12. Versagen

Das laute Geräusch von einem schweren Objekt, das auf dem Boden auftraf, riss mich aus meinem unruhigen Schlaf und binnen Sekunden saß ich alarmiert aufrecht, sah mich konfus im fremden Zimmer um.

Ah, richtig. Seeschlangen. San. Taverne. Hongjoong.

Mein Blick fand Wooyung, der sich in seinem Bett aufgesetzt hatte, die Hände noch auf dem Weg das schwere Buch aufzufangen gefroren und die Schultern angezogen. Ein entschuldigendes Grinsen breitete sich auf seinen Lippen aus, als ich ihm konfus zublinzelte.

"Sorry.", flüsterte er zaghaft, wie als sei noch eine weitere Person im Raum, die er nicht wecken wollte und seufzend erhob ich mich von meinem eigenen Bett, strich mir wirres Haar aus der Stirn. Es störte mich inzwischen massiv, der schwere Zopf in meinem Nacken eine weitere Erinnerung an Hongjoong, mit der ich gerade nicht umgehen konnte. Das Unwissen, was mit ihm geschehen war, hatte ein hässliches Loch der Furcht in mein Herz gefressen und jeder Atemzug schmerzte.

Ich kam mit einem leisen Seufzen auf die Beine und begann zu Wooyoung hinüber zu gehen, auf dem Weg das Buch, das ihm entglitten war, wieder am Fuß seines Lagers abzulegen. An seiner Seite fand ich Platz und suchte seinen Blick, eine Antwort.

"Ich bin nicht... instabil. Keine Sorge. Sanie und ich haben das geklärt." Ich hatte seine weiche Stimme vermisst.

Ein großer Stein fiel mir vom Herzen, als ich mich nur still vorbeugte, um ihn in meine Arme zu ziehen, seine Wärme unter meinen Händen zu spüren und den vertrauten Geruch nach Wooyoung einzuatmen.

"Wir müssen dir etwas sagen, Corgi...", schaffte ich es mit aller verbliebener Energie in seinen Hals zu murmeln und seine Hände fanden meinen Rücken, streichelten hilflos darüber um Kraft zu spenden.

Er verdiente es es zu wissen. Jetzt gleich.

"Wir haben Hongjoong verloren."

Seine Brust stockte an meiner, die Hände verharrten mitten in der Bewegung. Hätte ich noch Tränen zum weinen übrig gehabt, hätte ich sie wohl wieder hoffnungslos vergossen, aber so konnte ich nur ergeben die Augen schließen und schweigen, als Wooyoung sich langsam von mir zurück zog. Er verharrte kurz, dann fand eine Hand mein Kinn, hob bebend mein Kinn zu sich an. Ich biss mir auf die Lippe, als ich den Schock in seinen Augen sah, die schnell aufkommende Panik.

"Wie?" Sein raues Krächzen verdrehte mir gewalttätig das Herz in der Brust und stumm starrte ich ihn an, suchte nach sanften Worten, wo keine waren.

"E-Er ist vom Schiff gesprungen, um Sans Vieh abzulenken..."

Wooyoungs Hand an meinem Kinn verspannte sich weiter und seine Finger gruben sich schmerzhaft genug in meine Haut, dass ich eine Grimasse schnitt im Versuch mich ihm zu entziehen.

"Er hat was?"

"Wooyung, lass sie los."

Im Bruchteil einer Sekunde wurde aus dem brodelnden Sturm auf dem Gesicht des Jungen wieder sein verwirrtes und naives Gesicht mit unsteten Augen, die sofort in Richtung Tür zuckten, von wo warnend Seonghwas Stimme gekommen war.

"Aber- San hat- Er kann doch nicht-" Wooyoungs Hand fiel schwach von meinem Kinn und landete schwerfällig in seinem Schoß, die ungläubigen Augen des Jungen in eine weite Ferne gerichtet.

"Tsukiko, raus hier. Ich erkläre ihm den Rest, sieh du zu, dass du Mingi hilfst alles reisebereit zu machen."

Meine weichen Beine gehorchten seiner autoritären Stimme auf Autopilot und schon wanderte ich hinaus, zog genau in dem Moment die Tür hinter mir zu, als die erste große Träne über Wooyoungs Wange rollte.

Voller Schuldgefühle biss ich meine Lippe härter, entfernte mich so schnell wie möglich.

-

Zwei Stunden später waren wir auf zwei Kutschen verteilt auf dem Weg zum Palast, hatten einen Großteil der Männer beim Schiff oder der nahen Stadt gelassen und reisten nur als einige der Generäle.

Seonghwa hatte Wooyoung ursprünglich unter Yeosangs ärtzlicher Pflege ebenfalls an Bord lassen wollen, es allerdings nicht riskieren ihn aus den Augen zu lassen. Somit begleitete er uns gemeinsam mit Daehyun, Akuma und Thor, der Rest war aus Sicherheitsgründen an Bord geblieben.

Daehyun versuchte mich mit Witzeleien und kleinen Gesten der Vertrautheit aufzuheitern, wo es ging und auch Akuma hatte meine Nähe gesucht, lag eng um meine Beine geschmiegt, wie er es schon lange nicht mehr getan hatte, seit er in Yunho den perfekten Spielkameraden gefunden hatte.

Ich wusste die rührenden Bemühungen des Lords sehr zu schätzen und fand mich auch immer wieder schwach lächelnd, doch mein Herz schmerzte noch immer mit einem scharfen Stechen.

Obwohl ich mir meiner Gefühle gegenüber Hongjoong von Anfang an bewusst gewesen war, so viel schlimmer war es nun für mich um ihn bangen zu müssen, nicht zu wissen, ob er denn überhaupt noch lebte, oder nicht, ohne dass wir dieses Chaos jemals aufgeräumt hatten. San fehlte mir, die entspannte Stimmung fehlte mir. Alles wirkte grau.

Wir erreichten das Quartier der Götterfänger früher, als mir lieb war und ich beobachtete voller süßer Pein, wie Daehyuns Gesicht aufleuchtete, als das vertraute Gebäude in Sicht kam. Die gewohnten Falten legten sein Gesicht in neue Ebenen, als er sich mir zuwandte, zutraulich meine Hand griff.

"Sei unbesorgt, Tsukiko! Mit Yongguks Hilfe bekommen wir das alles wieder hin, ich verspreche es dir!" Seine warme Stimme war voller Hoffnung und ich lächelte ihm müde zu, wenn nicht für mich, dann wenigstens, um seine Aufregung nicht zu ruinieren.

Daehyun plapperte weiter viel zu energetisch darüber, wie Yongguk alles wieder geradebiegen würde und den Weltfrieden wiederherstellen und wer wusste, was noch alles. Der ruhige Prinz hatte auf jeden Fall einen langen Tag vor sich.

Akuma war in der Sekunde auf den Beinen, in der die Kutsche zum Stehen kam und als ich ihm die Tür öffnete, erwartete ich es ehrlich gesagt von Fenris angesprungen zu werden, aber die weiten Felder blieben leer und verlassen, kein wilder Wolf auf ihnen.

Natürlich. Er musste ebenfalls bereits San gefolgt sein.

Daehyun half mir grinsend aus der Kutsche und auf den Weg, wir schlossen uns wieder Seonghwa an, der Thor zwischen sich und Wooyoung hatte, den Blonden grimmig führte.

Wooyoung hatte nur mit Seonghwa darüber geredet, was vorgefallen war, aber von der Art, mit der Seonghwa später mit blutig gebissenen Lippen und wunden Knöcheln durch die Gänge gewandert war, nahm ich an, dass es nicht zu erfreulich war.

Wir erklommen hastig die Stufen zum Haus und Daehyun kündigte sich an, indem er schwungvoll die Türen aufstieß, nur knapp dem fliegenden Feuerball entkam, der ihm beinahe das Gesicht vom Schädel schmolz.

Die unerträgliche Hitze streifte auch mich, als mich jemand beiseite riss und erschrocken stolperte ich in Thors Figur, sah mich hastig nach der Quelle des Tumults um. Der Geruch nach versengten Haar füllte die Luft.

Seonghwa fuhr mit blank gezogenem Schwert zu dem Eingang herum und die Spitze seiner Klinge stoppte einen bloßen Zentimeter vor dem Hals des Angreifers, auch der Rest von uns sammelte sich wieder.

Mir fielen fast die Augen aus dem Kopf, als ich den breit grinsenden Mann sofort erkannte, für eine lange Sekunde beobachtete, wie Seonghwa mit der Spitze seiner Waffe kühl sein Kinn hob, um verächtlich auf ihn herab zu sehen.

Alle Alarmglocken schrillten gleichzeitig in mir los, als der Dunkelhaarige die finsteren Augen hob, Seonghwa anpeilte. Eilig riss ich mich von Thors unsicheren Händen frei und drängte mich dazwischen, drückte Seonghwas Schwert beiseite.

"Nicht! Ich kenne ihn!"

Das leise Lachen hinter mir ließ mich meine Entscheidung sofort bereuen, alle meine Haare in Verteidigungsstellung gehen.

"Nicht, wen ich erwartete, aber auch keine schlechte Gesellschaft. Lange nicht gesehen."

Daehyun stieß mich beiseite, um ihn zu erdolchen und das war die Geschichte, wie wir auch Jaebeom wiedergetroffen hatten.

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