Kapitel 1 (Teil 1)

Kapitel 1

Eher halbherzig versuchte Killian sein Gähnen zu unterdrücken. Die Tränen der Müdigkeit weg blinzelnd schaute er auf, als er seinen Namen hörte.

„... und Killian macht uns gerade wunderbar vor, wie man sich möglichst undiplomatisch in einer solch kritischen Situation verhält", sagte ihr Diplomatielehrer und sah ihn mit einer hochgezogenen Augenbraue vielsagend an.

„Gut, dass wir mit Ihnen keine Kriegsverhandlungen führen!", lachte Peer, der Jüngste in der Runde, ausgelassen.

„'Schuldigung...", murmelte Killian schnell und schüttelte den Kopf um die Müdigkeit loszuwerden. Dies hatte jedoch nur zur Folge, dass seine hellbraunen Haare in alle Richtungen ab standen. Seine Müdigkeit jedoch blieb. Eher dürftig drückte er seine Haare platt und gab letztendlich seine Bemühungen auf.

„Unser Musterschüler wird doch wohl nicht etwa zu wenig Schlaf bekommen haben?", fragte Luan mit einem spöttischen Blick, den er langsam zu Aidan, ihrem Prinzen, schweifen ließ.

Nun plötzlich doch wach, fuhr Killian sein Gegenüber in scharfen Ton an. „Was interessiert dich das?!" Sich gerade hinsetzend warf er seinem Kameraden einen drohenden Blick zu. Wer wusste schon, was er noch von sich geben würde?

Aidan hingegen schien das alles nicht zu interessieren. Er fuhr sich durch die leicht lockigen, blonden Haare und blätterte in seinem Buch herum. Als Sohn des aktuellen Königs schien er ohnehin das genaue Gegenteil seines Vaters zu sein. Er war ausgeglichen und selbstsicher. Seine Selbstbeherrschung war unglaublich und nichts konnte ihn aus der Ruhe bringen. Fast nichts.

Der König hingegen war unberechenbar. Geradezu aggressive regierte er ihr Land. Seine Entscheidungen irrational und nicht nachvollziehbar. Schon seit einiger Zeit wurde darüber getuschelt, ob er langsam dem Wahnsinn verfallen würde.

Das war auch der Grund, weshalb die Lehrer den Unterricht nun strenger gestalteten. Die fünf anwesenden Schüler waren die Anwärter auf den Thron. Sobald der König nicht mehr in der Lage war zu regieren, würde einer von ihnen ausgewählt werden, um seinen Platz einzunehmen.

Dieses System kam nun schon seit Generationen zum Einsatz und war überaus erfolgreich. Das Alter und die Anzahl der Anwärter variierten jedoch. Wurde ein neuer König gekrönt so begann die Suche nach neuen Anwärtern, welche sich bis zur nächsten Krönung fortsetzte. Da man nie wusste, wann ein neuer König vonnöten war, breitete man die Suche auch in verschiedene Altersstufen aus. Die Ausbildung fand zwischen 12 und 40 Jahren statt. Überschritt man diese Alter während der Amtszeit eines einzelnen Königs, so wurde man in den Dienst des gegenwärtig gestellt um diesen mit seinem erlernten Wissen zu unterstützen.

Zunächst wurden die Söhne des aktuellen Königs in die Ausbildung aufgenommen, vorausgesetzt, dieser hatte welche. Außerdem gab es immer einen Sohn aus einer der mittellosen Familien. Hauptsächlich diente dies dazu, dem Volk die Hoffnung zu geben, dass jeder, ungeachtet seines Standes, den Thron besteigen konnte und somit auch das Leben der jeweiligen Familie verbesserte. Die restlichen Anwärter kamen meist aus kleineren Adelsfamilien oder von reichen Geschäftsleuten. Die Chance am Ende jedoch ausgewählt zu werden ist für alle gleich und misst sich anhand ihrer Leistungen während der Ausbildung.

Wurde ein König ausgewählt, so fanden die verbliebenen Anwärter meist einen Platz als Berater an der Seite des Königs, in den Gebieten, in denen sie sich während ihrer Ausbildung hervorgehoben hatten.

Das gleiche System fand ebenfalls Anwendung bei der Auswahl der Königin. Nur zogen sich die meisten Anwärterinnen nach der Wahl zurück und standen nicht im Dienst des Königshauses.

Das Altersfenster der derzeitigen Generation erschloss sich von 16 bis 29 Jahre. Damit waren sie alle, im Vergleich zu anderen Generationen, nahe beieinander. Vor wenigen Jahren, zu der Zeit in der Killian zu ihnen kam, waren sie noch zu sechst gewesen. Jedoch überschritt einer das Alter eines Anwärters und trat somit den Beratern des Königs bei und ein anderer erlag einer Infektion. Ein schwerer Schlag für die Königsfamilie, da es sich bei ihm um ihren ältesten Sohn handelte. Zwei Jahre zuvor kam Peer mit 14 Jahren zu der Ausbildung hinzu.

Heute war er mit seinen 16 Jahre allerdings noch immer der Jüngste und stammt aus einer kleineren Adelsfamilie. Danach kam Aidan mit 21 Jahren. Dieser begann seine Ausbildung im Alter von 12 Jahren, wie es vom Sohn des Königs erwartet wurde. Luan hatte seine Ausbildung ebenfalls mit 14 Jahren begonnen, war nun jedoch bereits 22 Jahre alt. Seine Familie gehörte zu den wenigen Reichen im Land, die ihren Wohlstand durch ein Erbe erhalten hatten. Killian war 25 Jahre alt. Erst mit 18 Jahren kam er zu den Anwärtern und war somit einer der ältesten Anfänger seit Generationen. Man wurde so spät auf ihn aufmerksam, da seine Familie erst seit kurzem zu den erfolgreichen Händlern zählte. Der Älteste in der Gruppe war Toran mit 29 Jahren. Man fand ihn mit 12 Jahren auf der Straße, während er versuchte für sich und seine Schwester etwas Geld für das Abendbrot zu erbetteln. Das Volk war überaus begeistert, als sowohl er, als auch seine Schwester, 3 Jahre später, für die Ausbildung auserwählt wurden.

„Mir scheint, dass nur Aidan und Toran den Sinn in meinem Unterricht erkannt haben.", ließ der Lehrer verlauten und reagierte so auf die Unruhe unter seinen Schülern. Gelangweilt und mit hochgezogenen Augenbrauen lehnte er sich gegen eines der vielen Bücherregale der Bibliothek.

Es war allgemein bekannt, dass Peer zu allem etwas zu sagen hatte und auch jede Gelegenheit dazu nutze, dementsprechend schenkte man ihm auch keine weitere Beachtung, in der Hoffnung er würde diese Eigenschaft irgendwann von alleine ablegen. Luan hingegen war für kleinere Machtspiele immer zu haben. Von Haus aus war er es gewohnt zu bekommen was er wollte. Killian mochte diesen Charakterzug von Anfang an nicht und zeigte dies auch offen. Gut verstanden haben sie sich jedoch trotzdem immer, solange es nicht darum ging, besser als der jeweils andere dar zustehen. Seit ein paar wenigen Wochen war die Situation zwischen ihnen allerdings angespannter geworden.

„Bei der aktuellen Lage wissen wir nicht, wie viel Zeit uns noch für eure Ausbildung bleibt!", versuchte der Lehrer zurück zum Unterricht zu kommen.

„Meinen Sie nicht, dass dies eine unglückliche Aussage für einen Diplomatielehrer ist?", meldete sich nun auch Toran zu Wort, welcher dabei leicht auf Aidan deutetet. Diese blickte nun doch von einem Buch auf und sah seinen Lehrer direkt an.

Der Lehrer stockte, sich der Anwesenheit eines Sohnes vom König bewusst werdend. Er schluckte und atmete tief durch. „Die Diplomatie ist nicht nur angenehm. Man muss auch den Wahrheiten ins Gesicht sehen." Damit schien das Thema für ihn beendet zu sein, denn er begann wieder, nun jedoch etwas nervöser, mit dem Unterrichtsstoff.

Killian schnaubte mit hochgezogenen Brauen kurz auf. Ein Diplomatielehrer, der sich so schnell aus der Ruhe bringen ließ. Kein Wundern, dass der ehemalige Anwärter nicht an der Seite seines Königs weilte, sondern als Lehrkörper sein Dasein fristete.

Nun sah er zu Aidan und legte den Kopf schief. Stumm stellt er ihm die Frage, ob es ihm gut ginge. Nachdem dieser dies bemerkte lächelte er beruhigend und nickte ihm kurz zu. Dann fuhr er sich erneut durch die Haare, nur um sich wieder seinem Buch zu widmen.


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Das war Kapitel 1, Teil 1 von 3. Ich hoffe, ich konnte eure Neugier wecken und werde euch auch in den weiteren Kapitel erneut begrüßen dürfen!

Fragen, Anregungen und Kritik sind gerne gesehen. Bis zum nächsten Teil!

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