Kapitel 14

Nach ein paar Wochen war es um die Anwärter herum zwar wieder ruhiger, doch der Unterricht ist dahingegen strenger geworden und auch hatten sie nun weniger freie Zeit für sich selbst. Zur Freude aller sind die persönlichen Wachen abgezogen worden, welche nun die Wachposten um das Anwesen herum verstärkten und so über ihre Bewohner von außen zusätzlich wachten. Die Anwärter atmeten darüber auf, wurden sie immerhin nicht mehr auf Schritt und Tritt begleitet und konnten sich nun innerhalb des Gebäudes frei bewegen.

Auch Aidan und Killian waren darüber sehr erfreut. Sie waren sich zwar sicher, dass ihre Wachen etwas von ihrer Beziehung zueinander ahnen würden, doch etwas Genaueres, so hofften sie, sollten die Wachen eigentlich nicht mitbekommen haben.

Inzwischen waren sie kaum eine Nacht voneinander getrennt. Dies wusste Liam natürlich und neugierig wie er war, fragte er regelmäßig nach dem Stand ihrer Beziehung und war genauestens im Bilde. Toran hingegen ließ sie nun mit seinem Zweifel in Ruhe. Scheinbar gewöhnte er sich daran oder es interessierte ihn nicht mehr so sehr wie zu Beginn. Luan hingegen beobachtete sie nach wie vor argwöhnisch, hielt sich aber insgesamt mehr zurück und schien nicht mehr jede ihrer gemeinsamen Bewegungen zu analysieren. Andeutungen machte er kaum noch und auch Beleidigungen wurden keine mehr ausgesprochen.

Am heutigen Tag waren Aidan und Killian bereits früh in der Bibliothek. Sie hatten wieder einmal Diplomatieunterricht und da sie früh wach gewesen waren, hatten sie entschieden schon zu dem entsprechenden Raum zu gehen. Sie unterhielten sich angeregt und scherzten, während sie auf die Anderen warteten. Nach einer Weile kam ihre Lehrkraft und das vor den Anwärtern. Nachdem sie eine Weile gemeinsam warteten, kam jedoch noch immer keiner.

„Wisst ihr, wann die Anderen gedenken zu kommen und dem Unterricht ebenfalls beizuwohnen?", fragte ihr Lehrer leicht genervt, während er immer wieder einen Blick zur Tür warf, in der Hoffnung, sie würde sich bald öffnen und die drei Fehlenden präsentieren.

„Nein, tut uns leid. Wir haben heute noch niemanden gesehen oder gehört. Gestern waren wir auch recht früh zu Bett gegangen. Wir wissen also auch nicht, ob es bei jemanden womöglich spät geworden ist", gab Killian höflich zur Antwort.

„Und das passiert selbstverständlich an einem Tag, an dem ich eine Ankündigung zu machen habe." Ächzend stand ihr Lehrer von seinem Stuhl auf und verließ kurz den Raum, um jemanden vom Personal Bescheid zu geben, man solle die anderen drei Anwärter doch bitten zum Unterricht zu erscheinen. Bis dies geschehen war, begann er so lange mit dem normalen Unterricht.

Es dauerte nicht lange und Peer kam gähnend durch die Tür geschlurft. „Entschuldigt die Verspätung. Ich war ... abgelenkt." Mit wenig Motivation kam er auf die Tischgruppe zu, ließ sich auf einem der Stühle fallen und legte sich schon mehr auf den Tisch, als dass er sich darauf mit den Armen abstützte.

„Und was war bitte so viel wichtiger als mein Unterricht?", fragte ihre Lehrkraft in einem scharfen Ton und zog bei dem Verhalten des Jüngsten die Augenbrauen sauer zusammen und nach oben.

„Mein Frühstück", erwiderte Peer mit leicht genervter Stimme. „Und so ziemlich alles Andere", fügte er noch leise hinzu, so das Aidan und Killian es verstanden, für den vorne stehenden Mann jedoch nur als ein unverständliches Murmeln zu hören war. Scheinbar machte der Jüngste seinem Ruf als waschechter Morgenmuffel, an diesem Morgen wieder alle Ehre.

„Das Frühstück ist eine wichtige Mahlzeit", pflichtete Aidan Peer leise bei und erreichte damit, dass sich dessen Laune ein klein wenig besserte.

Nachdem der Unterricht wieder aufgenommen worden war, kam auch Luan bald als zweiter Nachzügler. Auch er entschuldigte sich, denn scheinbar hatte er verschlafen.

Nach einer ganzen Weile kam schließlich auch Toran zu ihnen. Er gab den gleichen Grund wie Luan für seine Verspätung an. Die anderen Anwärter jedoch wussten, dass es wohl wahrscheinlicher war, dass er wiedermal Damenbesuch hatte. Seit ihrem Stadtausflug kam immer wieder die gleiche Frau zu ihm. Zumindest vermuteten sie dies. Ihr ältester passte auf, dass man sie möglichst nicht sah und somit erhaschten die Anderen nur selten einen Blick auf sie.

Als nun alle Anwesend waren, wurde das derzeitig behandelte Thema noch in Ruhe beendet, bevor ihr Lehrer eine kurze Pause einlegte, um dann zu seiner zuvor erwähnten Ankündigung zu kommen.

„Wir haben entschieden euch nun endlich mit den Anwärterinnen bekannt zu machen. Schon morgen werden sie hierher anreisen und uns mit ihrer Anwesenheit beglücken", berichtete der Lehrer strahlend und schien wohl eine ebensolche Reaktion von seinen Schützlingen zu erwarten. Die Reaktionen der Anwärter waren jedoch weniger begeistert. Ihnen war bewusst, dass dies nur ein weiterer Schritt zur Wahl des nächsten Königs war, womit ebenfalls die arrangierte Ehe mit einhergehen würde.

„Ich hätte doch länger im Bett bleiben sollen", meinte Peer und fuhr sich frustriert mit den Händen über das Gesicht.

„Das hätte nicht geklappt, mich haben sie ja auch geweckt", merkte Luan an und stieß seufzend die Luft aus.

„Wir erwarten von euch selbstverständlich ein tadelloses Verhalten", sprach ihr Diplomatielehrer sofort mit scharfer Stimme und blickte den Jüngsten finster an, da er ganz offensichtlich seine Aussage gehört und verstanden hatte. „Aus diesem Grund werdet ihr nochmals geschult. Nach dem Mittagessen findet ihr euch im kleinen Ballsaal ein und euch werden die Regeln des guten Benehmens erneut erläutert."

„Das hat doch eh nur Peer nötig, was sollen wir dann dort?" Mit einem kleinen Grinsen wandte Luan sich an Peer, welcher daraufhin finster zurückblickte.

„Ich denke, diese Frage hat sich soeben erübrigt." Ohne weiter auf das Thema einzugehen, wechselte ihr Lehrer wieder zum regulären Unterrichtsthema und begann von der Wichtigkeit eines Waffenstillstandes zu sprechen.

Dies sollte dann wohl bedeuten, dass sie alle weiteren Anweisungen und Informationen am Nachmittag bekommen würden.

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Das Essen war an diesem Tag eher kurz ausgefallen. Da ein Mann stets vor der Frau anwesend zu sein hatte und ihre, eigens für dieses Fach engagierte, Lehrerin schon früher eingetroffen war, mussten sie sich beeilen noch vor ihr in dem kleinen Saal anzukommen.

Über dieses Thema waren sie schon öfters zwischendurch für kleinere Unterrichtseinheiten unterrichtet worden. Mal ging es um ihr Verhalten bei Tisch, dann um die richtigen Tanzschritte oder auch einfach nur, um ihre Körperhaltung und wie man einer Frau gegenüber den gebührenden Respekt zollte. Immerhin würde der zukünftige König, unter der Beobachtung aller, leben und dazu gehörte nicht nur eine gute Bildung, sondern auch ein tadelloses Auftreten in jeglicher Hinsicht.

Was sie nun heute genau erwartete, ließ sich nicht anhand des Mobiliars ablesen, denn der Ballsaal war komplett leer geräumt worden. Kurzerhand entschieden die Anwärter sich in der Nähe der Tür in einer Reihe aufzustellen und darauf zu warten, dass ihre Lehrerin bald kommen würde. Nach einer Weile hatten sie ihre reguläre Zeit für die Mittagspause überschritten und eine gewisse Unruhe machte sich unter den jungen Männern breit.

„Das ist doch ein Scherz!" Verwundert sah Killian zu Toran. Bereits seit der Ankündigung konnte man sehen, wie dessen Laune stetig sank, doch normalerweise machte er sonst nie seinem Ärger auf diese Art und Weise Luft.

„Wir hätten uns mit dem Essen ruhig noch etwas mehr Zeit lassen können", jammerte Peer auch schon, bevor jemand auf Toran eingehen konnte.

„Dass mit der Zeit kannst du jetzt erst mal vergessen, zumindest solange die feinen Damen zu Besuch sein werden", fügte Luan sarkastisch hinzu und legte kurz seinen Kopf in den Nacken, um diesen so zu lockern.

„Ist doch nur für eine Woche...", versuchte Killian die Launen ein wenig zu verbessern, doch hatte er nur mäßigen Erfolg damit und erntete das eine oder andere skeptische Schnauben.

Aidan hielt sich derweil komplett zurück und schaute die ihm gegenüberliegende Wand an. Man sah zwar auch ihm an, dass er lieber etwas anderes machen würde, doch trotzdem legte er wiedermal die perfekte Selbstbeherrschung an den Tag und ging somit als gutes Beispiel voran.

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