Eine Minute
Andrew
Ich habe das Gefühl, dreckig zu sein, als ich das Zimmer von Alexa verlasse.
Sie wollte unbedingt zuhause sterben und ich hasse es. Warum, warum muss sie mir das antun? Kann sie nicht wie jeder normale Mensch auch im Krankenhaus sterben?
Ich will mit niemandem reden, nur noch raus. Raus aus dem Haus, das mich immer an Alexas Tod erinnern wird.
Da fällt mein Blick auf den Kühlschrank, den man durch das offene Wohnkonzept vom Flur aus sehen kann. Und die Erinnerung trifft mich mit voller Wucht.
"Was soll das denn werden, wenn's fertig ist?", fragte Alexa und musterte Andrew kritisch, während er mit dem Rücken zu ihr vor dem Kühlschrank stand.
"Warte halt kurz", meinte er und betrachtete sein Kunstwerk nochmal, bevor er sich zu ihr umdrehte.
Er trat einen Schritt zur Seite und offenbarte Alexa, was er am Kühlschrank gemacht hatte.
Aus den zahlreichen Magneten, die sie an die Tür geheftete hatte, hatte er einen Smiley gelegt. Er war zwar etwas krumm, Andrew war nun mal kein Künstler, aber sie lächelte trotzdem.
"Du bist so ein Kind Drew."
Er zog sie zu sich und gab ihr einen Kuss. "Und genau deshalb liebst du mich."
Alexa schob ihn lächelnd von sich und ging zum Waschbecken, um sich ein Glas Wasser einzufüllen.
"Ich hol dir deine Tabletten", meinte Andrew und ging ins Wohnzimmer, wo auf einem Regal fein säuberlich die Medikamente aufgereiht standen.
Ich unterbreche die Erinnerung und schüttle den Kopf. Ich will nicht an Alexa denken, wie sie war, als sie noch gelebt hat.
Und trotzdem kann ich meinen Blick nicht vom Kühlschrank nehmen.
Nur noch ein einzelner Magnet hängt an der Tür, der lächerliche 'I love London' Magnet, den sie sich mal gekauft hat.
Ich gehe zum Kühlschrank und nehme den Magneten ab. Ich will ihn nicht sehen.
Ich lasse ihn in meiner Tasche verschwinden und gehe dann zur Tür.
Ich habe noch nicht geweint und ich weiß, dass das noch kommen wird. Mein Körper braucht immer unnatürlich lang, um schlimme Sache zu verarbeiten.
Ich lasse die Tür ins Schloss fallen und sobald ich draußen stehe, höre ich, wie die Sanitäter sich in Bewegung setzen.
Sie nehmen Alexa mit.
Ich habe die Gelegenheit gehabt, mich zu verabschieden und das habe ich. Schon lange, bevor sie aufgehört hat zu atmen. Ich will sie nicht als die tote Alexa in Erinnerung haben. Ich will mich an die Alexa erinnern, die lebendig gewesen ist.
Ich drehe mich nicht nochmal um, als ich den kleinen Garten durchquere und in mein Auto steige. Das Leben muss weitergehen.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top