Kapitel 14 (Teil 2)

Nach einer weiteren Weile betrat dann tatsächlich ihre Lehrerin den Saal und sah die Wartenden freundlich an. Kurz strich sie über den Stoff ihres langen Rocks, nur um sich dann eine Haarsträhne, die sich aus ihrem lockeren Dutt gelöst hatte, hinter das Ohr zu streichen. „Es freut mich euch Gesund wieder zu sehen", begrüßte sie die Anwärter auch gleich lächelnd und besah sich sofort die Haltung der fünf.

„Aidan, hervorragend. Wie immer", urteilte sie mit einem zufriedenen Lächeln und ging einen Schritt weiter. Der Angesprochene lächelte währenddessen leicht und deutete eine kleine Verbeugung, als Dank für ihre Beurteilung, an.

„Peer." Seufzend besah sie sich den Jüngsten, der als nächster in der Reihe stand. „Steh gerade und lass die Arme nicht so hängen, verschränke sie hinter dem Rücken wie die Anderen auch. Das weißt du doch eigentlich! Killian, hebe dein Kinn noch ein wenig mehr an. Toran, was ist los mit dir? So kenne ich dich ja gar nicht." Verwundert blieb sie vor dem Ältesten stehen und stemmte die Hände in ihre Hüfte. „Du bist viel zu angespannt, ansonsten stimmt deine Haltung jedoch."

Toran gab kein Geräusch von sich und entspannte sich nach einer Weile ein wenig. Erst dann ging sie zu Luan weiter. „Wie oft soll ich dir noch sagen, dass du die Beine direkt nebeneinander stehen haben sollst, Luan? Wir sind hier nicht in einer eurer Kampfstunden, in welcher du mit einem Angriff rechnen musst!"

Nachdem sie nun alle entsprechend korrigiert hatte und zufrieden mit dem Ergebnis war, stellte sie sich einige Schritte entfernt vor die Anwärter. „Wie man euch bereits mitgeteilt hat, werdet ihr am Morgen die Anwärterinnen zu Besuch in eurem Anwesen willkommen heißen. Da ihr regelmäßig geschult worden seid, gehen wir heute nur das Nötigste durch. Wenn ihr Fragen habt, dann könnt ihr sie mir gerne stellen. Sollte ich auf die von mir gestellten Fragen eine falsche Antwort erhalten werde ich es euch nochmals erklären."

Die Fragen waren einfach zu beantworten. Mit der Zeit wurde die Atmosphäre auch lockerer und durch kleinere Kommentare, die von ihrer Lehrerin akzeptiert wurden, hatten sie sogar Spaß an der Sache, auch wenn sie den Unterricht nicht ganz ernst nahmen.

„Peer. Was tut ihr, wenn ihr eine Frau an euren Tisch geleitet?"

„Ihr den Stuhl klauen?", scherzte der Jüngste, womit er auch ein paar Lacher von den Anderen kassierte. Auch ihre Lehrerin lächelte ein wenig, bevor sie dann trotzdem begann ausführlich zu erklären, wie wichtig es war, ihrer Begleitung bei der Platzwahl zu helfen. Sie nahm ihren Unterricht sehr ernst, das merkten die Anwärter spätestens nach diesem zehnminütigen Vortrag, ausgelöst durch einen Scherz.

Nach einer Weile ging dann schließlich doch die gute Laune verloren. Die Fragen schienen endlos und sobald jemand eine Antwort gab, welche nicht vollständig ihren Erwartungen entsprach, setzte sie zu einer ausführlichen Erklärung an. Auch, wenn ein anderer Anwärter versuchte, die richtige Antwort zu geben, wurde dies nicht akzeptiert, sondern viel mehr als ein Fehltritt anerkannt, da dieser nicht an der Reihe war. Dadurch zog sich der Unterricht in die Länge und die Konzentration war immer schwerer zu halten.

Als es zu dämmern begann, wurde der Unterricht schließlich beendet.

Nicht nur ein Schulterpaar sackte kraftlos nach vorne, als die Lehrerin den Saal verlassen hatte. Ein allgemeines Murren ging durch die Reihe der Anwärter, als sie ihre steifen Glieder lockerten und endlich den einen oder anderen Schritt tun konnten.

Noch während Killian sich von dem langen Stehen erholte, kam Luan auf ihn zu und lächelte ihn freundlich an. „Kann ich bitte mit dir sprechen? Alleine?"

Verwundert sah ihn der Angesprochene an und setzte schließlich ein wenig zögerlich zu einer Antwort an. „Ja, sicher. Wir können in mein Zimmer gehen, wenn du das möchtest."

Mit einem Nicken stimmte Luan zu und ging voraus um den Ballsaal zu verlassen.

Auf dem Weg zu seinem Zimmer fragte Killian sich, was der Andere wohl von ihm wollte. Ihre gemeinsamen Gespräche hatten sich in letzter Zeit stark reduziert und wenn, dann hatte er ja doch nur Negatives zu hören bekommen. Trotzdem wollte er ihm eine Chance geben, wenn er ihn schon um ein Gespräch unter vier Augen bat.

An ihrem Ziel angekommen setzten sie sich und Luan begann mit dem Gespräch. „Ich finde die ständige Gereiztheit zwischen uns wirklich sehr schade. Deswegen möchte ich mich für mein Verhalten entschuldigen." Entschuldigend lächelte er Killian an. „Ich war wohl ein wenig zu ehrgeizig", erklärte er noch zusätzlich sein Verhalten.

„Ist schon in Ordnung", nahm der Angesprochen skeptisch und ein wenig zögerlich die gehörten Worte an. Er wollte ihm keinen erneuten Grund geben, ihn anzugreifen und vielleicht konnten sie ja tatsächlich mit dem Ganzen ein wenig abschließen.

Damit schien das Thema auch beendet zu sein, denn Luan begann über den heutigen Unterricht zu sprechen. Killian ging auf das Gespräch ein, doch beschlich ihn nach wie vor das Gefühl, dass es nicht das gewesen sein konnte, was Luan alles von ihm wollte und bald sollte sich seine Vermutung auch bewahrheiten.

„Bitte halte dich ab sofort von Aidan fern", meinte Luan plötzlich mitten in ihrem Gespräch und ohne Vorwarnung.

„Was?", fragte Killian sofort und dachte zunächst sich tatsächlich verhört zu haben.

„Aidan hat sowieso schon einen schlechten Stand. Sein Vater ruiniert ihm seinen Ruf, ohne dass er selbst etwas dagegen tun kann. Wenn er sich nun noch selber problematisch verhält, dann hat er keinerlei Chancen auf den Thron mehr."

Killian verstand, was der Andere ihm sagen wollte, doch war ihm nicht klar, wieso er sich so für den Prinzen einsetzte. „Was genau ist dein Problem?", fragte er also langsam. Luan überlegte eine Weile, bevor er zu einer Antwort ansetzte. „Ich fürchte, dass könnte auf uns alle zurückfallen."

Killian sah ihn fragend an. „Was genau könnte denn auf alle zurückfallen? Was denkst du, könnten die Leute sehen oder denken?" Nun würde sich zeigen, was Luan genau glaubte zu wissen. Er hatte ihm nie direkt von seiner Beziehung zu ihrem Prinzen erzählt und er glaubte kaum, dass Aidan etwas Genaues gesagt hatte, ebenso wenig wie Liam und Toran, die ja wirklich von ihnen wussten. Auch wüsste Killian nicht, dass Luan sie je in flagranti erwischt hatte. Sie haben nur immer gedacht, dass er etwas weiß, aufgrund seiner andauernden Anmerkungen und Beleidigungen.

Und tatsächlich stockte sein Gegenüber, bevor er zur Gegenfrage ansetzte. „Was sehen die Leute denn tatsächlich?"

Ein wenig fassungslos lachte Killian auf. Luan war sich noch nicht einmal mit seiner Vermutung sicher! „Du kannst noch nicht einmal benennen, was dich genau stört?! Was glaubst du denn zu wissen?", stellte er seine Frage nochmal nur mit anderen Worten und lauterer Stimme.

„Geht es dir nur um Sex?"

„Wie bitte?" Killian glaubte sich verhört zu haben. Seine Augen wurden schmaler und nun beobachtete er Luan genau. „Und ich habe gedacht, du würdest tatsächlich ein versöhnliches Gespräch suchen."

Luan schwieg darüber. Er ließ es sich jedoch nicht nehmen sein Gegenüber herausfordernd anzusehen und sein Kinn ein wenig zu recken.

Nochmals fassungslos auflachend blickte Killian kurz aus dem Fenster, nur um festzustellen, dass die Sonne nun gänzlich untergegangen war. Abrupt stand er auf. „Ich möchte dich bitten zu gehen. Sofort." Mit seiner Hand zeigte er zur Tür. Luan hingegen verengte nur kurz seine Augen zu schlitzen, stand jedoch ohne Wiederworte auf und ging zu der Tür.

„Ab sofort wirst du jegliche Beleidigungen unterlassen!" Killian war ihm zur Tür gefolgt und ließ es sich nicht nehmen Luan dies noch zu sagen, bevor er seine Zimmertür schloss und den Anderen somit aussperrte.

Er war sauer, stinksauer um genau zu sein. Wie konnte er nur wirklich hoffen, dass Luan ihre Freundschaft zurückhaben wollte?! Außerdem fragte er sich, wie er auf die Idee kam, er würde Aidan nur ausnutzen wollen.

Er war nie ein Schürzenjäger gewesen, aber natürlich hatte er ein paar bedeutungslose Kontakte für die eine oder andere Nacht gehabt. Das daraus nichts Persönlicheres werden würde, war aber allen beteiligten immer klar gewesen, somit hatte er nie jemanden körperlich ausgenutzt. Woher also kamen solche Gedanken?

Nach einer Weile hatte er sich wieder etwas beruhigt. Gleichzeitig kam ihm aber auch die Frage, dass wenn es ihm nicht vorrangig um Sex ging, was genau er eigentlich von seiner Beziehung zu Aidan erwartete. Was genau wollte er von seinem Prinzen?

Ende Kapitel 14

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