Kapitel 15 (Teil 1)

Kapitel 15

Frustriert schlug Killian endgültig die Augen auf. Es war noch früh am Morgen, die Sonne erst vor kurzen vollständig aufgegangen und trotzdem gelang es ihm nicht mehr weiter zu schlafen. Überhaupt war die Nacht für ihn kaum erholsam und wenig vom Schlaf gezeichnet gewesen. Er hatte Aidan vermisst, seine Nähe, seine Wärme und einfach nur seinen Körpergeruch und das durch das Atmen gleichmäßige senken und heben seines Brustkorbes. Ihm war nicht bewusst gewesen wie sehr er sich bereits an seine Anwesenheit in der Nacht gewohnt hatte, bis letzte Nacht.

Langsam setzte er sich auf und schwang seine Beine seitlich aus dem Bett. Träge rieb er mit seinen Handflächen über sein Gesicht und besah sich danach ein wenig gedankenverloren seine nackten Füße, die nun auf dem weichen Teppich standen. Doch das half ihm nicht, seine allgemeine Unzufriedenheit abzuschütteln.

Kurzerhand stand er auf und endschied, zu Aidan herüber zu gehen. Niemand würde ihn bemerken zu dieser frühen Zeit und er konnte zumindest noch ein wenig die Nähe des Prinzen genießen, bevor sie die Anwärterinnen begrüßen mussten.

Kaum war er bei dem Jüngeren im Zimmer angekommen und hatte die Tür hinter sich zugemacht, da streckte dieser auch schon seinen Kopf durch die geschlossenen Vorhänge seines Bettes und sah ihn fragend an.

„Warum bist du schon wach?", wurde Killian sogleich angesprochen, statt begrüßt zu werden. Noch bevor dieser jedoch antworten konnte, legte Aidan seinen Kopf schief und grinste leicht. „Du trägst kein Hemd", stellte er fest und schien davon nicht abgeneigt zu sein.

Etwas verwirrt sah der Ältere an sich herunter. „Oh...", entkam es ihm leise und er blinzelte ein paarmal. Er hatte völlig vergessen sich eines anzuziehen, als er mit dem Gedanken an den Anderen aus seinem Zimmer getreten war. „Ich habe dich vermisst", fügte er noch murmelnd hinzu und hoffte, dass dies sein fehlendes Kleidungsstück ausreichend erklärten würde. Er konnte sich nicht helfen, doch irgendwie war es ihm unangenehm sein Hemd vergessen zu haben, auch wenn er sonst keine Probleme hatte sich gar nackt vor dem Jüngeren zu zeigen.

Als er wieder aufblickte, konnte er sehen, wie sich Aidans Grinsen in ein warmes Lächeln wandelte. „Komm her", sagte er nur leise und schien den Geräuschen nach zu urteilen neben sich mit der flachen Hand auf die Laken zu klopfen. Dies ließ Killian sich kein zweites Mal sagen und ging zum Bett um durch die Vorhänge hindurch zu schlüpfen.

Sofort lehnte er sich zu dem Anderen, welcher noch immer aufrecht in seinem Bett saß und begrüßte ihn mit einem sanften Kuss auf dessen Lippen. Aidan erwiderte die zarte Berührung und legte seine Hand in Killians Nacken um ihn weiter zu sich zu ziehen. Schließlich ließ er sich langsam wieder in die Kissen zurücksinken und zog den anderen mit sich, welcher ihm bereitwillig folgte und sich mit seinen Händen zu den Seiten seines Kopfes abstützte. Es dauerte nicht lange und sie vertieften den Kuss, bis sie sich schließlich wieder schwer atmend voneinander lösten.

„Mir ging es die Nacht ähnlich", flüsterte der Jüngere und drückte den über ihn Gebeugten an dessen Schultern neben sich in die Kissen. Die neue Position ausnutzend, kuschelte er sich auch gleich darauf an die Brust des Älteren und schloss zufrieden seine Augen. Killian hingegen legte seine Arme um den Jüngeren und hauchte einen kleinen Kuss auf dessen Haar, um anschließend ebenfalls die Augen zu schließen.

„Was hat Luan von dir gewollt?", durchbracht Aidan nach nur weniger Zeit die angenehme Stille zwischen ihnen. Killian seufzte zunächst darüber, was den Prinzen dazu veranlasste ihm ins Gesicht zu sehen.

„Er bat mich darum, dich in Ruhe zu lassen. Er vermutet, dass es mir nur um Sex mit dir ginge und meinte, ich solle mir deswegen jemand anderen suchen und deinen, als auch den Ruf alle Anwärter nicht weiter in Gefahr bringen. Allerdings vermutet er nur was wir beide wohl hinter verschlossenen Türen machen. Er hat es nicht einmal benennen können."

Ein wenig unsicher sah Killian den Jüngeren an. Er war sich nicht sicher, ob er ihm mit der Vermutung Luans, ihm würde es nur um Sex gehen, einen Floh in das Ohr setzen würde. „Er will dich wohl einfach nur Schützen. Dich und auch deinen Ruf", fügte er noch leise hinzu als Aidan nicht reagierte.

Sanft legte der Prinz seine Hand an die Wange des Älteren. „Ich vertraue dir und ich vertraue darauf, dass du mich nicht einfach nur ausnutzt." Er rutschte ein wenig höher um ihre Lippen erneut zu einem Kuss zu vereinen. Killians Hände, welche noch immer auf dem Körper des Jüngeren lagen, fingen an auf Wanderschaft zu gehen, schlüpften schließlich unter das leichte Hemd, welches dieser zum Schlafen trug und wanderte mit den Fingerspitzen über dessen warme Haut.

Eine ganze Weile lagen sie so da und liebkosten einander, bis Aidan sich ein kleines bisschen zurückzog, nur um sofort mit seiner Nase leicht über Killians Kiefer zu streichen. Für diesen war dies das Zeichen, seinen Kopf ein wenig in den Nacken zu legen. Der Jüngere nutzte sofort den gewonnenen Platz aus und setzte einen sanften Kuss nach dem anderen auf die schutzlose Haut des Halses.

Killian genoss diese Zärtlichkeiten. Es freute ihn, dass der Andere in letzter Zeit neugieriger geworden war und inzwischen auch selber Dinge ausprobierte und aktiver wurde. Sein Vertrauen schien zu wachsen, ebenso wie sein Interesse und das gab dem Älteren das Gefühl bisher alles richtig gemacht zu haben.

Die zärtlichen Berührungen der Hände auf seiner Brust, das sanfte Streichen der weichen Lippen an seinem Hals, das zaghafte Tasten der warmen und feuchten Zunge auf seiner Haut. Dies alles ließ ihn entspannt aufseufzen und zugleich auf mehr hoffen.

Plötzlich hielt Aidan in seinem Tun inne und sah abrupt auf. Erschrocken sah er zum Fenster. „Killian, sieh nur, die Sonne. Wir werden noch zu spät kommen!" Mit diesen Worten stützte er sich auch schon auf der Brust des unter ihm Liegenden ab, um eilig das Bett zu verlassen. Der Angesprochene sah zunächst etwas verwirrt auf, um dem Jüngeren dann jedoch erschrocken zuzustimmen. Sie hatten völlig die Zeit vergessen.

Er verließ ebenfalls das Bett und sah sich nach seiner Kleidung um. Natürlich fand er keine, hatte er sein eigenes Zimmer schließlich nur in seiner Schlafhose verlassen. Aidan schien sein leicht ratloses Schulterzucken zu bemerken, denn er reichte ihm bereits eine dunkelbraune Stoffhose. „Hier, nimm etwas von mir, damit wir Zeit sparen können." Ein cremefarbenes Hemd, sowie braune Lederstiefel folgten. Die Letzteren drückten zwar unangenehm, da Killian größere Füße als der Prinz hatte, doch wollte er sich nicht beschweren.

Noch während er die Stiefel zuband, kam Aidan fertig auf ihn zu und kämmte seine Haare schnell mit einem Kamm durch, um sie so ein wenig zu entwirren.

„Das hätte ich gerade noch selber geschafft", beschwerte der Ältere sich leicht schmollend.

„Das hätte ich auch nie angezweifelt, allerdings bezweifel ich, dass wir es pünktlich schaffen würden bei dem Tempo, welches du an den Tag legst", meinte Aidan sofort grinsend und legte den Kamm zurück. „Und nun komm." Er zog ihn am Arm in eine stehende Position und dann zur Tür.

Auf dem Flur angekommen fallen sie gleich in einen leichten Laufschritt bis sie an der großen Freitreppe, welche in die Eingangshalle hinunterführte, ankamen. Am Ende dieser standen bereits die anderen drei Anwärter auf ihren Positionen. Die beiden Neuankömmlinge stellten sich jeweils an ein Ende der Reihe. Augenblicklich wurden sie mit tadelnden Blicken der Lehrer begutachtet, welche ihren Platz an der Seite der Treppe gefunden hatten.

„Zum Glück haben die Anwärterinnen Verspätung", merkte Toran schließlich trocken an. Luan hingegen sah um diesen herum zu Killian. „Hast du keine eigene Kleidung?"

Wie als hätten sie darauf gewartet sahen nun alle Anwärter zu dem Angesprochenen und besahen ihn von oben bis unten.

„Killian war so nett mich heute zu wecken, da ich verschlafen habe. Allerdings war er so ungeschickt eine meiner Vasen umzustoßen, weshalb seine Kleidung nass geworden ist. Damit wir nicht noch mehr Zeit verlieren habe ich ihm etwas von meinen Sachen gegeben."

Schockiert sah Killian seinen Prinzen an. Dieser log so gut wie nie und wenn, dann war es nur eine kleine Notlüge. Dass er dann auch noch eine so gut klingende parat hatte, hätte er nie erwartet. Leider bemerkte Luan seinen Blick, weshalb er zustimmend nickte, wenn auch zögerlich. „Ich hätte nie erwartet, dass du allen einfach so von meiner Tollpatschigkeit erzählst!", erklärte er sein Verhalten gespielt fassungslos.

Grinsend sah nun auch Aidan zu ihm, welcher als einziger bisher seinen Blick nach vorne gerichtet hatte. „Es ist an der Zeit, dass die Anderen auch mal davon erfahren."

Beleidigt schnappte Killian nach Luft und drehte sich von den Anwärtern weg um stur geradeaus zu gucken. Darüber lachten die Anderen, verkniffen sich jedoch jeglichen weiteren Kommentar.

Danach verfielen bald alle wieder ins Schweigen und sie warteten auf die Ankunft der Anwärterinnen.

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