Es war mucksmäuschenstill im Raum. Man hätte die fünf Gestalten, die rings um den Küchentisch saßen, für Puppen halten können, so reglos verharrten sie. Alle starrten ein verschlossenes Glas an, in dem sich -laut Etikett - Schoko-Nuss-Brotaufstrich befand. Der sichtbare Inhalt war appetitlich schokoladenbraun.

Es handelte sich um eine Familie: Mutter, Vater und drei Töchter, die mit verhaltenem Atem das Glas beobachteten.

Auf dem Tisch befanden sich auch zwei Wecker, ein digitaler, mit knallroter LED-Anzeige und ein alter mechanischer, mit einem riesigen Läutwerk am oberen Ende.

Beide zeigten die gleiche Zeit: 12:30 Uhr.
Das Ticken des alten Mechanos schallte wie Böllerschüsse durch die Szene, schien Echos zu werfen.

Plötzlich wurde die Wohnungstür aufgeschlossen. Unruhe wallte auf. Basti, der Sohn, trat in den Vorsaal, krachte seine Schultasche in die Ecke und erstürmte die Küche.

Wortlos nahm er sich den letzten freien Stuhl, ließ sich darauf fallen und erstarrte ebenfalls.
Sein Blick wechselte zwischen Glas und Wecker, sichtlich aufgeregt.

*TICK* machte der mechanische Apparat und *Klack* sprang der Weckstop des digitalen Gerätes heraus.
Beide gingen los und verursachten einen unerträglichen Lärm.

Mareike, die jüngste aus dem Mädchenkreis brachte in Windeseile beide zum Schweigen und fixierte sofort wieder das Glas.
Keiner der sechs wagte zu atmen.

Der Minutenzeiger des mechanischen Weckers glitt auf die vierunddreißigste Minute zu.

Mit einem dumpfen *POFF* sprang der Deckel von dem Glas und es verteilte sich auf dem ganzen Tisch grünlicher, stinkender Schimmel.

Vater prustete, nahm den Deckel zur Hand, schaute darauf und erklärte stolz:
"Toll. Auf die Minute."
"Ich hätte es nicht geglaubt", meinte Mutter.
Die Mädchen kicherten und Basti pfiff leise.

Der Vater legte den Deckel wieder auf den grün besprühten Tisch und ging, Kaffee zu kochen.

Auf dem Rand der metallenen Scheibe konnte man deutlich lesen:
'Verfallsdatum: 29. Juni 2016, 12:34".

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