Kapitel 15 (Teil 2)
Nach einer ganzen Weile wurde es etwas Hecktisch auf dem Hof. Die Anwärterinnen fuhren offenbar in ihren Kutschen vor.
„Steht gerade!", wurden die Anwärter durch einen ihrer Lehrkräfte ermahnt, da sie während des langen Wartens ein wenig an Haltung verloren hatten.
„Wenn ich noch gerader stehe, dann breche ich mir noch den Rücken", scherzte Peer und lockerte ein wenig die verspannten Muskeln.
„Peer, du schweigst am besten die ganze Zeit", bekam er sofort die Anweisung auf seinen Scherz von einem anderen Lehrer. Der Angesprochene verzog darauf den Mund ein wenig, schwieg jedoch.
Kurz darauf öffnete sich die Tür und hereinkam eine etwas größere Gruppe von Leuten. Diese hielt, bevor sie die Treppe erreichten, an. Aus ihrer Mitte lösten sich sieben junge Frauen, welche sich mit einigen Metern Abstand ebenfalls in einer Reihe vor den Anwärtern aufstellten.
Wie von allen erwartet, begrüßten die Anwärter die Anwärterinnen mit einer tiefen Verbeugung, was von den Frauen mit einem höflichen Knicks erwidert wurde. Eine Begrüßungsansprache durch die Lehrer folgte. Sie hießen die Frauen willkommen und wünschten eine schöne Zeit in dem Anwesen. Sie erhofften sich ein paar erfolgreiche Tage, in welchen sie gemeinsam lernen würden.
„Ihr werdet jetzt einander zugeteilt, damit die Herren euch die Burg mit ihren Räumlichkeiten zeigen können", verkündete eine der Ausbilderinnen der Anwärterinnen und wandte sich damit entsprechend an die Frauen.
„Aidan wird sich, als unser Prinz, zwei der Anwärterinnen annehmen. Amalia und Madlen." Sofort trat Aidan einen Schritt vor und verbeugte sich nochmals um danach zurück in die Reihe zu treten.
„Peer, du kümmerst dich bitte um Ada." Auch er tat es dem Prinzen nach. Verwundert horchte Killian bei den Worten auf, versuchte sich dies aber nicht anmerken zu lassen. Bei Ada handelte es sich um die Schwester Torans und er hatte angenommen, sie würde ihm zugeteilt werden, genauso wie es bei Amalia, der Prinzessin und Schwester von Aidan der Fall gewesen war.
„Luan, dir vertrauen wir Josie an. Lana wird mit Toran gehen."
Ein Murmeln ging durch die Reihen der Anwesenden, als der Älteste der Anwärter seinen Schützling lediglich mit einem Nicken in Empfang nahm. Lana ließ sich kaum etwas anmerken, lediglich ihre linke Augenbraue zuckte kurz nach oben, bevor sie diese auch schon wieder entspannte.
Die Lehrerin räusperte sich und versuchte ihre Fassung zurückzugewinnen. „Killian, als Leistungsbester wirst auch du dich bitte um zwei der Damen kümmern. Dalia und Wanda." Dieser schenkte den Beiden ein Lächeln mit einer anschließenden Verbeugung. Er hoffte so, Torans Fehltritt von eben ein wenig abmildern zu können.
„Meine Herren, bitte vergesst nicht den Damen ihre Räumlichkeiten zu zeigen und geleitet sie nachher zum Mittagessen. Wir werden euch nun alleine lassen." Damit wandten die Lehrer sich geschlossen ab und zogen sich mit dem mitgereisten Personal der Anwärterinnen zurück, wohl um sich mit ihnen abzusprechen.
Kaum schloss sich die Tür hinter der letzten Person, da lösten Amalia und Aidan sich aus den beiden Reihen und fielen sich in die Arme. „Wie lange haben wir uns nicht mehr gesehen, Brüderchen?"
„Bestimmt neun Jahre nicht. Auf jeden Fall eine viel zu lange Zeit!" Über das gesamte Gesicht strahlend wollte Aidan seine Schwester fast nicht mehr loslassen. Immerhin hatten sie nur über ihre Mutter etwas voneinander hören können, war ein persönlicher Kontakt während der Ausbildung leider nicht gern gesehen.
Ein wenig irritiert über diesen doch eher unbekannten Enthusiasmus von Aidan lösen auch Peer und Luan sich aus ihrer Position und stellen sich nochmal selber den ihnen zugeteilten Anwärterinnen vor und boten ihnen schließlich ihren Arm zum Einhaken an. Gemeinsam verließen sie die Eingangshalle.
Toran hingegen verzichtet auf eine eigene Vorstellung. „Wenn du mir bitte folgen möchtest", brachte er desinteressiert hervor und sah Lana, seine zugeteilte Anwärterin, nicht einmal an.
„Ich bezweifel, dass ich das möchte, aber ich habe wohl keine andere Wahl", reagierte sie auf seine ablehnende Haltung und deutete ihm voranzugehen. Zurück blieben die verblieben sechs jungen Erwachsenen. Aidan konnte sich inzwischen wieder von seiner Schwester lösen, auch wenn er nach wie vor überglücklich strahlte. Er entschuldigte sich bei Madlen dafür, dass er sich zunächst nur um seine Schwester gekümmert hatte und stellte sich ihr nochmals höflich vor. Diese winkte jedoch ab. Sie berichtete, dass Amalia die letzten Tage von nichts anderem gesprochen hatte, als von ihrer Freude, ihren Bruder endlich wiedersehen zu dürfen.
Auch Killian begrüßte Dalia und Wanda nochmals persönlich.
Gemeinsam beschließen sie alle eine kleine Besichtigung zu sechst zu machen. Allerdings würden sie sich nur auf die wichtigsten Räumlichkeiten beschränken, damit die Anwärterinnen sich bis zum Mittagessen in ihren Zimmern ein wenig zurückziehen konnten. Alles Weitere würden sie dann zu einem späteren Zeitpunkt erkunden.
Es dauerte nicht lange und drei der Anwärterinnen waren auf ihren Zimmer verteilt worden, mit dem Versprechen, dass sie pünktlich zum Mittagessen wieder abgeholt werden würden. Amalia hingegen wollte bei ihrem Bruder bleiben. Sie hatte nur einen kurzen Blick in ihr Zimmer geworfen, um zu sehen, wo sie in den nächsten Nächten schlafen würde.
„Und was wollen wir jetzt machen?", fragte Aidan und schaute in die Runde, während seine Schwester seinen Arm scheinbar gar nicht mehr loslassen wollte. Killian konnte sich ein Lächeln darüber nicht verkneifen. „Ich denke, ich sollte euch alleine lassen. Ihr habt euch bestimmt eine Menge zu erzählen."
„Nein, nicht doch", rief Amalia sogleich aus. „Ich möchte doch wissen, wie mein Brüderchen sich so in den letzten Jahren gemacht hat und ich glaube kaum, dass er es mir von alleine erzählen wird. Da muss ich einen seiner Freunde fragen. Er war ein so schüchternes Kind bevor ich zu den Anwärterinnen geschickt worden bin. Ist er heute noch immer so schüchtern?", fragte die Prinzessin neugierig und pickte grinsend mit ihrem ausgestreckten Zeigefinder in die Wange ihres Bruders.
Aidan hingegen drehte kurz sein Gesicht weg, um ihren Finger abzuschütteln. „Amalia, das ist so lange her, du bist seit dem kaum größer geworden, nur deine Haare sind jetzt länger", versuchte er von sich abzulenken und strich eine ihrer hüftlangen hellbraunen Haarsträhnen hinter ihr Ohr.
Killian musste über diesen Ablenkungsversuch lachen und wandte sich direkt an Amalia. „Als ich ihn kennengelernt habe, er war 13 Jahre alt gewesen, da war er sehr zurückhaltend. Man hat ihn kaum wahrgenommen. Heute geht er eigentlich ganz Selbstbewusst durch sein Leben, solange man nicht an seiner Fassade kratzt."
„Und du weißt, wie man an seiner Fassade kratzt?", kommt sofort die nächste interessierte Frage.
„Ja, manchmal bekomme ich das hin", schmunzelte er und konnte nicht verhindern, ein wenig Stolz deswegen zu sein.
„Dann seit ihr gut befreundet?", fragte sie dieses Mal an Aidan gewandt, welcher noch damit beschäftigt war, Killian einen bösen Blick über ihren Kopf hinweg zuzuwerfen.
„Ja, sind wir, sehr gut sogar. Deswegen gefällt es mir auch gar nicht, wenn ihr zu viel Zeit miteinander verbringt", antwortete der Prinz grummelnd und man konnte ihm am Gesicht ablesen, dass er seine Worte auch so meinte.
„Doch, jetzt bleibt er erst recht bei uns!", sagte sie schnell begeistert und hakte sich zusätzlich noch bei dem zweiten Anwärter ein. „Und jetzt dürft ihr mir zeigen, wie man hier als Prinz leben darf."
Killian konnte weiterhin nur vor sich hin schmunzeln während Aidan scheinbar versuchte optimistisch zu bleiben. Ob ihm dies jedoch auf die Dauer des Besuches gelingen würde, würde sich erst mit der Zeit zeigen.
Gemeinsam gingen sie zu seinem Zimmer, damit sie der Prinzessin ihren Wunsch erfüllen konnten.
Dort angekommen sah sie sich auch sogleich neugierig in dem großen Raum um. „Du hast hier ein viel schöneres Zimmer als ich", beschwerte sie sich etwas, doch unterdrückte ihr leichtes Grinsen kaum. „Außerdem ist die Aussicht aus deinem Fenster auch eine viel schönere." Mit nur wenigen Schritten war sie an der Außenwand angekommen und warf einen Blick hinaus.
„Ich wohne hier ja auch ein wenig länger, als du es tun wirst", lächelte Aidan sie brüderlich an.
„Dafür scheinst du aber unordentlicher zu sein als ich", fügte sie hinzu, als ihr Blick sich wieder von dem Fenster abwandte und weiter durch seinen Raum glitt. Sie ging auf die Kleidung zu, die er und Killian am Morgen einfach achtlos im Zimmer verstreut liegen lassen hatten und sammelte diese auf. „Habt ihr denn kein Dienstpersonal, welches sich darum kümmern könnte?"
Grinsend drehte Killian sich weg. Dies schien nun wohl eine Art ausgleichende Gerechtigkeit wegen seines „Unfalls mit der Vase" zu sein.
Ende Kapitel 15
Ich wollte mal fragen, ob es irgendwelche Kritikpunkte gibt? Die könnt ihr mir gerne mitteilen, da ich mich verbessern möchte. Vielleicht gibt es ja Klärungsbedarf oder ich mache irgendwo störende Fehler ohne es zu bemerken?
Bis zum nächsten Kapitel!
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