nachging, sah er nur im Augenwinkel, wie der Jüngere sich auf das Gebäude zubewegte. Er folgte ihm und kam ebenso wie der Andere erst in der großzügigen Eingangshalle zum Stehen. Es war ruhig. Keiner kam ihnen entgegen, weshalb davon auszugehen war, dass niemand über die Situation im Schloss informiert worden war. Mit Sicherheit würde dann auch der Unterricht wie üblich stattfinden.
Ein wenig langsamer ging der Ältere auf seinen Prinzen zu und griff nach dem Stoff der Kapuze, um ihm diese vorsichtig von dem Kopf zu ziehen. Noch immer waren Aidans Augen leicht geweitet und sie blickten ihm aus einem blassen Gesicht entgegen. Killian konnte nicht verhindern, dass Sorgenfalten seine Miene beeinflussten.
„Lass uns in dein Zimmer gehen", flüsterte er und strich ihm sachte über die Schulter.
Eine Reaktion blieb aus, weshalb er den Jüngeren einfach mit sich zog. In besagtem Zimmer angekommen, erleichterte er den Prinzen um dessen Umhang und lenkte ihn zu der Sitzgruppe, um ihn behutsam in die weichen Kissen zu drücken.
Seinen eigenen Umhang legte er ebenso zur Seite, bevor er sich neben Aidan setzte und ihm einen Kuss auf die Stirn gab. Danach schwiegen sie. Der Ältere wollte dem anderen Zeit zum Nachdenken geben. Wenn er bereit war zu reden, dann würde er von sich aus damit beginnen.
„Ich höre noch immer seine Schreie", durchbrach Aidan irgendwann leise die Stille. Er beugte sich vor, stützte seine Ellenbogen auf den Knien ab und fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare. „Es soll aufhören", fügte er gequält hinzu.
„Ich liebe dich."
Killian wusste, dass dies vielleicht nicht der richtige Zeitpunkt war, genauso wie ihm bewusst war, dass er den Jüngeren erst am vergangenen Tag diesbezüglich vertröstet und um Zeit gebeten hatte. Doch nach dem heutigen Erlebnis war ihm klar geworden, dass er den Jüngeren niemals wieder so sehen wollte. Er wollte ihn glücklich machen und das für den Rest seines Lebens. Er wollte ihn in seinem eigenen nicht mehr missen, wollte an seiner Seite stehen, ihn in den Nächten im Arm halten und vor allem wollte er ihn beschützen.
Langsam drehte sich der Kopf Aidans in seine Richtung, um ihn ansehen zu können. „Was hast du gesagt?", fragte er flüsternd.
„Ich weiß, dass es weitaus bessere Zeitpunkte hierfür gibt und ich weiß auch nicht, warum ich es nicht früher begriffen habe, aber ich liebe dich." Dem Älteren schlug sein Herz bis zum Hals. Auch wenn er wusste, dass der Andere ebenso empfand, so konnte er nicht sagen, ob der heutige Tag nicht doch etwas verändert hatte. Außerdem hatte er Angst, dass der Jüngere denken würde, dass er ihm nur seine Liebe gestand, weil es ihm gerade schlecht ging.
Ungläubig sah Aidan ihn an und schwieg eine Weile. Eine Weile, die dem Anderen wie eine Qual vorkam und er bereute zutiefst, dass er dem jungen Anwärter dies ebenso zugemutet hatte, für gut eine Woche, nur um ihn dann mit seinen Worten zu verletzen.
„Du hättest dir wohl kaum einen besseren Zeitpunkt aussuchen können", kam dann doch die leise Antwort vom Prinzen und auch wenn man ihm nach wie vor das Leid der vergangenen Stunden ansah, so schlich sich doch ein kleines Lächeln auf dessen Lippen. Langsam streckte er eine Hand nach dem Älteren aus, welche dieser auch sogleich ergriff, um ihn so zu sich ziehen zu können. Sanft legte er seine Arme um den Jüngeren, nur um sich dann wieder ein kleines Stückchen von ihm zu lösen und einen leichten Kuss auf dessen Mundwinkel zu hauchen. Er wollte sich schon wieder lösen, doch folgte der Prinz ihm, um einen richtigen Kuss von ihm zu erhaschen.
Es war keine leidenschaftliche Berührung, viel mehr war sie sanft und unschuldig. Sie drückte die verhaltene Freude über die erwiderten Gefühle des jeweils anderen aus, aber spendete zur gleichen Zeit Trost für den zutiefst erschütterten Anwärter.
Ein Klopfen an der Tür ließ sie kurz den Kuss unterbrechen. Ein weiteres Mal neigte Aidan sich dem Anderen zu, um noch eine letzte zärtliche Berührung ihrer Lippen zu erzielen. Dann lehnte er sich zurück an die Rückenlehne seiner Sitzgelegenheit und bat den Klopfenden herein.
Ein besorgt dreinblickender Liam kam durch die Tür in den Raum und erhob seine Stimme, als er die Tür hinter sich wieder geschlossen hatte. „Man hat mir mitgeteilt, dass ihr beide zurück seid. Ist alles in Ordnung?"
Der Prinz verzog seinen Mund zu einem bitteren Lächeln. „Der König ist vergiftet worden."
Erschrocken legten sich Falten auf die Stirn ihres Freundes und er ging näher zu ihnen, um besser mit den Anwärtern sprechen zu können. „Wie geht es ihm? Geht es ihm gut?"
„Er lebt", sagte der Jüngere mit monotoner Stimme und sah geradeaus an eine Wand.
„Das freut mich für dich!", kam auch sogleich die erleichterte Reaktion von ihrem Freund.
„Das braucht es nicht", erwiderte Aidan und stieß die Luft durch seine Nase aus. „Es wäre wohl besser, wenn das Gift ihn umbringen würde."
Ende Kapitel 23
Uff, das war eine Geburt!
Irgendwie hat das Kapitel ein Eigenleben entwickelt. Plötzlich war ich Meilenweit weg von meinen eigentlichen Notizen und so ist etwas völlig ungeplantes entstanden. Deswegen habe ich auch leider einen Tag länger gebraucht als angekündigt. Aber dafür ist es auch gut 1.000 Wörter länger als sonst geworden!
Ich hoffe es hat euch gefallen.
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