Kapitel 16 (Teil 2)
Nach dem Mittagessen gingen sie alle zusammen zur Bibliothek, um dort zum ersten Mal gemeinsam dem Unterricht beizuwohnen. Während sie sich noch unmittelbar vor dem Unterricht gut gelaunt miteinander unterhielten, sank ihre Laune, als sie hörten, was auf der Tagesplanung stand: Ihre zukünftige Heirat mit den dazugehörigen Rechten und Pflichten.
Selbstverständlich würde man einen respektvollen Umgang innerhalb der Ehe von ihnen erwarten. Sie sollten sich in jeder Lebenslage unterstützen und möglichst harmonisch zusammenleben, damit sie dies auch gut nach außen tragen konnten. Gewiss wurden Streitigkeiten nicht in der Öffentlich ausgetragen und in erster Linie hatte die Königin hier die Aufgabe ihren Mann zu unterstützen und in keinster Weise bloßzustellen, da er die wichtigste Position des Landes bekleidete. Trotz dessen sollte sie im Hintergrund bei den Entscheidungen mitwirken, um so ein Gleichgewicht zu erzeugen.
Auch würde das Königspaar repräsentativ sein müssen, wobei es jedoch die Königin war, die dieser Aufgabe mehr entsprechen musste.
Worauf großen Wert gelegt wurde, war die Zeugung von Erben. Auch wenn sie keinen direkten Anspruch auf den Thron hatten, wie es in anderen Ländern der Fall war, so sollte das Volk sich darauf verlassen können, dass geeignete Anwärter in der Ausbildung zu finden wären. In den Jahren davor dienten auch sie dem repräsentativen Zweck. Ein weiterer Unterschied zu anderen Ländern war hier jedoch, dass die Erben gleich wichtig waren, ungeachtet ihres Geschlechts und der Geburtenreihenfolge. Man brauchte sowohl weibliche, als auch männliche Anwärter, wobei das Alter in erster Linie keine Rolle spielte, denn darauf würde bei der späteren Wahl keine Rücksicht genommen werden.
Der Unterricht verlief ruhig. Es schien zwar kaum einer glücklich über das Thema zu sein, jedoch war sich jeder bewusst, dass es zu ihren Pflichten gehören würde. Außerdem wussten sie alle, dass es wohl besser war auf dem gleichen Kenntnisstand zu sein, um so Streitigkeiten vorzubeugen. Eine solche Eheschließung war bereits belastend genug, da wollte man lieber einen Freund an seiner Seite wissen, als einen Feind.
Letztendlich wurden sie frühzeitig entlassen mit dem Hinweis, dass es am Abend ein ausgedehntes Abendessen geben würde, damit sich alle besser kennenlernen konnten.
Die Meisten von ihnen wollten bis dahin auf ihre Zimmer zurückkehren, um sich ein wenig auszuruhen. Meist wurden solche Abende länger als normal und am nächsten Morgen würden sie bereits wieder Unterricht haben. Amalia jedoch überredete Aidan mit ihr in den Garten zu gehen, damit sie sich weiterhin unterhalten konnten. Killian schlug die Einladung die Beiden zu begleiten jedoch aus. Er wollte sie nicht stören. Sie würden ein wenig Zeit für sich gut gebrauchen können um das Band, welches seit ihrer Trennung in Kindertagen sehr dünn geworden war, wieder erstarken zu lassen. Stattdessen beschloss er nochmal mit Toran zu sprechen, welchen er in dessen Zimmer fand.
Nachdem der Älteste den Anderen hereingebeten hatte, setzten sie sich gemeinsam hin und schwiegen sich zunächst nur an. Killian wollte das Gespräch vom Mittag gerne Fortsetzen, jetzt wo niemand anderes im Raum war, doch wusste er nicht, wie er damit beginnen sollte. Doch auch Toran hing seinen eigenen Gedanken nach. Nach einer Weile jedoch war er es der die Stille durchbrach. „Wie viel bedeutet dir Aidan?"
Der jüngere Anwärter war ein wenig überrumpelt, hatte nicht mit einer solchen Frage gerechnet, dachte aber darüber nach. Schließlich begann er zögerlich zu Antworten. „Er bedeutet mir viel..."
„Ist es Liebe?"
Killian öffnete den Mund, jedoch ohne einen weiteren Ton hervorzubringen. Soweit hatte er nie gedacht. Natürlich empfand er etwas für den Prinzen. Seine Gefühle zu ihm gingen über eine normale Freundschaft hinaus, doch war es tatsächlich Liebe? Waren seine Gefühle so stark oder würden sie es je sein?
Toran ging jedoch nicht weiter darauf ein und begann traurig zu lächeln. „Es tut mir leid."
Etwas verwirrt schloss der Jüngere seinen Mund wieder und Falten legten sich auf seine Stirn. Er wusste nicht, was der Andere meinte.
„Es tut mir leid, dass ich euch kritisiert habe. Eure Beziehung zueinander geht mich nichts an. Es ist allein eure Entscheidung und ich sollte mich nicht in eure Gefühle einmischen."
Natürlich freute es Killian, dass Toran es nun scheinbar akzeptierte, doch gleichzeitig machte er sich auch Sorgen um seinen Freund. Er war ruhiger als sonst und eine unterdrückte Traurigkeit lag in seinen Augen. Hinzu kam, dass er diesen plötzlichen Sinneswandel ebenso nicht ganz nachvollziehen konnte.
„Ist alles in Ordnung?", fragte er deswegen vorsichtig.
Toran sah ihn eine Weile an. Mit der Zeit kam das Lächeln von eben zurück in sein Gesicht, dieses Mal jedoch weniger traurig und mit mehr Freude. Fast schon ein wenig verträumt sah er ihn an. „Ich glaube, ich befinde mich in einer ähnlichen Situation wie ihr beiden." Darauf lachte er leicht. „Es ist einfach eine Situation zu beurteilen, in der man selber noch nicht war."
Nun war Killian es, der ihm ein verstehendes Lächeln schenkte. „Ist es die Frau, die du in letzter Zeit heimlich zu dir einlädst?"
„Melissa." Nur dieser eine Name reichte aus, um die Traurigkeit aus Torans Augen zu vertreiben und ein strahlendes Lächeln auf seine Lippen zu zaubern.
Killian konnten den Zwiespalt Torans verstehen. „Du bist der Älteste von uns und hast es so lange ohne eine feste Bindung ausgehalten. Doch nun, wo wir kurz vor der Wahl stehen legst du dich doch fest?", fragte er mitfühlend, jedoch ohne Tadel in der Stimme.
„Es ist schön jemanden zu haben, der einen unseren Alltag vergessen lässt. Jemanden, bei dem man sich einfach fallen lassen und den Stress vergessen kann. Jemanden, den man nur für sich alleine hat."
Der Jüngere wusste, wie er sich fühlte, genauso wie er die Zweifel kannte, die ihn in Zukunft plagen werden. „Ich verstehe dich. Mir geht es nicht anders. Doch deswegen musst du dich nicht ausschließen. Das machen wir doch auch nicht, ganz im Gegenteil. Außerdem ziehst du durch dein verändertes Verhalten viel Aufmerksamkeit auf dich. Früher oder später werden dich noch andere darauf ansprechen."
Er ließ seine Worte eine Weile wirken bevor er nochmal das Wort an Toran wandte. „Ich nehme an, du möchtest es weiterhin geheim halten?"
Mit einem wortlosen Nicken wurde seine Frage beantwortet. Der Jüngere wollte ihm gerne helfen. Ihm Trost spendende Worte schenken, doch hatte er keine.
„Warum bist du nicht zu Aidan und mir gekommen? Wir sind doch in einer ähnlichen Situation. Wir könnten Verbündete sein", sagte er lächelnd. Daraufhin musste der Ältere lachen. „Das wäre mit Sicherheit einfacher als alleine damit zu sein."
„Dann unterstützen wir uns ab sofort gegenseitig. Wir können uns den Rücken freihalten", schlug Killian fast schon begeistert vor.
„Liam würde uns mit Sicherheit auch unterstützen", fügte Toran noch hinzu.
„Aber du musst Aidan und mir unbedingt deine Herzdame mal vorstellen!"
- - - - -
Killian und Toran hatten sich noch ein wenig unterhalten, bevor der Jüngere letztendlich wieder ging. Er wollte nachsehen, ob Aidan und seine Schwester von ihrem Spaziergang zurückgekommen waren. Außerdem hatte Toran so noch ein wenig Zeit für sich und konnte auch über das gesprochene nachdenken, bevor sie zu dem großen Abendessen gehen mussten.
Als Killian leise und ohne zu klopfen, die Tür des Prinzen öffnete, fand er diesen auch tatsächlich darin vor, an seinem Schreibtisch sitzend und Papiere bearbeitend, welche sich in den letzten Tagen angehäuft hatten. Der Ältere betrat das Zimmer und schloss die Tür absichtlich ein wenig lauter, damit der Jüngere auf ihn aufmerksam wurde, was er auch tat. Killian konnte es an dem Zucken erkennen, welches durch den Körper des Prinzen fuhr. Sofort ging der Ältere zu dem Schreibtisch und griff nach den Händen des Prinzen, um ihn mit sich in die Mitte des Raumes zu ziehen, weg von den Fenstern, durch welche man sie womöglich beobachten könnte. Währenddessen blickte er den Jüngeren freudestrahlend an. „Wir haben einen Verbündeten."
„Einen Verbündeten?", fragte Aidan verdutzt. „Meinst du Toran? Du wolltest doch zu ihm gehen?"
Nickend stimmt der Ältere zu und küsste den Prinzen stürmisch, als sie weit genug von den Fenstern weg waren. Killian konnte sich nicht helfen. Er war einfach glücklich darüber nicht mehr alleine mit dieser Situation zu sein. Auch wenn es nicht optimal war, so gab es nun jemanden, der nachempfinden konnte, wie es ihnen ging und mit welchen Problemen sie zu kämpfen hatten.
Den Mund des jeweils anderen mit der Zunge erforschend und völlig abgelenkt, stolpern die Zwei weiter zurück in den Raum bis sie schließlich bei einer Kommode ankamen. Ein wenig unsanft stießen sie dagegen, weshalb einige Dinge, die darauf standen umkippten und auf den Boden fielen. Verwundert über die Geräusche lösen sie sich kurz voneinander, nur um sich leise kichernd wieder einander zu widmen. Leidenschaftlich fuhren sie mit den Händen über den Körper des Anderen und Killian krallte seine Hände in die Rundungen von Aidans Po um ihn so noch näher zu sich zu ziehen. Zeitgleich drängte er ihn weiter an das zuvor so unsanft behandelte Möbelstück.
„Nun weiß ich wenigstens wie diese Unordnung zustande kommt", sprach Amalias Stimme ruhig aus Richtung der Tür.
Erschrocken sahen die beiden Küssenden auf. Noch immer beieinander stehend wussten sie im ersten Moment nicht, was sie tun sollten.
Die Prinzessin hingegen trat einen Schritt weiter ins Zimmer und machte so den Weg zur Tür frei. „Killian, ich möchte dich bitten zu gehen. Ich würde jetzt gerne kurz mit meinem Bruder sprechen. Alleine."
Ende Kapitel 16
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