Kapitel 23 (Teil 2)

Doch selbst wenn er dies nun tun würde, so war es bereits zu spät. Das wusste er, als er die Stimme des Königs nur allzu deutlich in seinen Ohren hörte.

„Was suchst du hier?! Kommst du jetzt hierher, um nachzuschauen, wann ich den Thron endlich für dich räume?"

„Vater, bitte. Lass dir...", konnte man Aidans Stimme leise und beruhigend vernehmen.

„Halt' die Schnauze! Haltet alle die Schnauze! Ihr wollt' mich doch ohnehin alle Tod sehen... umbringen wollt ihr mich!" Schon wieder schepperte etwas und dieses Mal rollte ein einsamer Apfel durch die Tür auf den Flur.

„Diese Schmerzen... es soll aufhören..." Als wären es zwei Personen sprach nun die dünne und gequälte Stimme des Königs.

„Es geht dir nicht gut und du bist nicht Herr deiner Sinne. Bitte..." Erneut wurde der Prinz unterbrochen und ein Rumpeln, als wenn ein schweres Möbelstück verrückt worden wäre, folgte.

„Eure Majestät! Das ist Euer Sohn!" Erschrocken erhob sich die Stimme eines Bediensteten, wurde aber fast augenblicklich von der tiefen Stimme des Vergifteten unterbrochen.

„Hab ich dir nicht gesagt, du sollst die Schnauze halten?!" Ein Geräusch von reißendem Stoff wirkte fast schon unwirklich neben der harten und lauten Stimme des Königs.

Killian wurde unruhig, ging unbewusst einen Schritt auf die Tür zu, als er hörte, wie Füße hart auf den Boden trafen, wie als würde sich jemand, nachdem er gestolpert war, versuchen abzufangen.

„Beruhige dich." Die Stimme des Prinzen war nun nicht mehr ganz so ruhig wie zuvor, sondern eindringlich, aber auch schwächer.

„Ich soll mich beruhigen?!", schrie der König fassungslos. „Garantiert warst du es doch!" Wieder folgte das Geräusch eines Möbelstücks, nur war es dieses Mal von einem leichteren.

„Nein, das stimmt nicht." Auch in Aidans Stimme mischte sich ein Hauch von Fassungslosigkeit.

„Anders würdest du dich ja doch nicht hervortun." Der Monarch war plötzlich ruhiger geworden, hatte scheinbar ein wenig Kontrolle zurückerlangt und brüllte nicht mehr wie zuvor. Dafür hörte man aber deutlich die Schmerzen in seiner Stimme.

„Hör auf." Ausdruckslos klang die Reaktion seines Sohnes.

„Du bist zu nichts gut..." Ein Husten unterbrach die verletzenden Worte und Killian konnte nicht verhindern froh darum zu sein.

„Hör auf." Die Ausdruckslosigkeit weichte dem Schock, welcher die Stimme Aidans dünner klingen ließ.

„Zum Glück lebst du nicht mehr hier im Schloss." Die Stimme, noch immer möglichst beherrscht, folgte nun aber ein Stöhnen unter Schmerzen.

„Hör auf." Nun war es der junge Anwärter, dessen Stimme lauter wurde, jedoch nicht wütend, sondern viel mehr verletzt.

„Wärest doch du an der Stelle deines Bruders gestorben. Er hätte etwas aus seinem Leben... diese Schmerzen... mein Kopf." Immer leiser und höher sprach der König, mit zunehmend längeren Unterbrechungen.

„Hör auf!"

Die letzte Aussage und die Tatsache, dass Aidan nun derjenige war, der sein Gegenüber anschrie, veranlassten Killian dazu den Raum zu betreten, dem er unbewusst immer näher gekommen war.

Ein regelrechtes Bild der Verwüstung bot sich ihm. Teller, Schalen und Krüge lagen auf dem Boden zerstreut. Dazwischen Essen und die Scherben von Gläsern. Möbel waren verrückt, Stühle umgeworfen. Der König lehnte sich schwer atmend gegen den großen Esstisch und hielt sich den Kopf, seine Bediensteten standen in einer Art Schockstarre auf der linken Seite der Tür und taten nichts, außer den Raum zu überblicken. Doch das interessierte Killian alles nicht, er suchte nur nach Aidan welcher ihm gegenüber zwischen dem großen Fenster und der Tür stand. Durch die so entstandenen Lichtverhältnisse konnte er ihn nicht richtig erkennen, doch es reichte aus, seine Körperhaltung, die von dem Wunsch sprach aus der Situation zu flüchten, zu erkennen. Die vor wenigen Momenten noch stolze Erscheinung stand nun leicht gekrümmt da, eine Hand an den Hals gelegt und einen Fuß hinter dem anderen stehend, als würde er jeden Moment loslaufen wollen.

Ohne zu zögern, überwand Killian die Distanz zu Aidan und stellte sich zwischen ihn und dessen Vater, den der Prinz unverwandt angestarrt hatte. Der Ältere legte seine Hände um das blasse Gesicht vor ihm und ließ dem Prinzen somit keine andere Wahl als in das seine zu blicken.

„Beruhige dich", war das Einzige, was ihm in dem Moment einfiel. Aus großen Augen sah der Prinz ihn an. „Hörst du? Du musst dich beruhigen."

Der Jüngere öffnete den Mund, brachte aber keinen Ton hervor. Wie ein Fisch auf dem Trockenen brachte er kein Wort über seine Lippen, sah ihn nur weiterhin mit weit geöffneten Augen an, die Körperhaltung unverändert.

„Wir gehen jetzt hier raus", sagte Killian ruhig und ließ eine seiner Hände vom Gesicht des Prinzen zu dessen Hüfte sinken, um ihn so aus dem Raum zu führen, bevor er widersprechen konnte. Auch blieb eine Reaktion der übrigen Anwesenden aus, worüber Killian nur froh war.

Vor der Tür angekommen zog der Ältere Aidan sofort in seine Arme und drückte ihn fest an sich. Zunächst erhielt er keine Reaktion darauf, bis sich schließlich langsam die Arme des Jüngeren zu seinen Schulterblättern hoben. Fast augenblicklich krallten sich die Finger in den Stoff darunter und der Jüngere gab einen erstickten Laut von sich.

„Ist in Ordnung, ich bin bei dir", flüsterte Killian, als er begann leicht über den Rücken des Jüngeren zu streichen und so zu versuchen den Anderen ein wenig zu beruhigen.

„Nein verdammt!", brüllte die Stimme des Königs plötzlich wieder und augenblicklich rückte dessen Sohn noch näher an den älteren Anwärter heran, was kaum möglich war, wegen der bereits so festen Umarmung.

Eine ganze Weile standen sie so da, bis sie schließlich ein Räuspern vernahmen. Allerdings veranlasste Killian dies nicht dazu Abstand zu dem Jüngeren zu nehmen, stattdessen sah er den unsicheren Bediensteten nur an, der sie eben gestört hatte.

„Ähm... mein Prinz? Was sollen wir jetzt tun?", wurde schließlich die Frage gestellt, weshalb der Mann zu ihnen gekommen war.

Killian glaubte im ersten Moment sich verhört zu haben. Gab es denn niemand anderen, der eine Entscheidung treffen konnte, außer den Prinzen, dem soeben gesagt wurde, dass es doch besser wäre, er wäre eben nicht hier?

„Schlagt ihn nieder und zwingt ihn, Hilfe anzunehmen", antwortete er fast schon sarkastisch auf die Frage, die nicht ihm galt.

„Aber wir sprechen hier von eurem König!", wurde ihm die empörte Antwort entgegengeschleudert und der Gesichtsausdruck unterstrich nur, wie empört der Bedienstete von dem Vorschlag war.

„Er hat recht", stand Aidan seinem Kameraden plötzlich zur Seite und löste sich aus der Umarmung. „Überwältigt ihn und lasst ihm dann Hilfe zukommen. Ich glaube nicht, dass man noch anders an ihn herankommen wird. Zumindest im Moment nicht." Seinen Blick hielt er gesenkt, während er sprach.

„Wie Ihr meint, mein Prinz." Man konnte dem Bediensteten ansehen, dass ihm nicht ganz gefiel, was er hörte, doch zeitgleich auch Erleichterung darüber, nun zu wissen, was zu tun war.

„Die Königin und die Prinzessin sollten das nicht mit ansehen", gab Killian zu bedenken, wurde aber keines Blickes gewürdigt und erhielt somit auch keine Antwort.Schließlich äußerte sich der Prinz erneut. „Er hat wieder recht. Meine Mutter soll für ein paar Tage in ein anderes Anwesen gebracht werden, bis es dem König wieder besser geht, wenn sie es denn so möchte. Meine Schwester soll in Ruhe ihre Ausbildung weiterverfolgen."

„Wie Ihr wünscht."

„Das sollten wir jetzt auch wieder tun. Unsere Ausbildung weiterverfolgen", meinte Killian und zog den Jüngeren leicht hinter sich her, damit klar war, dass der Prinz nicht weiter zur Verfügung stand. Immerhin gab es noch immer die Berater, wovon einer sogar der Bruder des Königs war, von denen jedoch im Übrigen keiner durch Anwesenheit glänzte, obwohl sie es wohl sollten in einem solchen Fall.


Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top